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23. Aug. 2021

Vom alten Diesel auf Hybrid

Deutschlands außenpolitische Architektur muss dringend repariert werden – auch, damit sich entscheiden wieder lohnt. Ein Vorschlag zur Debatte über einen Nationalen Sicherheitsrat.

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Bild: Bunt beleuchtete Fontänen nachts vor dem Kanzleramt
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Ostukraine, Frühjahr 2021. Der tägliche Beschuss mit Artillerie, Mörsern und schweren Maschinengewehren über die Donbass-Kontaktlinie nimmt massiv zu. Die OSZE zählt bis zu 200 Waffenstillstandsverletzungen pro Tag; fast täglich fallen ukrainische Soldaten. Dann marschieren über 100 000 russische Soldaten an der Grenze auf, so viele wie seit dem Krieg 2014 nicht mehr. Außenminister Sergej Lawrow droht Kiew, ein neuer militärischer Konflikt „könnte die Ukraine zerstören“. Was, wenn es zu einem neuen Einmarsch gekommen wäre? Was, wenn Putin das nächste Mal ein NATO-Mitglied wie Estland oder Lettland derart einzuschüchtern versucht, wie 2017 schon einmal geschehen.



„Wo können deutsche Entscheidungsträger zusammenkommen, um einzelne taktische Entscheidungen mit einem größeren Set an strategischen Zielen in Einklang zu bringen? Ich habe Monate damit verbracht, Politikern diese Fragen zu stellen und warte bis heute auf eine beruhigende Antwort“, schrieb die US-Di­plomatin Julianne Smith, heute designierte Botschafterin bei der NATO. In Berlin gibt es keinen eingespielten Prozess: „Dann telefonieren erstmal alle und schicken sich SMS“, sagt ein erfahrener Diplomat.



Die Krisenstrukturen der Bundesregierung funktionieren für die Rückführung deutscher Urlauber, das organisiert der Apparat. Im Verteidigungsfall greift die gemeinsame Kommandostruktur der NATO. Doch gerade, wenn keine Panzerdivision über eine NATO-Grenze rollt, in der Grauzone politischer Kriegführung, drängt die Zeit. Es reicht nicht mehr, auf Führung aus Washington zu warten. Deutschlands engste Partner blicken immer stärker auf Berlin. Sie können nicht warten, bis sich alle geeinigt haben, wer bei einer spontanen Sitzung dabei sein muss und wer nicht. Ein paar Beispiele.



Berlin, Sommer 2017. Der UN-Friedens­einsatz in Mali beklagt 42 Gefallene, damit die malische Politik Zeit für Kompromisse und bessere Lebensverhältnisse im abgehängten Norden gewinnt. Bei einem Hubschrauberabsturz ohne Feindeinwirkung sterben auch zwei deutsche Soldaten. Währenddessen streiten sich BMZ und Auswärtiges Amt monatelang darüber, wer im Norden Malis eine Straße finanziert – blutig erkaufte Zeit, im Zuständigkeitsstreit verschwendet.



Berlin, Herbst 2018. Die Bundesnetzagentur versteigert die 5G-Frequenzen. Ziele sind der maximale Erlös für die Staatskasse und eine ordentliche Netzabdeckung. Die in den USA, Australien und Neuseeland längst heiß diskutierten Sicherheitsbedenken mit Blick auf chinesische Billiganbieter und das europäische Interesse an Nokia und Ericsson spielen keine Rolle. Merkels Entscheidung beruht auf jahrelanger Versorgung mit ressortspezifischen statt ressortgemeinsamen Analysen. Das Wirtschaftsministerium denkt nicht europäisch, die Intervention der Innenbehörden kommt zu spät, und sie kommt aus einer Ecke, deren Verhältnis zur Kanzlerin sowieso belastet ist.



