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01. Juli 2011

Der andere Preis der Freiheit

Intervention in Libyen: zwischen Regimewechsel und humanitärem Anspruch

Die Militärintervention in Libyen verschärft die Lage anstatt zu einer Lösung beizutragen: Die frühzeitige Unterstützung der Rebellen ließ den Konflikt eskalieren, die Forderung nach einem Regimewechsel schließt Vermittlungsversuche aus, die zu schützenden Zivilisten werden Opfer der Bombardements.

In der Mai/Juni-2011-Ausgabe von INTERNATIONALE POLITIK erschien ein Artikel (Svenja Sinjen: Der Preis der Freiheit), der den Umgang nicht nur der deutschen Regierung, sondern auch der NATO und der Vereinten Nationen mit der Libyen-Krise verurteilte und zu einem „neuen Denken“ aufforderte. Der Militäreinsatz in Libyen kranke an einer „zweifachen Selbstbeschränkung“: dass man nicht offen den Regimewechsel anstrebe und sich auf Luftangriffe beschränke.

Dieser Vorwurf gründet sich auf den Prämissen, dass der Konflikt zwischen einem nach Freiheit strebenden Volk und dem Diktator Muammar al-Gaddafi verlaufe, den erstere ohne externe militärische Hilfe nicht für sich entscheiden könnten, während der Westen die historische Chance für die Demokratisierung der Region nutzen müsse. In Bezug auf das „neue Denken“ fordert die Autorin eine Wende der „Debatte in Deutschland“ hin zum Konzept des „Regime Change“, einer Verbindung militärischer und politischer Strategien, die seit dem Amtsende von US-Präsident George W. Bush vernachlässigt worden seien. Eine so offene Empfehlung an Bundesregierung, NATO und Vereinte Nationen, die desaströse Politik des vormaligen US-Präsidenten zu reaktivieren und sich zu eigen zu machen, ist zwar nicht repräsentativ für die außenpolitische Community und ihre Think-Tanks, spiegelt indes doch einen Trend in Politik und Wissenschaft seit Ende des Kalten Krieges wider. Die nachfolgenden Überlegungen beschäftigen sich mit drei zentralen Punkten: dem Charakter der gewaltsamen Auseinandersetzungen in Libyen, den (zum Teil nicht intendierten) Folgen des militärischen Eingreifens und den politischen und militärischen Optionen der NATO.

Revolution, Machtkampf, Putsch?

In Libyen gibt es einen gewichtigen Unterschied zu den Ereignissen und Entwicklungen, die sich in Tunesien und Ägypten im Winter 2010/11 abgespielt haben. Dort waren die Bedingungen für eine autochthone Revolution gegeben: breite Bevölkerungsschichten, die nicht mehr wie bisher wollten und dies gegenüber den Machthabern in kollektiven Aktionen demonstrierten; und Regime, die nicht mehr konnten, weil sie ihre Legitimität sogar unter vielen der bisherigen Stützen und Nutznießer des Systems verloren hatten.

Auch in Libyen wollen viele das Regime loswerden. Aber die Massenbasis für eine Umwälzung ist schmaler. Ein Grund liegt darin, dass trotz der autoritären Herrschaft, bei allen gravierenden Unterschieden zwischen Arm und Reich und der Tatsache, dass Gaddafi und seine Familie sowie ein kleiner Kreis Privilegierter einen bevorzugten Zugriff auf die Ölreichtümer des Landes haben, es den meisten Libyern existenziell nicht so schlecht geht wie den Bevölkerungen in einer Reihe benachbarter Länder. In Libyen hungerte niemand – jedenfalls nicht vor Ausbruch der gegenwärtigen Unruhen.

