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01. Febr. 2009

Unser Land soll sauberer werden

China setzt für die Zukunft auf erneuerbare Energien

China hat den Klimawandel als wichtiges politisches Thema erkannt und ergreift Maßnahmen zur Förderung sauberer und erneuerbarer Energien sowie zur Steigerung der Energieeffizienz. Will man den größten CO2-Emittenten in ein Post-Kyoto-Regime einbinden, sollten seine Forderungen nach „Klimagerechtigkeit“ ernst genommen werden.

Die Verhandlungsergebnisse der UN-Klimakonferenz vom Dezember 2008 in Posen waren ernüchternd: Die vom Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) empfohlenen Mindestreduktionsziele für Industrieländer von 25 Prozent bis 2020 wurden nicht bestätigt, man einigte sich nicht über die Aufstockung der Finanzierung sowie der Generierung von Finanzen für den Anpassungsfonds.1 Nun soll im Dezember 2009 in Kopenhagen über das Klimaregime nach dem Auslaufen des Kyoto-Protokolls 2012 entschieden werden.

Zum weltweiten Anstieg der CO2-Emissionen der letzten zehn Jahre haben nicht nur die OECD-Staaten mit 17,6 Prozent, sondern vor allem China mit 48,5 Prozent, zum kleineren Teil Indien mit 7,1 Prozent und andere Schwellenländer beigetragen.2  Chinas gestiegene Emissionen resultieren vor allem aus der hohen Kohleintensität seines Primärenergieverbrauchs. Lag Chinas Anteil an den weltweiten CO2-Emissionen 1990 noch bei 12,5 Prozent, wird er sich wohl auf 30,6 Prozent im Jahr 2030 erhöhen. Vor diesem Hintergrund sind die Einbeziehung Chinas in ein Post-Kyoto-Regime und die Entwicklung seiner Umwelt- und Energiepolitik von großer Bedeutung.

1992 ratifizierte China die UN-Klimarahmenkonvention, unterzeichnete 1998 das Kyoto-Protokoll und ratifizierte es 2002. Als Entwicklungsland, d.h. Nicht-Annex-I-Staat, hat China keine eigenen quantitativen Emissionsminderungsverpflichtungen gegenüber dem Kyoto-Protokoll, sondern muss lediglich in einer nationalen Kommunikation über seine Emissionen und über die Schritte berichten, die das Land unternimmt oder plant, um die Klimarahmenkonvention zu implementieren. Mit seinem Status kann China aber Projekte unter dem Clean Development Mechanism 3 (CDM) beheimaten. Nach anfänglich nur zögernder Entwicklung erkennt die chinesische Regierung inzwischen die energie-, klima- und entwicklungspolitische Bedeutung des CDM-Instruments an. Innerhalb von nur wenigen Jahren ist China mit 362 beim CDM-Exekutivrat registrierten Projekten und 54 Prozent aller zertifizierten Emissionsminderungen (CER) in der UN-Pipeline zum weltweit größten Markt für CDM avanciert.4

Einbindung in ein Post-Kyoto-Regime

Die chinesische Regierung steht unter zunehmendem Druck, eigene quantitative Verpflichtungen zur Emissionsminderung einzugehen. Die wirtschaftliche Entwicklung und damit die Emission von Treibhausgasen verlief in den vergangenen zehn Jahren deutlich rasanter als es zu Zeiten der Verhandlungen des Kyoto-Protokolls erwartet wurde. Ging man 1998 noch davon aus, dass China etwa um 2030 die USA als Nation mit dem größten CO2-Ausstoß überholen würde, ist dies bereits 2007 eingetreten. Andererseits liegt der derzeitige durchschnittliche Pro-Kopf-Ausstoß mit etwa vier Tonnen CO2 noch deutlich unter dem Durchschnitt Westeuropas (ca. 8 t/K) und weit hinter den USA (ca. 19 t/K) zurück (siehe dazu das Schaubild auf S. 19). Bis 2030 wird China (7,5 t/K) jedoch weiter an Europa (8,5 t/K) und Japan (9,5 t/K) aufschließen.

