Titelthema

18. Nov. 2022

Supermacht trifft Cyberstar

Die israelisch-chinesischen Wirtschaftsbe- ziehungen und ihre Folgen für die Region sowie das Verhältnis zu den USA

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Bild: Zeichnung von Überwachungskameras in Israel
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Wenn es um das Thema Handel geht, haben China und Israel eine ganze Reihe von gemeinsamen Interessen. Aus israelischer Sicht ist die Volksrepublik China – ein ständiges Mitglied des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen – Weltmacht und Einflussfaktor im Nahen Osten, ein wichtiger Markt für israelische Start-ups und ein potenzieller Investor für Infrastrukturprojekte. Für China ist Israel wiederum ein vielversprechender Partner im Nahen Osten. Allerdings rufen die Investitionen chinesischer Unternehmen in Israel und der Ausbau der dortigen Infrastruktur durch chinesische Konzerne gemischte Reaktionen hervor. Das könnte politische Auswirkungen haben, die bislang noch nicht abzusehen sind.



Infrastruktur für zwei Drittel der Welt

Wenn ein Investor einen Vermögenswert im Ausland erwirbt, dann tut er das, um sich darum zu kümmern, was damit geschieht. Das unterscheidet eine Auslandsinvestition von einer passiven Investition in ein Portfolio, das ausländische Aktien enthält. Ausländische Direktinvestitionen sind einer der Schlüsselfaktoren für die Förderung neuer Industrien und für die Ent­wicklung von Volkswirtschaften. Dabei lassen sich drei Arten von Kapitalzuflüssen aus dem Ausland unterscheiden: Direktinvestitionen, Anlagen in Wertpapiere und sonstige Investitionen, die alle anderen Finanztransaktionen umfassen.



Im Jahr 2013 kündigte Chinas Präsident Xi Jinping die Belt and Road Initiative an, die sich an der alten Seidenstraße zwischen Asien und Europa orientierte. Dieses Projekt sieht den Aufbau eines umfassenden Infrastrukturnetzes mit Straßen, Seehäfen, Flughäfen, Zugstrecken, Stromnetzen, Ölpipelines und vielem mehr vor.



Läuft alles wie geplant, dann wird die Initia­tive China auf dem Landweg über die Türkei, den Iran, Afghanistan und den Irak mit dem Persischen Golf und dem Mittelmeer verbinden, während die Verbindung zum Mittelmeer auf dem Seeweg über den Indischen Ozean, den Golf von Aden, das Rote Meer und den Suez-Kanal erfolgt. Schätzungen zufolge wird das Infrastrukturprojekt insgesamt rund 70 Länder, 63 Prozent der Weltbevölkerung und 21 Prozent des weltweiten Bruttoinlandsprodukts betreffen.



Daneben soll die Initiative das chinesische Wirtschaftswachstum steigern. Da Peking ein investitionsgetriebenes Wachstumsmodell verfolgt, ist es stets bestrebt, sein Wirtschaftswachstum durch die Erschließung neuer Märkte anzukurbeln. Bereits heute gilt der Nahe Osten dabei als die größte Quelle für Erdölimporte – und die Seidenstraßen-Initiative soll China dabei helfen, weitere Versorgungsrouten für den Ölimport zu schaffen.



Auslandsinvestment und nationale Sicherheit

Geopolitisch gesehen ist die Seidenstraßen-Ini­tiative eine Art friedliche Antwort auf die Strategie der USA gegenüber China. Mit ihr will Peking die Beziehungen zu anderen Ländern in Asien und Europa stärken – auch wenn es einige Staaten gibt, aus deren Sicht die Kombination aus umfangreichen wirtschaftlichen Investitionen und einer ehrgeizigen außenpolitischen ­Strategie ein Warnsignal ist.



Chinas Unternehmen verfügen über umfang­reiche Erfahrungen mit Infrastruktur- und Bauprojekten und somit sollten sie zweifelsohne imstande sein, in einem entwickelten Land wie Israel Projekte die­ser Art erfolgreich umzusetzen. Das dürfte unterm Strich das chinesische Image verbessern und die Aktivitäten der Konzerne legitimieren, was wiede­rum zu einer verstärkten ­Zusammenarbeit mit anderen entwickelten Ländern in ähnlichen Bereichen führen könnte.



Viele westliche Länder, allen voran die USA, definieren strategische Wirtschaftssektoren wie Infrastruktur oder Technologie sehr breit, um das Ausmaß des Einflusses von Auslandsinvestoren wie den chinesischen präziser beurteilen zu können.