Von der sozialistischen Ideologie Gaddafis haben auch die unteren städtischen und ländlichen Schichten profitiert. Die Schulpflicht bis zum 15. Lebensjahr gilt für Mädchen und Jungen, und im Gegensatz zu anderen arabischen oder afrikanischen Ländern gibt es keinen Analphabetismus. Der Human Development Index der Vereinten Nationen ordnet in der Kategorie „Entwicklungsländer“ Libyen in die Spitzengruppe mit einem „high human development“ ein – es weist einen Entwicklungsstand auf wie etwa Rumänien, Kroatien oder Bulgarien. Im HDI-Gesamtranking 2010 steht Libyen auf Platz 53, Tunesien auf Platz 81, die Türkei auf 83 und Ägypten auf 101.

Loyalitätsbrüche und Konfliktlinien in der auf Clanstrukturen fußenden Machtkonstellation sind von enormer Bedeutung. 1977 ließ Gaddafi am Vorbild des Rätemodells orientierte Volkskomitees die örtlichen Verwaltungen und Staatsbetriebe übernehmen, die seine neopatrimoniale Herrschaft und die Dominanz Tripolitaniens in Gesamtlibyen vor allem gegen die Cyrenaika-Stämme im Osten absicherten. In Libyen geht es von Beginn der  Auseinandersetzung Mitte Februar 2011 an um eine Neuverteilung der Macht regionaler Gruppierungen gegen den herrschenden Gaddafi-Clan.

Allerdings ist das Organisations- und Durchsetzungspotenzial dieser regionalen Gegenkräfte wie auch der demokratischen und der islamistischen Opposition sowie der protestierenden Jugendlichen vergleichsweise schwach. Die gegen Gaddafi gerichtete Revolte wird von Persönlichkeiten geprägt, die man klassisch Putschisten nennen würde: Einige Repräsentanten des Regimes sagen sich in Tripolis wie im Ausland offenkundig koordiniert am 20./21./22. Februar von Gaddafi los, setzen sich in den abtrünnigen Regionen an die Spitze der Bewegung und beginnen dort einen bewaffneten Kampf um die Macht. Sie rufen andere zum Überlaufen auf und knüpfen Kontakte zum Ausland, um ihre Ambitionen international abzustützen. An der Spitze dieser Kräfte stehen der bisherige Innenminister und der bisherige Justizminister sowie einige Armeeoffiziere, die in Bengasi eine Gegenregierung gründen. Der Justizminister Mustafa Abdel Jalil erklärt sich zum Regierungschef, der Innenminister zum Generalstabschef des „Übergangsrats“. Von diesem Zeitpunkt an kann man in Libyen von einem Bürgerkrieg sprechen.

Kennzeichnend für die Form, in der sich der Kampf um die Macht in Libyen entwickelt, ist zweierlei. Erstens sind keineswegs nur die Reaktionen des Regimes auf die Anti-Gaddafi-Demonstrationen gewalttätig, sondern von Beginn an auch die Proteste. Als die BBC am 16. Februar über die ersten Demonstrationen in Bengasi informiert, wird von Büros der „Volks- komitees“ und Polizeistationen berichtet, die gestürmt würden und in Flammen aufgingen, sowie von Plünderungen. Die Protestbewegung in Libyen ist im Unterschied zu Tunesien und Ägypten evident chaotischer und gleichzeitig durch ein erheblich höheres Maß an Gewalt geprägt. Ihre Führungspersönlichkeiten bewaffnen die zum größten Teil gewaltunerfahrenen Jugendlichen, lassen sie Einrichtungen der Sicherheitskräfte, der Administration und der Medien besetzen und Repräsentanten der Zentralregierung vertreiben.

Intervention in einen Bürgerkrieg

Der zweite charakteristische Faktor ist die Aktivität ausländischer Akteure von Beginn der Proteste an. Wie die New York Times und andere Medien in der zweiten Märzhälfte berichten, sind „seit Wochen“ die CIA, der MI6 und diverse militärische Spezialeinheiten in „unterstützender Funktion“ in Libyen aktiv. Gleichzeitig beginnt die Kooperation zwischen dem „Übergangsrat“ in Bengasi mit Paris und London. Der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy drängt offensiv auf dessen diplomatische Anerkennung und westliche militärische Unterstützung. Bereits am 25. Februar berät er sich mit David Cameron und Barack Obama über „Sanktionen und andere Optionen“ gegen das libysche Regime.

