„Praktische Vorarbeiten für eine europäische Verständigung leisten“: Mit diesen Worten beschrieb Wilhelm Cornides die Mission der Zeitschrift „Europa-Archiv“, die er im Jahre 1946 ins Leben rief. 75 Jahre später ist aus dem „Europa-Archiv“ die „Internationale Politik“ geworden, Deutschlands führendes außenpolitisches Magazin. Rückblicke, Ausblicke und Highlights aus siebeneinhalb Jahrzehnten.
Geschichte der IP
Wilhelm Cornides
Wilhelm Cornides (1920–1966)
Im Nachruf auf Wilhelm Cornides heißt es: „Er vollbrachte die größten Leistungen und machte von sich nicht das geringste Aufheben.“ (Hermann Volle, in: Europa-Archiv 15/1966, S. 534) Wer war dieser Mann, der mit 25 Jahren eine Zeitschrift herausgab und maßgeblich zur Gründung der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) beitrug?
Aufgewachsen in einer österreichisch-deutschen Verlegerfamilie in München, verbringt Cornides als 18-Jähriger ein Jahr in England; die freie Presse und Chatham House, das 1920 gegründete Royal Institute of International Affairs, prägen ihn nachhaltig. Es folgen Arbeits- und Kriegsdienst. 1942 verfasst er den sogenannten Cornides-Bericht (https://www.ns-archiv.de/verfolgung/polen/rawaruska/umsiedlung.php); im Winter 1942/43 nimmt er in Wien an Gesprächen über die geistige Neuordnung nach dem Krieg teil.
Unmittelbar nach seiner Entlassung aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft beantragt Cornides die Genehmigung, einen Verlag zu gründen, um eine Zeitschrift herauszugeben. Die erste Folge des Europa-Archiv erscheint im Sommer 1946; im Vorwort schreibt er: „Das Europa-Archiv ist eine Informationsquelle für jeden, der sich sachlich mit den Zeitproblemen auseinandersetzt und die Geduld und den guten Willen mitbringt, die notwendig sind, wenn eine so verworrene Welt wieder ins Gleichgewicht kommen, wenn europäisches Denken die Wirklichkeit bestimmen soll.“
Das Verlagsarchiv baut Cornides mit seinem Team zu einem Dokumentationszentrum aus; 1952 wird das Institut für Europäische Politik und Wirtschaft gegründet, das 1955 als Forschungsinstitut in die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik eingegliedert wird. Neben seinen Aufgaben als Herausgeber des EA gibt Cornides auch die Jahrbücher „Die internationale Politik“ heraus, hat maßgeblichen Anteil an der Einsetzung von DGAP-Studiengruppen und übernimmt 1965 die Leitung des Forschungsinstituts. Zugleich ist Cornides als überzeugter Europäer auch international unterwegs und unterstützt u.a. die Gründung des Centre Européen de la Culture in Genf und des Comité Européen pour le Progrès Economique et Social.
Am 15. Juli 1966 erliegt Wilhelm Cornides im Alter von nur 45 Jahren einer schweren Krankheit. Er hinterlässt Ehefrau und vier Kinder. Sein Werk wird weitergeführt.