Inzwischen sind Berlin und Brüssel aufgewacht, Mobilfunk wird als kritische Infrastruktur behandelt. Doch wie viele andere Zukunftsthemen verschläft der Apparat? Wie oft werden zu „Neuland-Themen“ jahrelang Zuständigkeiten verhandelt, statt aus allen relevanten Perspektiven – sei es Sicherheit, Wirtschaft, Technologie oder Klima – gemeinsame, vorausschauende Analysen und Entscheidungsoptionen für die Bundesregierung zu entwickeln? In wie vielen anderen Krisen kosten die Reibungsverluste des außenpolitischen Apparats Menschenleben, wie in Mali?



Fehlende Anreize

Der außenpolitischen Architektur der Bundesregierung fehlen stärkere Anreize für Entscheidungen, für vorausschauende und perspektivenübergreifende Analysen. Dadurch handelt Berlin zu oft zu spät und zu wenig kohärent. Eine Architekturreform – Stichwort „Nationaler Sicherheitsrat“ – soll es richten: Mehr Führung aus einer Hand soll schnellere und bessere Entscheidungen bringen.



Ob akute Krise in der Ostukraine, drängende Stabilisierung in Mali oder langfristige 5G-Technologiepolitik: Selbst dort, wo sich die Koalitionspartner parteiintern und miteinander einig sind, ist zu viel Sand im Getriebe. Wo sie es nicht sind, sind von keiner Strukturreform magische Lösungen zu erwarten. Doch Strukturen setzen Anreize und können es den Akteuren leichter machen, den gemeinsamen politischen Willen einer Koalition in schlüssiges Handeln zu übersetzen.



Ob sich was ändert, hängt in erster Linie von der Kanzlerin ab (Männer sind mitgemeint). Armin Laschet und Annalena Baerbock sagen, das Internationale stärker aus dem Kanzleramt steuern zu wollen; Olaf Scholz gilt als skeptisch. Auch wenn Laschet oder Baerbock gewinnen sollten: Es wird sich nur etwas ändern, wenn sich die Zustimmung dazu auch für die kleineren Koalitionspartner lohnt. An einem überzeugenden Angebot der Wahlgewinnerseite wird sich also zeigen, ob es die neue Bundeskanzlerin ernst meint mit dem Versprechen, „eine Sicherheitsarchitektur [zu] schaffen, die bessere Koordinierung und einen vorausschauenden strategischen Ansatz möglich macht“, weil es nicht „reicht, auf Krisen nur zu reagieren“. Diese Worte stehen im Wahlprogramm der Union, doch in das der Grünen würden sie auch passen.

Der dominierende Blockadeanreiz entsteht aus der Verbindung von Koalitionsregierungen und Ressortveto. Das beginnt bei den großen koalitionspolitischen Zank­äpfeln, wirkt sich aber weit in obskure Detaildossiers aus und erzeugt sogar einen politischen Nutzen der dauerhaften Nichteinigung für jeden einzelnen Koalitionspartner.



Die spieltheoretisch beste Lösung ist immer Unentschieden. Eine sachgerechte Paketlösung, die alle Vetospieler glücklich macht, ist meistens politisch zu teuer: Alle müssten den eigenen Anhängern schmerzhafte Abstriche von den eigenen Positionen verkaufen, zum Beispiel bei der nuklearen Teilhabe oder der Rolle militärischer Gewalt in der Stabilisierung von Krisen. Das Veto ist viel attraktiver: Alle haben heldenhaft den Sieg der jeweiligen Gegenseite verhindert. Das funktioniert allerdings nur, weil die Folgen verschleppter Entscheidungen und fauler Kompromisse politisch keiner Einzelnen der derzeit Handelnden klar zuzuordnen sind.



Bei großen politischen Konfliktthemen ist die Blockade eine demokratische Lösung, die Wahl – bei allen Schwierigkeiten in einem Sechs-Parteien-System – der einzige Ausweg. Doch zu viele Themen leiden unter dem Blockadeanreiz, obwohl sie politisch gar nicht so umstritten sind. Die Vetomacht der Ressorts gibt jedem bürokratischen Interessenblock, jeder noch so marginalen Themenlobby in den Regierungsparteien und selbst einzelnen Referatsleitungen die Chance, durch Blockaden Druck auf andere aufzubauen und in Paketdeals dann Vorteile für die eigenen Anliegen oder Budgets herauszuschlagen.



