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01. Jan. 2005

Was ging schief?

Auslandswissenschaft nach der Postmoderne

Wohin hat die außenpolitische Diskussion der letzten Jahrzehnte geführt? Staatliche Stellen, Außenpolitik-Redaktionen, auslandswissenschaftliche Universitätsfächer scheinen noch das alte „Westdeutschland“ zu verkörpern, in dem Außenpolitik ein Randgebiet war. Von den Problemen der Gegenwart wissen sie nicht genug. Postmoderne Theorie undstaatstragender Positivismus haben sich dabei ergänzt. Wenn der Westen aber überleben will, muss er wissen, wer seine Feinde sind.

„Was ging schief?“ Unter diesem Titel veröffentlichte im Jahre 2001 Bernard Lewis – einer der führenden Islamwissenschaftler der westlichen Welt, Querdenker, aber auch Spezialist im Dienste der Bush-Administration – die Summe seiner Studien über den Einfluss des Westens auf muslimische Kulturen. „What went wrong“ – so deutlich hat kaum einer nach dem 11. September die Frage zu stellen gewagt, und vielleicht war es ein Glück, dass das Buch vor diesem Datum geschrieben wurde und doch schon deutlich „suicide bombers“ thematisiert – für Lewis lag die Sache buchstäblich in der Luft.1

Von solchen Fragen und Einblicken sind viele andere zeitgenössische Intellektuelle weit entfernt. Es wirkt, als habe uns Geistesarbeitern und Kulturmenschen die materielle Tatsache der Zerstörung der Twin Towers nachhaltig die Sprache verschlagen. Manchmal waren erregte Kommentare zu hören, zum Beispiel Arundhati Roys Behauptung, Anschläge und Täter wurzelten in der Armut der Dritten Welt und seien darum gerechtfertigt. Wenn man bedenkt, welche große Verbreitung solche unreifen Überlegungen bei uns finden, bei den potenziellen Opfern terroristischer Anschläge, kann man nur Bernard Lewis’ Mut bewundern, sein Wagnis, von „Fehlentwicklungen“ nicht nur bei Europäern oder Amerikanern zu sprechen, sondern auch in den von uns als Gegenwelt konstruierten islamischen Landschaften.

In den Humanwissenschaften herrscht, um welche Formen menschlichen Verhaltens es auch geht, weltweit die Stanze des „politics of“ vor. Auf der Grundlage der Werke des frühen Michel Foucault beschreibt man „Kultur“ als Artikulation von Macht des Menschen über den Menschen. Jegliche Politik erscheint dabei in einer charakteristischen Verengung des Kulturbegriffs („Kultur als Text“) als die Ausführung diskursiver, oder, weiter verengt, textueller Vorgaben. Manche Literatur- und Medienwissenschaftler verführt das sogar dazu, sich der Illusion einer Art Kontrolle über das Weltgeschehen hinzugeben, weil sie die zugrunde liegenden Textkulturen zu kennen meinen. Bei all dem bleibt unklar, wie man mit etwas Politik machen will, das selbst schon Politik ist. Wenn aber diese postmoderne Scholastik der kulturellen Autopoiesis, der mangelnden Hierarchisierung von Diskursen nach Wahrheitspotenzialen und der alles durchdringenden Machtmotive mit Prozessen der realen Politisierung des Islams kollidiert, wird wieder sichtbar, dass es vor dieser Politisierung etwas gab, was nicht völlig „politisch“ gewesen ist. War dieses nur scheinbar „unartikulierte“ Etwas vielleicht aber dialogfähiger, weniger verquält und aggressiv, und darum auch leichter ins Zivilgesellschaftliche zu wenden? Wenn man sich völlig darauf konzentriert, jede westliche Rede über den Islam zu dekonstruieren,2 bleibt kein Raum mehr für die Wahrnehmung interner Differenzen unter Anhängern und Anhängerinnen des Islams oder für eine distanzierte Analyse der Folgen dieser Variationen für die Christen, Juden, Animisten und Atheisten der westlichen Welt.

Postmodernes Denken begann mit einer verfeinerten und prozessualen Sicht auf Kultur, entpuppt sich aber in seiner Ausfaltung manchmal als Variante kulturalistischer Totalkategorien. Das ist nicht ganz so überraschend, wenn man bedenkt, dass Medientheorie und Wissenschaftsgeschichte gerade im deutschsprachigen Raum zurzeit vorrangig als Theorien über die Selbstbezüglichkeit und Formbarkeit von Kultur durch „Erfindungen“ ausgelegt werden. Auf dieser Ebene ist das vulgäre Denken in Foucaultschen Kategorien dem verhassten Topos des „Kampfes der Kulturen“3 gar nicht fern. Vielleicht regrediert die Kultur der diskursanalytischen Intertextualität und postmodernen Rückbezüglichkeit darum im Falle des 11. September zu ihren bescheideneren Fundamenten in der Tradition der linken politischen Kritik. Manche postmoderne Intellektuelle versuchen sogar, dieses offensichtliche, aber wenig erörterte Problem zu lösen, indem sie sich in mehr oder weniger sensationellen Konversionen auf die Seite der Kriegsbefürworter stellen. Aber für ihre Theoriebildung bleibt das seltsam folgenlos, wie uns der deutsch-amerikanische Romanist Hans-Ulrich Gumbrecht regelmäßig mit seinen Beiträgen in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung demonstriert.

