Anders handeln

IP 1/2023

Wachstum ist etwas Leises. Das ist ein schöner Gedanke, zu Beginn eines neuen Jahres, zumindest wenn es um Menschen geht oder um die Natur. Für den Handel passt er nicht ganz so gut. Unsere Wirtschaft ist auf absehbare Zeit auf Wachstum ausgelegt, und das geht nie geräuschlos; dafür sind die Anstrengungen zu hart, wäre das Knirschen möglicher Folgeschäden zu laut. Eine sinkende Konjunktur gilt als praktisch inakzeptabel.



Weil Russlands Krieg in der Ukraine auch für die Wirtschaft der Welt erhebliche Konsequenzen hat, wollen wir genauer hinsehen. Der Grad der Vernetzung und der gegenseitigen Abhängigkeiten von Ländern ist jahrelang angewachsen. Nun werden infolge des Krieges Handelsströme und Lieferketten überprüft, Energiequellen und Produktionsstätten; gleiches gilt für vermeintlich sichere Annahmen und problematischere Beziehungen. Wohin steuert die Weltwirtschaft, wer setzt den Kurs, wer profitiert oder bleibt zurück? Solche geoökonomischen Fragen sind für die IP eminent politisch.



Von den 30 Texten dieser ersten Ausgabe des neuen Jahres darf ich Ihnen auch zwei ausgezeichnete Analysen im Weltspiegel besonders ans Herz legen. Kristi Raik und Lukas Schmelter blicken aus unterschiedlichen Perspektiven auf Deutschlands Rolle und (Nicht-)Agieren in Mittel- und Osteuropa; der entstandene Vertrauensverlust und seine Folgen in unserer nächsten Nachbarschaft werfen ein Schlaglicht auf gravierende Mängel der deutschen Außenpolitik, und zwar sowohl darauf, was sie nicht hat kommen sehen als auch, was sie nicht vermeiden konnte – oder wollte.

 

Europa, so ist zu befürchten, muss sich auf einen langen Krieg einstellen. Der Anpassungsdruck auf Deutschland und seine Politik wird nicht dadurch geringer, dass er länger andauert. Diese Verpflichtung bleibt auch eine Chance. Zeit zu wachsen.

 

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