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01. Apr. 2008

Der Klimakiller denkt um

Zumindest verbal sind alle US-Präsidentschaftsbewerber große Klimaschützer

Zum ersten Mal in der Geschichte der amerikanischen Vorwahlen ist die Klimaschutzpolitik ein wichtiges Thema, und zwar bei Demokraten wie Republikanern. Alle Kandidaten beteuern, den Kampf gegen die Erderwärmung künftig ernsthaft voranzutreiben. Wie hoch sind die Chancen für eine radikal neue Politik?

Die „Gestalterin des Möglichen“, Senatorin Hillary Clinton, ebenso wie der „Erneuerer“ und „Visionär“ Senator Barack Obama, aber auch der „erfahrene Sicherheitspolitiker“ Senator John McCain wollen, dass die USA per Gesetz ihre Emissionen von Treibhausgasen (THG) durch Emissionshandel drastisch reduzieren (cap and trade), und sie wollen den globalen Klimaschutz vorantreiben. Während die Klimaschutzprogramme Clintons und Obamas weitgehend auf der Linie der ausgeschiedenen demokratischen Bewerber liegen, nimmt McCain unter den Republikanern eine Minderheitenposition ein. Wer auch immer in das Oval Office einzieht,1 er oder sie wird aktive Klimaschutzpolitik betreiben. Aber jeder Präsident muss im Kongress, der ebenfalls am 4. November 2008 vor Wahlen steht, die notwendigen gesetzlichen Mehrheiten mobilisieren. Eine Reihe von Entwicklungen trägt zur Thematisierung des Klimaschutzes bei. Zugleich offenbart sie Probleme einer Klimaschutzpolitik, die politisch mehrheitsfähig und wirksam sein will:2

