IP

01. Jan. 2008

Hoffen auf Hillary

Einfach würde der transatlantische Dialog auch unter einer Präsidentin Clinton nicht

Wird ein von weiblicher Hand geführtes Amerika seine „sanfte Macht“ wiederentdecken? Wer den Wahlkampfreden der aussichtsreichsten Präsidentschaftskandidatin lauscht, muss das bezweifeln: Senatorin Clinton ist zwar eine überzeugte Multilateralistin. Aber in der Frage militärischer Gewaltanwendung unterscheidet sie wenig von George W. Bush.

Es ist ein offenes Geheimnis, dass die europäischen Hauptstädte den Abgang von George W. Bush und seiner neokonservativ dominierten Regierung kaum erwarten können. Gründe dafür gibt es sicherlich mehr als genug. Der desaströse Irak-Krieg, der den eh schon gefahrvollen Nahen Osten noch gefährlicher gemacht hat, offenbarte auch eine Spaltung Europas. Die Atmosphäre über dem Atlantik hat sich seither zwar erheblich verbessert, aber was politische Initiativen angeht, ist seit langem sehr wenig Neues oder Substanzielles angepackt worden. Die bittere Wahrheit ist, dass die Europäer auf Zeit spielen und eine weniger gottgelenkte amerikanische Außenpolitik herbeisehnen.

Das ist natürlich vollkommen verständlich. Aber sie unterschätzen dabei die strukturellen Probleme, die vor uns liegen. In Europas außenpolitischer Elite wächst eine gefährliche Euphorie heran, dass alles gut werden würde, sobald man erst George W. Bush losgeworden sei. Aber die Wahrheit über den Zustand der transatlantischen Beziehungen ist leider weit düsterer.

Wenn diese Erwartungen nicht sorgfältig gemanagt werden, könnte die neue Administration bald feststellen, dass ihr außenpolitischer Honeymoon der kürzeste der Geschichte war. Ein einfaches Gedankenexperiment macht diese grundlegende Tatsache absolut klar: Nehmen wir an, Senatorin Hillary Clinton, die derzeit chancenreichste Kandidatin, gewinnt die Präsidentschaftswahlen im November 2008. Welche Art von Außenpolitik würde sie machen, wenn wir ihre jüngsten Äußerungen und Positionen zum Irak, Iran und zu Afghanistan betrachten? Entsprechen ihre Vorstellungen dem, was europäische Experten erwarten?

Es gibt gute Gründe, einen Sieg Hillary Clintons vorherzusagen, obwohl dieser noch keineswegs sicher ist. Denn trotz des Kopf-an-Kopf-Rennens im Iowa-Caucus, der die amerikanischen Vorwahlen im Januar eröffnen wird, liegt Senatorin Clinton in den nationalen Umfragen immer noch beachtliche 20 Punkte vor ihrem schärfsten Konkurrenten Barack Obama. Clinton hat sich ein Wahlkampfteam zusammengestellt, das auf der legendären Mannschaft ihres Ehemanns aufbaut und allgemein als das beste der Wahlen von 2008 gilt; bei Bedarf kann sie zusätzlich große Teile des Washingtoner Establishments in ihr Team holen. Zum ersten Mal in US-Präsidentschaftswahlkämpfen haben zudem die demokratischen Bewerber ihre republikanischen Rivalen beim Spendensammeln um mehr als 70 Prozent übertroffen; Clinton und Obama liegen bei diesem für Kandidaten wesentlichen Aspekt weit vorn. Natürlich hat Senatorin Clinton in Expräsident Bill Clinton den mit Abstand besten politischen Strategen und populärsten Politiker des Landes an ihrer Seite. Gigantische 88 Prozent der Demokraten beurteilen ihn positiv. Wahrscheinlich würde er, wenn er selbst kandidierte, das gesamte Bewerberfeld einschließlich seiner Gattin weit hinter sich lassen.