In den Reaktionen vieler Intellektueller auf die Anschläge von New York und Washington äußert sich eine Unfähigkeit, die Herausforderung in ihrer Tiefe zu begreifen, mit ihren Protagonisten in Dialog zu treten, sie gezielt zu bekämpfen oder auch beides zu versuchen, also Politik zu treiben im wahren Sinne des Wortes. Wie steht es aber um die traditionellen Widersacher postmodernen Denkens, jene Politologen, Philosophen, Soziologen usw., die auf „harte Tatsachen“ pochen? Leider imitieren sie häufig einfach nur noch Habitus und Rhetorik der Politiker, sie füttern die gängige politische Rede aus und tun auf diese Weise alles, um den Klischees ihrer radikalen Kritiker zu entsprechen. In dieser Sphäre der unübersichtlich gewordenen Geisteswelt gibt man sich gerne ungebrochen staatsmännisch und seriös, und dazu tritt man nicht im schwarzen Rollkragenpullover an, sondern im Maßanzug. Dieser formalistische Positivismus, der auch in die Scharlatanerie der „Analysten“ ausarten kann, ist kaum in der Lage, eine Stellungnahme zu dem sich anbahnenden Weltbürgerkrieg abzugeben, die unabhängig und im altmodischen Sinne des Wortes analytisch ist, eine Stellungnahme aus der Tiefe des auslandswissenschaftlichen und kulturwissenschaftlichen Materials heraus. Und, schlimmer noch, die zahlreichen Dienste, Stäbe und militärischen Arbeitsgruppen des Westens haben parallel auf ganzer Linie versagt, als es darum ging, Al-Qaida und die ihr unterliegende weltweite, in vielem an die außerparlamentarische Opposition der sechziger Jahre erinnernde Jugendbewegung ganzheitlich zu interpretieren. Man hörte Millionen von Telefongesprächen ab, hatte aber keine Übersetzer für die arabischen Sprecher und keine Experten der Sprechaktforschung, um sie auszuwerten. Der Positivismus der staatsmännisch auftretenden Wissenschaftler und der Technizismus der Geheimdienste erweisen sich als komplementär zum Kulturalismus, zur Textverliebtheit und Verspieltheit der postmodernen Intellektuellen. Wer, verdammt noch mal, ist eigentlich im „Westen“ noch zuständig für das Verstehen, Analysieren und Dialogisieren des „Fremden“?

Die hier beschriebenen, sehr unterschiedlichen Aussagen und der körperlich erlebbare Habitus der Spezialisten jeglicher Couleur haben nicht nur ihre Selbstbezüglichkeit gemeinsam, sondern auch die Tatsache, dass sie uns die Terroranschläge von New York und Washington nicht haben vorhersehen lassen. Auch als es in den Jahren 2003 und 2004 nach und nach möglich wurde, die Anschlagstrategien und die korporate Kultur von Al-Qaida zu entschlüsseln,4 gab man sich in Feuilletons und politischen Kommentaren meist weiter ahnungslos. Jedes weitere Attentat wurde wie ein singuläres Ereignis aufgenommen. Also warten wir wieder auf „Bin Laden’s next move“, und er oder das Netzwerk von Besessenen, das ihn ausmacht, nutzen die Chance. Jetzt ist dieser neue „Alte vom Berge“ schon so weit, uns durch bloße mediale Präsenz in Angst und Schrecken zu versetzen.

Geostrategisches Denken, Dialog mit dem Fremden und solide Geheimdienstarbeit wurden ersetzt durch idealistische Rhetoriken von Text, Kontrolle und Technik. Das Lager von Guantánamo Bay erscheint aus dieser Per-spektive als ultima ratio der wohlmeinenden Freunde des Fremden ebenso wie ihres militärischen und positivistischen alter ego – alle hatten sich in der Zitadelle der Verfeinerungen verbunkert und die Fähigkeit zur Wahrnehmung dessen verloren, was draußen abläuft. Nun müssen sie „es“ absperren, in einem rechtsfreien Raum, beziehungsweise tatenlos dabei zusehen, wie das geschieht. Im Stil der „self-fullfilling prophecy“ setzen Kulturkritiker wie Giorgio Agamben5 noch einen drauf und stellen die ganze Welt als „Lager“ dar, was wiederum von Menschen goutiert wird, die ihr Leben in einer Weise frei gestalten können, die in einem Luxus leben, wie es noch in den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts undenkbar war. Darin den Positivisten und Technikern völlig gleich, fragt diese Form der Kulturkritik nicht mehr nach Potenzialen, nach den Beiträgen und Eigengesetzlichkeiten des „nackten Lebens“ in einer als Lager vorgestellten Welt – und schon gar nicht nach jenen seltenen, aber unübersehbaren Varianten von Eigensinn, die sich aus lokalen Kulturen erheben, um letztlich die gesamte Menschheit zu gefährden. Die dabei entstandenen Schäden sind nicht durch geistige Akrobatik und Theoriebildungen oder durch militärischen Aktionismus wieder gutzumachen. Es gibt einfach zu wenig ethnographisches, politologisches, historisches, geographisch-geostrategisches, soziologisches Wissen und insgesamt zu wenig Tuchfühlungen zu den vielen Tausenden von Gruppen, Schichten, sozialen Milieus, die im Umfeld der islamistischen „Basis“ driften, sich schon wieder von ihr abgewendet haben oder beharrlich, auch in den Zeiten des Terrors, nach einem zeitgemäßen und friedlichen Islam suchen.