  • Die US-Politik akzeptiert heute weitgehend die Ergebnisse des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC). Zugleich sind die THG-Emissionen zwischen 1990 und 2006 um 15 Prozent auf 7,1 Milliarden Tonnen Kohlendioxid (CO2-)Äquivalente gestiegen.3 Eine Reduktionspolitik, die anspruchsvolle Minderungsziele auf Basis der IPCC-Vorschläge setzt, brächte Herausforderungen für die US-Energiepolitik, wie sie noch nie zuvor formuliert wurden.
  • Mit ihrer Mehrheit im 110. Kongress setzen die Demokraten den Klimaschutz auf die Tagesordnung. Jedoch sind die Gesetzentwürfe im Senat und Repräsentantenhaus, an denen vereinzelt republikanische Abgeordnete mitarbeiten, noch nicht mehrheitsfähig. Zwar soll im Senat der America’s Climate Security Act4 zur Abstimmung stehen. Sein Cap-and-trade-Ansatz sieht vor, die Emissionen bis 2020 auf das Niveau von 1990 zurückzuführen und danach drastisch zu reduzieren. Die Zustimmung von 60 der 100 Senatoren dürfte er aber verfehlen, da hohe Kosten drohen.5 Auch der kostengünstigere6 Low Carbon Economy Act, der Ideen der überparteilichen National Commission on Energy Policy7 aufgreift und das Niveau von 1990 erst 2030 erreichen will, mobilisiert nicht die Mehrheit. Zudem kommt im Repräsentantenhaus die Arbeit an einem Klimaschutzgesetz nur langsam voran. Da beide Kammern ihre Vorstellungen in Übereinstimmung bringen müssen, entstehen weitere Unsicherheiten für die Gesetzgebung. Schließlich fehlt der Unterbau durch eine anspruchsvolle Energiegesetzgebung. Der von Präsident Bush Ende 2007 in Kraft gesetzte Energy Independence and Security Act of 20078 wird den Anstieg der THG-Emissionen nur abflachen. Noch ist kein Energiegesetz in Sicht, um das Ziel anzusteuern, das immer öfter propagiert wird: 2020 nur noch die Emissionen von 1990 auszustoßen und sie 2050 um 60 bis 80 Prozent zu unterbieten.
  • Die Dritte Gewalt beeinflusst die Klimapolitik. Gerichte haben der Bundespolitik die Aufgabe zugewiesen, die THG-Emissionen zu regulieren oder zu begründen, warum sie das nicht tut; sie sprachen Bundesstaaten das Recht zu, die CAFE-Verbrauchsstandards für Fahrzeuge zu verschärfen. Praktische Konsequenzen haben solche Entscheidungen bislang aber nicht.
  • Bundesstaaten wurden zu Laboratorien der Klimapolitik.9 17 Staaten haben THG-Reduktionsziele, weitere planen sie. Besondere Aufmerksamkeit finden das Klimaschutzgesetz Kaliforniens sowie die auf den Stromsektor begrenzte Regional Greenhouse Gas Initiative (RGGI) nordöstlicher Staaten. Es ist jedoch alles andere als sicher, ob die Ziele erreicht werden können, und die Kosten ihrer Umsetzung sind nicht klar abzuschätzen. Deshalb trifft die Politik Vorsichtsmaßnahmen. So hat z.B. RGGI ein „Sicherheitsventil“ eingebaut. Steigen die Kosten einer gehandelten Tonne CO2 über Schwellenwerte, kann die Umsetzung der Pflichten verzögert bzw. verstärkt über nationale und internationale Projekte erfolgen. Beklagt wird, dass die Initiativen der Staaten zu einem teuren regulativen Wirrwarr führen. Das stärkt den Wunsch nach bundesstaatlicher Regulierung, erschwert sie aber zugleich: So ist es umstritten, ob die Klimaschutzziele der Staaten von einem nationalen Ziel überlagert werden sollten oder ob es den Staaten gestattet wird, weitergehende Reduktionspflichten beizubehalten.
  • 728 Bürgermeister großer Städte, die 60 Millionen Bürger repräsentieren, wollen die Emissionen bis 2012 um sieben Prozent gegenüber 1990 reduzieren.10 Erkennbar ist aber, dass das Ziel fast überall verfehlt wird und die Emissionen weiter steigen.
  • Unternehmen demonstrieren Konsumenten Klimabewusstsein, reduzieren ihren Energieeinsatz, investieren in erneuerbare Energien und interessieren sich für den Emissionshandel, der eine neue lukrative Währung schafft. Eine grundlegende Veränderung des energieintensiven Lebensstils geht mit dem „Ergrünen“ der Unternehmen aber nicht einher.
  • Es ist den Protagonisten des Klimaschutzes gelungen, mit Bildern und Emotionen die Wissenschaftssprache in einfache, oft alarmistische Botschaften zu übersetzen. Ein Meilenstein war Al Gore mit „Eine unbequeme Wahrheit“. Gesellschaftliche Gruppen, darunter die einflussreichen Kirchen,11 widmen sich nun verstärkt dem Klimaschutz. Jedoch ist das Interesse bei der Mehrzahl der Bürger schwach ausgeprägt und für ihre Wahlentscheidung von meist untergeordneter Bedeutung. Zudem prägt Wunschdenken ihre Haltung: Das Klimaproblem sollen „Regierung“ und „Wirtschaft“ lösen. Die Bereitschaft der Bürger, für Klimaschutz deutlich mehr zu zahlen, ist gering.
  • Das politische System der USA mit seinen „checks and balances“ ist – außer in Krisensituationen, in denen die Legislative der Exekutive das Feld überlässt – nicht auf schnelle Entscheidungen angelegt. Es arbeitet inkrementalistisch und experimentiert in einem Prozess mit Wegen, das komplexe Problem des Klimaschutzes konzeptionell und politisch zu verarbeiten. 1997, als das Kyoto-Protokoll verabschiedet wurde, gab es keine konsensfähigen Ideen, wie die USA ihre Emissionen reduzieren könnten und was das kosten würde. Es folgte ein noch nicht abgeschlossener Reifungsprozess: Politik und Gesellschaft versuchen auf vielen Ebenen, Klimapolitik in Kategorien zu fassen, mit denen die amerikanische Politik vertraut ist. Das ist konzeptionell gelungen mit der Verknüpfung von Klimaschutz und Energiesicherheit.
  • In den USA wächst die Einsicht, dass der internationale Klimaschutzprozess neue wirtschaftliche und politische Randbedingungen schafft, auf die die USA in den letzten zehn Jahren wegen ihrer klimapolitischen Abstinenz kaum Einfluss genommen haben.