Während der Anfangsphase des Kyoto-Prozesses gab es aus China wenig Signale, dass aktiver Klimaschutz hohe Priorität für das Land besitzt. Klimaschutz wurde in der chinesischen Regierung weniger als ökologisches denn als außenpolitisches und ökonomisches Thema abgehandelt. Noch im Sommer 2007 betonte Chinas Präsident Hu Jintao auf dem G-8-Gipfel in Heiligendamm: „Klimawandel ist ein Umweltthema, aber im Grundsatz ist es ein entwicklungspolitisches Thema.“5  Mit dem Hinweis auf die notwendige wirtschaftliche Entwicklung des eigenen Landes und die historische Verantwortung der Industrieländer, deren Treibhausgasemissionen seit über 100 Jahren in der Atmosphäre akkumulieren,6 verfolgte China bei den internationalen Klimakonferenzen über Jahre hinweg eine relativ starre Haltung und lehnte jegliche Festlegung auf konkrete Reduktionsziele ab. Zugleich fordert China größere finanzielle und technologische Transferleistungen der Industrieländer an die Entwicklungsländer.

Seit der vorletzten UN-Klimakonferenz in Bali im Jahr 2007 deutet aber einiges darauf hin, dass die chinesische Regierung bereit ist, im Post-Kyoto-Prozess eine aktivere Rolle bei internationalen Aktivitäten zum Klimaschutz zu übernehmen. Es ist davon auszugehen, dass insbesondere der Ende 2006 veröffentlichte nationale Klimabericht und der vierte Sachstandsbericht des IPCC,7 die für China dramatische Auswirkungen des Klimawandels prognostizieren, ein Umdenken bei den Verantwortlichen bewirkt haben. Explizit nehmen das im Juni 2007 vorgestellte Nationale Programm zum Klimawandel sowie das im Oktober 2008 im Vorfeld der Konferenz von Posen vom chinesischen Staatsrat veröffentlichte „Weißbuch“ zur chinesischen Klimapolitik auf diese ungünstigen Prognosen Bezug.8

Die Prognosen erwarten für China einen durchschnittlichen Temperaturanstieg zwischen 1,1 und 2°C bis 2020 im Vergleich zum Zeitraum 1961–1990. Diese Erwärmung wird einhergehen mit einer Zunahme von extremen Witterungsereignissen, häufigeren Dürren, der Ausbreitung der Wüsten sowie größerem Wassermangel insbesondere in Nord- und Nordwestchina. Bereits in der vergangenen Dekade wurde ein starker Rückgang der durchschnittlichen Niederschlagswerte in Nordchina und eine deutliche Zunahme der Intensität von Taifunen verzeichnet, von denen insbesondere der Süden des Landes betroffen ist.9 Die Klimaerwärmung könnte auch negative Auswirkungen auf die Landwirtschaft haben; man befürchtet Ertragsrückgänge von bis zu zehn Prozent.

Das tibetische Hochplateau, Quellgebiet der großen asiatischen Flüsse Brahmaputra, Mekong, Irradwaddy, Salween, Yangtse und Huanghe (Gelber Fluss), in deren Einzugsgebieten mehr als die Hälfte der Menschheit lebt, ist direkt und massiv von der Klimaerwärmung betroffen. Derzeit schmelzen die Gletscher jährlich um durchschnittlich 131 Quadratkilometer ab.10 Dies führt kurzfristig zu größerer Überschwemmungsgefahr, langfristig zu einem dramatischen Rückgang der Wasserführung der großen Flüsse, begleitet von Temperaturanstieg, größeren Trockenheiten und Sandstürmen. Mit Sorge verfolgt Chinas Regierung, dass auch die wichtigsten Wirtschaftszonen des Landes an der ostchinesischen Küste akut betroffen sein könnten. Der IPCC-Bericht geht von einem Anstieg des Meeresspiegels von 40–60 cm bis zum Jahr 2100 aus; hiervon werden insbesondere das Perlflussdelta und die Region um Schanghai berührt sein. Diese Berichte belegen nun auch wissenschaftlich, dass China sich auf dramatische Auswirkungen des Klimawandels vorbereiten muss. Die Folgen werden nicht nur massive ökologische Schäden, sondern auch hohe ökonomische Kosten verursachen.