Bei Lewis’„What went wrong?“ geht es um die schwache „middle eastern response“ auf den seit 1492 immer schwerer wiegenden „western impact“ im mittel- und nahöstlichen Raum. Damit wird das Tabu der politischen Korrektheit, des vulgär verstandenen kulturellen Relativismus, im Namen der Vernunft einfach übersprungen. Und hier hagelt es dann zwar keine Freundlichkeiten für den Islam, aber es deuten sich Erkenntnisse an, welche die idealistische und zugleich peinlich vor der „Kultur“ des Islams verbogene Linie der Kommentare zum 11. September verlassen könnten. Lewis’ Buch ist ein raffinierter philologischer Grenzgang, auf dem die Ausgangsfrage immer wieder an die Zivilisation des Islams zurückgegeben wird. Den Ausgangs- und Endpunkt markieren islamische Intellektuelle und ihre Frage: „Was ging schief?“ Dabei macht Lewis sich keine Illusionen über vermeintliche moralische Stärken der europäisch-amerikanischen Zivilisation gegenüber einem angeblich mit Webfehlern behafteten Islam: Während die päpstlich-christliche Ordnung – und beileibe nicht der Protestantismus – vielleicht eine höhere Korporativität, Zentralisierung und Beweglichkeit der organisatorischen Untereinheiten des religiösen und politischen Lebens förderte, so haben islamische Gesellschaften viel früher eines der bis heute größten Probleme der christlichen und aufgeklärten Gesellschaften gelöst, nämlich die rechtliche Inkorporation von religiösen und ethnischen Minderheiten. Auch die Stellung zivilgesellschaftlicher Werte und deren Korruption müssen im Vergleich differenziert beurteilt werden: „Im Westen macht man Geld auf den Märkten und benutzt es, um Macht zu kaufen oder zu beeinflussen. Im Osten ergreift man die Macht und benutzt sie dann, um Geld zu machen“ (S. 63).

Maßstäbe, Nischen, topographische Wende

Diese schon von Karl Marx im Begriff der „tributären Gesellschaft“6 zusammengefasste Differenz, aus der Lewis leider nicht viel mehr herausholt als eine Haltung der Fairness beim Vergleich der Kulturen, soll uns hier in ihren quasi privaten, alltäglichen, eben ethnographischen Details weiter interessieren, und so werden wir auch den „kapillaren Strukturen“7 auf die Spur zu kommen versuchen, welche der terroristische Fundamentalismus der Al-Qaida parasitisch für sich nutzen kann. Es geht dabei um Spuren dessen, was bei der Kritik der verfehlten essentialistischen Kultur- und Ethnostheorien der dreißiger bis sechziger Jahre leider in Vergessenheit geraten ist: Kulturen reagieren nicht nur auf „impact“, sind nicht nur Ergebnis äußerer politischer Stimuli – Lewis zeichnet überzeugend diese Spuren christlicher Vorbilder im islamischen Denken nach, z.B. in der Priesterherrschaft der Schiiten –, sondern es gibt auch einen Eigensinn und lokale Bedingungen des „response“. Der Islamwissenschaftler bleibt während der Spurensuche stets bei seinen Leisten, doch er erkennt eine „Essenz“ des „response“, fast gegen die Tendenz der eigenen Schrift, wenn er zum Beispiel minutiös Quellen zu Zeit- und Raummaßen des islamischen Mittelalters und der ottomanischen Periode zusammenzieht: Lineare Maße waren an Körpermaßen orientiert, Finger, Spanne, Elle, Arm. Weitere lineare Maße betrafen geschlossene Gebiete, Mikro-Landschaften: das Land, das sich für eine bestimmte Menge Sämereien hergibt, der Acker, der in einem bestimmten Zeitraum gepflügt werden kann, der Landstrich, den man in einer bestimmten Zeit durchwandern kann – um dann in eine andere geographische Nische überzutreten (S. 119/120). Hier zeigt sich ein Gegensatz von punktueller, geographisch begrenzter Steigerung in Sachen Zentralperspektive und genereller Raumordnung und deren mangelnder Verbreitung im weiteren Raum, also in den unzugänglicheren Gebieten unter islamischer Herrschaft. Das nicht nur im Westen, sondern auch originär im Islam verankerte „objektive“ Modell wird also zum Gegenstand einer nischenhaften Anwendung. Denn es ist die mediterrane Welt von Don Quijote oder „1001 Nacht“, und wenn die Orientalismuskritiker sich auf den Kopf stellen. Es ist die selbst von postkolonialen Theoretikern, wenn es um ihre privaten Reisen geht, so geschätzte Welt der Märkte ohne Fixpreise und der träumerischen Erfüllung von Maßgaben.

