Klischees, Lügen und Missverständnisse
Zur amerikanisch-deutschen Fehlwahrnehmung
Auf beiden Seiten des Atlantiks dienen alte Klischees und Vorurteile gegenwärtig dazu, die Auseinandersetzung innerhalb des Westens zu verschärfen. Karen Kramer, Amerikanerin in Berlin, stellt fest, dass diese verschiedenen Vorurteile hervorgeholt werden, um mit dem Furcht erregenden Wandel in der Welt fertigzuwerden. Doch dies, so Kramer, sei ein untaugliches Mittel.
Eine Amerikanerin oder Wahlberlinerin, Berliner Amerikanerin oder amerikanische Berlinerin: Wer ergreift hier welches Wort? Ich lebe zwei Kulturen und sie leben mich: Mein Sein ist ambivalent. Dabei nötige ich mir stets doppelte Urteile ab bzw. es sind vielleicht nur noch halbe, denn ich hebe mich unentwegt auf. Es geht – ach – um nicht nur zwei Seelen in meiner Brust: Die mühsam eingeübten Grundbefindlichkeiten sind in sich reflexiv, doppelt gebrochen. Bin ich bei mir, bin ich mindestens zu viert. Ein anstrengender Zustand.
Die Frage zu beantworten, ob bzw. warum Europäer und Amerikaner (wobei es im Folgenden ausschließlich um US-Amerikaner geht) sich immer schlechter verstehen mögen, bedarf wohl mehr als der Durchleuchtung gegenseitiger Klischees, Lügen und Missverständnisse. Die Politik eines Landes abzulehnen, bedeutet nicht unbedingt, von Vorurteilen geleitet zu sein. Auch richtiges Verstehen kann Ärger verursachen, wenn Interessen nicht synchron verlaufen. Es ist hier nicht meine Aufgabe, Differenzen dieser Art zu analysieren, sondern über Befindlichkeiten nachzudenken, die Europa und die USA eher trennen als verbinden.
Es geht wohlgemerkt nicht um stichhaltige Bevölkerungsmerkmale. Weder „Amerikaner“ noch „Europäer“ sind Einheitsmenschen. Europa ist das offensichtliche Beispiel einer Gemeinschaft, die sich gerade durch die Verschiedenartigkeit definiert. Es geht bestenfalls um Tendenzen, nicht auf der Ebene allgemein gültiger Tatbestände, sondern auf der von Diskursen im weitesten Sinne – um öffentliche und private Meinungen, um Haltungen – den Stoff, aus dem politisches Einverständnis gewonnen wird oder auch nicht. Selbst wenn sie sich irren – auch gerade dann – können Meinungen zäh sein, und sie zählen so oder so.
Zurzeit ist wegen erneuter Sorge um die transatlantische Partnerschaft das Interesse akut. Beim Verurteilen der Politik der Regierung von George W. Bush bzw. der Regierung Schröder/Fischer bedienen sich Deutsche und Amerikaner lieb gewonnener Vorurteile aus alten Zeiten. Vorurteile haben ihre Geschichte, mitunter auch ihre Berechtigung. Wie viel Angst, wie viel nicht ausgesprochene Ablehnung, wie viel erzwungene Anpassung haben wohl die ersten Begegnungen vieler Nachkriegsdeutschen mit Amerikanern geprägt? Welche Windungen und Überwindungen wurden den Menschen auf beiden Seiten abverlangt, als der Kalte Krieg aus Feinden rasche Freunde machte? Jene vielbeschworene „Freundschaft“ (ein verklärender Begriff, der eigentlich in der Politik nichts zu suchen hat) entstand dann tatsächlich mit der Zeit, insbesondere zwischen der amerikanischen Besatzungs-/Schutzmacht und der Mehrheit der Westberliner. Anhand des Irak-Krieges erfuhren wir eine beidseitige Enttäuschung, ähnlich jener der vereinigten Deutschen: Die einen beklagen sich über Undankbarkeit, die anderen sind empört festzustellen, dass das Kalb gar nicht aus Gold, sondern nur vergoldet war.
