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23. Juli 2024

5G und Huawei: Anatomie eines Politikversagens

Seit Jahren wird über den Einsatz von chinesischer Technologie beim Ausbau des 5G-Mobilfunknetzes in Deutschland gestritten. Nun hat sich die Bundesregierung auf einen „kooperativen Kompromiss“ mit den Netzbetreibern geeinigt, der jedoch zentrale Sicherheitslücken offenlässt. Es gilt, die richtigen Lehren aus der deutschen 5G-Saga zu ziehen, um den Schutz kritischer Infrastruktur zu gewährleisten.

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Bild: Schatten eines Mannes vor einer Leuchtschrift "5G"
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Nach über fünf Jahren quälender Diskussionen hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser Mitte Juli eine Entscheidung über die Zukunft der chinesischen Technologieanbieter Huawei und ZTE im deutschen 5G-Netz verkündet: Bis Ende 2026 sollen kritische Komponenten chinesischer Hersteller komplett aus den Kernnetzen entfernt werden. Bis Ende 2029 sollen Huawei und ZTE bei den „kritischen Funktionen der 5G-Netzwerkmanagementsysteme“ in den Zugangs- und Transportnetzen durch andere Hersteller ersetzt werden.

Die von Faeser im Namen der Bundesregierung vorgestellte Lösung ist kein versöhnlicher Schlusspunkt, sondern setzt das Politikversagen beim Schutz der kritischen Infrastruktur fort. Sie kommt fünf Jahre zu spät, ist intransparent und nicht entschlossen genug bei der Verringerung der Risiken. Der faule Kompromiss belohnt das rücksichtslose Verhalten der Netzbetreiber Deutsche Telekom, Vodafone und Telefónica, die in den vergangenen Jahren trotz klarer Warnungen aus dem Bundestag die Abhängigkeit von Huawei beim 5G-Ausbau vertieft haben. 

Bestandsaufnahme der deutschen 5G-Debatte

„Lasst uns nicht vergessen, wie das Ganze losging“, entgegnete der SPD-Bundestagsabgeordnete Metin Hakverdi auf der Plattform X (vormals Twitter) der Kritik an Faesers Entscheidung. Hakverdi, der zu den Abgeordneten zählt, die früh parteiübergreifende Allianzen im Bundestag gegen Angela Merkels Politik der offenen Tür für Huawei geschmiedet haben, hat damit einen Punkt. In der Tat war die Ausgangslage in Deutschland schwierig. Im Sommer 2018 verkündete Australien den Ausschluss chinesischer Anbieter beim 5G-Ausbau. Wenige Wochen später versicherten sich Huawei-Vertreter in Berlin, dass es in Deutschland keine Debatte wie in Australien geben werde – oder gar einen Ausschluss. Sie konnten sich dabei auf eine Koalition aus Kanzleramt, Netzbetreibern und der Leitung des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnologie (BSI) verlassen.

Im Oktober 2018 entschied die Bundesregierung dann kategorisch: „Eine konkrete gesetzliche Grundlage mit der Rechtsfolge des kompletten oder teilweisen Ausschlusses eines bestimmten Anbieters vom 5G-Ausbau in Deutschland existiert nicht und ist nicht geplant.“ Der damalige BSI-Chef Arne Schönbohm argumentierte, dass es beim Risikomanagement „vollkommen egal“ sei, „ob das Bauteil aus China, aus Korea oder aus Schweden kommt“. Er fügte hinzu: „Wenn allein politisches Vertrauen die Grundlage für Investitionsentscheidungen sein soll, dann zerstören wir die Arbeitsteilung, die wir in der Welt haben, die Grundlage unseres volkswirtschaftlichen Wohlstands“. Der damalige Wirtschaftsminister Peter Altmaier blies in ein ähnliches Horn und sagte mit Blick auf Huawei: „Was wird passieren, wenn andere Staaten sagen: Ich vertraue französischem Wein nicht?“ Einen Unterschied zwischen Wein und kritischer Infrastruktur vermochte der Minister dabei offensichtlich nicht zu erkennen. 