Ausdrücklich betont die chinesische Regierung im Weißbuch ihr Interesse an der Fortsetzung des CDM über das offizielle Ende des Kyoto-Protokolls hinaus. Um China, Indien und andere große Treibhausgasemittenten in Schwellenländern in ein Post-Kyoto-Klimaregime zu integrieren, müssen auch die Emissionen vor 1990 mit einbezogen werden. Ein wichtiges Argument vieler Schwellenländer gegen eigene Minderungsverpflichtungen ist die Tatsache, dass die Industriestaaten in der Vergangenheit in erheblichem Maße fossile Brennstoffe für ihre wirtschaftliche Entwicklung genutzt haben. Wenn die zukünftigen Verpflichtungen aller Länder zur Emissionsminderung auf kumulativen Treibhausgasemissionen basieren und die Minderungsziele in einem Pro-Kopf-Ansatz festgelegt würden, um z.B. das Ziel einer Stabilisierung der bodennahen Temperatur von 2°C im Jahr 2100 zu erreichen, wären so historische wie auch zukünftige Emissionen aller Länder mit einbezogen. In einem solchen Regime könnten darüber hinaus noch immer die projektbezogenen Flexibilisierungsinstrumente des Kyoto-Protokolls verwendet werden. Wenn z.B. China eigene Emissionsminderungsverpflichtungen eingehen würde, könnte es noch immer Gastland für Joint Implementation (JI) nach Artikel 6 des Kyoto-Protokolls sein.11

Die aktuelle Energie- und Klimaschutzpolitik Chinas

Akute lokale und regionale Umweltprobleme wurden von der chinesischen Regierung bis vor wenigen Jahren dringlicher eingeschätzt als langfristige Klimaschäden. Erst seit etwa zwei Jahren ist das Thema Klimawandel weit oben auf der Agenda der chinesischen Führung angekommen. Indizien dafür sind unter anderem die Veröffentlichung des ersten Nationalen Berichts zum Klimawandel (Ende 2006), das Nationale Programm zum Klimawandel (Juni 2007), die Einrichtung einer nationalen Führungsgruppe zum Klimawandel unter Leitung von Premierminister Wen Jiabao sowie das im Oktober 2008 vom Staatsrat veröffentlichte Weißbuch. Auch wenn die globale Klimaschutzpolitik von China bisher vorrangig als außen- und entwicklungspolitisches Thema behandelt wird, signalisiert die chinesische Führung seit Ende 2007 die Bereitschaft, sich über die Vereinbarungen von Kyoto hinaus stärker in internationale Anstrengungen einzubringen.

In China wird dabei klimaschutzrelevante Politik in erster Linie in Verbindung mit 1. der Förderung so genannter „sauberer“ Energien, inklusive der Kernenergie, 2. der Förderung von erneuerbaren Energiequellen, vor allem aber mit 3. Anstrengungen zur Verbesserung der Energieeffizienz behandelt. Energiesicherheit und Verminderung von Umweltbelastungen durch Kohle stehen dabei im Vordergrund. Zugleich werden landesweit im großen Stil Programme durchgeführt wie „Grain for Green“, ein Aufforstungsprogramm, in das die chinesische Regierung seit Beginn des Jahrhunderts Milliarden investierte, um marginale Flächen vor der Erosion und Verwüstung zu bewahren. Diese werden  nun auch in ihrer Bedeutung für den Klimaschutz gewürdigt.