Dank der fatalen Irak-Invasion profitiert Hillary Clinton zudem von einem nationalen Trend zugunsten der Demokratischen Partei. Als George W. Bush das Weiße Haus bezog, lagen die Parteipräferenzen bei jeweils rund 41 Prozent für Republikaner und Demokraten. Am Ende seiner katastrophalen Regierungszeit bezeichnen sich in Umfragen 50 Prozent der Amerikaner als Demokraten und nur noch 35 Prozent als Republikaner. Die demokratischen Präsidentschaftsbewerber haben also mit Abstand die besten Chancen. Außerdem ist Hillary in mehrfacher Hinsicht der Gegenentwurf zu Bush: Sie hat in den Wahlkampfdebatten generell eine glänzende Figur gemacht, sie redet druckreif, ihre Kenntnis der Politik und der kommenden Herausforderungen für ihr Land ist beeindruckend. Und irgendwie ist in Amerika der diffuse Eindruck entstanden, dass die Welt generell zu gefährlich für präsidentielles On-the-Job-Training geworden ist. Obwohl Senatorin Clinton keineswegs geliebt wird, profitiert sie am meisten von diesem vagen, aber mächtigen Gefühl.

Selbstverständlich hat sie auch massive Probleme. Ihr negatives Image bei rund 39 Prozent der Wähler ist das höchste in der gesamten modernen amerikanischen Politik. Trotz verzweifelter Anstrengungen, dieses schädliche Image abzulegen, bleibt die Ablehnung auf diesem Niveau; die Leute haben sich – im Positiven wie im Negativen – ihre Meinung über Hillary Clinton gebildet. Die wichtigsten republikanischen Kandidaten liegen (trotz der schrecklichen Umfrageergebnisse für ihre Partei) in ihren individuellen -Bewertungen gleichauf mit ihr. Daher könnten die Wahlen vor allem ein Referendum für oder gegen sie werden. Kurz: Sie ist zu schlagen, aber sie bleibt an der Spitze. Für ihre demokratischen Konkurrenten, vor allem Obama und John Edwards, wird der Iowa-Caucus die erste und letzte Chance sein, sie aus dem Rennen zu werfen. Wenn ihr in Iowa ein knapper Sieg gelingt, hat sie die -Nominierung praktisch in der Tasche. Wie also sähe Hillary Clintons Außenpolitik aus? Clintons außenpolitisches Programm im Nahen Osten

Bekanntlich hat Senatorin Clinton im Oktober 2002 für die Autorisierung der US-Militäraktion gegen den Irak gestimmt; das hat die Anti-Kriegs-Linken ihrer Partei nachhaltig gegen sie aufgebracht. Zur Bush-Politik des „surge“ im Irak – Erhöhung der US-Militärpräsenz, um der schwachen irakischen Zentralregierung Spielraum für die nötigen harten politischen Reformen zu geben (Verteilung der Öleinnahmen, Entwaffnung der Milizen, Aufwertung der Sunniten in der schiitisch dominierten Regierung) – vertritt sie die Standardposition der Demokraten: Während der Senatsanhörungen über den Irak sagte sie zu General David Petraeus, dem Kommandeur des „surge“, die Unterstützung für seine Strategie erfordere „den bewussten Verzicht auf Zweifel“.

Ihre anhaltende mangelnde Begeisterung für den „surge“ begründet sie damit, dass diese Politik es nicht vermocht habe, die irakische Regierung zu mehr politischen Kompromissen zu zwingen. In ihren Worten: „Der fundamentale Punkt ist hier, dass das Ziel des ‚surge‘ darin bestand, Spielraum für die politische Versöhnung zu schaffen, und die hat nicht stattgefunden.“ So sehen das auch die meisten demokratischen Wähler. „Wir sollten aufhören“, lautet daher ihre Schlussfolgerung, „in ihrem Bürgerkrieg den Schiedsrichter zu spielen und anfangen, uns da herauszuziehen.“ So weit, so gut. In Sachen „Zeitplan für den Abzug“ äußert sie sich jedoch gezielt vage, ebenso zu der Frage, wie viele US-Truppen im Irak bleiben sollten. Sie würde die Truppen „so schnell wie möglich“ aus dem Irak abziehen; versprochen hat sie bisher nur, 120 Tage nach ihrem Amtsantritt mit dem Abzug zu beginnen. Nach diesem ersten Rückzug, das macht die Senatorin auch klar, würde allerdings eine erhebliche Truppenzahl bleiben, um Al-Qaida zu bekämpfen, die Kurden im Norden zu unterstützen und den Einfluss des Iran einzudämmen. Keine dieser Aufgaben ist einfach oder schnell zu lösen. Deshalb weigert sie sich beharrlich zu versprechen, dass am Ende ihrer ersten Amtszeit 2013 alle Truppen den Irak verlassen hätten.