Entsprechend nüchtern und klar fallen die Theorien mancher islamischer Intellektueller über den Ursprung der Ungleichheit aus, die Lewis in Anschlag bringt: „Erschöpfung der Metallreserven, verbunden mit der europäischen Entdeckung der Ressourcen der Neuen Welt; Inzucht, verursacht durch die Bevorzugung der Kreuzkusinenheirat, insbesondere auf dem Lande; die Verwüstungen, welche die Ziegen anrichten, indem sie das Gras mit den Wurzeln aus dem Boden ziehen und die Rinde der Bäume abnagen – so verwandeln sie einst fruchtbare Ländereien in Wüsten. Andere weisen auf die Ablehnung geräderter Fortbewegungsmittel im vormodernen Mittleren Osten hin, die verschiedentlich als Ursache oder als Folge für das angeboten wird, was einmal schief gelaufen ist“ (S. 157). Die Dokumente sprechen von einer punktuellen Überlegenheit islamischer Zivilisationen im Verhältnis zum Westen und von einer großen strukturellen Schwäche, vom Mangel an Vereinheitlichung, von geringer Kontrolle und technischer Durchdringung der Tiefe des Raumes, den die Ottomanen und ihre Vorgänger besetzt hielten.

Die theoretisch ungelenken Versuche der islamischen Intellektuellen entpuppen sich auf den zweiten Blick als das Feld der Ethnologen: Heiratsallianzen, die lokale Macht- und Besitzverhältnisse befestigen, Details der lokalen Ökonomie und lokale Ressourcen. In diesem Charakter der Nische als Reserve und in dieser Verlangsamung der großen Impulse aus den Zentren der Weltgeschichte scheint paradoxerweise ein Aspekt des „Eigenen“ der islamischen Gesellschaften zu liegen – ihrem Selbstbild und ihren Erfolgen als frühe Modernisierer von Stammesgesellschaften, von viehnomadischen und bäuerlichen Abstammungsgruppen sowie händlerischen oder handwerklichen Korporationen zum Trotz. In einzelnen Gebieten des islamischen Mittelmeerraumes, aber auch der von Muslimen eroberten Gebiete Indiens konnte es zu enormen technischen Entwicklungen kommen. Doch in Europa gelang es, der politischen Zersplitterung zum Trotz, technische Entwicklungen schneller zu verallgemeinern, zu verbreiten, zu vereinheitlichen.

Kann es aber sein, dass Lewis dem Irrtum des „politics of“ unterliegt, wenn er die Ursache dieser Ebenmäßigkeit Europas ausschließlich in politischen Bedingungen sucht? Sind es nicht vielmehr die Flächen und großen Nischen Europas und seine relative erdgeschichtliche Ruhe und Sicherheit, die ab einer bestimmten demographischen Entwicklung dem Okzident den Vorrang gaben vor punktuellen Hochtechnisierungen des Ostens mit seinen unruhigen, von Gebirgen, Erdbeben, Erdrutschen und Dürren gefurchten riesigen und schwer kontrollierbaren Flächenanhängen? Dafür spräche, dass gerade und besonders das andalusisch-arabische Europa ein Garant solcher Sicherheit und Verbreitung technischer Errungenschaften, Wissenschaften und Reichtümer gewesen ist und dass sein Untergang am Ende des 15. Jahrhunderts wohl den Scheitelpunkt des Aufstiegs der Christen und des beginnenden Abstiegs der Muslime signalisiert. Die anhängenden Gebiete in Nordafrika, die enge Vernetzung mit weit zurückgebliebenen Zonen bis hin nach Arabien sowie der partielle Abschluss des arabischen Spaniens vom Austausch mit dem übrigen Europa hatten ihre Wirkung getan.

All das ist ein Problem, das wir aus den mediterranen Anteilen Europas nur allzu gut kennen: Brüchigkeit der Verbindungen, geringe Verbindlichkeit der Maße, lokale Katastrophen und Nischenkulturen, Kirchturmspolitik, patronaler Klientelismus, gewalttätige Mafia und Schwäche des Staates prägen den Balkan, Süditalien und in etwas geringerem Maße auch den iberischen Süden. Ähnlich zerfurchte und abgelegene Gebiete im Norden, Irland und Schottland, und im Osten, Slowakei und Ostpolen, stellen bis heute die weiteren Problembereiche der EU – doch sie sind nicht durch einen einheitlichen vermittelnden, eben „mediterranen“ Verkehrsweg miteinander vernetzt. Der Aufschluss des EuroMed-Gebiets mit weiteren Gebieten Kleinasiens und Nordafrikas ist bereits in Form der EuroMed-Verträge gegeben. Die Bewohner Mitteleuropas haben sich die Konsequenzen noch nicht verdeutlicht, aber sie haben sich bereits angewöhnt, in die gut bewachten Nischen und kulturellen Reserven dieser Gebiete Hoffnung auf Regeneration und Gewinn zu investieren. Eine Million Deutsche sollen schon über Grundbesitz im Mittelmeerraum verfügen, über den Beitritt der Türkei zur EU wird verhandelt.