Die sogenannten U.S. Foreign Investment and Acquisition Regulations basieren auf dem Foreign Investment and National Security Act, in dessen Rahmen 2008 die U.S. Foreign Invest­ment ­Commission eingerichtet wurde. Diese Kommission berät den Präsidenten in Fragen, die Auslands­investitionen berühren, und sie entscheidet darüber, ob diese Investitionen potenziell die nationale Sicherheit gefährden oder sie einem ausländischen Unternehmen die Kontrolle über strategische amerikanische Vermögenswerte ermöglichen. Im Jahr 2018 erließ die US-Regierung neue Bestimmungen, durch die man die Befugnisse der Kommission ausdehnte und weitergehende Prüfungen einführte. Hierdurch sollte eine Übernahme amerikanischer Unternehmen speziell durch russische und chinesische Staatsunternehmen erschwert werden.



In der Europäischen Union gibt es in mehreren Ländern, darunter Deutschland, Frankreich und Italien, Initiativen zur Förderung und Umsetzung von Gesetzen, die außereuropäische Unternehmen daran hindern sollen, europäische Firmen – unter anderem aus wirtschaftlichen Gründen – zu erwerben. So prüft etwa in Deutschland das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie den Erwerb von oder die Beteiligung an deutschen Unternehmen durch nichteuropäische ausländische Investoren, und das unabhängig von der Branche. Zudem gibt es ein Gesetz, das es ausländischen Firmen untersagt, mehr als 25 Prozent eines Unternehmens zu erwerben, das zur „wesentlichen Infrastruktur“ zählt. Darunter fallen neben anderen Software-, Sicherheits- und Energieunternehmen.



In diesem Jahr haben die Staats- und Re­gierungschefs der G7-Staaten zugesagt, im Rahmen der sogenannten „Partnerschaft für globale Infrastruktur und Investitionen“ Milliarden von Euro in Infrastrukturprojekte in Schwellenländern zu investieren. Das Programm wurde als Reaktion auf die chinesische Seidenstraßen-Ini­tiative entwickelt und soll in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen Projekte unterstützen, die dort bei der Bewältigung der Folgen des Klimawandels, der Verbesserung der Gesundheitssysteme, der Gleichstellung der Geschlechter und einer Optimierung der digitalen Infrastruktur helfen.



Konzerne unter Kontrolle

Bei seinen Investitionen in Israel verfolgt China zwei Wege: Zum einen finanzieren chinesische Unternehmen die Produktentwicklung israelischer Konzerne und verpflichten sich dazu, die Produkte auf dem lokalen Markt zu etablieren. Und zum anderen investiert China in Risikokapitalfonds, mit deren Hilfe israelische Technologie­unternehmen und Start-ups finanziert werden.



Die chinesischen Investoren selbst lassen sich in vier Kategorien einteilen: staatliche Unternehmen, öffentliche Unternehmen, Privatunternehmen und Risikokapitalfonds. Staatliche Unternehmen sind Firmen, die unter der Ägide der State-owned Assets Supervision and Administration Commission stehen und im Besitz der Zentralregierung in Peking oder einer der kommunalen Regierungen sind. Zu dieser Kategorie gehören auch staatliche Investitionsfonds und Risikokapitalfonds, die staatliche Mittel verwalten. Staatseigene Unternehmen treffen ihre Investitionsentscheidungen möglicherweise aus gesellschaftspolitischen Motiven und nicht unbedingt aus rein wirtschaftlichen Gründen. Daher werden solche Investitionen als strategische Investitionen betrachtet.



Neben den staatlichen Unternehmen gibt es zudem sogenannte öffentliche Unternehmen, also Firmen, die an der Börse in China oder im Ausland gehandelt werden. Nicht selten besitzt die chinesische Regierung jedoch auch an diesen Unternehmen kleine Aktienanteile und kann so eine gewisse Kontrolle ausüben. Das gilt ebenso für Privatunternehmen, deren Aktien nicht an der Börse gehandelt werden, und die trotzdem parteipolitischer und staatlicher Steuerung unterliegen können.



Risikokapitalfonds wiederum sind private Investmentfonds, die über Kapital aus verschiedenen Quellen verfügen und deren Zweck es ist, durch Investitionen und wachstumsfähige Start-ups oder junge Unternehmen möglichst ausgiebige Gewinne zu erzielen. Solche Risikokapitalfonds werden innerhalb der Unternehmen, in die sie investieren, nicht selten zu ­sogenannten ­Kommanditgesellschaften (KG). Deren rechtliche Besonderheit besteht darin, dass ein Gesellschafter die Geschicke der KG leitet und voll haftet, während ein anderer Gesellschafter lediglich Geldgeber ist und nur in Höhe seiner Einlage haftet. Dadurch kann chinesisches Geld in Wirtschaftssektoren fließen, die für Auslandsinvestitionen aus China eigentlich gesperrt wären.