Daraus sind Dutzende von Arbeitskonflikten entstanden, die – anders als die Fachpolitiker – weder die Koalitionsspitzen noch das durchschnittliche Parteimitglied interessieren, die aber seit Jahren, teils seit Jahrzehnten, die Regierungsarbeit erschweren. Das eingangs genannte Mali-Beispiel ist einer davon. Unter den derzeitigen Blockadeanreizen verschwenden Staatssekretäre und Abteilungsleiter Jahr für Jahr Tausende von Stunden in ständigen Waffenstillstandsverhandlungen miteinander. Wieviel besser könnte der Apparat den begrenzten außenpolitischen Konsens einer neuen Koalition „auf die Straße bringen“, wenn diese Verschwendung auch nur halbiert würde?



Gefahr erkannt?

Union und Grüne nehmen jeweils für sich in Anspruch, die Kosten dieser Blockaden erkannt zu haben. Die Union will nun eine „Sicherheitsarchitektur schaffen, die bessere Koordinierung und einen vorausschauenden strategischen Ansatz möglich macht“, wie es im Wahlprogramm heißt. Die Grünen wollen „alle Politikbereiche in Deutschland auf die [globale sozial-ökologische] Transformation ausrichten und für ein strategisches und kohärentes Handeln in allen Ressorts und Politikbereichen einen Nationalen Rat für Frieden, Nachhaltigkeit und Menschenrechte einrichten“.



Ob enger oder breiter konzipiert, ob auf die Exekutive beschränkt oder mit Bundestag, Zivilgesellschaft und EU-Gremien verbunden: Die zentrale Voraussetzung für Veränderung ist die Bereitschaft der Kanzlerin, im internationalen Geschäft die Führung zu übernehmen, wie das im innenpolitischen Geschäft immer schon der Fall ist. Die Kanzlerrolle bietet dazu informelle Machtressourcen, die Angela Merkel bewusst nicht genutzt hat. Damit blieb die Verantwortung für viele undankbare Themen zwischen Ressortministerinnen und Bundestag angenehm diffus, mit den bekannten Kosten.



Wenn es Laschet und Baerbock ernst meinen, dann wollen sie das ändern. Das entscheidende Instrument dazu haben sie selbst in der Hand: Allein durch ihre Bereitschaft zur Führung kann die Kanzlerin dem bestehenden Blockadeanreiz einen stärkeren Entscheidungsanreiz entgegensetzen. Die zitierten Ankündigungen in Wahlkampf und -programmen sind erste Schritte dahin, die Erwartungen in Medien und Öffentlichkeit schaffen dafür Rückenwind. Konkrete Veränderungen im Institutionengefüge, im Koalitionsvertrag und in den ersten Schritten der Politik einer neuen Bundesregierung gäben dem Signal Substanz.



Kanzlerinnenmacht und Vertrauen

Im Institutionengefüge müsste sich die neue Bundesregierung in die Lage versetzen, die neue Führungsfunktion der Kanzlerin praktisch zu organisieren, ohne den kleineren Koalitionspartnern und ihren Ministerinnen im Normalfall den Platz an der Sonne streitig zu machen. Dazu muss eine Verwaltungsinstanz die Verantwortung und die Möglichkeiten erhalten, die außenpolitischen Koalitionskonflikte zu moderieren, die Arbeitskonflikte zu lösen und die Umsetzung der jeweiligen Entscheidungen sicherzustellen, indem sie die bislang selten genutzte Kanzlermacht zum Tragen bringt: Die Fähigkeit, mit einer Äußerung, einem Telefonat, einem Termin oder einer Reise der Kanzlerin oder ihrer engsten Beraterinnen jedes beliebige Politikfeld ausnahmsweise an sich zu reißen und die zuständigen Ministerinnen damit in den Augen von Öffentlichkeit, Fraktion, Partei und Ausland entweder kraftvoll zu stärken oder eben schmerzhaft zu ­schwächen.