Letztlich bietet auch Lewis seinen Lesern keine eigene Antwort auf die Frage, was schief gegangen sein könnte zwischen Orient und Okzident. Am Ende des Buches fällt der Ton sehr ab in Richtung auf naive Warnungen und Ermahnungen, wie sie auch der derzeit regierende Präsident der USA gerne an die „coward states“ und deren Satelliten richtet (S. 160). Es wird dem Islamwissenschaftler dabei leider nicht bewusst, dass er sich mit seinen häretischen Beobachtungen wie mit seinen törichten Schlussfolgerungen plötzlich im Zentrum alter und neuer Diskussionen über mediterrane und mittelöstliche Agrikultur und deren geographische Bedingungen bewegt, die er nicht zu kennen scheint. Alle indigenen und exogenen Erklärungsversuche, die Lewis uns in seinem ernüchterten und vom Schein der politisch korrekten „Kultur“ befreiten Bild des islamischen Orients darlegt, findet man in der anthropologischen und soziologischen Debatte über den Mittelmeerraum wieder – sie wurden lediglich zu mehr oder weniger gut im ethnographischen, agrarsoziologischen und historisch-anthropologischen Datenmaterial begründeten wissenschaftlichen Aussagen gesteigert.

Dem Hin und Her ethnologischer und soziologischer Theorien über den Mittelmeerraum8 und damit auch über den Mittleren Osten haben kürzlich zwei britische historische Anthropologen9 eine Wende gegeben. Krudem Materialismus, blindem mentalistischem Idealismus und der postmodernen Tendenz zur Auflösung aller erkennbaren Einheiten ins „Politische“ stellen sie eine neue Synthese des Wissens entgegen: Verkarstete Nischenstrukturen bestimmen die Geschichte des Mittelmeerraums, der nun geographisch als Teil jener großen Narbe gesehen wird, unter der Afrika, Asien und Europa sich aneinander reiben. Es ist eine erdgeschichtlich extrem bewegliche und unruhige Gegend des Übergangs – vom „Out of Africa“ der frühen Menschen bis zur Arbeitsmigration des 19. und 20. Jahrhunderts, vom Siegeszug der wichtigsten modernen Kulturgüter wie Viehzucht und Ackerbau bis zur touristischen Massennostalgie des 21. Jahrhunderts –, deren Nischen und Abgründe, Bergketten und Tafelländer doch immer dicht durch Meerwege verbunden waren. Es ist das Zentrum der von Menschen bewohnten Welt, das doch allzu leicht zum Gegenstand der Intervention von außen wird, wenn periphere Weltgegenden, die flächiger und ruhiger sind, die im Zentrum experimentierten Errungenschaften übernommen haben. In diesem Bereich, der sich vom Golf von Aden bis zum Schwarzen Meer und von Gibraltar bis Afghanistan erstreckt, war nur ein schmaler, aber gut isolierter Landstrich niemals islamisch beherrscht – Italien, das als Landbrücke im Zentrum des Mittelmeerraums auch Protagonist der letzten großen Phase einer Geschichte des Mittelmeerraums gewesen ist, bis einzelne mit den äußeren Gebieten dicht vernetzte flächige Länder wie Kleinasien, Iberien oder sogar Saudi-Arabien, das frühislamische Ägypten, später Europa und dann die USA begannen, Geschichte im Mittelmeerraum zu treiben.10 Je nachdem, welche Menschenmengen und durchgängigen Flächen eine Zivilisation benötigte, konnte sie die erdgeschichtliche Narbe durchdringen, einzelne Nischen punktuell zivilisatorisch beleben oder sie in begrenzten Katastrophen wieder verlieren, an ihnen scheitern, so wie in den letzten Jahrzehnten erst die Sowjetunion und vorerst die Vereinigten Staaten an ihr gescheitert sind und scheitern werden.

Man braucht also keine angeblichen Webfehler des Islams oder andere Schimären des Idealismus bemühen, wenn man erklären will, was für die arabisch-islamischen Zivilisationen im globalen Wettbewerb schief gegangen ist. Durch Hordens und Purcells nüchterne Analyse des historischen und ethnographischen Materials – die übrigens auf geostrategischen Überlegungen des 18. und 19. Jahrhunderts fußt – wird auf einmal auch eine Verbindung unseres Problems mit viel tiefer gehenden Ursachenfragen sichtbar. Ein von der postmodernen Debatte übersehener anthropologischer Bestseller der letzten Jahre stellt die Grundfrage nach „Arm und Reich“ – Jared Diamond11 beantwortet sie überzeugend mit seiner Theorie der Häufung und Diffusion domestizierbarer Pflanzen im Zweistromland und der erleichterten Ost-West-Diffusion klimabezogener Kulturgüter. Die historische Niederlage des Islams hat ein Vorspiel im Zusammenbruch der großen Kulturen des Zweistromlandes, die Ackerbau und Viehzucht hervorzubringen, aber nicht dauerhaft auf staatlicher Grundlage zu tragen in der Lage waren. Vielleicht wird man in dieser Weise eines Tages auch über Europa sagen müssen, dass es geeignet war, den Kapitalismus hervorzubringen – die Stetigkeit der Landschaften, die milden Klimate machten die Steigerung mittelöstlicher und mediterraner Erfindungen in dieser Weise möglich –, dass aber andere Gebiete der Welt mit ihren geographischen Gegebenheiten und kulturellen Traditionen viel besser in der Lage waren, ihn zu ertragen und ihm ein menschliches Gesicht zu verleihen. Wenn dagegen André Glucksman jetzt in bester idealistischer Manier vom „Nihilismus“ als Grundlage des islamischen Terrorismus spricht,12 hat er in seinen bloß literarischen Analysen nicht berücksichtigt, aus welcher Situation der geographischen Abgeschlagenheit heraus junge Eliten in nihilistische und terroristische Aktivitäten einsteigen – er hat vergessen, Dostojewski mit Gogols „Toten Seelen“ quer zu lesen, dieser einzigartigen Schilderung des Kampfes von idiosynkratischem Willen und menschlicher Schliche gegen die schlichten Tatsachen der Geographie jener riesigen Flächen, die von Russen beherrscht werden.