Klischees
Dass Klischees immer auch einen wahren Kern enthalten (a kernel of truth), bestätigt sich in beiden Sprachen, wiederum als Klischee, wobei der Kern nicht mit der Frucht verwechselt werden darf. Das Klischee sagt nämlich weniger über das mit dem Klischee zu beschreibende Objekt aus als über die Kontrastkultur, die sich des Klischees bedient. Es sind vereinfachende Bilder, die auf Bestätigung stoßen, weitergegeben werden und insofern wahr werden müssen. Sie erscheinen in vielen Varianten und können auch wohlwollend sein, wobei generell ihr positiver Gehalt von negativen Konnotationen durchbrochen wird: Die sagenumwobene Freundlichkeit der Amerikaner wird durch ihre Oberflächlichkeit kaschiert, dem ordentlichen Deutschen wird mangelnde Spontaneität nachgesagt. Amis sind naiv, Europäer sind Zyniker. Hinter dem Zwangslächeln der Amerikaner wird ein Hohlraum vermutet, und dass die Deutschen unglücklich seien, sehe man schon daran, dass sie nie lachen. Und so weiter und so fort.
Um Lügen kann es ohnehin nicht gehen. Die gängigen Irrungen des Volksmunds weisen die Struktur von Lügen nicht auf. Lügen sind bewusst verbreitete Fehlinformationen; sie sind eher in der Politik angesiedelt als in den Binsen(un)wahrheiten breiter Massen. Lügen sind absichtlich, Missverständnisse sind es nicht; treten letztere gehäuft auf, können sie zu massendiskursiven Klischees werden. Manche gängige deutsch-amerikanische Vorbehalte sind Klischees dieser Art; sie entstehen durch das falsche Lesen kultureller Zeichen.
Das Freundlichkeitsgehabe „der Amerikaner“ führt z.B. deswegen so oft zur Enttäuschung deutscher Touristen, weil es an deutschen Maßstäben gemessen wird; der gute Deutsche hatte schon die verhängnisvollen Schritte über die Sie-Du-Grenze in Erwägung gezogen, als sich die Begegnung dann doch noch als ein leeres Versprechen herausstellt. „We’ll have to get together“ heißt eben nicht, dass man sich unbedingt wieder sehen muss. Auf der Homepage einer deutschen Oberschule warnt ein Schüleraustausch-Ratgeber Deutsche davor, in den spontanen Freundlichkeitsgesten der Amerikaner einen Grund für Misstrauen zu finden – und Amerikaner davor, beleidigt zu sein, wenn ihnen Deutsche „unhöflich“ begegnen. Es ist kein Zufall, dass die erwähnten Irritationen eine analoge Struktur haben, denn sie beruhen auf der fehlerhaften Entschlüsselung von Verhaltensweisen, die in ihren Ursprungskulturen vorkommen, aber dort von anderen Rahmenbedingungen bestimmt werden.
Im politischen Diskurs spielt das Wort „Missverständnis“ eine weitere wichtige Rolle und zwar eine, die die Bedeutung des Wortes schlicht auf den Kopf stellt – nämlich als Euphemismus, der das Bestehen erkannter Meinungsverschiedenheiten oder divergierender Interessen verschleiert. In solchen Fällen – rar sind sie nicht – verweist das Wort „Missverständnis“ tatsächlich auf das richtige Verständnis eines unangenehmen Sachverhalts.
