Schlusspunkt

31. Aug. 2018

„Angela hat angefangen“

Auszüge aus Steve Bannons geheimem Europa-Tagebuch

(...) 5. März 2018: Der US-Adler des Rechtspopulismus ist gelandet! Die Revolution gegen die tyrannische Globo-EU kann beginnen! Schön ist es hier in Zürich – habe Donald immer vorgeschwärmt, wie sauber und ordentlich es im Herkunftsland seiner Familie ist. (…)

6. März: Rufe auf Einladung des „Alt-right“-Blattes Weltwoche zur national-populistischen Revolution und den Kampf gegen das Euro-Establishment auf. Unsere Waffe: Krypto-Währungen! Gabor Steingart macht ein Selfie mit mir und nennt mich „Pontifex“. Bin zu bescheiden, um zu widersprechen. Später im Hotel Besuch von Alice Weidel und Beatrix von Storch. Rate ihnen, sofort gesamtes Parteivermögen in Bitcoins umzutauschen. Sie wollen Tipps für den Umgang mit Mainstream-Medien. Das ist einfach! Wenn man angegriffen wird, immer „Fake News“ sagen, völlig gleichgültig, worum es geht. (…)

8. Mai: Gebe der ZEIT ein Interview, tue bescheiden: „Ich verbringe hier nur ein bisschen Zeit. Eine echte Gelegenheit für mich, etwas zu lernen. Ich werde dieses Wissen mit zurück in die USA nehmen.“ Das sage ich ab sofort immer – es ist so leicht, die Mainstream-Medien zu täuschen. Werde dann doch deutlich: „Die Menschen in Ungarn, die Menschen in der Schweiz, die Menschen in Frankreich haben Angela Merkel nicht dafür gewählt, dass sie zwei Millionen syrische Flüchtlinge reinlässt, nur weil sie gerade Lust dazu hat. … Merken Sie sich: Es war nicht Steve Bannon, der angefangen hat, sondern Angela Merkel, mit ihrer Arroganz und Inkompetenz.“ Keine Nachfrage. (…)

29. Mai: Reise weiter durch die Visegrád-Staaten und gebe TV-Sendern am laufenden Band langatmige Interviews: BBC, Channel 4, CNN usw. Niemandem fällt auf, dass ich immer das Gleiche sage. Fragesteller von Euronews ist völlig überfordert. Nenne ihn „Teil der Propagandaabteilung der Globalisten“.

10. Juni: Ein Mann, der sich nur „Horst“ nennt, ruft an und will wissen, wie er Merkel stürzen kann. Gebe ein paar Tipps.

19. Juli: Ein bisschen ruhig um mich geworden; rufe The Daily Beast an.

20. Juli: Zu einfach! Medien berichten europaweit beeindruckt von meiner neuen, noch zu gründenden Stiftung „The Movement“. Sie wird Europas Rechtspopulisten einen und zum Sieg führen: „Bei mir geht’s um die Macht!“, sage ich und ziehe das Ganze als Reaktion auf – natürlich! – George Soros auf: „Er ist brillant – böse, aber brillant.“ (…)

16. August: Nach den US-Zwischenwahlen werde ich mindestens die Hälfte des Jahres in Europa verbringen! Freue mich schon – es ist so leicht, hier in die Medien zu kommen. Heiß ist es in ­Europa. Aber mir ist ein bisschen kühl. Ziehe drittes Hemd an. (…)

Dr. Henning Hoff war von Oktober 2017 bis August 2018 kommissarischer Leiter der IP.

Bibliografische Angaben

Internationale Politik 5, September-Oktober, 2018, S. 14

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