Die Wundertätige

Der von einem dicht mit Al-Qaida vernetzten Einzeltäter verübte Anschlag vom 11. April 2002 auf die Synagoge La Ghriba in der mehrheitlich jüdisch besiedelten Gemeinde Erriadh auf der tunesischen Insel Djerba hat in Deutschland zunächst eine mit großer Vorsicht geführte Diskussion ausgelöst. Man rätselte, ob es sich hier nicht eher um einen bizarren Unglücksfall handeln könne. Als dann unwiderruflich feststand, dass es gezielt um einen Anschlag auf Deutsche und Juden zugleich ging, war die mediale und populäre Empörung über Vertuschungsversuche seitens der tunesischen Autoritäten zunächst groß. Nach kurzer Zeit aber wurde der Tod von 20 Touristen überschattet vom Tod von 16 Lehrern und Schülern in Erfurt. Man kann nicht behaupten, dass die Deutschen noch mehrheitlich in aggressiver Weise fremdenfeindlich und empfindlich gegenüber der Fremde wären oder gar chauvinistisch. Es ist mehr so, dass sie die ihnen aus der Fremde gelegentlich drohenden Gefahren nicht wahrnehmen wollen – ein Mittelding aus zivilgesellschaftlichem Mut und dem Gleichmut des Satten, der das Fremde toleriert, aber nicht kennen will. Bis heute wissen wir nicht einmal genau, ob der Attentäter einer der auf Djerba mehrheitlichen ibaditischen Muslime oder ein sunnitischer Muslim war. Wir haben kein Verständnis mehr für lokale Faktoren und Hintergründe. Die (islamische) Welt muss uns nur hin und wieder im Fernsehen ein erschöpfter Oldtimer des geostrategischen Denkens erklären, Peter Scholl-Latour mit seiner vollmundigen orientalistischen Rhetorik und seinem Anekdotenschatz. Für eine G-8-Nation und den größten Staat der EU ist das sehr bescheiden. Der französische Staat unterhält zum Beispiel mit dem Institut du Monde Arabe und der Maison Méditerranéenne des Sciences Humaines Institutionen, an denen Hunderte von Wissenschaftlern über den Nahen und Mittleren Osten sowie Nordafrika forschen.

So konnte es wohl geschehen, dass der Anschlag auf La Ghriba kaum einmal im Zusammenhang der Geschichte des Bauwerks und seines sozialen Milieus interpretiert wurde – Wissen dieser Art scheint in Deutschland Geheimdiensten und strategischen Planungsgruppen vorenthalten zu bleiben. Diese können sich freilich am besten erst einmal in einschlägigen Reiseführern orientieren, denn auf diesem Gebiet sind die Deutschen nicht so ohne weiteres zu schlagen. Es scheint nur so zu sein, dass nicht einmal Journalisten, Diplomaten oder Geheimdienstler diese ausführlichen Kommentare zu Land und Leuten aller Weltgegenden wirklich zu lesen gelernt haben. Wunderbar informativ ist etwa Hans-Joachim Auberts Dumont-Taschenbuch „Djerba und Südtunesien“,13 dem man mehr Wissen über vielfältige symbolische und reale Hintergründe des Attentats entnehmen kann als den ohnehin schnell spärlicher gewordenen politischen Kommentaren und Dossiers. Ein recht abgelegen veröffentlichter Aufsatz des israelischen Anthropologen Harvey Goldberg14 zur kulturellen Geographie des djerbischen Judentums vertieft das Bild.

Die kleine, seit Jahrhunderten durch kultische Besonderheiten in der jüdischen Diaspora auffällige jüdische Gemeinde um die Synagoge La Ghriba auf Djerba besetzt demnach heute noch eine wichtige Nische im vorgeschobenen Posten dieser Drehscheibe Nordafrikas, die schon den Autoren der Odyssee bekannt gewesen zu sein scheint. Heute noch sind Djerbis oft vielsprachig, gewandt und multikulturell, was ihnen hilft, den Massentourismus mit Würde zu bewältigen. Marokkanische Juden, darunter viele Djerbis, stellen die Elite der französischen formellen jüdischen Kultur, der Synagogen und Schulen. Wenn der Weltkrieg der Ethnien einst beendet sein wird, steht einer Wiederherstellung der alten Vielfalt nichts im Wege. Der Zusammenhang der djerbischen Juden in aller Welt wird von Websites aufrechterhalten, und nicht wenige würden wohl gerne zurückkehren, wenn die Dinge für sie wieder besser stünden in Nordafrika.