Der Ausbau von Kernenergie als kohlenstofffreie und emissionsarme Energieerzeugung wird in China explizit als Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz propagiert, ist aber zugleich in hohem Maße eine strategische Reaktion auf den steigenden Transportbedarf an Kohle, die überwiegend im Landesinnern gefördert wird. Die sich derzeit im Betrieb befindlichen Kernkraftwerke in Jiangsu und Guangdong sind in Provinzen gelegen, die geringe Reserven an Kohle, aber einen hohen Strombedarf haben. Kaum thematisiert wird in der chinesischen Diskussion bisher die Frage der Reaktorsicherheit und der Endlagerung von Nuklearabfällen. Trotz eines erheblichen Anwachsens der Kernenergie wird diese Technik immer eine untergeordnete Rolle im Energiemix behalten. Bei den derzeitigen Wachstumsraten der Wirtschaft wäre eine überwiegende Stromerzeugung durch Kernenergie zu teuer in den Investitionen.

Trotz aller Anstrengungen für die Erschließung der erneuerbaren Energien gibt es für China auch auf lange Sicht wenig Alternativen zur Kohle als Primärenergielieferant. Vor diesem Hintergrund ist die Steigerung der Energieeffizienz, insbesondere bei der Nutzung von Kohle, im laufenden Fünfjahresplan von höchster Bedeutung für den Klimaschutz. Ziel ist es, den Energieverbrauch pro Einheit BIP bis 2010 um insgesamt 20 Prozent zu drosseln. Dies entspräche einer CO2-Emissionsminderung um etwa 1,5 Milliarden Tonnen gegenüber dem „Business as Usual“ bei einem Wirtschaftswachstum von acht Prozent pro Jahr. Wurde der angestrebte Jahresdurchschnittswert von vier Prozent 2006 noch weit verfehlt, so konnte 2007 bereits eine Drosselung um 3,7 Prozent erreicht werden. Für 2008 ging man davon aus, dass vier Prozent übertroffen werden könnten. Auch bei dem „1000-Betriebe-Programm“, das sich auf die Verbesserung der Energieeffizienz von so genannten Schlüsselbetrieben bezieht, auf die insgesamt ein Drittel des chinesischen Energieverbrauchs entfällt, sah es bei Halbzeit des Fünfjahresplans so aus, als ob die hochgesteckten Ziele erreicht werden könnten.12  Neben der Verbesserung der Energiebilanzen bei der industriellen Produktion kommt dabei dem energieeffizienten Bauen eine besondere Bedeutung zu. Bisher wird nach Expertenschätzungen beispielsweise in Nordchina zwei bis drei Mal soviel Energie für Heizen aufgewendet wie in den europäischen Ländern mit vergleichbaren klimatischen Bedingungen. Das Problem wird von den chinesischen Behörden erkannt, die Umsetzung fällt allerdings schwer.

Aus umwelt- und klimapolitischer Sicht kommt auch der Entwicklung von so genannten Clean-Coal-Technologien (vor- oder nachgeschaltete CO2-Abscheidung und Deponierung, zumindest ein stark erhöhter Wirkungsgrad der Kohleverstromung) eine hohe Bedeutung zu, die, sofern sie technisch und wirtschaftlich durchführbar sind, einen Übergang in ein nichtfossiles Zeitalter einläuten könnten. So haben China und Australien im März 2008 ein Abkommen über die Forschung und den Test von Clean-Coal-Technologien unterzeichnet.

Auch das Nationale Programm zum Klimawandel stellt die energiepolitischen Maßnahmen in den Kontext von Klimaschutz und beziffert die dadurch angestrebten Einsparungen auf konservative 1,5 Milliarden Tonnen CO2, die durch Entwicklung erneuerbarer Energien und Kernenergie, Nutzung von Kohlemethangas, Modernisierung und Umrüstung von Kohlekraftwerken sowie durch Energieeffizienzprogramme erreicht werden können.13 Durch eine Forcierung der Aufforstungen sollen bis 50 Millionen Tonnen CO2 neutralisiert werden. Auch die Minderung von landwirtschaftlichen Emissionen durch Umstellung auf Semi-Trockenreis-Kulturen sowie Biogasgewinnung von Abfällen aus Landwirtschaft und Intensivtierhaltung sind im Programm enthalten.

