Drei Fragen ... zur Wahl in Italien
Die Wahl in Italien wurde europaweit mit Spannung erwartet. Andrea Affaticati, freie Journalistin u.a. für Il Foglio in Mailand, über den Ausgang der Wahl und die Folgen.
1. In Italien hat die radikale Rechte die Wahlen gewonnen. Was würde eine Regierung unter Giorgia Meloni für den Zusammenhalt in Europa bedeuten?
Giorgia Meloni hat Brüssel während des Wahlkampfs wiederholt wissen lassen, dass unter einer von ihr geführten Regierung „Schluss mit lustig“ sei. Sie werde dafür sorgen, dass Italiens Interessen in Brüssel weitaus stärker verteidigt würden als bisher. Ungarns Regierungschef Viktor Orbán wird mit Meloni eine neue Verbündete in Europa haben. Erst jüngst haben die EU-Abgeordneten ihrer Partei Fratelli d’Italia gegen den Beschluss des EU-Parlaments gestimmt, Ungarn den Status einer Demokratie abzusprechen.
2. Wie würde sich eine solche Regierung zu Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine verhalten?
Hier wird sich nichts ändern. Giorgia Meloni hat Russlands Angriffskrieg von Anfang an verurteilt, und die Fratelli d’Italia haben als Oppositionspartei alle Waffenlieferungen an die Ukraine und die Sanktionen gegen Russland unterstützt. Meloni bekennt sich zur NATO; ihr Verhältnis zu den USA, genauer: zum rechten Flügel der Republikaner, ist ausgesprochen eng. Zwar hat die Wahlsiegerin in der Vergangenheit gute Beziehungen zum russischen Präsidenten Wladimir Putin gepflegt; dabei ging es aber eher um allgemeine Wertvorstellungen wie Vaterland, Familie und Tradition. Matteo Salvini, Chef der nationalpopulistischen Lega, und Silvio Berlusconi von der Forza Italia setzen sich immer wieder zugunsten Putins ein. Doch ihre Wahlergebnisse von unter 9 Prozent dürften ihnen keinen großen Spielraum bieten, Italiens jetzige Position zum Ukraine-Krieg ernsthaft infrage zu stellen.
3. Wie sollte die EU, wie sollte Deutschland einer solchen Regierung begegnen?
Giorgia Meloni will, dass sich Brüssel nur um die übergreifenden Themen kümmert, die in der Zentrale besser aufgehoben sind – der Rest soll den Einzelstaaten überlassen bleiben. Außerdem fordert sie, dass Italiens Gesetze Vorrang gegenüber denen der EU genießen müssten. Besonders Berlin und Paris werden sich auf einige Konfrontationen einstellen müssen, denn Italien will nach Melonis Auffassung „in Zukunft gleichwertiges Mitglied“ der EU sein und nicht, wie sie es sieht, nur ein Anhängsel. Deutschland steht dabei immer wieder im Mittelpunkt der Kritik Melonis, die im Wahlkampf unter anderem behauptete, Berlin bremse einen Preisdeckel für russisches Gas aus.
Internationale Politik, online exclusive, 26.09.2022