Von den europäischen Partnern wird zwar wenig Zusätzliches verlangt werden (vielleicht etwas mehr Polizeitraining in Drittländern); dennoch haben die meisten sich die Abkehr vom Krieg anders vorgestellt. Es bleibt eine offene Frage, ob die Senatorin zwar einen raschen Truppenabzug wünscht, aber tragischerweise unfähig sein könnte, sich aus dem politischen Morast ihrer Vorgänger zu befreien. Viele Europäer sind zu Recht besorgt, dass die Amerikaner fluchtartig abziehen und dabei einen Trümmerhaufen – und den Ruin der amerikanischen Glaubwürdigkeit – zurücklassen könnten. Aber sie fürchten auch eine weitere mit der Bürde des Irak belastete US-Präsidentschaft: Denn dann hätten sie es weiterhin mit einem Weißen Haus zu tun, das die Myriaden anderer Weltprobleme nicht anpacken kann, weil es mit diesem selbstverschuldeten Problem beschäftigt ist.

Was tun mit dem Iran?

Trotz flehentlicher Bitten der Linken ihrer Partei ist Senatorin Clinton keinesfalls bereit, die Anwendung von Gewalt im Umgang mit der iranischen Nuklearkrise auszuschließen. Auch die jüngst veröffentlichten US-Geheimdiensterkenntnisse über Irans Nuklearprogramm machen ja deutlich, dass das Land für Bushs Nachfolger(in) ein riesiges Problem bleiben wird, denn sie zeigen, dass der Iran zumindest bis 2003 ein militärisches Nuklearprogramm hatte und die Welt darüber belog. Zudem bestätigen sie, dass der Iran die Bombe zwischen 2010 bis 2015 haben -könnte, was genau in der Mitte der Amtszeit der neuen Präsidentin läge. Iran wird daher eine enorme Herausforderung für Washington bleiben. Hillary Clinton sieht zwar – wie viele Europäer – die Allergie der Bush-Administration gegen Verhandlungen mit den Mullahs kritisch. In einer Rede, die sie letztes Jahr in Princeton hielt, sagte sie: „Ich glaube, dass wir beim Umgang mit dem Iran wesentliche Zeit verloren haben, weil das Weiße Haus sich entschieden hat, die Bedrohung herunterzuspielen und die Verhandlungen auszulagern“. Ihre Position, dass es für Amerika von vitalem Interesse ist, -direkt mit den Iranern zu verhandeln, dürfte zwar manches europäische Herz erwärmen – aber bisher hat selten jemand der Bush-Regierung vorgeworfen, irgendeine Bedrohung zu verniedlichen. Hier liegt der Schlüssel für die Motivation der Senatorin in Sachen Iran.

Denn im Gegensatz zu vielen Europäern, die einen US--Militärschlag gegen den Iran mehr fürchten als die Bombe in der Hand der Mullahs, ist Senatorin Clinton keineswegs dieser Ansicht. Sie hat zwar vorgeschlagen, dass die USA Verhandlungen ohne Vorbedingungen mit dem Iran aufnehmen sollten. Und sie hofft immer noch, dass Sanktionen längerfristig funktionieren könnten, wie es die Erfolge mit Nordkorea und Libyen gezeigt haben, die ihre Nuklearprogramme eingeschränkt bzw. ganz beendet haben. Im September 2007 stellte sie sich aber hinter eine Senatsresolution, die die iranischen Revolutionsgarden zur Terrororganisation ernannte und damit eine erneute Welle unilateraler US-Sanktionen auslöste. Sie ist ganz eindeutig entschlossen, das Iran-Problem zu lösen. Zwar glaubt sie, dass Amerika mehr diplomatische Flexibilität braucht, um den Iran vom Erwerb der Bombe abzuhalten, aber sie meint auch, dass eine Nuklearmacht Iran mit allen Mitteln verhindert werden muss. Exakt dieser Ansicht ist die Bush-Regierung auch.