Das effektiv zu tun, erfordert eine Figur mit mehr Einfluss und mehr bürokratischer Unterstützung, als die außen- und sicherheitspolitischen Berater im Kanzleramt bisher haben. Im Gegenzug muss die Kanzlerin den Koalitionspartnern verlässlich garantieren, die gewachsene Belohnungs- und Sanktionsmacht nie im einseitig parteipolitischen Interesse zu missbrauchen, sondern für die Umsetzung gemeinsamer Prioritäten und zur handfesten Unterstützung aller Ressorts – auch die der kleineren Koalitionspartner – einzusetzen. Dazu kann gehören, den Ministerinnen als „politische Bad Bank“ in der Öffentlichkeit Themen abzunehmen, die niemand haben will.



Ein „Nationaler Sicherheitsberater“ im Ministerrang wäre in dieser Rolle allzu parteipolitisch aufgestellt. Überhaupt hätte die oft geforderte Aufwertung des Bundessicherheitsrats den doppelten Nachteil, dass dessen Sekretariat von Offizieren aus dem Verteidigungsministerium dominiert und in der Bezeichnung bereits die Hegemonie eines eher engen Sicherheitsbegriffs angelegt wäre, mit dem sich nicht jeder Koalitionspartner identifiziert.



Kabinettsausschuss mit Europabrille



Wäre es aber denkbar, einen neuen Kabinettsausschuss für europäische Außenpolitik zu schaffen, in dessen Gremien­struktur der bisherige Bundessicherheitsrat aufginge, wie auch neue Strukturen zur Koordinierung einer transformativen Klimapolitik? Die Europabrille säße stets von Anfang an fest auf der Nase der Verantwortlichen, egal ob ein Thema primär in Brüssel oder im Konzert der Hauptstädte bearbeitet wird. Die Mitgliedschaft dieser Gremien könnte von der Ministerin bis zur Referentin themenabhängig gehandhabt werden: Zu akutem russischem Säbelrasseln würde nur ein kleiner Kreis benötigt, zur politischen Strategie in Mali samt ihrer Entwicklungs- und Klimaaspekte schon mehr und zur Dateninfrastruktur wieder andere Häuser, ohne dass die jeweils Unbeteiligten den Betrieb aufhalten.



An der Spitze stünde die Kanzlerin, die Vorbereitungssitzungen der Staatssekretärinnen sowie das Sekretariat samt der Koordinatoren für all die Arbeitsgremien darunter würde von einer gemeinsamen Vertrauensperson der Koalitionsspitzen geleitet: einer Person, die sich täglich mit vollem Einsatz der internationalen Koordinierung widmen kann und die nötige Durchsetzungskraft gegenüber der Beamtenebene in den Ressorts hat, ohne dabei einer Ministerin das Rampenlicht zu stehlen – außer zur gelegentlichen Durchsetzung gemeinsamer Beschlüsse, oder auf deren Wunsch. Für diese Rolle eignet sich am besten eine Spitzenbeamtin, die im Einvernehmen der Koalitionspartner ernannt würde.

Um dieses Einvernehmen erweitert, könnte das „Steinmeier-Modell“ Pate stehen – der heutige Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier war in den ersten acht Monaten der Regierung Schröder beamteter Staatssekretär unter dem Kanzleramtsminister Bodo Hombach. Die täglichen Managementaufgaben im System der interministeriellen Gremien würde das derzeitige Kanzleramt personell überfordern. Zusätzliches Personal muss überproportional aus dem Auswärtigen Amt kommen, wo die internationalen Prozesse zusammenlaufen und dessen Spitze als Einzige an allen außenpolitischen Dossiers arbeitet. Gleichzeitig müssen auch die anderen Ressorts Personal liefern und Einfluss erhalten, auch um dem Kanzleramt eine kritische Masse finanz-, wirtschafts-, umweltpolitischer Fach- und Institutionenkompetenz samt kurzer Drähte ins jeweilige Haus zu liefern.