Die Ursprungslegende von La Ghriba integriert lokale Katastrophenberichte, was die für den Mittelmeerraum typische Überlappung der zu großen religiösen Gebilden verwobenen Kulte signalisiert: Heil zu bleiben im „Kaputten“, wie es Alfred Sohn-Rethel am Beispiel Süditaliens genannt hat, oder aber aus dem Prozess der Zerstörung etwas Neues zu schöpfen, das ist das Zentrum all jener Heiligenlegenden, die sich im Mittelmeerraum im Rahmen der drei großen Religionen und im Gegensatz zum säkularisierten Mitteleuropa hartnäckig halten. Richard Sennett hat das als Beispiel für die in der Tiefe aller großen religiösen und zivilisatorischen Ordnungen wirkende Ästhetik, als Körpertechnik und ventilhafte Mechanik des Ausgleichs zivilisatorischer Schäden interpretiert.

Synkretistisch sind die alten mediterranen Kulte, pragmatisch auf heilige Orte orientiert, welche die Landschaft markieren, und auf die Jahreszeiten hin gelagert, in denen sich das Gemeindeleben wiederholen soll im Zeichen eines unzerstörbaren Körpers, gleich ob man ihn nun tanzt wie die Afrikaner, in Besessenheit erfährt wie die Asiaten und manche Muslime oder vor allem in Form von Bildern verehrt wie die Europäer und ihre antiken Vorgänger. Den Geist des Fremden an einen Ort zu bannen und selbst dort heimisch zu werden, das ist die alte Lebenskunst, die uns heute noch in italienischen Heiligenfesten oder den Riten muslimischer Bruderschaften in Kairo begegnet. Das populäre Fundament ist, was es ist, es steht jenseits der aktuellen Politiken. Seine schönste Steigerung hat es vielleicht im letzten großen Zeitalter einer Geschichte des Mittelmeerraums als Ganzem erfahren. Der vielgereiste spanische Capitán Alonso de Contreras15 hat darüber berichtet, im frühen 17. Jahrhundert durchreiste er wieder und wieder den Mittelmeerraum, er kannte Westindien und hatte schließlich die Scheuklappen verloren: Auf der Insel Lampedusa soll es ein Heiligtum gegeben haben, an dem die lokale Bevölkerung sowohl islamische wie christliche Heilige lokalisierte. Entlaufene Sklaven beider Seiten, der Türken wie der Christen, durften sich dort so lange sie wollten unbehelligt aufhalten, sich mit dem nötigsten versorgen, um dann weiter zu fliehen, nach Hause oder neuen Heimaten entgegen.

Doch das darf man sich nicht widerspruchsfrei und allzu friedlich ausmalen. Die Leute auf Lampedusa werden aufgrund ihrer Lage zwischen Tunesien und Sizilien gute praktische Gründe für ihre ganz private Version des Dialogs der Religionen gehabt haben. Ohnehin ist das Ganze eingerahmt vom mediterranen Bürgerkrieg der Türken und Christen. Der katastrophale Anschlag auf Djerba trifft zielbewusst solch einen altmediterranen Synkretismus, der wiederum geschaffen wurde, um eine von Überschwemmungen, Dürren und Piraterie bedrohte Landschaft bewohnbar zu machen. Die Täter reagieren ihrerseits auf eine eigene Geschichte von Zusammenbrüchen und Bedrängung, durch den tunesischen Staat, durch die Modernisierungsbewegungen der Weltwirtschaft, durch die vermeintlichen Erzfeinde Israel und USA. So baut sich eine unendliche Kette von Leiden und Heilserwartungen auf, von sozialen Krankheiten und religiösen Heilungen, die nur unter den Bedingungen der modernen Welt mit ihrem Entweder-Oder zum Fundamentalismus verkommen oder zum Konsumismus, oder zu welchem -ismus auch immer. Letztendlich kann das, wenn die Nischen und die kulturellen Reserven des alten Mittelmeerraums völlig entwertet werden, im Terrorismus münden, der die sakralen Landschaften zerstört, aus denen er hervorgewachsen ist und sich doch paradox immer wieder auf sie bezieht: der Kampf um den Tempelberg in Jerusalem oder der Fetischismus, mit dem die „ägyptische Familie“ von Al-Qaida über das World Trade Center hergefallen ist, stehen sich dabei in nichts nach. Dass davon nicht nur die Zentren der nordamerikanischen Zivilisation, sondern auch ein abgelegenes altmediterranes Heiligtum getroffen sind, kann nicht verwundern, und bald werden auch die Weihestätten der europäischen Religion der Reise und der „Sehenswürdigkeiten“, die Wellness-Zentren und die Körperkulte der Strände zum Ziel der Anschläge werden, wenn es nicht zu einer grundlegenden Wende kommt. In den letzten Monaten wurden immer wieder terroristische Optionen der islamistischen „Basis“ in der Öffentlichkeit bekannt, in denen sich das Selbstgemachte mediterraner und fernöstlicher Delinquenz mischt mit futuristischen Perspektiven: Mal sollen die Anhänger Bin Ladens eine neuen Kampfstoff entwickelt haben oder eine hausgemachte Atombombe, dann sollen sie sich wieder mit Piraten in Südostasien verbündet haben, mit Sklavenhaltern in Ostafrika oder sogar mit den Schleppern, die auf ihren Schlauchbooten Afrikaner durch die Straße von Gibraltar schiffen und nun damit die Hochseekreuzer vor Tarifa angreifen wollten.