Die Anpassung an den Klimawandel (Adaption) hat im nationalen Klimaschutzprogramm einen hohen Stellenwert: In den klimarelevanten Kontext gestellt wurden hier nationale Programme zur Erosionsbekämpfung, Wasserschutz und effiziente Bewässerung, Forstschutz, Desertifikationskontrolle und Katastrophenschutz. Langfristig vertraut China auf die Fortschritte in der technologischen Entwicklung, eine wichtige Rolle wird daher auch der Forschung und Entwicklung zugebilligt. In Ergänzung zum Nationalen Programm zum Klimawandel veröffentlichten 14 Ministerien im Juni 2007 einen gemeinsamen Aktionsplan zur wissenschaftlichen Forschung und technologischen Entwicklung.14

Entwicklung von erneuerbarer und klimafreundlicher Energie

China besitzt ein großes Potenzial für die Entwicklung von erneuerbaren Energien. Bis vor wenigen Jahren kamen sie jedoch vorrangig bei der Elektrifizierung von abgelegenen ländlichen Regionen zum Einsatz.15 Die Zielsetzungen der derzeitigen Energie- und Klimaschutzpolitik haben in den vergangenen zwei Jahren die Entwicklung im Bereich erneuerbarer Energiesysteme forciert. Bislang können chinesische Hersteller allerdings nicht mit dem fortgeschrittenen internationalen technologischen Niveau konkurrieren. China ist deshalb insbesondere bei der Erschließung von Windenergie und Photovoltaik stark von Importen abhängig. Das soll sich langfristig ändern. Darauf zielt zum einen die chinesische Verhandlungsposition bei den internationalen Klimaverhandlungen, die von den Industrieländern die Freigabe entsprechender Technologien fordert.

Zum anderen investiert China verstärkt auch in die eigene Entwicklung von erneuerbaren Energien. So wurden 2006 rund 32 Millionen Euro in die Entwicklung erneuerbarer Energien investiert, hiervon wiederum waren 60 Prozent für die Entwicklung von Solarenergie vorgesehen. Die derzeitige Entwicklung führt zu der Einschätzung, dass China in den kommenden Jahren bei der Erschließung und Entwicklung von erneuerbaren Energien zu den international führenden Ländern aufschließen wird und dabei die selbstgesetzten Planziele noch übertreffen kann.

Bei der Nutzung von Wasserkraft ist China schon heute mit einer installierten Stromerzeugungskapazität von 116 Gigawatt (GW) weltweit führend. Im Oktober 2009 wird nach 15-jähriger Bauzeit das mit einer Kapazität von 22 GW größte Wasserkraftwerk der Welt, der Drei-Schluchten-Staudamm am Yangtse, offiziell den Betrieb aufnehmen. Das vor allem wegen umfassender Umsiedlungen umstrittene Wasserkraftwerk kann bis zu drei Prozent der derzeitigen chinesischen Stromproduktion liefern. Der direkte Klimanutzen wird mit einer Einsparung von 50 Millionen Tonnen Kohle pro Jahr beziffert. Kleinwasserkraftanlagen (bis zu 25 Megawatt/MW) werden überwiegend in isolierten Netzen betrieben. Mit 38,6 GW und einer Stromerzeugung von etwa 110,5 Terawattstunden (TWh) tragen sie zu etwa 34 Prozent zur derzeitigen Stromerzeugung aus Wasserkraft bei. Aktuell werden in China mehr als 42 000 Klein- und Miniwasserkraftanlagen betrieben, die etwa 300 Millionen Menschen mit Strom versorgen und einen wesentlichen Beitrag zur Elektrifizierung der ländlichen Regionen leisten. Bis 2020 plant China den Ausbau der Wasserkraft auf bis zu 225 GW (hiervon 70 GW durch Kleinwasserkraftanlagen) installierter Kapazität. Allerdings befinden sich die noch erschließbaren Ressourcen überwiegend in den wenig industrialisierten Regionen West- und Südwestchinas. Das verheerende Erdbeben in der Provinz Sichuan im Mai 2008, das etwa 400 Staudämme in Mitleidenschaft gezogen hat, dürfte zur Überprüfung und Zurückstellung einiger Planungen führen.