Je breiter der außenpolitische Grundkonsens zwischen den Koalitionspartnern, desto reibungsloser wird die tagespolitische Zusammenarbeit und desto größer können die politischen Beiträge Berlins zu gemeinsamen Interessen mit wichtigen Partnern ausfallen, aus denen entsprechend höheres Gewicht in den schwierigeren Verhandlungen um Klimaziele und Ordnungskonflikte erwächst. Deshalb lohnt sich die Mühe, zu Beginn der Koalition möglichst viele Arbeitskonflikte der Vergangenheit abzuräumen sowie Prinzipien zum Umgang mit neuen Krisen und der gemeinsamen Kartierung von Zukunftsthemen zu etablieren.



Das muss aber nicht alles sofort verhandelt werden: Was nicht im Koalitionsvertrag steht, weil es zum Beispiel bei den Koalitionspartnern noch innerparteilicher Debatten bedarf, kann in Form eines neuen Weißbuchs zum Ende des ersten ­Regierungsjahres nachgeliefert werden. Ein möglichst großer Wurf läge im gemeinsamen Interesse aller, deren Anliegen davon profitieren, wenn in Paris, Washington oder Warschau der Frust über die blockierte deutsche Außenpolitik abnimmt.



Niemand muss entmachtet werden

Durch eine Weiterentwicklung des außenpolitischen Gefüges werden sich Koalitionskonflikte nicht in Luft auflösen. Die Struktur wird Politikerinnen nicht an katastrophalen strategischen Fehlern hindern – das lehrt schon der Blick in die USA. Sehr wohl muss eine neue Bundesregierung aber den Anspruch einlösen, zu den „großen“ Themen frühzeitig alle relevanten Perspektiven zur Entscheidungsvorbereitung samt Szenarioanalyse und Kontingenzplanung an einen Tisch zu bringen, und die „kleinen“ Themen reibungsärmer und kohärenter zu entscheiden.



Beim nächsten russischen Truppenaufmarsch muss es eingespielte Prozesse geben, wann wer wie zusammenkommt, um welche Entscheidungen zu treffen. In der Krisenprävention und Stabilisierung müssen schnelle, pragmatische Arbeitsteilungen getroffen werden. Und wenn es um Zukunftstechnologien geht, muss Sicherheit ebenso eine Rolle spielen wie Nachhaltigkeit.



Das Gedankenspiel zeigt, dass Sorgen um eine Entmachtung des Auswärtigen Amtes oder der kleineren Koalitionspartner mit einem Angebot handfesten Einflusszuwachses auszuräumen sind. Mehr eigenes Personal im Kanzleramt und die Mitentscheidung über die zentrale Personalie an der Verwaltungsspitze, die erstmals der alleinigen Entscheidung der Kanzlerin entzogen wäre, könnten das garantieren. Und damit Sicherheit schaffen, dass die Herzensprojekte und roten Linien aller Partner fair behandelt würden. Zugunsten des Auswärtigen Amtes brächte der Stellenbedarf des Kanzleramts zusätzlichen Druck, die enorme Personallücke im höheren Dienst zügig zu schließen und die Kultur und Kompetenz für eine Netzwerkaußenpolitik mit mehr Nachdruck zu entwickeln.



Das für die Exekutive des Bundes umrissene Gefüge könnte darüber hinaus zum Ankerpunkt für Verbindungen in die Länder, den Bundestag, Brüssel oder die Zivilgesellschaft werden. Den operativen, reaktiven und damit zwangsläufig kurzsichtigen Minimalstrukturen müssten sowohl auf Entscheider- als auch auf Vorbereiterebene Mechanismen zur Strategischen Vorausschau und Frühwarnung eingepflanzt werden. Und vieles andere ließe sich noch weiterdenken.



Entscheidend bleibt aber der politische Wille der nächsten Kanzlerin, des nächsten Kanzlers. Ist sie, ist er mit dem stotternden Motor zufrieden, den die vorherige Regierung hinterlässt? Wäre es nicht von Vorteil, die engsten Partner Deutschlands weniger zu frustrieren und mehr politisches Kapital für die politischen Ziele der Koalition zu schaffen? Dann lohnt vielleicht der Umstieg vom guten alten Diesel zum modernen Hybrid.    

 



Philipp Rotmann ist Associate Director des Global Public Policy Institute (GPPi) in Berlin

Bibliografische Angaben

Internationale Politik 5, september-Oktober 2021, S. 32-37

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