Auch auf Seiten der Republikaner zeigt dieser Suchprozess Wirkung. Sie waren über viele Jahre die Partei des Anti-Klimaschutzes, und diese Haltung ist noch spürbar. Republikanische Wähler haben deutlich weniger Interesse am Thema als Demokraten und die überdurchschnittlich interessierten Unabhängigen. Unter den Präsidentschaftskandidaten widmet sich lediglich John McCain ernsthaft dem Problem. Anlass waren die penetranten Zwischenrufe eines als Pinguin verkleideten Aktivisten, der während des Vorwahlkampfs im Jahr 2000, den McCain gegen George W. Bush verlor, die Sprachlosigkeit zum Klimaschutz entlarven wollte. Seither ist McCain republikanischer Vorreiter im Klimaschutz: 2003 brachten er und der demokratische Senator Joe Lieberman mit dem Climate Stewardship Act12 erstmals (erfolglos) ein Cap-and-trade--Gesetz ein, das seither in Varianten immer wieder vorlegt wird. Mit seiner Unterstützung für das aktuelle Nachfolgegesetz Climate Stewardship and Innovation Act of 200713 bekennt sich McCain zu einer Reduktion der Emissionen im Jahr 2050, bezogen auf 1990, um 60 Prozent. (Den Gesetzentwurf haben auch Clinton und Obama unterzeichnet.) Jedoch unterstützt McCain die Ablehnung des Kyoto-Protokolls, das China und Indien nicht zu Emissionsbegrenzungen verpflichtet. Er betont, dass die künftige Klimapolitik alle wichtigen Emittenten einschließen muss. Undeutlich bleibt, ob er ein Kyoto-Nachfolgeabkommen oder eine alternative Struktur als den geeigneten Rahmen für weltweiten Klimaschutz betrachtet.

Heute weist die republikanische Ablehnungsfront immer mehr Lücken auf: Arnold Schwarzenegger gilt als der kalifornische Öko-Gouverneur, im Kongress bringen einige Republikaner mit Demokraten gemeinsame Gesetzentwürfe ein. Und im Vorwahlkampf zeigte sich Mike Huckabee, Kandidat der konservativen Christen, lernfähig und plädierte für Klimaschutz als Beitrag zur Bewahrung der Schöpfung. Noch immer aber ist die Mehrheit der Republikaner skeptisch gegenüber verbindlichen nationalen Klimaschutzzielen. Im Vordergrund steht für sie eine Politik der Energiesicherheit durch mehr einheimische Energien, die Importe ersetzen (Öl, Gas, Biokraftstoffe, Kernenergie, eventuell Kohleverflüssigung). Eine Reduzierung der Emissionen wäre ein eher zufälliges Nebenprodukt. McCain, ein expliziter Befürworter der Kernenergie, sieht hingegen Klimaschutz und Energiesicherheit als zwei Seiten derselben Medaille. Würde er Präsident, müsste er versuchen, bei den Republikanern eine neue Balance zwischen Energiesicherheits- und Klimaschutzpolitik herzustellen. Auch würde er sich nicht scheuen, in enger Kooperation mit Demokraten und durch ein Hinüberziehen einzelner Republikaner den Klimaschutz voranzubringen.

Alle Präsidentschaftskandidaten der Demokraten traten mit einem mehr oder weniger elaborierten Cap-and-trade-Klimaschutzkonzept an. Unter den drei aussichtsreichen Wettbewerbern war der im Januar 2008 ausgeschiedene John Edwards der Taktgeber, dem Clinton und Obama folgten. Er machte zuerst seinen Wahlkampf „kohlenstoffneutral“, und er verkündete das Ziel, 80 Prozent der Emissionen von 1990 bis 2050 abzubauen. Dieses Ziel übernahmen beide Mitbewerber prompt. Der parteiinterne Wettbewerb hat dazu geführt, dass sich die Klimaschutzpolitik Clintons und Obamas nicht substanziell unterscheidet, beide lautstark Reduktionsziele verkünden und scharfe Gesetzentwürfe im Senat (wie den Global Warming Pollution Reduction Act14 ) unterstützen, über deren Realisierbarkeit sie nichts Substanzielles sagen können oder wollen.

„Kluger Klimaschutz“

Auch Clinton und Obama stellen Klimaschutz in den Kontext der Energiesicherheit. Sie betonen aber, wie McCain, dass kluger Klimaschutz die Importabhängigkeit mindert, und sie legen Wert auf die Reduktion des Energieeinsatzes durch Eindämmung der Nachfrage und durch Effizienzsteigerungen. Zudem sehen sie die ökonomischen Chancen des Klimaschutzes für die US-Wirtschaft. Clinton will ein 150 Milliarden Dollar schweres Energiepaket, einschließlich eines Strategic Energy Fund in Höhe von 50 Milliarden, auflegen. Obama offeriert ein fast identisches Paket. Auffällig ist, dass beide – auch mit Blick auf gewerkschaftliche protektionistische Stammwähler – Emissionsbegrenzungen speziell für den expandierenden CO2-Emittenten China fordern, um die Wettbewerbsbedingungen der US-Wirtschaft nicht weiter zu verschlechtern. Gelingt das nicht, könnten weitreichende nationale Klimaschutzmaßnahmen auf öffentlichen Widerstand und Ablehnung im Kongress stoßen, der ohnehin protektionistische Neigungen zeigt.