Wind, Photovoltaik und moderne Biomasse tragen bisher noch nicht signifikant zur Stromerzeugung bei, besitzen aber großes Entwicklungspotenzial. Mit der Nutzung und Entwicklung von Windenergie wurde erst in den neunziger Jahren begonnen. Die jährlich in China neu installierte Windkraftkapazität ist in den letzten Jahren durchschnittlich um 50 Prozent gestiegen. Bereits Ende 2007 war das Planziel für 2010 übertroffen. Derzeit ist der Stand der chinesischen Windenergietechnik allerdings noch weit vom internationalen Niveau entfernt, insbesondere bei großen Anlagen mit Leistungen von über 1,5 MW ist das Land auf Importe ausländischer Technologie angewiesen. Auch die Photovoltaik bietet erhebliche Entwicklungsmöglichkeiten. Da zwei Drittel des Landes über mehr als 2200 Sonnenstunden mit teils sehr intensiver Sonneneinstrahlung verfügen, werden der Sonnenenergie von allen erneuerbaren Energien die größten theoretisch nutzbaren Potenziale attestiert.

Richtungweisend für die Umsetzung der Energie- und Klimapolitik ist der laufende 11. Fünf-Jahres-Plan (2006–2010), der klare Eckdaten für die Entwicklung von erneuerbaren und sauberen Energien und Verbesserung der Energieeffizienz nennt. Der Plan wie auch der im September 2007 von der National Development and Reform Commission (NDRC) vorgestellte „mittel- und langfristige Plan für die Entwicklung von erneuerbaren Energien“ streben eine Erhöhung des Anteils der erneuerbaren Energien an der Primärenergie von 7,5 Prozent (2005) auf zehn Prozent im Jahre 2010 und langfristig auf 15 Prozent (2020) an. Bei der Stromerzeugung wird angestrebt, bis 2020 bis zu 20 Prozent aus erneuerbaren Energien zu gewinnen. China setzt dabei vor allem auf die Entwicklung von Wasserkraft (225 GW aus Großstaudämmen, 75 GW sollen aus kleinen Wasserkraftwerken generiert werden), Windenergie (30–50 GW), Biomasse (30 GW), Solarenergie (1–2 GW). Für den Ausbau des erneuerbaren Energiesektors veranschlagt die NDRC für die kommenden Jahre Investitionen in Höhe von 180 Milliarden Dollar. Des Weiteren streben die Entwicklungspläne die Förderung der Kernenergie an, die bis 2020 etwa vier Prozent (entsprechend 40 GW) zum Energiemix beitragen soll. Zu den derzeit laufenden zehn AKWs sollen in den kommenden elf Jahren noch etwa 30 weitere hinzukommen.

Klimaschutz ja, aber ohne negative Auswirkungen auf die Wirtschaft

Angesichts der Bedeutung Chinas und seines Beitrags an der Emission von Treibhausgasen können internationale Vereinbarungen des Post-Kyoto-Prozesses nicht ohne die stärkere Einbindung Chinas stattfinden. China wird sich dabei auch am Verhalten der neuen US-Administration orientieren. Zugleich gilt es, die Forderung der chinesischen Regierung nach „Klimagerechtigkeit“ und differenzierter Verantwortung ernst zu nehmen. Chinas durchschnittliche Pro-Kopf-Emissionen werden auch bei pessimistischen Voraussagen über den Anstieg des chinesischen Anteils der Treibhausgase 2030 gerade einmal europäisches Niveau erreichen. Das Land wird sich auf keinerlei Verpflichtungen einlassen, die die wirtschaftliche Entwicklung bremsen. Eine internationale Klimapolitik kann deshalb nur erfolgreich sein, wenn es gelingt, Wirtschaftswachstum und Anstieg von Treibhausgasen zu entkoppeln. Hier hätte China möglicherweise das Potenzial, neue Wege aufzuzeigen.

