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01. Nov. 2014

Wahrheit und Gerechtigkeit

In Tunesien beginnt die offizielle Aufarbeitung der Vergangenheit

Viele Tunesier haben konkrete Erwartungen an den Prozess der Transitional Justice: Wahrheit, Gerechtigkeit, Wiedergutmachung und Garantie der Nichtwiederholung sollen gewährleistet werden. Aber ist die neue Wahrheitskommission überhaupt in der Lage, dies zu leisten? Oder besteht die Gefahr, dass das Vorgehen eher politischen Interessen nutzt?

Tunesien gilt bislang als Musterbeispiel auf dem Weg zu einer stabilen Demokratie unter den Staaten des Arabischen Frühlings. Dennoch geht es nach der Revolution im Jahr 2011 nun darum, die Vergangenheit aufzuarbeiten und das zukünftige „Gesicht“ des tunesischen Staates zu gestalten. Denn wie die Vergangenheit gedeutet wird, ist von großer Bedeutung für Gegenwart und Zukunft.

Welche Verbrechen der Vergangenheit als relevant eingestuft und welche Maßnahmen als angemessen angesehen werden, darüber gibt es höchst unterschiedliche Auffassungen. Ebenso gehen die Meinungen darüber, wie der offizielle Transitional-Justice-Prozess und andere postrevolutionäre Gerechtigkeitsmechanismen im Verhältnis zueinander stehen sollten, weit auseinander. Die Eliten ringen genau um diese Deutungshoheit und Politiker sowie zivilgesellschaftliche Ak­teure unterschiedlicher Ausrichtungen treten in einen Wettbewerb um „wahre“ Opferschaft. Denn es geht um Entscheidungen, die große politische Auswirkungen haben – nicht nur auf Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, sondern auch auf Ressourcenverteilung für potenzielle Wähler und Unterstützer.

„Normale“ Justiz reicht nicht aus

Zwar haben Militärgerichte direkt im Nachgang der Revolution angefangen, Mitgliedern des alten Regimes den Prozess zu machen und sie für Tod und Verletzungen von Demonstranten zur Verantwortung zu ziehen. Doch werden diese so genannten Verfahren der Märtyrer und Verwundeten der Revolution, die vor Militärgerichten verhandelt wurden, oft nicht als Teil einer Übergangsjustiz wahr­genommen.

Für viele Tunesier ist Transitional Justice nur, was auch offiziell so bezeichnet wird, und es wird klar unterschieden zwischen „normaler“ Justiz und Transitional Justice. Folglich beginnt für diese Menschen der Transitional-Justice-Prozess erst richtig, wenn die eigens eingerichtete Instanz ihre Arbeit aufnimmt, obwohl bereits 2011 alte Kader vor Gericht gestellt und auch schon Entschädigungszahlungen geleistet wurden.

Im Dezember 2013 hat die Verfassungsgebende Versammlung ein Gesetz zur Einrichtung und Organisa­tion von Transitional Justice erlassen. Das Gesetz sieht als Ziel für Transi­tional Justice einen Übergang von einem autoritären Regime zu einem demokratischen Staat vor sowie den Schutz der Menschenrechte. Laut Gesetz soll sich eine Wahrheitskommission, die in Tunesien „Instanz für Wahrheit und Würde“ heißt, mit der Aufarbeitung von Verbrechen seit 1955 befassen. Ihr Mandat umfasst damit die Amtszeiten beider tunesischer Präsidenten, Habib Bourguiba und Zine El Abidine Ben Ali. Man versuchte einen möglichst umfassenden Gerechtigkeitsansatz zu wählen, indem das Gesetz die Instanz mit der Untersuchung von Menschenrechtsverbrechen, Korruption und dem Missbrauch öffentlicher Gelder beauftragt.

Eine Besonderheit ist, dass nicht nur Individuen und Rechtskörperschaften Opfer nach dem Gesetz sein können, sondern auch ganze Regionen, die marginalisiert und systematisch ausgeschlossen wurden. Die ­Instanz kann nicht nur über Repara­tionen entscheiden, sondern auch ­darüber, Fälle schwerer Menschenrechtsverletzungen, Wahlbetrug, Korruption, Veruntreuung öffentlicher Gelder und Zwangsmigration an noch einzurichtende Spezialkammern zu überweisen. Dabei können nicht nur wie bisher unverhandelte Fälle von den Spezialkammern aufgenommen werden, sondern das Gesetz bietet auch die Möglichkeit zur Wiederaufnahme von Verfahren.

