Umgang mit der Regierung Erdogan
IP-Forsa-Frage
Sollte die Bundesregierung die Menschenrechtsverletzungen in der Türkei deutlicher kritisieren?
Geht Berlin zu zurückhaltend mit der Regierung von Präsident Recep Tayyip Erdogan um, der nach dem gescheiterten Militärputsch massiv gegen tatsächliche und vermeintliche Gegner, insbesondere aus den Reihen der Gülen-Bewegung und der Medien, vorgeht? Ja, meinen über zwei Drittel der befragten Bundesbürger (70 Prozent) und vertreten die Auffassung, dass die Bundesregierung Ankara viel deutlicher kritisieren sollte als bisher – selbst auf die Gefahr hin, dass Erdogan im Gegenzug das EU-Türkei-Flüchtlingsabkommen aufkündigen könnte. Ein knappes Viertel (24 Prozent) ist dagegen der Meinung, die Bundesrepublik sollte sich mit Kritik zurückhalten.
Die Ergebnisse in den jeweiligen Altersgruppen weichen nur wenig vom Gesamtergebnis ab – bei den 18- bis 29-Jährigen befürworten 73 Prozent deutlichere Kritik an Erdogans Vorgehen, bei den Über-60-Jährigen sind es 69 Prozent. Auffällig ist dagegen, dass Befragte in Ostdeutschland stärker zur Auffassung tendieren, Berlin solle sich mit Ermahnungen an die Adresse Ankaras zurückhalten. 36 Prozent (21 Prozent im Westen) sind für Zurückhaltung, was das Anprangern von Missständen in der Türkei angeht, 58 Prozent (im Westen: 72 Prozent) sind für klarere Worte.
Noch stärker weichen Anhänger der rechtspopulistischen Alternative für Deutschland ab: Nur 46 Prozent sind für stärkere Kritik, 54 Prozent dagegen. Anhänger der FDP (80 Prozent), der SPD (78 Prozent), der Grünen (74 Prozent) und der Unions-Parteien (72 Prozent) plädieren überdurchschnittlich stark für einen kritischeren Umgang mit Erdogan, bei Parteigängern der Linken sind es 65 Prozent, gegenüber 30 Prozent, die für Zurückhaltung eintreten.
Internationale Politik 5, September/Oktober 2016, S. 5