Anstatt in Klischees und Missverständnissen die Wurzeln gegenwärtiger transatlantischer Verstimmung zu suchen, sollte man dorthin schauen, wo die Menschen politisiert werden oder es bereits sind. In schlechten Zeiten heißt das in erster Linie zu fragen: Wovor haben sie Angst? Und: Wie werden im politisch-öffentlichen Diskurs welche Gefahren für sie in Zusammenhang mit welchen Lösungen artikuliert? Das ist ein weites Feld. Mir geht es nicht um Politik, sondern um deren kulturellen Nährboden. Ich werde im Folgenden je ein deutsches und ein amerikanisches Phänomen beschreiben; beide sind kulturspezifische Reaktionen auf die Ungleichzeitigkeiten postmoderner Lebensverhältnisse. Wir tanzen alle auf Hochzeiten von längst Geschiedenen, merken es aber nicht, weil das Orchester noch spielt, das Echo des doppelt einverstandenen „Ja!“ nachhallt, und der Saal weiterhin festlich geschmückt ist. Die Metapher der Trennung gilt übrigens nicht der transatlantischen Partnerschaft, sondern den Menschen selber, die sich von Daseinsformen lösen, die sie bislang für die ureigenen gehalten hatten.
Globalisierung
Abhanden gekommen ist in Deutschland vor allem die herkömmliche Beständigkeit in den Arbeitsverhältnissen und im Beruf. Arbeitsstellen sind zurzeit kaum zu finden. Wer Arbeit findet, der genießt nur befristet „Sicherheit“. In einem Volk, dessen Mitglieder aus freien Stücken und mit Stolz ihr Wesen als mit ihrem Amt verschmolzen begreifen, so bescheiden jenes auch sein mag – wie Madame de Staël ihrer Zeit schon mit Verwunderung feststellte – muss Amtslosigkeit/Arbeitslosigkeit als eine an soziale Vernichtung grenzende Schande empfunden werden. Welche Berufsfelder werden nach abgeschlossener Ausbildung noch Stellenangebote aufzuweisen haben? Die Aussichten auf einen der vermeintlichen Traumberufe mit Zukunft, Europasekretärin, Computerprogrammierer, Webdesigner, ließen Arbeitslose scharenweise in die jeweiligen Umschulungsprogramme laufen.
Aber auch der Glaube, es würden sich ganz neue Arbeitsbereiche auftun und die Schmach tilgen, hat sich inzwischen als Wunschdenken entpuppt. Jetzt nennt man solche Illusionen in einem Atemzug – obgleich sie noch beschworen werden – Ich-AG. Die Einführung dieser neuen Amtsbezeichnung ist ein Ausdruck verzweifelter Hoffnung auf ein Wunder, nämlich, dass die Einzelnen in all ihrer Einzigartigkeit als wirtschaftlich relevante Größe entdeckt werden mögen.
Amerikanische Verhältnisse
Umgangssprachlich heißt diese soziale Misere: amerikanische Verhältnisse. Synonym dazu kursiert auch der englische Begriff von „hire and fire“. Es versteht sich von selbst, dass diese Bezeichnung sinnbildlich ist für die unsichere Stellung der Arbeitnehmer in den USA, die schon lange als typisches Merkmal für das Land der unbegrenzten Möglichkeiten gilt. Die Tatsache, dass sich solche Zustände zunehmend in der deutschen Wirtschaft bemerkbar machen, beruht nicht auf einem bedauerlichen Nachahmungstrieb seitens der Deutschen, sondern vielmehr darauf, dass sich die deutsche Wirtschaft genauso wenig wie die amerikanische als immun gegenüber dem globalen Kapitalismus erweisen konnte, obgleich sie aus verschiedenen Gründen zeitversetzt darauf reagiert hat. Billige Wegwerfware verdrängt deutsche Wertarbeit aus den Regalen der Geschäfte, Hamburger und Döner machen der guten alten Wurststulle den Platz streitig.
In dem langen Wettstreit zwischen französischer Zivilisation und deutscher Kultur droht letztlich amerikanische Barbarei den Sieg davon zu tragen. Es sind dies Tendenzen, die sich zwar zuerst in den USA durchsetzten, aber auch dort nicht notwendigerweise amerikanisch waren. Vermeintlicher Antiamerikanismus in Deutschland gilt oft tatsächlich den negativen Auswirkungen der Globalisierung. Der feine Unterschied der Betrachtungsweise wird klar, wenn man sich die amerikanische Bevölkerung nicht als die ersten Nutznießer der Globalisierung vorstellt, sondern als deren erstes Opfer.