Im Mai 2014 wurden die 15 Mitglieder der Wahrheitskommission ­nominiert. Die Vorgaben für die Zusammensetzung besagen, dass Frauen und Männer jeweils mindestens zu einem Drittel vertreten sein müssen. Außerdem müssen zwei Vertreter von Opfer- und zwei von Menschenrechtsorganisationen dieser Instanz angehören sowie ein Zivilrichter, ein Verwaltungsrichter, ein Experte für religiöse sowie einer für Finanzfragen. Alle Mitglieder sollten unter Persönlichkeiten ausgewählt werden, die „bekannt für ihre Neutralität, Integrität und Kompetenz“ sind, so sagt es das Gesetz. Die Mitglieder wurden von einem parlamentarischen Gremium ausgewählt, das nach politischem Proporz besetzt war.

Derzeit befindet sich die Wahrheitskommission in der Konstituierungsphase. Die Mitglieder sind zwar berufen, doch Räumlichkeiten müssen noch bezogen und Personal eingestellt werden, bevor die Arbeit tatsächlich aufgenommen werden kann. Angesichts der begrenzten Zeit und Ressourcen, die der Instanz für Wahrheit und Würde zur Verfügung stehen, und des umfassenden Mandats, mit dem sie ausgestattet ist, heißt es für die Kommissionsmitglieder, höchste Sensibilität walten zu lassen, wenn es darum geht zu entscheiden, welche Themen behandelt werden sollen. In den fünf Jahren, auf die die Instanz angelegt ist, wird es kaum gelingen, sämtliche Fälle von Menschenrechtsverletzungen seit 1955 aufzuarbeiten. Die Entscheidung, welche Fälle bearbeitet werden und auf welche Bereiche den Schwerpunkt bilden sollen, ist eine höchst politische, weil darüber nicht nur der Blick auf und die Interpretation der Vergangenheit bestimmt wird, sondern auch, wer in Zukunft auf der politischen Bühne eine Rolle spielen kann und wie materielle Ressourcen verteilt werden.

Eliten ringen um Deutungshoheit

Es wird deutlich, dass sich Auffassungen, was Transitional Justice ist und was sie leisten soll, stark unterscheiden, nicht nur zwischen politischen Akteuren, wie zum Beispiel der islamistisch geprägten Ennahda oder den eher links angesiedelten Parteien wie Al-Masar und Ettakatol.

In der Zivilgesellschaft beschäftigen sich sowohl alteingesessene Organisationen wie die tunesische Menschenrechtsliga oder die Anwaltskammer, die zusammen mit Anwälte ohne Grenzen das Netzwerk zur Beobachtung von Transitional Justice bilden, als auch neuere Nichtregierungsorganisationen, wie das Kawakibi Democracy Transition Center sowie diverse neugegründete Organisationen und Netzwerke mit dieser Frage.

Während die zivilgesellschaftlichen Vertreter zwar gemeinsam um Einfluss, auch gegenüber der Politik ringen, unterscheiden sich ihre Prioritäten für Aufarbeitung und Gerechtigkeit doch erheblich, zum Beispiel zwischen Folteropfern der beiden alten Regime, ökonomisch Marginalisierten und den Opfern der Revolution. Die Konfliktlinien sind hier oft nicht ganz eindeutig zu bestimmen und verlaufen nicht immer klar entlang politischer Couleur. Zu den Opfern von Folter und politischer Haft gehören so unterschiedliche Persönlichkeiten wie die Präsidentin der Wahrheitskommission, Sihem Bensedrine, die als Journalistin mehrfach inhaftiert wurde, oder aber die ehemaligen Militärs der „Barraket Essahel“-Affäre, denen vorgeworfen wurde, sie würden einen Putsch planen.

Viele Tunesier haben eine ganz genaue Vorstellung davon, was Transitional Justice leisten soll – nämlich möglichst die vier Prinzipen Wahrheit, Gerechtigkeit, Wiedergutmachung und Garantie der Nichtwiederholung erfüllen, die von dem UN-Sonderberichterstatter Pablo de Greiff vorgeschlagen werden.