Attraktives Investitionsziel Israel

China betrachtet Israel sowohl im Technologie- als auch im Infrastrukturbereich als attraktives Investitionsziel. Bis 2016 lässt sich dementsprechend ein allmählicher Anstieg der Investitionsbeträge und der Zahl der Transaktionen mit Beteiligung chinesischer Unternehmen feststellen. Ab 2019 beobachten wir jedoch einen Rückgang – sowohl was die Zahl der Transaktionen angeht als auch, was das Transaktionsvolumen betrifft. Dieser Trend ähnelt der Entwicklung in Europa und in den USA, wo das Volumen chinesischer Investitionen seit einem vorläufigen Höhepunkt im Jahr 2016 rückläufig ist. Chinesische Investitionen in die israelische Infrastruktur gehen ausschließlich auf chinesische Staatsunternehmen zurück, die über das Wissen, die Technologie, die Erfahrung und das Kapital verfügen, um in Israel erfolgreich zu sein. Chinesische Hightech-Investitionen kommen derweil hauptsächlich von privaten Unternehmen und Risikokapitalfonds.



Die Aktivitäten chinesischer Unternehmen in Israel, etwa der Erwerb strategisch wichtiger Konzerne oder die Bewerbung um große Infrastrukturprojekte, können Auswirkungen auf die israelische Wirtschaft und die nationale Sicherheit des Landes haben. Einerseits tragen diese Beziehungen zur wirtschaftlichen Entwicklung Israels bei, andererseits gibt es aber eine Vielzahl strategischer Bedenken, insbesondere mit Blick auf die Aufrechterhaltung der Beziehungen zu den USA.



Unternehmen übernehmen

Zu den bedeutenden chinesischen Konzernübernahmen in Israel gehören die des Chemieunternehmens Makhteshim-Agan (heute Adama) durch ChemChina und die des Agrarkonzerns Tnuva durch Bright-Food. Darüber hinaus ist China an der Entwicklung der Infrastruktur in Israel beteiligt, etwa an dem Bau der Carmel-Tunnel, der Entwicklung einer Stadtbahn in Tel Aviv, der Er­richtung je eines Terminals im Hafen von Ashdod und im Hafen von Haifa. Auf der anderen Seite gibt es jedoch auch einige Übernahmeversuche, die an israelischen Vorschriften gescheitert sind – etwa der Versuch der chinesischen Pawson Corporation, die Phoenix Company zu erwerben.



Im Jahr 2019 wurden in Israel rund 135 Investitionen in einer Gesamthöhe von 1,27 bis 2,1 Milliarden Dollar dokumentiert, die von chinesischen Investoren ausgingen. Die meisten dieser Transaktionen, insgesamt 107, hatten ein Volumen zwischen einer und 20 Millionen Dollar. Die Wirtschaftsbereiche, in denen die chinesischen Investitionen getätigt wurden, sind ausgesprochen vielfältig. So entfielen beispielsweise 42 der Transaktionen auf den Bereich Biowissenschaften, 31 auf Kommunikation und Internet und 28 auf Technologie.



Die israelische Regierung fördert die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit der Volksrepublik China aktiv. Umgekehrt benötigt China Israel wegen dessen geografischer Lage als Landbrücke, um die chinesischen Handelsrouten im Fernen Osten und in Afrika mit dem Nahen Osten zu verbinden. Seit der Ankündigung der Seidenstraßen-Initiative hat Israel sich nicht öffentlich dazu geäußert, wie es das Projekt einschätzt. Im Jahr 2015 trat Israel jedoch der Asiatischen Infrastruktur-Investitionsbank (AIIB) bei, die die Initiative unterstützt.



Israel, China und die USA

China ist Israels größter Handelspartner in Asien und nach den USA der zweitgrößte israelische Handelspartner überhaupt. Insgesamt machen Chinas Geschäfte mit Israel jedoch nur 0,3 Prozent des chinesischen Handels aus. Trotzdem verschärft die Tatsache, dass China in erheblichem Maße an der israelischen Wirtschaft beteiligt ist, vor allem den Wettbewerb zwischen China und den Vereinigten Staaten. Zwar ist der Einfluss Washingtons im Nahen Osten geringer geworden. Jedoch bleiben die USA der wichtigste ausländische Akteur in der Region. Und gerade Chinas Beteiligung an kritischer Infrastruktur könnte vor diesem Hintergrund eine Bedrohung amerikanischer Interessen darstellen.



