IP

01. Dez. 2008

Abschied von Annapolis

Schlusspunkt

Viel Prozess, kein Erfolg: Der Nahe Osten braucht endlich einen Friedensvertrag

Ob Condoleezza Rice ihren eigenen Worten glaubte, als sie bei ihrem 20. Nahost-Besuch verkündete, nie seien Israel und die Palästinensische Autorität (PA) dem Frieden näher gewesen? Die Realität sieht jedenfalls anders aus. In den einjährigen Verhandlungen seit dem Gipfel von Annapolis gab es keinerlei Fortschritte, die ein Abkommen zur Gründung eines palästinensischen Staates in erreichbare Nähe gerückt hätten.

Die Fehler von Oslo (1993) und der Road Map (2003) waren hinlänglich bekannt. Es gab keinen Mechanismus, um Sabotageversuche zu vereiteln, Vermittlung und Streitschlichtung waren nicht vorgesehen. Doch in Annapolis wiederholten sich diese Versäumnisse,  indem die Israelis die Road Map zur Richtschnur für die Umsetzung der Vereinbarung machten. Israel hätte in der Westbank den Siedlungsbau einstellen, Siedlungsvorposten auflösen und beginnen müssen, die über 600 Straßensperren zu beseitigen, die den Alltag der Palästinenser ersticken und die Wirtschaft lähmen. Die PA hätte die palästinensischen Gewaltakteure unter ihre Kontrolle bringen müssen, damit Angriffe auf Israel unterbleiben. Nach einem Jahr bleibt festzustellen, dass keine Seite ihre Verpflichtungen erfüllt hat. Zwar machte die in Ramallah residierende PA Jagd auf Aktivisten und Sympathisanten der oppositionellen Hamas und schloss deren gemeinnützige Einrichtungen. Doch von der Durchsetzung eines Gewaltmonopols ist sie weit entfernt. Zwar baute das israelische Militär einige Straßensperren ab. Doch an anderer Stelle entstanden neue und der Siedlungsbau wurde sogar noch forciert.

Eine rote Karte sahen weder Israel noch die PA. Wichtiger war den USA in ihrem Krieg gegen den Terror, Hamas zu besiegen. Diese herrscht im Gaza-Streifen und richtet sich im Elend der Blockade ein. Weiß der neue Hoffnungsträger in Washington, dass drei Staaten – Israel, Fatahland und Hamastan – im Konflikt um das Land zwischen Jordan und Mittelmeer keine tragfähige Lösung finden werden? Europa bietet sich nun die Chance, Einfluss auf Obamas Nahost-Politik zu nehmen: Indem es einen neuen Anfang wagt, eine Blaupause für einen Friedensvertrag auf den Tisch legt und sich verpflichtet, dessen Umsetzung „on the ground“ zu überwachen. Es sollte sie nutzen.

Dr. MARGRET JOHANNSEN ist Senior Research Fellow am Hamburger Institut für FriedensForschung und Sicherheitspolitik.
 

Bibliografische Angaben

Internationale Politik 12, Dezember 2008, S. 112

Teilen

Mehr von den Autoren