Keine einheitliche Linie vertreten die Demokraten in Sachen Kernenergie: Obama ist ein expliziter Befürworter, Clinton legt sich nicht fest („agnostic“). Sie lässt aber nicht den Anschein aufkommen, grundsätzliche Vorbehalte gegen Kernenergie zu hegen, der eine Mehrheit der US-Bürger positiv gegenübersteht. Clinton und Obama stehen für die Nutzung der Kohle. Sie betonen aber – im Konsens mit allen einflussreichen Kräften und in Fortführung des Klimaschutzprogramms Bush’s von 200215 – die Notwendigkeit, Forschung und Entwicklung voranzutreiben, insbesondere die Abscheidung und Deponierung von CO2 (Carbon Capture and Storage, CCS).

Ob Clinton, Obama oder McCain – als Präsident werden sie weiter günstige Rahmenbedingungen schaffen, damit neue Investitionen in den überalterten Kohlekraftwerkspark fließen und die Kernenergie auch langfristig genutzt, vielleicht sogar ausgebaut wird. Welche Mischung aus Kernkraft- und Kohlekraftwerken sich durchsetzt, hängt von vielen technischen, ökonomischen und gesetzgeberischen Faktoren ab, nicht zuletzt von der Klimapolitik.16 Ein neuer Faktor in der Elektrizitätsversorgung werden erneuerbare Energien sein. Clinton und Obama fordern einhellig, dass bis 2025 Erneuerbare mit 25 Prozent zur Stromversorgung beitragen. (McCain legt sich auf keine Zahl fest.) Bislang spielen sie nur eine marginale Rolle: Bleibt die schon lange genutzte Wasserkraft unberücksichtigt, die 2004 mit 6,8 Prozent zur Elektrizitätsversorgung der USA beitrug, entfällt auf die Erneuerbaren nur 2,5 Prozent (Solarenergie 0,01, Windkraft 0,36, Geothermie 0,8, Biomasse inkl. Müll, 1,3 Prozent). Nur in wenigen Staaten kommen Erneuerbare zum Einsatz, vor allem in Kalifornien (Wind, Geothermie, Photovoltaik), Texas (Wind) und Washington (Biomasse). Aber die Perspektiven sind günstig, insbesondere für die Windenergie. Es gibt genug Flächen, um zahlreiche Windparks mit jeweils mehreren hundert Megawatt Nennleistung zu bauen. Noch ist es ein weiter Weg, bis Erneuerbare einen wesentlichen Beitrag leisten, und ihre Erfolgschancen sind von Subventionen abhängig. So laufen Ende 2008 Förderprogramme aus, die zum stürmischen Ausbau der Windkraft geführt haben.17 Ohne neue Förderung der Bundesregierung, die vor einem 400-Milliarden-Dollar-Haushaltsdefizit steht, werden viele Projekte nicht Fuß fassen.

Während des Wahlkampfs wird das auf Konsens angelegte politische System der USA nicht in der Lage sein, ein Klimaschutzgesetz in Kraft zu setzen. Nach dem Amtsantritt 2009 wird der neue Präsident / die neue Präsidentin sich rasch bemühen, die Positionen im Kongress anzunähern. Ob dabei Rücksicht auf die Zeitabläufe der internationalen Verhandlungen genommen wird, ist fraglich. Jedoch wird, sobald ein mehrheitsfähiges Gesetz konkretisiert und auf seine energie-, wirtschafts- und sozialpolitischen Implikationen abgeklopft ist, die klimapolitische Euphorie des Wahlkampfs verloren gehen.

Zweifellos gibt es in allen Sektoren der USA erhebliche und relativ kostengünstige Möglichkeiten für Effizienzsteigerungen. Aber noch fehlen überzeugende, konsensfähige Konzepte, die Klimaschutz-, Energie-, Industrie-, Wirtschafts-, Gesellschafts- sowie Technologiepolitik verknüpfen. Die Rückführung der Emissionen ist angesichts steigender Bevölkerungszahlen18 und eines (längerfristig wieder stärkeren) Wirtschaftswachstums eine Herausforderung: Unter den gegebenen Bedingungen müssten die USA die volkswirtschaftliche THG-Intensität (Emissionen pro Einheit Sozialprodukt) um etwa 5,4 Prozent pro Jahr verringern, nur um die Emissionen bis 2020 auf das Niveau von 1990 zu bringen. Sollen aber Reduktionsziele von bis zu 80 Prozent (2050) erreicht werden, muss die Treibhausgasintensität dramatisch verringert werden.19 Ob das ohne einen neuen Lebensstil – über den kaum jemand ernsthaft nachdenkt – möglich wäre, ist offen.