Nationale Programme zeigen, dass das Klimathema bei der chinesischen Regierung angekommen ist. Spätestens seit 2007 signalisiert sie die Bereitschaft, sich künftig stärker für den Klimaschutz zu engagieren. Wie ernst sie es damit meint, wird sich auch daran ablesen lassen, in welchem Umfang die chinesische Regierung bereit ist, künftig Ressourcen für Forschung und Entwicklung im Bereich Klimaschutz bereitzustellen. Erwartet werden kann von China ein bedeutender Beitrag bei der Entwicklung von angepassten Technologien zur Vermeidung von Treibhausgasen (erneuerbare Energien, Vermeidung von Treibhausgasen in der Landwirtschaft usw.) sowie bei der Anpassung an den Klimawandel (insbesondere in Bezug auf Landwirtschaft und Katastrophenschutz). China könnte in ein Post-Kyoto-Regime eingebunden werden, in dem die zukünftigen Emissionsminderungsverpflichtungen aller Länder auf kumulativen Treibhausgasemissionen basieren und die Minderungsziele in einem Pro-Kopf-Ansatz festgelegt würden, wenn dabei historische wie auch zukünftige Emissionen aller Länder mit einbezogen wären. In einem solchen Regime könnten darüber hinaus noch immer die projektbezogenen Flexibilisierungsinstrumente des Kyoto-Protokolls verwendet werden.

1 Vgl. Britta Horstmann, Anna Pegels und Lars Schmidt: Die Klimaschutzkonferenz in Poznan: 2 Grad daneben, Deutsches Institut für Entwicklungspolitik, „Die aktuelle Kolumne“, 15.12.2008. 2 BP Statistical Review of World Energy June 2008. http://www.bp.com/statisticalreview. 3 Gemäß Artikel 12 des Kyoto-Protokolls können Annex-I-Staaten Treibhausgasminderungsprojekte in Nicht-Annex-I-Staaten durchführen und sich die erwachsenen Emissionsminderungen in Form von Emissionszertifikaten auf ihre eigenen quantitativen Minderungsverpflichtungen anrechnen lassen. Unilaterale Projekte, d.h. Projekte, deren Investor der Nicht-Annex-I-Staat selbst ist, sind zulässig. Zu einer detaillierteren Beschreibung des CDM siehe auch Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Die projektbasierten Mechanismen CDM & JI, Berlin 2006. 4 Vgl. http://cdm.unfccc.int. 5 Vgl. Dirk Rommeney und Yu Jie: Auch China heizt im Treibhaus, Politische Ökologie Nr. 110, 2008, S. 53–55. 6 Offizielle chinesische Quellen argumentieren, dass Chinas Beitrag an den in den vergangenen 100 Jahren (1904–2004) in der Atmosphäre akkumulierten globalen CO2-Emissionen bei etwa acht Prozent liegt. Vgl. State Council Information Office: White Paper: China’s policies and actions on climate change, 2008, http://www.china.org.cn/government/news/2008-10/29. 7 Vgl. IPCC: Climate Change 2007. Synthesis Report, Genf 2007. 8 Vgl. State Council Information Office (Anm. 6). 9 Vgl. IPCC (Anm. 7). 10 Vgl. UNDP: Human Development Report 2007/2008 – Fighting climate change: Human solidarity in a divided world, 2007. 11 JI ist nichts anderes als CDM-Projekte in Ländern mit einem eigenen quantitativen Emissionsminderungsziel. Der Mechanismus ist derselbe wie im CDM. Viele JI-Projekte werden mit Erfolg in den Transformationsländern in Mittel- und Osteuropa durchgeführt. 12 Vgl. World Resources Institute: Energy and Climate Policy Action in China. WIR Fact Sheet 2008, www.wri.org. 13 Vgl. China’s National Climate Change Programme (CNCCP), http://www.ccchina.gov.cn/WebSite/CCChina/UpFile/File188.pdf. 14 Vgl. Ministry of Science and Technology u.a.: China’s Scientific & Technological Actions on Climate Change, Peking Juni 2007. 15 Erwähnt sei hier zum Beispiel das von der National Development and Reform Commission (NDRC) unterstützte „Brightness Program“, das die Elektrifizierung von abgelegenen ländlichen Regionen in Westchina mit Solarenergie und kleinen Windkraftanlagen fördert.