Die Netzbetreiber betätigten sich – oft auf Grundlage falscher Annahmen – als bedingungslose Unterstützer Huaweis. Im November 2019 wandte sich Telefónica mit einem Lobbyschreiben zu den Folgen eines möglichen Ausschlusses Huaweis an Bundestagsabgeordnete. Der damalige Vodafone-Deutschlandchef Hannes Ametsreiter argumentierte, dass „ein Ausschluss Huawei dazu führen [würde], dass sich der 5G-Ausbau um bis zu fünf Jahre verzögert“. Unübertroffen im Einsatz für Huawei ist die Deutsche Telekom. Das Unternehmen sprach von einem drohenden „Armageddon“-Szenario, sollte Huawei vom 5G-Ausbau ausgeschlossen werden. Dass die US-Tochter der Telekom in den Vereinigten Staaten von Anfang an komplett ohne Huawei-Technologie den 5G-Ausbau sehr erfolgreich bewerkstelligte, verschwieg das Unternehmen. 

Der Digitalpionier Hasso Plattner, Mitbegründer von SAP, dem einzigen deutschen IT-Unternehmen von Weltrang, äußerte 2019 sein Unverständnis über die Angst vor chinesischer Sabotage. Ob Huawei eines Tages im Konfliktfall das Netz abstellen könne, sei „rein hypothetisch. Auch amerikanische Unternehmen könnten das Internet abstellen.“ Einen Unterschied zwischen den USA – Deutschlands Sicherheitsgarant – und China gibt es für Plattner in der Risikoanalyse offenbar nicht. Christoph Meinel, bis 2023 hochbezahlter Chef des Hasso-Plattner-Instituts für Digital Engineering, verstieg sich 2019 zur Behauptung, Huawei und Cisco seien Weltmarktführer bei 5G. Ziel der USA sei es, dass Deutschland US-Produkte statt Huawei kaufe. Dass mit Ericsson und Nokia die beiden führenden 5G-Technologieanbieter aus Europa kommen, während die USA über keinen führenden Anbieter von Gesamtlösungen bei 5G verfügen, sind Fakten, die in Meinels Traumwelten nur stören. 

Ähnlich absurd argumentierte der bayerische Ministerpräsident Markus Söder Anfang 2020: „Die aktuelle Diskussion um Huawei und 5G zeigt doch, wie es um uns bestellt ist: Früher wäre ganz klar gewesen, dass Deutschland ein Siemens-Netz nimmt, jetzt müssen wir uns zwischen schwierigen Alternativen entscheiden. Wir brauchen wieder eigene Kompetenz.“ In puncto technologische Souveränität limitiert die Kirchturmpolitik Söders offenbar den Blick auf Bayern und Deutschland: Ausgerechnet in einem der wenigen Bereiche der Kommunikationstechnologie, in dem die Weltmarktführer aus Europa kommen – namentlich Schweden und Finnland –, beklagt Söder das Fehlen eigener Kompetenz. 

Eine wenig überzeugende Lösung

Angesichts der katastrophalen Qualität der deutschen 5G-Debatte und der weitverbreiteten Desinformation ist es in der Tat ein Schritt nach vorn, dass das Bundesinnenministerium nun feststellt, dass „öffentliche Ordnung oder Sicherheit“ Deutschlands „durch Einsatz bestimmter kritischer Komponenten der chinesischen Hersteller Huawei und ZTE“ voraussichtlich beeinträchtigt werden. Damit wird chinesischen Anbietern, die in der Logik des Parteistaats unter Kontrolle der Regierungspartei KP stehen, klar das Misstrauen ausgesprochen. Die Risiken liegen auf der Hand: Wenn Deutschland bei der kritischen Infrastruktur 5G auf Huawei setzt, ist es im Krisen- und Konfliktfall von Peking erpressbar. Peking könnte Huawei auch dazu zwingen, die neuralgische 5G-Infrastruktur zu sabotieren.

