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01. Apr. 2008

Wie Amerika tickt

Buchkritik

Der Streit war gehässig, fast unversöhnlich. Doch die Braut bleibt anziehend, auch wenn es ein paar Mal fast aus gewesen wäre. Nicht viel anders die transatlantische Lage 2008. Im Vorwahlstreit zwischen -McCain, Clinton und Obama entdeckt Europa das attraktive Amerika wieder, nach dem es sich sehnt. Ein neues Buch liefert die Informationen dazu.

Bei allem Willen zur neuen transatlantischen Liebe bleibt die Angst vor der erneuten Enttäuschung. Gegen diese Angst hat der Kölner Altphilologe, Lokalpolitiker, Hotelbetreiber und Amerika-Versteher Werner Peters ein exzellentes kleines Buch verfasst, in dem er gedankenreich und mit viel Hintergrundwissen erklärt, wie Amerika tickt und warum. Sein pädagogischer Ansatz wird schon im ersten Satz deutlich: „Das Gefährliche an unserem Unverständnis von Amerika ist die Tatsache, dass wir davon überzeugt sind es zu kennen.“ Ziel ist es also, nicht nur sein Studienobjekt zu verstehen, sondern eine aus vielerlei Gründen fehlgeleitete Wahrnehmung zu korrigieren. Daraus hätte leicht ein Desaster werden können. Denn an krude zusammengezimmerten Werken von Hobby-Autoren, die ihrem Nabelschauweltbild durch ein mit ISBN-Nummer versehenes Druckwerk Gravitas verleihen wollen, ist kein Mangel. Nicht so „Rätsel Amerika“. Hier hat sich ein umfangreich geschulter, mit klarem wissenschaftlichen Blick und guter Schreibe ausgestatteter Autor sehr ernsthaft und engagiert mit einem Thema auseinandergesetzt, das ihm offensichtlich am Herzen liegt. In 81 (!) gekonnt gerafften Kapiteln nähert sich Peters den Fundamentalkriterien Amerikas. Religion, „manifest destiny“, Pragmatismus, die limitierte Rolle des Staates, der latente Isolationismus, die Pioniermentalität und die Missionskraft der amerikanischen (Pop-)Kultur – dies alles und noch reichlich mehr wird zu einem bruchlosen Erklärstück gefügt. Klar ist die Absicht des Autors, das eigentliche, vielschichtige Amerika von der Wahrnehmung durch die Bush-Brille zu befreien. Eine besondere Begeisterung für die amerikanische Grassroots-Demokratie und ihren kommunitaristischen Bürgersinn kann – und will – der Autor, selbst Begründer der „Kölner Kommunitaristen“, nicht verbergen. Nichts davon ist eigentlich neu, und wissenschaftliche Schwergewichtigkeit wird nie behauptet. Aber in diesem amerikagesättigten Jahr wird man nicht viele lesbare Bände mit so hohem Erkenntniswert finden.

Werner Peters: Rätsel Amerika. Bouvier 2007, 289 Seiten, 19,90 €

JAN TECHAU, geb. 1972, leitet das Alfred von Oppenheim-Zentrum für Europäische Zukunftsfragen in der DGAP.