Entscheidend für die weitere Entwicklung ist nun die Dynamik, die sich aus dem auf Gewalt gerichteten Agieren des Regimes in Tripolis, der Gegenregierung in Bengasi und externer Akteure ergibt. Nur fünf Tage, nachdem Jalil am 5. März vor dem Hintergrund der Unterstützung aus Paris, London und Washington die Gründung der Gegenregierung und eine kompromisslose Politik in Bezug auf Verhandlungen mit Gaddafi oder die Teilung Libyens verkündet, erkennt Sarkozy den „Übergangsrat“ als offizielle Staatsvertretung an und entsendet einen Botschafter nach Bengasi, während Tripolis alle diplomatischen Kontakte mit Frankreich abbricht. Dieser unilaterale französische Schritt ist für die Konfliktentwicklung und Gewalteskalation von zentraler Bedeutung. Und es ist die erste Fehlentscheidung im Rahmen des westlichen Konfliktmanagements.

Außerdem ist das Vorgehen Sarkozys ein Affront gegen die Verbündeten in der NATO und der Europäischen Union, die vor vollendete Tatsachen gestellt werden. Von deutscher Seite werden von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Entwicklungsminister Dirk Niebel Fragen zu den völkerrechtlichen Implikationen und zur Legitimität und Integrität der neuen Repräsentanten aufgeworfen. Auch der Europäische Rat und Washington bezeichnen den „Übergangsrat“ vorerst zurückhaltend als „Ansprechpartner“.

Faktoren der Gewalteskalation

Aus der nicht vorbehaltlosen, aber stärker werdenden „internationalen Anerkennung“ resultiert ein Selbstbewusstsein der Gegenregierung, das ihren realen militärischen Fähigkeiten nicht entspricht. Die eilig bewaffneten Jugendlichen können dem Vorrücken und den damit verbundenen Racheakten der Gaddafi-Truppen wenig entgegensetzen, während Zehntausende Libyer und Ausländer zu fliehen versuchen. Mit dem Argument, man könne nicht zulassen, dass der libysche Diktator „sein eigenes Volk ermordet“, wirbt nun die französische Regierung für eine internationale militärische Unterstützungsaktion gegen die Truppen des Regimes in Tripolis, und am 17. März verhängt der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen eine Flugverbotszone zum „Schutz von Zivilisten“. Von den westlichen Verbündeten enthält sich nur Deutschland, genau wie China, Russland, Indien und Brasilien.

Sofern man das internationale Eingreifen unter dem Primat humanitärer Anliegen bewertet, erfolgt hier die zweite Fehlentscheidung. Die Resolution ist so unscharf, dass außer der Besetzung Libyens durch ausländische Bodentruppen jede sonstige militärische Maßnahme als auf Resolution 1973 basierend diskutabel oder interpretierbar ist. Dies ist umso problematischer, als sich der Hauptinitiator, Präsident Sarkozy, und wenig später auch andere Akteure, die maßgeblich die militärischen Aktivitäten für die Errichtung der durch Resolution 1973 sanktionierten Flugverbotszone tragen, in aller Eindeutigkeit für einen Regimewechsel, für die Beendigung der Herrschaft Gaddafis und für eine militärische Unterstützung der Gegenregierung unter Jalil aussprechen.

Anstatt gezielt militärische Maßnahmen zu genehmigen, die die Einnahme von Bengasi verhindern, diesen Beschluss aber mit der Maßgabe zu verbinden, dass die beiden Bürgerkriegsparteien sofort Verhandlungen über einen Waffenstillstand und dann über eine Konfliktschlichtung unter internationaler Vermittlung aufnehmen, passiert das Gegenteil. Verhandlungen mit Tripolis werden auch von Frankreich, Großbritannien und den USA ausgeschlossen, die am 19. März die Bombardements gegen Gaddafis Truppen und Milizen beginnen. Freilich: Sofern das internationale Engagement nicht vorrangig unter Deeskalations- und humanitären Gesichtspunkten, sondern einem für wünschenswert gehaltenen Regimewechsel beurteilt wird, entbehrt die verfolgte Strategie keineswegs ihrer Logik.