Prof. Dr. ANDREAS OBERHEITMANN ist Direktor des Research Center for International Environmental Policy an der Tsinghua University, Peking.

Dr. EVA STERNFELD ist Leiterin der Arbeitsstelle China an der TU Berlin.

  • 1Vgl. Britta Horstmann, Anna Pegels und Lars Schmidt: Die Klimaschutzkonferenz in Poznan: 2 Grad daneben, Deutsches Institut für Entwicklungspolitik, „Die aktuelle Kolumne“, 15.12.2008.
  • 2BP Statistical Review of World Energy June 2008. http://www.bp.com/statisticalreview.
  • 3Gemäß Artikel 12 des Kyoto-Protokolls können Annex-I-Staaten Treibhausgasminderungsprojekte in Nicht-Annex-I-Staaten durchführen und sich die erwachsenen Emissionsminderungen in Form von Emissionszertifikaten auf ihre eigenen quantitativen Minderungsverpflichtungen anrechnen lassen. Unilaterale Projekte, d.h. Projekte, deren Investor der Nicht-Annex-I-Staat selbst ist, sind zulässig. Zu einer detaillierteren Beschreibung des CDM siehe auch Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Die projektbasierten Mechanismen CDM & JI, Berlin 2006.
  • 4Vgl. http://cdm.unfccc.int.
  • 5Vgl. Dirk Rommeney und Yu Jie: Auch China heizt im Treibhaus, Politische Ökologie Nr. 110, 2008, S. 53–55.
  • 6Offizielle chinesische Quellen argumentieren, dass Chinas Beitrag an den in den vergangenen 100 Jahren (1904–2004) in der Atmosphäre akkumuli
  • 7Vgl. IPCC: Climate Change 2007. Synthesis Report, Genf 2007.
  • 8Vgl. State Council Information Office (Anm. 6).
  • 9Vgl. IPCC (Anm. 7).
  • 10Vgl. UNDP: Human Development Report 2007/2008 – Fighting climate change: Human solidarity in a divided world, 2007.
  • 11JI ist nichts anderes als CDM-Projekte in Ländern mit einem eigenen quantitativen Emissionsminderungsziel. Der Mechanismus ist derselbe wie im CDM. Viele JI-Projekte werden mit Erfolg in den Transformationsländern in Mittel- und Osteuropa durchgeführt.
  • 12Vgl. World Resources Institute: Energy and Climate Policy Action in China. WIR Fact Sheet 2008, www.wri.org.
  • 13 Vgl. China’s National Climate Change Programme (CNCCP), http://www.ccchina.gov.cn/WebSite/CCChina/UpFile/File188.pdf.
  • 14Vgl. Ministry of Science and Technology u.a.: China’s Scientific & Technological Actions on Climate Change, Peking Juni 2007.
  • 15Erwähnt sei hier zum Beispiel das von der National Development and Reform Commission (NDRC) unterstützte „Brightness Program“, das die Elektrifizierung von abgelegenen ländlichen Regionen in Westchina mit Solarenergie und kleinen Windkraftanlagen fördert.
Bibliografische Angaben

Internationale Politik 2, Februar 2009, S. 35 - 39.

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