Doch hinsichtlich der Rangfolge dieser Prinzipien gibt es unterschiedliche Vorstellungen. Während von Teilen der Islamisten die sozioökonomischen Auswirkungen des autoritären Regimes am gravierendsten und folglich die Einführung von Reparationen zu deren Wiedergutmachung als dringendste Aufgabe angesehen werden, liegt bei anderen Opfern eher der Schwerpunkt darauf, politische Haft und Folter aufzuarbeiten.

Im linken Spektrum wird dieser Ruf nach Reparationen kritisch gesehen. Man fühlt sich moralisch überlegen, weil es den „eigenen“ Opfern nicht um materiellen Ausgleich geht, sondern darum, die Verantwortlichen für geschehenes Unrecht zur Rechenschaft zu ziehen. Die Opfer von Gewalt während der Aufstände 2010/11 haben wiederum andere Interessen. Ihnen liegen die Verurteilung der Verantwortlichen des alten Regimes sowie die Vermeidung einer Rückkehr autokratischer Strukturen am Herzen. Die Jugend, die oft als Treiber der Revolution gesehen wird, hat allerdings begrenzte Einflussmöglichkeiten im Transitional-Justice-Prozess – denn das Mindestalter für Mitglieder der Wahrheitskommission ist auf 30 Jahre festgelegt – und die Menschenrechtsverletzungen, die während der Revolution verübt wurden, werden von den Opfern jahrelanger Gewaltherrschaft oft als marginal abgetan.

Die Einschätzung, welche Verbrechen am gravierendsten – und damit am dringendsten – aufzuarbeiten sind, hat unmittelbare Folgen auf aktuelle politische Maßnahmen und die Gestaltung des „neuen“ tunesischen Staates. Generell besteht großes Interesse daran, die „Wahrheit“ über das alte Regime und seine Gewaltherrschaft herauszufinden. „Am Anfang muss es Wahrheit geben“, so eine unabhängige Abgeordnete der Verfassungsgebenden Versammlung. Anschließend, so die Erwartungen, sollen dann die Verantwortlichen ju­ristisch zur Rechenschaft gezogen werden.

Wahrheit und Gerechtigkeit werden in Tunesien als komplementär angesehen, und Wahrheit gilt nicht als Substitut für Rechenschaftspflicht vor Gericht. Amnestien als Gegenleistung für Wahrheit auszusprechen, wie es zum Beispiel in Südafrika praktiziert wurde, ist keine Option.

Angst vor politischem Konflikt

Das Ziel in Tunesien kann nicht sein, dass es keine gesellschaftspolitischen Konflikte geben soll. Im Gegenteil, politischer Wettbewerb ist wünschenswert und Konflikt kann stets auch produktiv sein. Die Frage ist, wie es Tunesien schafft, mit diesen Gegensätzen umzugehen. Ringen ­Politiker und Zivilgesellschaft demokratisch um Einfluss oder gibt es einen Rückfall in alte Muster der Gewaltherrschaft und Klientelpolitik? Dies beschreibt wahrscheinlich am besten die Angst der zivilgesellschaftlichen Akteure vor einer „Politisierung“ des Aufarbeitungsprozesses.

Die Einrichtung eines Transitional Justice-Ministeriums (das inzwischen in das Justizministerium integriert wurde) und die Auswahl der Mitglieder der Instanz für Wahrheit und Würde durch eine parlamentarische Kommission verdeutlichen zwar zunächst die Wichtigkeit, die dem Thema auch von politischer Seite beigemessen wird, und erscheinen im Rahmen von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit auch nicht ungewöhnlich. Doch wird dies insbesondere durch die Zivilgesellschaft, aber auch innerhalb der Verfassungsgebenden Versammlung stark kritisiert. Ängste wurden geäußert, der jeweilige Minister könne das Ministerium für seine politische Agenda instrumentalisieren. Da die Zivilgesellschaft bereits in dem technischen Komitee vertreten war, das das Transitional Justice-Gesetz erarbeitet hat, waren die Erwartungen hoch, dass dieser partizipative Ansatz fortgeführt würde. Mit der Entscheidung für eine parlamentarische Auswahlkommission wurden diese Erwartungen enttäuscht. „Mitglieder [der Wahrheitskommission] wurden auf Grund von Loyalität und Vetternwirtschaft ausgewählt. Wir hätten neutrale Kandidaten bevorzugt“, so ein Vertreter der Unabhängigen Nationalen Koordina­tion für Transitional Justice.