Nehmen wir diese also unter die Lupe. Es ist schwer, das richtige Wort dafür zu finden, was „gemütspolitisch“ in den USA geschieht – aber das Land durchläuft zurzeit ohne Zweifel das, was man abstrakt-antiseptisch einen Paradigmenwechsel nennt. „Konservativ“ drückt die Stimmung nicht aus (und überhaupt kann diesem Wort nur nostalgische Bedeutung zukommen in einem Lande, in dem Bestehendes sich im unentwegten Wandel befindet). Auch das schärfere Wort „reaktionär“ trifft nur bedingt zu, denn die Betroffenen greifen mit der einen Hand weit zurück, um etwas (bibel)festes in der Hand zu haben, mit der andern jedoch nach vorne, um sich zu behaupten im Wettbewerb – für z.B. die Familie oder zumindest für das, was von ihr übrig bleibt oder, genauer gesagt, für den Familiengedanken. „Die Familie“ steht inzwischen sowohl für den einzigen sicheren Ort überhaupt als auch für das Gefährdete schlechthin. Werden die USA angegriffen, gilt dieser Angriff der amerikanischen Familie. Die Familie ist der schwarze Punkt in der Mitte der Zielscheibe.
Christliche Politik?
Ohne Zweifel war der 11. September 2001 ein Wendepunkt für die USA. Für viele Amerikaner war der Entschluss, Irak anzugreifen, ein folgerichtiger Gegenzug und ein Akt unmittelbarer Notwehr. Ohne den Terrorangriff auf die Zwillingstürme in New York und auf das Pentagon wäre es undenkbar, dass ein Angriffskrieg seitens der Vereinigten Staaten breite Zustimmung gefunden hätte. Aber der 11. September wirkte nur verstärkend auf einen Paradigmenwechsel, der schon längst im Gange war: die zunehmende Verschmelzung von Politik und Religion im wachsenden rechtskonservativen Lager der USA.
Nicht, dass konservative Christen nicht seit jeher geneigt waren, ihre Stimme für konservative Kandidaten abzugeben. Aber das Wort Gottes war nicht das Wort Cäsars. Das ist jetzt anders. Ob von der Kanzel, in der Fernsehpredigt, im Rundfunk des enormen Christian Radio Network: Überall wird gegen die Liberalen, für das Recht auf Schusswaffen, gegen Abtreibung und Kondome, für die Todesstrafe, gegen die darwinsche Lüge und anderes Teufelszeug geeifert. Mancher europäische Intellektuelle mag sich darüber lustig machen, doch wer das tut, wird nicht zu den zuletzt Lachenden gehören.
Vor 20 Jahren faszinierte mich eine Haltung, die ich häufig bei Reagan-Anhängern feststellte. Die Diskrepanz zwischen den Werten, für die der Kandidat vorgeblich stand, und seinem eigenen Verhalten war eklatant; er war geschieden, nicht besonders fromm, hatte Zigarettenwerbung gemacht und von Fleiß konnte keine Rede sein. Ronald Reagan machte überhaupt keinen Hehl daraus; er tat nicht einmal scheinheilig. Das Interessante daran war: Keiner nahm es ihm übel. Es war so, als mochten sie ihn nicht trotz, sondern wegen seiner Verfehlungen. Sowie dafür, dass er sich für die altbewährten Werte einsetzte – als Fiktion. Es war die Leistung einer „gebrochenen“ (wie Lichtstrahlen in einem anderen Medium) Subjektivität, die einen in Umbruchzeiten dazu befähigt, mit den behelfsmäßigen Fiktionen zu koexistieren, für die es weiterhin ein Bedürfnis zu geben scheint. Ich nannte diesen neuen Subjektivitätstypus „Texas-Denk“ (nach jenem extrem städtisch und technologisch hoch entwickelten Bundesstaat, der in der Wahrnehmung seiner Bewohner immer noch aus Ranchen und Prärien besteht).