Was kann die Welt also von der künftigen US-Klimaschutzpolitik erwarten?

  • Die Bush-Regierung wird vielleicht international noch einem vagen politischen Langfristziel zustimmen. Aber erst die Wahlen markieren den Übergang zu einer aktiven Politik, die das US-Diktum der Freiwilligkeit von nationalen Klimaschutzmaßnahmen überwindet.
  • Ein nationales Klimaschutzgesetz mit einem Cap-and-trade-Ansatz, das sich ganz wesentlich als Beitrag zur Erhöhung der Energiesicherheit versteht, ist erst nach 2009 wahrscheinlich. Die Ziele werden aber bescheidener sein als die heute propagierten und eventuell durch ein Sicherheitsventil, wie immer das aussehen mag, relativiert werden. Das könnte die Kompatibilität z.B. mit dem Emissionhandelssystem der EU infrage stellen.
  • Die interne Einigung auf ein nationales Klimaschutzprogramm ist notwendige Voraussetzung für eine Beteiligung der USA an einem internationalen Abkommen. Aber auch dann ist es nicht sicher, dass sich bis zum 31. Dezember 2012, dem Ende der Verpflichtungsperiode des Kyoto-Protokolls, im Senat eine Zweidrittelmehrheit für eine US-Beteiligung an einem neuen Protokoll finden wird. Denn die Einschränkung der Entscheidungshoheit durch Verträge bleibt unpopulär, zumal bei Nichterfüllung, wie im Kyoto-Protokoll angelegt, Sanktionen drohen. Zudem gilt das internationale Klimaregime mit seiner Aufteilung der Welt in Industrieländer, (ehemalige) Planwirtschaften und Entwicklungsländer als veraltet. Die Nachkriegsordnung ist zerfallen, die Schwellenmächte steigen auf, ohne zu Emissionsbegrenzungen verpflichtet zu sein.
  • Eine neue Administration wird in der internationalen Klimapolitik die US-Interessen und Ziele flexibel verfolgen. Auch Clinton und Obama zeigen Sympathie für eine variable Geometrie des Klimaschutzes, wenn sie die politisch-technologische Kooperation der wichtigsten Emittentenstaaten anvisieren und dabei deren spezifische Interessen und Handlungsmöglichkeiten zum Ausgangspunkt des Klimaschutzes machen. Dieser Ansatz „von unten“ (bottom up) kann anknüpfen an Vorarbeiten der Bush-Regierung wie die Asia-Pacific Partnership on Clean Development and Climate20 bzw. das Gesprächsforum Meeting of Major Economies on Energy Security and Climate Change.21 21 21 1 Völkerrechtliche Vereinbarungen der Willigen nach dem Modell des Kyoto-Protokolls wären dann nur eine Karte im internationalen Gebilde variabler Klimaschutzgeometrie.

Die künftige Klimapolitik der USA wird Signale der Entspannung nach Europa senden, aber auch die europäische Führungsrolle im globalen Klimaschutz beenden. Die EU sollte offen sein für eine Situation, in der die USA (und eventuell weitere Staaten) sich politisch auf der Grundlage einer nationalen Klimaschutzpolitik zu Maßnahmen verpflichten, ohne Vertragspartner eines völkerrechtlichen Abkommens zu sein. Das widerspricht zwar dem EU-Ansatz, über globale Verhandlungen von oben herab (top down) einen völkerrechtlichen Minimalkonsens zu produzieren; doch dieser wird oft nur lust- und kraftlos umgesetzt. Bereits vor zehn Jahren hat Arild Underdal darauf hingewiesen, dass erfolgreiche Kooperation keinesfalls immer durch völkerrechtliche Fixierung gefördert wird.22 Die Ultima Ratio der Vertragserfüllung ist der politische Wille der Verhandlungspartner, nicht das Völkerrecht. Politische Vereinbarungen, die sich auf internen politischen Konsens stützen, eröffnen die Möglichkeit dynamischer und flexibler Politikprozesse, die am Ende in ehrgeizigeren Programmen enden können, als das bei völkerrechtlichen Vereinbarungen der Fall wäre.

WOLFGANG FISCHER, geb. 1953, Forschungszentrum Jülich GmbH.

Dr. PETRA HOLTRUP-MOSTERT,  geb. 1969, Zeppelin University GmbH.

OLGA SCHENK, geb. 1982, Forschungszentrum Jülich GmbH.