In einer Rede vor dem American Israel Public Affairs Committee (AIPAC) hat sie ihre Position klar gemacht: „Wir müssen jedes Mittel einsetzen, das uns zur Verfügung steht, und das heißt Diplomatie und Wirtschaftspolitik plus die Drohung und den Einsatz von militärischer Gewalt“, um Irans Nuklearprogramm zu stoppen. Deshalb wird sie zwar alle UN-Anstrengungen unterstützen, die Krise mit diplomatischen Mitteln zu beenden, aber wenn Russland und China weitere Sanktionen gegen Teheran nicht mitmachen, denken Sie nicht, dass Hillary Clinton hier einhalten würde. Sicher würde sie intensiv versuchen, Russen und Chinesen doch noch ins Boot zu holen. Wenn das scheiterte, würde eine Präsidentin Clinton wohl sehr drastische Sanktionen empfehlen, etwa das Einfrieren aller weiteren Investitionen im Iran, gemeinsam mit der EU-3. Sollte aber selbst das nichts nützen, liegt die Option militärischer Gewalt immer noch auf dem Tisch. Da Hillary Clinton stets betont hat, die Fortsetzung des iranischen Nuklearprogramms sei inakzeptabel, wäre es naiv anzunehmen, dass sie in diesem Fall keine Luftschläge anordnen würde, vielleicht in Kooperation mit den Israelis. Es ist unwahrscheinlich, dass dies vielen Europäern klar ist.

Wie weiter in Afghanistan?

Trotz seiner Bedeutung wird über Afghanistan im amerikanischen Wahlkampf viel weniger diskutiert als über den Irak oder Iran. Aber selbst hier könnten Hillary Clintons Ansichten den Europäern Unbehagen bereiten. Nach einer Reise in die Region mit Aufenthalten im Irak, in Afghanistan und Pakistan im Frühling 2007 veröffentlichten Senatorin Clinton und ihr Kollege Senator Bayh aus Indiana eine Presseerklärung über einen Brief, den sie gemeinsam an Verteidigungsminister Robert Gates geschrieben hatten. Darin hatten sie ihn über ihre Unzufriedenheit mit der Truppenstärke in Afghanistan informiert. Vor US-Kommandeuren sagte Clinton, dass die angekündigte Frühjahrsoffensive der Taliban gegen die proamerikanische Regierung von Hamid Karzai (die dann tatsächlich nie stattfand) auf zu wenig amerikanische Truppen vor Ort stoßen würde. „Es wäre tragisch“, bemerkte sie, „wenn wir in Afghanistan scheiterten, weil wir nicht bereit sind, eine vertretbare Truppenverstärkung zu veranlassen, um einem wichtigen und willigen Allierten in einer Notlage beizustehen.“ Sie hob die unterschätzte strategische Bedeutung Afghanistans hervor und betonte, dass Karzai und seine Regierung „den Feind bekämpfen, der uns den 11. September gebracht hat“. Sie und Senator Bayh drängten die Bush-Regierung, die dort stationierten Truppen um zwei bis drei Bataillone aufzustocken, was 2300 Soldaten zusätzlich bedeuten würde.

Daran zeigt sich eindeutig, dass Afghanistan für Hillary Clinton kein -Nebenkriegsschauplatz ist. Tatsächlich ist eine wesentliche strategische Kritik ihrer Partei am Irak, dass Amerika, als es sich für den Krieg gegen Saddam Hussein entschied, Afghanistan aus den Augen verloren habe, obwohl der dortige Kon-flikt zentral für den Krieg gegen den Terror sei. Damit habe es den Ausgang dieses Konflikts auf unverantwortliche Weise gefährdet. Man muss sich auch erinnern, dass in den Augen überzeugter Multilateralisten wie Clinton der Afghanistan-Konflikt ein „guter Krieg“ ist – was man vom Irak nicht sagen kann.