Insofern ist es chinapolitisch ein wichtiger Meilenstein, dass sich die Regierung zu einer solch klaren Positionierung mit Blick auf die Vertrauenswürdigkeit chinesischer Anbieter entschieden hat. Dies ist der positive Aspekt der Entscheidung. Doch hätte die deutsche Regierung diese Entscheidung bereits vor fünf Jahren fällen können und müssen. Die Argumente für die mangelnde Vertrauenswürdigkeit chinesischer Anbieter bei der kritischen Infrastruktur 5G lagen bereits damals klar auf der Hand. Hätte die Regierung die Entscheidung 2019 oder 2020 gefällt, wäre die Situation heute eine grundlegend andere. In Frankreich, das Huawei früh Grenzen gesetzt hat, beträgt der Anteil Huaweis im Zugangsnetz heute etwa 17 Prozent – in Deutschland sind es über 60 Prozent. Die Regierung hat es zugelassen, dass Telekom und Co. trotz der offensichtlichen Risiken und Warnungen aus dem Bundestag in den vergangenen Jahren den 5G-Ausbau massiv mit Huawei betrieben haben. 

Sieg für die Netzbetreiber

Die von Faeser verkündete Lösung ist ein klarer Sieg für die Netzbetreiber. Diese bezahlen keinen Preis für das rücksichtslose Verbauen von Huawei-Technologie. Im Gegenteil: Nationale Sicherheitsinteressen werden den Konzerninteressen von Telekom und Co. klar untergeordnet. Das BMI bleibt dabei deutlich hinter der klaren Lageanalyse des internen Eckpunktepapiers zum 5G-Prüfverfahren vom Herbst 2023 zurück. Dieses spricht von „erheblichen strukturellen Abhängigkeiten von Huawei“ in den öffentlichen 5G-Netzen, die aus rechtlicher Sicht einen „dringenden Handlungsbedarf“ nach sich zögen: „Eine vollumfängliche, sofortige Untersagung aller eingesetzten Komponenten von Huawei und ZTE würde den sicherheitspolitischen Belangen vollends Rechnung tragen, aber nach derzeitigem Erkenntnisstand erhebliche Einschränkungen des Netzbetriebs zur Folge haben.“

Dass nicht alle Huawei-Komponenten sofort stillgelegt werden, ist einleuchtend. Doch am Ende ambitioniert bemessener Übergangsfristen hätte eine Austauschverpflichtung für sämtliche Huawei-Technologie stehen müssen. Die nun vorgeschlagene Lösung hingegen kommt gänzlich ohne Austauschverpflichtung im Zugangsnetz aus und geht eindeutig zu Lasten der Sicherheit – nur um die kurzfristigen Geschäftsinteressen der Netzbetreiber zu wahren. Offenbar haben Telekom und Co. die Regierung mit der Androhung von Schadensersatzdrohungen erfolgreich unter Druck gesetzt. Statt „vollumfänglicher, sofortiger Untersagung“ gibt es einen „öffentlich-rechtlichen Vertrag“ mit den Netzbetreibern, dessen Details geheim gehalten werden. „Zu den Details werde ich mich nicht äußern“, so Faeser auf Nachfragen bei der Pressekonferenz am 11. Juli 2024 zur Verkündung der Entscheidung. Offenbar ist die Ministerin (und mit ihr der Bundeskanzler) der Meinung, die Öffentlichkeit habe kein Recht zu erfahren, unter welchen Bedingungen der Staat Verträge mit rücksichtslosen Netzbetreibern abschließt. 

Faeser verteidigt den „kooperativen Kompromiss“ mit den Mobilfunkbetreibern mit dem Argument, dass andere Länder, die einen weniger kooperativen Weg gegangen seien, mit „schweren Folgen für die Bevölkerung“ bei der Versorgungssicherheit zu kämpfen hätten. Belege für eine solche pauschale Behauptung gibt es jedoch nicht. Es scheint vielmehr, als sei die Ministerin der Desinformationskampagne von Telekom und Co. auf den Leim gegangen. Dass Digitalminister Volker Wissing in den vergangenen Jahren entgegen klarer FDP-Beschlusslage ungeniert eine Pro-Huawei-Position vertreten konnte und dabei weder von FDP-Chef Christian Lindner noch Bundeskanzler Olaf Scholz zurückgepfiffen wurde, rundet das Bild ab.