In der NATO ist die Meinung dazu ambivalent. Einerseits will sich die überwiegende Mehrheit an die von humanitären Erwägungen geleitete Beschränkung militärischer Maßnahmen zum „Schutz von Zivilisten“ halten. Andererseits bestimmt der nunmehr gemeinsam von Frankreich, Großbritannien und den USA vertretene politische Anspruch, dass Gaddafi „weg“ müsse, zunehmend den Diskurs, und die NATO übernimmt diese Forderung. Das ist die dritte Fehlentscheidung, denn beide Ziele sind nicht kongruent; sie schließen sich vielmehr in dem Maße aus, in dem die Gegenregierung sich militärisch nicht durchzusetzen vermag.

Widersprüchliche NATO

Die Folge ist eine halbherzige, den Konflikt verschärfende Haltung der NATO, die weder diplomatische und politische Auswege eröffnet noch eine klare militärische Parteinahme zugunsten der Gegenregierung ermöglicht. Mit der Übernahme des Kommandos über die Durchsetzung der Flugverbotszone durch die NATO beginnt ein gebremster Luftkrieg gegen das Regime, ohne dieses funktionsunfähig zu machen. Zugleich bedeutet aber die nunmehr von NATO und EU gemeinsam erhobene Forderung, Gaddafi müsse „weg“, dass alle Vermittlungsangebote, die entweder vom Regime selbst kommen oder von außen versucht werden, abgeblockt und nicht einmal ausgelotet werden.

Diese Widersprüchlichkeit hat in der Allianz zur Folge, dass ein Dauerstreit über die militärischen Zielsetzungen der Kampagne entbrennt und gleichzeitig am Boden die Auseinandersetzungen zwischen den Bürgerkriegsparteien weiter eskalieren. Ende April 2011 wird bereits über Zehntausende Opfer spekuliert, die die Gewalt im März und im April gekostet habe. Die Konsequenz der politischen Vorgabe des Regimewechsels sind nun eine Ausweitung der Ziele von Bombardements, weitere Waffenlieferungen und die wachsende Unterstützung der Rebellen durch militärische und geheimdienstliche „Ausbilder“ und „Koordinatoren“.

Die Allianz hat sich solcherart in eine problematische Lage manövriert. Die Beschränkung ihrer militärischen Optionen bringt ihr den Vorwurf ein, sie tue zu wenig, um Gaddafi Einhalt zu gebieten. Die Ausweitung der Bombardements auf zivile Einrichtungen Gaddafis und zivile Opfer setzen sie zunehmender Kritik von Seiten Russlands, Chinas und der Afrikanischen Union aus – sie überschreite ihr Mandat zum Schutz von Zivilisten.

Abgesehen von der konkreten Lage und ihren unmittelbaren Auswirkungen hat das Vorgehen der Allianz auch strategisch nachteilige Folgen. Je länger der Konflikt andauert und je mehr Opfer er fordert, desto stärker leiden die Kooperation und die Kohäsion involvierter internationaler Organisationen. Absehbar ist die Notwendigkeit, dass nach dem desaströsen Bürgerkrieg und der Zerstörung des Landes „internationale Verantwortung“ für ein neues Statebuilding-Projekt übernommen werden muss – das fünfte nach Bosnien, Kosovo, Afghanistan und Irak. Ebenso absehbar ist, dass die EU der Hauptfinanzier sein wird. Der Wiederaufbau Libyens wird die Kapazitäten von EU und NATO zusätzlich strapazieren. Die „libysche Erfahrung“ wird darüber hinaus die Potentaten der Welt in ihrer Auffassung bestärken, dass der Besitz von Nuklearwaffen der einzig einigermaßen wirksame Schutz vor militärischer Intervention sei.