Denn aus Hillary Clintons Blickwinkel hat die Bush-Regierung in Afghanistan alles diplomatisch korrekt gemacht. Trotz der traumatischen Verletzungen durch 9/11 haben die USA nicht sofort angegriffen; stattdessen versuchte man es ernsthaft mit Diplomatie, indem man den herrschenden Taliban die Chance gab, Osama Bin Laden freiwillig auszuliefern. In Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen brachte Außenminister Powell eine breite internationale Koalition zusammen, und er hatte die Rückendeckung von wichtigen (wenn auch undemokratischen) Verbündeten in Afghanistan selbst, angeführt von der Nordallianz. Das ist das Modell, das eine Clinton-Regierung gerne wiederbeleben würde.

Traurigerweise steht Afghanistan trotz der ausgebliebenen Frühjahrsoffensive immer noch auf Messers Schneide. Karzai ist wenig mehr als der Bürgermeister von Kabul, weite Teile des Landes stehen nicht unter seiner Kontrolle. Vor allem im Süden sind die Taliban – mit einer Rekord-Heroinernte und dem Rückzugsgebiet jenseits der pakistanischen Grenze im -Rücken – wieder stärker denn je. Die Kanadier, Briten, Niederländer und Amerikaner, die im Süden stationiert sind, müssen überproportional viele Verluste in den eigenen Reihen hinnehmen. Doch die Bitte des NATO-Generalsekretärs um Entsendung von mehr Truppen wurde mit durchdringendem Schweigen quittiert. Jetzt kann man diese Untätigkeit bequemerweise noch auf die Verhasstheit der Bush-Regierung in Europa schieben, aber wenn er nicht mehr im Amt ist, wird es sehr viel schwerer, sich hinter solchen Ausreden zu verstecken. Niemand sollte daher überrascht sein, wenn eine Woche nach der Amtseinführung Hillary Clintons Frau Merkel einen Anruf bekommt, in dem sie exakt um dasselbe gebeten wird, was die Bush-Regierung nur einige Wochen früher so dringlich gewünscht hatte.

Deshalb wäre es vielleicht etwas verfrüht, das Konfetti zu kaufen, den Wein kaltzustellen und eine richtig gute Band anzuheuern. Denn einige wesentliche -trans-atlantische Meinungsverschiedenheiten haben mehr mit unterschiedlichen strategischen Vorstellungen und Interessen als mit der Persönlichkeit des derzeitigen Amtsinhabers im Weißen Haus zu tun. Es wäre gut, wenn die -europäischen Politiker ihre Erwartungen etwas dämpfen würden, denn die Dinge werden nie wieder so sein, wie sie vor den Bush-Jahren waren.

Das heißt nicht, dass hierin keine Chance für Europa liegt. Eine Clinton-Präsidentschaft würde intensiv auf die Europäer zugehen, sowohl aus Neigung als auch aus der Erkenntnis heraus, dass es keinen schnelleren Weg gibt, sich von der unglücklichen Politik ihres Vorgängers abzusetzen. Aber auf was kann sie zugehen? Europa ist abgeneigt, mehr Truppen nach Afghanistan zu schicken, es hat keine Lust, Investitionen einzufrieren, welche die iranischen Mullahs tatsächlich zum Umdenken bewegen würden, und eine freiere globale Handelspolitik liegt ihm ebenfalls wenig am Herzen, wie das Scheitern der jüngsten Doha-Runde zeigt. Europa ist immer stärker mit sich selbst beschäftigt, ja isolationistisch. Und ein Europa, das nicht bereit ist, einer dezidiert multilateralen amerikanischen Regierung bei der Problemlösung zu helfen, würde sicherlich die beste – und letzte – Chance verpassen, das Bündnis -wiederzubeleben.

Dr. JOHN C. HULSMAN, geb. 1967, ist Alfred von Oppenheim Scholarder DGAP. Sein jüngstes Buch (zusammen mit Anatol Lieven) :„Ethical Realism. A Vision for America’s Role in the World“ (2006).
 

Bibliografische Angaben

Internationale Politik 1, Januar 2008, S. 58 - 63

Teilen

Mehr von den Autoren