Huawei-Basisstationen als Sicherheitsrisiko

Der „kooperative Kompromiss“ ändert für einen Zeitraum von sechs Jahren (bis Ende 2029) kaum etwas an den Sicherheitsrisiken im Zugangsnetz, in dem über 60 Prozent Huawei-Technologie verbaut ist. Der Stichtag Ende 2026 fürs Kernnetz hat kaum Bedeutung, da chinesische Technologie dort schon jetzt kaum mehr zum Einsatz kommt. Bei keinem der in den vergangenen Jahren geschlossenen Verträge fürs Kernnetz kam Huawei zum Zuge. Nur bei Telefónica finden sich noch chinesische Restanteile im Kernnetz, deren Aus bereits ohne Faesers – für diesen Aspekt überflüssigen – „öffentlich-rechtlichen Vertrag“ besiegelt war.

Und auch im Zugangsnetz ist der Kompromiss weitgehend ein Illusionstheater. Bei genauerem Hinsehen ist auch ab 2030 keinesfalls Schluss mit Huawei-Basisstationen. Die Vereinbarung mit den Netzbetreibern beschränkt sich auf die nicht weiter ausgeführten „kritischen Funktionen der 5G-Netzwerkmanagementsysteme“, nicht die Basisstationen (Software und Hardware inklusive Antennen). Huawei-Basisstationen können also offenbar weiter betrieben werden, solange sie nicht von einem Huawei-Netzwerkmanagementsystem gesteuert werden. Diese bislang ungetestete Lösung soll von einem wolkig beschriebenen „Forum“ erarbeitet werden, an dem neben der Regierung die Netzbetreiber und Technologieanbieter teilnehmen sollen. Sie könnte zur Folge haben, dass sich der Huawei-Marktanteil im Zugangsnetz nur kosmetisch reduziert. Huawei-Basisstationen könnten nach der Übergangsfrist weiterhin landesweit – auch an besonders sensiblen Orten – betrieben werden. Außerdem widerspricht Faesers Entscheidung dem Kern des EU-Instrumentariums für 5G-Sicherheit. Es ist ein fatales Signal, wenn das Land mit einem Viertel der EU-Mobilfunkkunden europäische Sicherheitsstandards bei kritischer Infrastruktur nicht umsetzt.

Der Bundestag kann sich mit dieser Lösung nicht zufriedengeben. Der Sicherheit kritischer Infrastruktur verpflichtete Abgeordnete haben durch parteiübergreifende Allianz schon ab 2019 erfolgreich verhindert, dass Kanzlerin Merkel ihre Pro-Huawei-Politik durch einen einfachen Verwaltungsakt durchsetzen konnte. Eine solche Allianz braucht es auch jetzt wieder. Ziel sollte sein, Basisstationen chinesischer Hochrisikoanbieter umfassend zu untersagen. Dabei sollten in der Übergangsphase sensible Standorte von militärischer, wirtschaftlicher oder politischer Bedeutung priorisiert werden. Als ersten Schritt muss das Parlament die Regierung verpflichten, die „öffentlich-rechtlichen Verträge“ mit den Netzbetreibern offenzulegen. Faesers pauschale Weigerung unter dem Vorwand des Schutzes von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen ist skandalös. 

Über 5G hinaus: Fünf Lehren

Deutschland sollte eine umfassendere Aufarbeitung des Politikversagens bei 5G anstreben –auch weil in Zukunft weitere Entscheidungen anstehen, bei denen es um Vertrauenswürdigkeit von Technologie sowie Abhängigkeiten bei kritischer Infrastruktur geht. Naheliegende Beispiele sind das Stromnetz (und hier vor allem Fotovoltaik) oder der Glasfaserausbau, bei dem Huawei-Technologie weiterhin stark zum Einsatz kommt. Schon jetzt drängen sich einige vorläufige Lehren auf. 