Heute sitzt ein echter Texaner im Weißen Haus und kein Schauspieler. Dieser Texaner ist kein Cowboy, und um das zu verdeutlichen, hat er ein Jeansverbot im Oval Office ausgesprochen. Er meint es ernst mit der Macht, ernst mit den Werten und ernst mit der Religion. Viele seiner Wähler auch. Amerikaner leben nicht weniger widersprüchlich als vor 20 Jahren, aber die Bush-Wähler gehen damit anders um als damals die (im Durchschnitt sehr jungen) Wähler Reagans. Sie beißen sich fest, als ob sich ihre Erfahrungswelt sonst zu rasch und zu weit von dem entfernen würde, woran sie zu glauben meinen. Ob diese Reaktion sie zu nachhaltigen Problemlösungen befähigen wird, ist fraglich. Aber vor dem Hintergrund zunehmender Polarisierung des Landes wird die Lage sich eher verschärfen.
Ist die letzte Präsidentenwahl ein zuverlässiges Indiz, dann bestehen die USA aus zwei gleich großen Lagern. Ihre jeweiligen Positionen entfernen sich zusehends und die Fronten verhärten sich. Ein amerikanischer Gemeinplatz besagt, über Religion rede man nicht. Darin drückt sich die Erkenntnis aus, der Glaube sei keine Verhandlungssache. Eine sich auf religiös-fundamentalistischen Maximen gründende Politik wird sich weder innenpolitisch noch außenpolitisch durch Verhandlungskünste auszeichnen.
Die Regierung Bush ist ein komplexes und mitunter pragmatisches Gebilde und die USA sind kein Glaubensstaat. Aber das Land macht seit mehr als zehn Jahren eine profunde Trendwende durch. Die postmoderne Flucht in die Geborgenheit der „old time religion“ – als gäbe es sie noch – ist nicht ohne bizarre Züge, aber sie ist zu einem politischen Faktor geworden, der eingerechnet werden muss. Sie gesellt sich gut zu einem von dem Trauma der Zwillingstürme gezeichneten Neopatriotismus. Liberale gehen seit geraumer Zeit in Deckung.
Die beschriebenen Reaktionen auf den Druck der Globalisierung weisen deutliche Kulturspezifika auf. Es ist undenkbar, dass die Deutschen, die sich ja frühreif zeigten in der Modernisierung des Christentums sowie in der Beisetzung Gottes, vor dem nicht enden wollenden Abbau sozialer Sicherheit und kulturindustrieller Überfremdung Schutz suchen würden in der Religion. Es liegt jedoch nah, dass Bürger eines Landes, das das Recht auf freie Religionsausübung wie kein anderes symbolisiert, sich eben gerade dorthin wenden, wenn ihr „way of life“ sich von innen auflöst und von außen bedroht wird.
Deutsche sehen die Amerikaner als Schuldige für die negativen Auswirkungen der Globalisierung, Amerikaner hingegen beschuldigen den Teufel und seine Helfershelfer. So unterschiedlich sie in der Sache auch sind, bergen doch beide Erklärungsmuster einen verhängnisvollen Irrtum. Die Fixierung auf Sündenböcke lässt Prozesse unbeachtet, deren Verlauf von profunder Bedeutung für die Lebensgestaltung aller sein wird. Anstatt sich mit den Auswirkungen der Globalisierung für den Standort Deutschland eingehend und konsequent zu befassen, tun die Deutschen so, als wären „die Amerikaner“ dabei, den gediegenen, wohlgeordneten deutschen Kapitalismus eigenhändig zu zerstören. Amerikaner täten gut daran, statt die Liberalen zu verteufeln, sich über die eigentlichen Ursachen ihres Unbehagens klar zu werden.
Anfangs ging ich auf zwei Unarten im interkulturellen Gefecht näher ein – auf Klischees und Missverständnisse. Richten wir doch noch zu guter Letzt ganz kurz unser Augenmerk auf die dritte Unart. Im Kontext der kulturspezifischen Verklärung von Globalisierungseffekten wäre es schon ein Fortschritt, wenn wir aufhören würden, uns in die eigene Tasche zu lügen.
Internationale Politik 6, Juni 2003, S. 49 - 54