Auch voreilige Maßnahmen der so genannten Troika-Regierung1 unter Ennahda-Führung, die Entschädigungsleistungen einführte, die hauptsächlich ihrer Wählerschaft zugute kamen – so der Tenor sowohl unter lokalen politischen Konkurrenten als auch internationalen Beobachtern – führten zu einem Gefühl der Ungerechtigkeit unter anderen Bevölkerungsgruppen. Ein UN-Mitarbeiter stellt hierzu fest: „Die Reparationen, die von der Ennahda-Regierung eingeführt wurden, sind ein großes Chaos. Sie sind zu kompliziert, sogar für die ‚eigenen‘ Opfer. Man brauchte Glück, um etwas zu bekommen, insbesondere wenn man weit weg von Tunis war.“ Selbst eine junge Ennahda-Politikerin, die im europäischen Exil aufgewachsen ist, glaubt nicht daran, dass Reparationen gerecht verteilt, sondern nach Einfluss vergeben würden.

Mangelndes Vertrauen in die Justiz

Die Erwartungen an die Transitional Justice-Instanz und die noch einzurichtenden Spezialkammern sind dennoch hoch. Dies liegt unter anderem auch am mangelnden Vertrauen in die reguläre Justiz. Zwar wurden vereinzelt Richter entlassen, doch eine systematische Überprüfung aller Richter fand nicht statt, und eine umfassende Justizsektorreform lässt noch auf sich warten.2

Angesichts des Misstrauens gegenüber dem Justizsektor, selbst aus den Reihen der Regierung, wird die Einrichtung von Spezialkammern weitgehend begrüßt. Das Gesetz sieht vor, dass die Spezialkammern mit Richtern besetzt werden, die an keinerlei Prozessen „politischer Natur“ beteiligt waren und die speziell im Bereich Transitional Justice ausgebildet werden. Man erwartet folglich größere Unabhängigkeit und bessere Sachkenntnis von den Juristen, als es die reguläre Justiz zu leisten vermag.

Wie genau die Spezialkammern aufgebaut sein werden, wie sie agieren und wie ihre Arbeit mit der Wahrheitskommission zusammenhängen wird, bleibt allerdings zunächst unklar.3 Außerdem, so der Einwand eines UN-Mitarbeiters, müsste es konsequenterweise auch eine Spezialpolizei beziehungsweise ein spezielles Investigativorgan geben, um ein faires, unabhängiges Verfahren zu garantieren. Dies deckt sich mit den Einschätzungen des „Labo Démocratique“, einer zivilgesellschaftlichen Organisation, die sich mit dem Zugang zu Archiven befasst: „Beweise sind nicht immer vertrauenswürdige Beweise“, umso wichtiger also, wer die Sichtung der Beweise leitet und die Untersuchungen durchführt.

Kehren die alten Kräfte zurück?

Die Ben-Ali-Periode scheint auf den ersten Blick abgehakt. Als ich nach seinem Verbleib und seinem Strafverfahren fragte, erntete ich Erstaunen, warum ich mich für jemanden interessiere, der nicht im Land ist und aller Wahrscheinlichkeit nach auch nicht aus seinem Exil in Saudi-Arabien zurückkehren wird. Doch als im Mai diesen Jahres der ehemalige Sicherheitschef Ben Alis, Ali Seriati, nach drei Jahren Haft auf freien Fuß gesetzt wurde, machte sich Beunruhigung unter den postrevolutionären Akteuren breit und es wurden Zweifel an der Neutralität und Integrität der Militärgerichte geübt. Zwar dachte zu der Zeit noch keiner an eine Rückkehr alter Regimekräfte in die erste Reihe aktiver Politik, sondern vermutete sie eher als Strippenzieher im Hintergrund. Doch neueste Entwicklungen zeigen, dass die alten Kräfte nicht vorhaben, sich in Zurückhaltung zu üben.

