Drei Fragen an ... Volker Perthes
UN-Sonderbeauftragter für Sudan und Leiter von UNITAMS (2021–2023)
UN-Sonderbeauftragter für Sudan und Leiter von UNITAMS (2021–2023)
Helfen möchten wir schon gerne. Aber nicht mit humanitären Interventionen
Eine Verwicklung in die Krisenschauplätze der Welt will man sich in Deutschland nicht leisten. Man sei, heißt es, an den Grenzen der Leistungsfähigkeit angekommen. Dabei gibt es ein Prinzip der „Schutzverantwortung“. Wollen wir Menschenrechtsverletzungen nicht tatenlos hinnehmen, sollten wir über eine „Liga der Demokratien“ nachdenken.
Europa darf Amerika in der Finanz- und Handelspolitik nicht unter Zeitdruck setzen
Von der neuen US-Administration ist zunächst keine internationale Führungsrolle in der Finanz- oder Handelspolitik zu erwarten. Europa sollte jenseits schneller Abschlüsse alle Möglichkeiten für langfristige multilaterale Ansätze ausloten und Überzeugungsarbeit gegenüber den USA leisten, um die weltwirtschaftlichen Herausforderungen anzugehen.
Warum das Jubiläum der Menschenrechte kein Grund zum Feiern ist
Seit 60 Jahren gibt es die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, doch die Diskrepanz zwischen ihrem Anspruch und der Realität ist ernüchternd: Weltweit gibt es fast keinen Staat, in dem sie nicht verletzt werden. Auch Deutschland könnte wesentlich mehr tun als nur Lippenbekenntnisse abzugeben – doch Berlin bleibt weit hinter seinen Möglichkeiten zurück.
Warum die Finanzaufsicht in der Krise versagt hat
Für Politiker und Medien sind die Schuldigen klar: Gierige Banker haben in US-Schrotthypotheken investiert und sich verspekuliert. Dabei haben die Folgen der Hypothekenkrise nur die immanenten Risiken des Finanzsystems aufgedeckt. Es gilt, die bestehenden Kontrollmechanismen neu zu justieren, damit sie vom Teil des Problems zur Lösung werden.
Was wir jetzt ändern müssen, damit künftige Krisen verhindert werden
Die Zahl der Hungernden steigt weltweit. So hungern nach jüngsten Schätzungen der UN-Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation (FAO) heute etwa 937 Millionen Menschen. Verantwortlich für diesen Anstieg sind in erster Linie die höheren Lebensmittelpreise. Zeit für globalisierungskritische und entwicklungspolitische Nichtregierungsorganisationen, ihre Forderungen nach höheren Weltmarktpreisen für Agrarprodukte zu überdenken.
Das Prinzip der Schutzverantwortung im Widerstreit internationaler Interessen
Völkermord, Kriegsverbrechen, ethnische Säuberung: Staatliche Souveränität endet dort, wo der Staat seine Bürger nicht mehr schützt. Dies besagt die im UN-Rahmen definierte Schutzverantwortung „Responsibility to Protect“. Sie ermächtigt die Staatengemeinschaft, notfalls auch mit militärischen Mitteln einzugreifen – eine Verantwortung, die viele Fragen aufwirft.
Forum
Betrifft: IP Juli/August 2008
Vom Klimawandel bis zur Rüstungskontrolle: Die Liste ist lang
Nach acht Bush-Jahren sind Ansehen und Macht der USA auf dem Tiefpunkt. Der neue Präsident wird vor einem Gebirge schwierigster Aufgaben stehen. Vor allem auf drei Dinge kommt es dann an: Er muss die Prioritäten erkennen und schnell handeln. Und er braucht engagierte, weitblickende, durchsetzungsfähige Verbündete – sprich ein starkes Europa.
Die Europäische Union als kosmopolitisches Narrativ
Zuweilen gleicht die Europäische Union einer geheimnisvollen älteren Dame ohne Namen und Ziel. Ihr fehlt ein politisches Narrativ – vorläufig gibt es nur ein negatives. Die große Chance der EU heißt „kosmopolitische Realpolitik“: Sie könnte ein Paradigma dafür entwickeln, wie sich globale Gefahren durch zwischenstaatliche Kooperation angehen lassen.
Argumente für eine Reform der Global-Governance-Institutionen
Die Struktur der internationalen Institutionen ist so veraltet, dass sie rapide an Legitimität verlieren und ihre Ordnungsfunktionen nicht mehr wahrnehmen können. Werden sie jetzt nicht umfassend reformiert, sinken auch die Chancen, den überwältigenden Aufstieg der neuen asiatischen Mächte in geordnete, kooperative, friedliche Bahnen zu lenken.
Die neue globale Ordnung entwickelt sich zur "variablen Geometrie"
Die USA haben die Führungsrolle in der Weltordnung verloren. Wer sind ihre Nachfolger? Die Antwort: Es gibt keine. Konflikte werden künftig von denen gelöst, die gerade am besten dazu geeignet sind. Die Vereinten Nationen sind nur eine Option von vielen. Das kann zum Kampf aller gegen alle führen – oder es entsteht ein stabiles Gleichgewicht.