Strategie des Regimewechsels

Deklaratorisch hat die NATO den Schutz von Zivilisten und die Deeskalation des Konflikts als vorrangige Ziele benannt. Dem entsprechen aber weder die Lageanalyse noch die Strategie und schon gar nicht das Ergebnis des Eingreifens. Vielmehr ist das Vorgehen bestimmt durch die Vorgabe: ein Libyen ohne Gaddafi. Ihr Vorgehen ist verengt auf die Vorgabe: ein Libyen ohne Gaddafi. Die militärische Verfolgung dieser Zielsetzung ist aber weder mit Resolution 1973 speziell noch mit internationalem Recht allgemein vereinbar. Drei Schritte sollen das Ziel des Regimewechsels legitimatorisch aufrechterhalten: der humanitäre Charakter des Einsatzes wird betont, Gaddafi für das Desaster verantwortlich gemacht und mit der „Responsibility to Protect“ das Eingreifen gerechtfertigt.

Tatsache ist, dass die Strategie des Regimewechsels, die auf externer militärischer Unterstützung einer Bürgerkriegspartei aus der Luft basiert, auf Kosten der Zivilbevölkerung und der einheimischen Kombattanten geht, die in einem solchen Szenario in einen totalen Krieg abgleiten. Die externe Unterstützung reduziert die Kompromissbereitschaft der Rebellen, während das alte Regime damit Anhänger mobilisieren kann, ohne dass der Krieg aus der Luft es entscheidend schwächt. Mit dem Hass auf die für die Bomben Verantwortlichen verschärfen sich die Gewaltexzesse. Dieses Phänomen konnte schon während des Kosovo-Krieges beobachtet werden. Die Leidtragenden externer Interventionen sind so diejenigen, die die Interventen schützen wollen oder zu schützen vorgeben.

Diese Erkenntnisse sind keineswegs neu und werden seit den gegen Ende des 19. Jahrhunderts populär gewordenen „humanitären Interventionen“ beobachtet und analysiert. Dass die beschriebene Strategie gleichwohl verfolgt wird, bestätigt den Sachverhalt, dass in den allermeisten Fällen „humanitärer Interventionen“ nicht humanitäre Anliegen die Triebfeder externen militärischen Engagements sind, sondern andere Motive und Interessen eine Rolle spielen, die freilich mit humanitären Anliegen legitimiert werden. Welche ordnungspolitischen, ökonomischen und prestigebezogenen Motive und Interessen hier in Bezug auf den gewünschten Regimewechsel in Libyen ineinander greifen, ist in einem nächsten Schritt, aber nicht an dieser Stelle zu erörtern.

Ein Motiv wird in dem eingangs erwähnten Artikel von Frau Sinjen jedenfalls benannt: der Glaube an die „Chance auf einen Demokratisierungsprozess“ im Nahen und Mittleren Osten. Dieser Glaube reicht offenbar einigen Ratgebern, um alle humanitären Implikationen einer militärischen Intervention und eines so angestrebten Regimewechsels wie auch das geltende Völkerrecht zu ignorieren, in dessen Zentrum das Verbot solcher militärischen Interventionen mit dem Ziel eines Regimewechsels steht (übrigens ebenso in Artikel 26 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland).

Bemerkenswert ist, dass in der deutschen Debatte über Libyen diese Positionierung im Grundsatz den Mainstream darstellt – allerdings nicht in der von der Autorin formulierten Deutlichkeit, sondern stärker humanitär verklärt. Dabei wird die beanspruchte „internationale Schutzverantwortung“ auf Maßnahmen gegen den Diktator bezogen, nicht aber auf die humanitären Konsequenzen der Intervention. Und das Recht auf Leben derjenigen, die im Bürgerkrieg umkommen, tritt hinter das beanspruchte Recht zurück, gegen Menschenrechtsverletzer Krieg zu führen – die Konsequenzen haben ja nicht die Interventen zu tragen. Das ist dann wohl der „Preis der Freiheit“.

Prof. Dr. AUGUST PRADETTO lehrt Politikwissenschaft an der Helmut-Schmidt-Universität/ Universität der Bundeswehr Hamburg.

Bibliografische Angaben

Internationale Politik 4, Juli/August 2011, S. 53-59

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