Ein Artikel im Wahlgesetz, der es früheren Mitgliedern der „Konstitutionellen Demokratischen Sammlung“ (RCD), der Partei Ben Alis, verboten hätte bei Wahlen anzutreten, wurde von der Verfassungsgebenden Versammlung abgelehnt. Mehrere ehemalige Regierungsmitglieder haben nun ihre Kandidatur für die anstehenden Wahlen angekündigt. Mondher Zenaidi zum Beispiel, der verschiedene Ministerposten unter Ben Ali innehatte und Vorstandsmitglied der RCD war, ist am 14. September aus dem selbst gewählten Exil in Frankreich zurückgekehrt und hat angekündigt, bei den Präsidentschaftswahlen im November anzutreten.4 Auch der ehemalige Verteidigungs- und Außenminister unter Ben Ali, Kamil Morjane, dessen Partei Al-Mubadara („Die Initiative“) bereits in der Verfassungsgebenden Versammlung vertreten war, stellt sich für das Präsidentenamt zur Wahl. Und die Partei Nidaa Tunis („Der Ruf Tunesiens“), der bei den nächsten Wahlen die besten Chancen eingeräumt werden, womöglich Ennahda zu schlagen, sieht sich zwar selbst als „modernistisch“ und eher in der Tradition der Destour-Partei von Staatsgründer Habib Bourguiba. Doch steht sie in dem Ruf, alten RCD-Kadern eine neue politische Heimat zu bieten.5

Zwar hat Tunesien in den vier Jahren seit der Revolution mit dem Verfassungsprozess und den anstehenden zweiten Wahlen Enormes geleistet, doch die Aufarbeitung steckt noch in den Kinderschuhen. Dies ist nicht ungewöhnlich, insbesondere wenn man einen Vergleich mit Aufarbeitungsprozessen in anderen Ländern zieht, in denen es – wenn überhaupt – oft viel länger gedauert hat, bis ein solcher Prozess in Angriff genommen wurde.

Angesichts der Möglichkeit, dass alte Kräfte auf die politische Bühne zurückkehren, und angesichts des mangelnden Vertrauens in Justiz- und Sicherheitssektor, die immer noch als mit dem alten Regime verbunden wahrgenommen werden, versteht man allerdings die Enttäuschung, sowohl bei zivilgesellschaftlichen als auch bei politischen Akteuren, dass der Transitional-Justice-Prozess zu langsam vorangeht.
Die Instanz für Wahrheit und Würde, aber auch die Politik haben nun vor allem die große Aufgabe, Vertrauen in der Bevölkerung zu gewinnen: einerseits im Hinblick auf die eigene Arbeit, andererseits aber auch Vertrauen in staatliche Instanzen, insbesondere in die Justiz.

Mariam Salehi ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Forschungsnetzwerk „Re-Konfigurationen. Transformationsprozesse im Mittleren Osten und Nordafrika“ an der Uni Marburg.
 

  • 1Die Troika-Regierung unter moderat-islamistischer Führung war ein Zusammenschluss der drei stärksten Parteien der Wahlen zur Verfassungsgebenden Versammlung: Ennahda, Kongress für die Republik (CPR) und Ettakatol. Die Regierung trat nach den Attentaten auf zwei Oppositionspolitiker zurück, ihr folgte eine Technokratenregierung, die bis zu den Wahlen im Oktober und November 2014 im Amt war.
  • 2Nach Informationen des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen ist eine Justizsektorreform aber inzwischen mit internationaler Unterstützung in Planung.
  • 3Siehe hierzu die Einschätzung des International Center for Transitional Justice: Tunisia’s Specialized Judicial Chambers: Q&A with Judge Walid Melki, insbesondere Absatz 2, http://www.ictj.org/news/tunisia-specialized-judicial-chambers-walid-me…
  • 4Hierzu Asma Ghribi: Unpleasantly Familiar Faces in Tunisia, Foreign Policy: http://transitions.foreignpolicy.com/posts/2014/10/02/unpleasantly_fami…
  • 5Siehe hierzu Monika Marks und Omar Belhaj Salah: Uniting for Tunisia? Carnegie Endowment for International Peace Online Journal Sada: http://carnegieendowment.org/sada/2013/03/28/uniting-for-tunisia/fu2q
Bibliografische Angaben

Internationale Politik 6, November/Dezember 2014, S. 102-108

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