In 80 Phrasen um die Welt

01. März 2021

„Schwieriger Partner“

Phrase #9: Jörg Lau über schwierige Partner und reißende Gesprächsfäden

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Bild: Illustration eines Spruckbandes das die Erde umkreist
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Am häufigsten fällt das Wort im Zusammenhang mit Russland und China. In der Trump-Ära wurde es immer öfter auch auf die USA angewandt, wenngleich abgemildert durch Qualifizierungen wie „dennoch unverzichtbar“: der „schwierige Partner“. Auch in der Debatte um Deutschlands Beziehungen zu Saudi-Arabien, zur Türkei, zu Polen oder Ungarn, ja gar zum wichtigsten EU-Partner Frankreich ist zunehmend von einer „schwierigen Partnerschaft“ die Rede. Wähnte Deutschland sich einst „von Freunden umgeben“ (H. Kohl), so scheint es nun von zwielichtigen Gefährten umstellt.



Die Konjunktur des Begriffs ist ein Anzeichen großer Verunsicherung in der deutschen Außenpolitik. Wer ist wirklich auf unserer Seite? Auf wen könnten wir im Zweifelsfall zählen? Wer tut freundlich, arbeitet aber insgeheim gegen uns und unsere Werte? Konkret: Wie viel Abhängigkeit von unserem wichtigsten Energielieferanten (Russland) und unserem größten Zukunftsmarkt (China) verträgt unsere freiheitliche Ordnung auf Dauer?



Die Bundesrepublik, so hat ein früherer Außenminister es klug zusammengefasst, habe den Grundsatz „nie wieder“ im Laufe der Nachkriegsjahrzehnte weiterentwickelt zur Maxime „nie wieder allein“. Für ein Land, das dieses Prinzip hochhält (ohne stets danach zu handeln), bedeutet eine Welt voller schwieriger Partner Dauerstress.



Die Rede von den schwierigen Partnerschaften enthält also durchaus einen wahren Kern. Doch ist sie meist von verborgenen Absichten getrieben: Das Belastende im jeweiligen Verhältnis soll heruntergespielt, die Alternativlosigkeit bestehender Beziehungen herausgekehrt, vor den vermeintlich hohen Kosten einer Konfrontation gewarnt werden. Es geht nicht um die Klärung eines ambivalenten Verhältnisses, sondern um dessen Vernebelung.



Das zeigt sich daran, dass diese Phrase unwiderstehlich andere nach sich zieht, die dringend mit ihr auf den Index gehören: Man dürfe den „Gesprächsfaden nicht abreißen lassen“, wird dann gerne gefordert, oder auch, es gelte, „Gesprächskanäle offen zu halten“. Wer könnte dagegen sein? Es fällt bloß auf, dass selten jemand tatsächlich für den Abbruch von Gesprächen plädiert hat, wo die berühmten Fäden und Kanäle lauthals beschworen werden. Meist ging es nur um einen anderen, schärferen, klareren Ton. Oder um andere Instrumente aus dem Besteckkasten diplomatischer Kommunikation, wie etwa Sanktionen, die weiteren Gesprächen eine größere Verbindlichkeit verleihen würden. Deren Gebrauch soll vorab diskreditiert werden.



Oft läuft es schlicht auf eine Lizenz zum Wegschauen und Weitermachen hinaus (beim Pipelinebau, bei Waffenverkäufen, bei Direktinvestitionen). Wir können eh nichts bewirken, lautet die Botschaft, und in einer Welt voller ambivalenter Beziehungen, voller grauer Katzen, kommt es auch nicht wirklich auf uns und unsere Unterscheidungen an.



Das ist das Hauptproblem der klischeehaften Rede von Deutschlands schwierigen Partnerschaften: Sie suggeriert Machtlosigkeit, wo Deutschland in Wahrheit sehr wohl Einfluss nehmen kann. Außenpolitiker sollten die Phrase meiden und sich den bekannten jüdischen Spruch zu Herzen nehmen: Mach dich nicht so klein, so groß bist du gar nicht.

 

Jörg Lau ist Außenpolitischer Koordinator im Ressort Politik der ZEIT und Kolumnist der „80 Phrasen“.

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Bibliografische Angaben

Internationale Politik 2, März-April 2021, S. 13

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