  • Ganzheitlich planen und diskutieren. Bevor über den Ausbau von kritischer Infrastruktur entschieden wird, braucht es eine offene und frühzeitige Debatte über verschiedene Konzepte, wie Schnelligkeit, Sicherheit, Vertrauenswürdigkeit, breite Netzabdeckung außerhalb der Ballungsräume sowie Industriepolitik und europäische technologische Souveränität zusammengebracht werden können.
  • Die richtigen Anreize für Netzbetreiber setzen. Die Verantwortlichen legten sich bei 5G früh auf eine Frequenzauktion fest, bei der die zugelassenen Netzbetreiber Frequenzblöcke ersteigern konnten. Dies brachte der Bundesregierung kurzfristig Einnahmen in Milliardenhöhe, führte aber auch dazu, dass die Netzbetreiber weniger Geld in einen breiten Netzausbau investierten und auf den billigsten Anbieter – sprich Huawei – setzten, ohne auf Sicherheit und Vertrauenswürdigkeit zu achten. Es braucht klare Vorgaben für Sicherheit, Vertrauenswürdigkeit und Netzausbau in der Fläche, unter denen sich Netzbetreiber dann mit Angeboten für die kostenlose Vergabe von Frequenzen bewerben können. 
  • Resilienz gegen Desinformation stärken. Grob falsche Darstellungen von Huawei und Netzbetreibern verfingen auch deshalb bei einigen, weil der Regierung zu oft die eigene Informationsgrundlage fehlte. Zwar waren einige Ministerien wie das Auswärtige Amt von Anfang an kritisch, doch fehlten der Regierung lange Zeit wichtige Teile des Lagebilds. So hatte die Regierung bis vor Kurzem keine genauen Zahlen zu den Abhängigkeiten von Huawei bei den jeweiligen Netzbetreibern. Noch im Juli dieses Jahres zelebrierte der Sprecher des BMI diesen Blindflug öffentlich. Auf Nachfragen, wie groß der Anteil von Huawei am 5G-Netz sei, teilte er mit: „Da müssen sie sich an die Betreiber wenden“, schließlich sei das ja keine Technologie des Bundes, die verbaut worden sei. 
  • Nicht durch Angst vor Vergeltung lähmen lassen. Die chinesische Regierung hat diese Angst sehr erfolgreich geschürt. „Wenn Deutschland die Entscheidung trifft, Huawei vom deutschen Markt auszuschließen, dann wird das Konsequenzen haben“, sagte der chinesische Botschafter Wu Ken im Dezember 2019 und drohte der deutschen Autoindustrie, für die China der wichtigste Markt sei: „Könnten wir eines Tages sagen, dass deutsche Autos nicht mehr sicher sind, weil wir unsere eigenen produzieren können?“ Doch beim Schutz kritischer Infrastruktur müssen Entscheidungsträger auch mögliche Kosten in Kauf nehmen. Statt sich durch die Angst vor Vergeltung lähmen zu lassen, hätte die Bundesregierung gemeinsam mit europäischen Partnern Peking etwa vorschlagen können: „Bei der kritischen Infrastruktur 5G setzen wir auf Anbieter aus Europa und verbündeten Staaten. Im Gegenzug haben wir Verständnis, wenn ihr europäische Anbieter vom chinesischen Markt ausschließt.“ Stattdessen erlaubt man fatalerweise, dass Entscheidungen über die Sicherheit kritischer Infrastruktur von den Sorgen deutscher Unternehmen, die sich zu stark vom chinesischen Markt abhängig gemacht haben, dominiert werden.
  • Mehr europäisch denken und handeln. Wäre es um die Zukunft eines deutschen Unternehmens wie Siemens gegangen und nicht um Ericsson und Nokia, hätte sich die Bundesregierung wohl frühzeitig anders verhalten. Mit dem 5G-Instrumentarium der EU-Kommission gibt es bereits einen gesamteuropäischen Ansatz, den die Bundesregierung aber nur unzureichend umsetzt.

Die englischsprachige Tageszeitung Global Times, Sprachrohr des chinesischen Einparteienstaats, stellte diesen Monat mit Blick auf Deutschland süffisant fest: „Während das global führende China weiterhin mit 6G-Technologieforschung und Entwicklung nach vorn strebt, sind einige Länder immer noch in der Entscheidung verheddert, welche Produkte sie für 5G-Technologie nutzen.“ Einen Bundeskanzler, der sich Deutschlandtempo auf die Fahnen geschrieben hat, sollte dies nicht kalt lassen. Die deutsche Bevölkerung ebenso wenig. 

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Bibliografische Angaben

Internationale Politik, online exklusiv, 23. Juli 2024

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Thorsten Benner ist Mitbegründer und Direktor des Global Public Policy Institute (GPPi) in Berlin.

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