Es ist die Welt des Aladin, jenseits aller Orientalismuskritik, oder den Orientalismus zur Abwechslung einmal wieder als kritisierbares, aber auch nicht völlig unsinniges Vehikel der Erkenntnis nutzend. Der Zauberer in der Aladingeschichte kommt aus Nordafrika, aus dem Westen und er findet die Öllampe und seinen Widersacher Aladin im Osten, in Kashgar, heute Westchina. Es geht um eine Welt, die sich an einem Ende aus einer schnöden Öllampe entfaltet, auf irgendeinem Basar, in irgendeinem Versteck der östlichen Ausbreitungsgebiete des Islams. Am anderen Ende besteht diese Welt aus gelehrten Traditionen des äußersten islamischen Westens. Wir können darin erkennen, wie sich die Wissensreserven des westlichen Islams, des europäischen Islams von Al-Andalus etwa, mit den Naturressourcen des Ostens mischen. Ein kleines jüdisches Wallfahrtsheiligtum steht für dieses doppelte Denken in Kategorien von Globalem und Lokalem, Traum und Ingenieurskunst, Nische und Weltreich. Die kleine synkretistische Synagoge steht als Angriffsziel gleichberechtigt neben den Wolkenkratzern von Manhattan.

Darum müssen wir so schnell wie möglich eine Vielfalt von vergessenen Fähigkeiten neu erwerben: Karten lesen16 etwa und ökonomische Statistiken auswerten, Armeestärken und Terrains kalkulieren und die Bekennerschreiben von Al-Qaida Ernst nehmen, mit Sufi-Orden philosophieren und, das scheint ja aus irgendwelchen Gründen im deutschen Bereich das schwierigste zu sein, unsere islamischen Mitbürger in ein gemeinsames Sprachspiel über die Ziele Europas ziehen. Wenn wir das nicht schaffen, werden wir mit all unseren Bibliotheken und Datenbanken vielleicht an den Herausforderungen einer Bewegung scheitern, die zumindest vorgibt, sich nur auf ein einziges altes Buch zu beziehen.17

1 Bernard Lewis: What went wrong? Western Impact and Middle Eastern Response, Oxford 2001, S. 159. Zitate daraus werden im Folgenden im Text in Klammern angegeben.

2 Edward Said: Orientalism, New York 1978.

3 Samuel Huntington: Kampf der Kulturen. Die Neugestaltung der Weltpolitik im 21. Jahrhundert, Berlin 1998.

4 Vgl. z.B. Thomas Hauschild: Die Puppe. Wenn Al Qaida eine Handschrift hat, dann läßt sie sich auch entziffern, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 30.11. 2003.

5 Giorgio Agamben: Ausnahmezustand, Frankfurt am Main 2004.

6 Eric Wolf: Die Völker ohne Geschichte. Europa und die andere Welt seit 1400, New York/Frankfurt am Main 1991.

7 Gilles Kepel: Die Rache Gottes, München 1990.

8 Dionigi Albera: The Mediterranean as an Anthropological Laboratory, Annales de la Fundación Joaquín Costa, Bd. 16, 1999, S. 215–232; ders., Anton Blok und Christian Bromberger (Hrsg.): L’Anthropologie de la Méditerranée – Anthropology of the Mediterranean, Paris 2001.

9 Peregrine Horden und Nicholas Purcell: The Corrupting Sea. A Study of the Mediterranean, Oxford 2000; vgl. auch die topographische und spatiale Wende bei Karl Schlögel: Im Raume lesen wir die Zeit. Über Zivilisationsgeschichte und Geopolitik, München 2003.

10 Vgl. Horden und Purcell (Anm. 9).

11 Jared Diamond: Arm und Reich. Die Schicksale menschlicher Gesellschaften, Frankfurt am Main 1998.

12 André Glucksmann: Dostoievski à Manhattan, Paris 2002.

13 Hans-Joachim Aubert: Djerba und Südtunesien, Köln 2000.

14 Harvey Goldberg: Djerba and Tripoli. A Comparative Analysis of Two Jewish Communities in the Maghrib, Journal of Mediterranean Studies, Bd. 4, 1994, S. 278–299.

15 Alonso de Contreras: Das Leben des Capitán Alonso de Contreras. Von ihm selbst erzählt, Zürich 1961.

16 Vgl. Schlögel (Anm. 9).

17 Boualem Sansal: Keine Toleranz gegenüber Islamisten, Handelsblatt, 25.11.2004, S. 8.

Bibliografische Angaben

Internationale Politik 1, Januar 2005, S. 23 - 33.

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