Für China erfüllt ein Ausbau der Beziehungen zu Israel, einem wichtigen Akteur im Nahen Osten und einem engen Verbündeten der Vereinigten Staaten, gleich eine ganze Reihe von Zwecken. So verspricht sich Peking von einer vertieften Kooperation ein besseres Verständnis der Entwicklungen in der Region, eine bessere Zusammenarbeit bei der Terrorismusbekämpfung und ein wichtiges geografisches Standbein für die Seidenstraßen-Initiative.



Warnungen aus Washington

Das Jahr 2018 gilt in den Beziehungen zwischen China und den USA als Wendepunkt. Durch den von der Trump-Regierung angezettelten Handels­krieg mit Peking wollten die USA auch andere Staaten dazu bewegen, ihre Zusammenarbeit mit China zu beenden oder deutlich zu reduzieren. Als Reaktion auf diesen Schritt rief Israel mehrere Ausschüsse ins Leben, die chinesische Investitionsprojekte in Israel prüfen sollten. Weitestgehend laufen diese Projekte jedoch bis heute weiter.



Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass die chinesisch-israelischen Beziehungen in Zukunft noch weiter ausgebaut werden – zumindest solange das Verhältnis zwischen China und den USA einigermaßen stabil bleibt. Aufgrund von Erfahrungen aus der Vergangenheit könnte eine Verschlechterung der Beziehungen zwischen Peking und Washington jedoch auch zu Einschränkungen in den Beziehungen der beiden Länder zu Israel führen.



Der Umfang der chinesischen Investitionen in Israel bereitet vielen Beobachtern in den USA Kopfzerbrechen. Insbesondere deshalb, weil Investitionen in Wirtschaftszweige wie die Computerchip-Produktion, Software, IT, Biowissenschaften, Internet und Kommunikations­technologien das Potenzial haben, die Entwicklung Chinas maßgeblich zu fördern und so die Sicherheit der USA gefährden könnten.



Es stellt sich jedoch die Frage, inwieweit chinesische Investitionen in die israelische ­Infrastruktur, wie etwa in den Hafen von Haifa, in sicherheitspolitischer Hinsicht tatsächlich strategisch riskant sind. Immerhin haben sich die USA in anderen Ländern nicht gegen chinesische Investitionen in Hafenprojekte gewehrt. Der Verweis auf die nationale Sicherheit rührt also womöglich eher aus dem ohnehin schon angespannten Verhältnis zwischen den Regierungen in Washington und Peking.



China hat inzwischen begriffen, dass Israel von den Vereinigten Staaten dazu gedrängt wird, die Beteiligung chinesischer Unternehmen an seiner Wirtschaft zu verringern. Mit diesem Wissen könnte China in Zukunft etwa beschließen, bestimmte Ausschreibungen nicht wahrzunehmen oder von Geschäften Abstand zu nehmen, die durch amerikanischen Widerstand behindert werden könnten. So kam etwa der damalige US-Außenminister Mike Pompeo im Mai 2020, wenige Tage vor der Entscheidung über die Ausschreibung für den Bau und den Betrieb der Entsalzungsanlage Whistling 2, nach Israel und warnte offen vor einer chinesischen Beteiligung am Bau wichtiger Infrastrukturprojekte. Am Ende gewann ein nichtchinesischer Bewerber die Ausschreibung.



Gemischte Reaktionen

Das Bestreben chinesischer Unternehmen, durch Investitionen, Übernahmen und Beteiligungen an Infrastrukturprojekten in Israel Fuß zu fassen, ruft dort gemischte Reaktionen hervor. Einerseits begrüßen die Wirtschaft, die Regierung und Teile der Industrie die Finanzspritzen und sehen eine enge Zusammenarbeit mit China als logische Konsequenz der Globalisierung. Einige Beobachter argumentieren sogar, dass eine tiefe Kooperation aufgrund der Bedeutung des chinesischen Marktes und des Fortschritts chinesischer Technologieunternehmen unerlässlich sei – und sich Investitionen aus China im Übrigen nicht grundlegend von anderen Auslandsinvestitionen unterschieden.



Andererseits gibt es in der politischen und sicherheitspolitischen Gemeinschaft Israels viele Stimmen, die dem Vormarsch chinesischer Unternehmen skeptisch gegenüberstehen. Sie geben zu bedenken, dass China sich durch eine enge Zusammenarbeit fortschrittliche Technologien und geistiges Eigentum aneignen und so selbst zu einem ernstzunehmenden Wettbewerber im Hightech-Sektor werden könnte. Zudem befürchten manche Beobachter, dass China seine wirtschaftliche Stärke in der Region alsbald auch für politisch-strategische Zwecke nutzen könnte – für Zwecke, die den nationalen Interessen Israels zuwiderlaufen.



Im Oktober 2019 beschloss die israelische Regierung, einen beratenden Ausschuss unter der Leitung des Finanzministeriums einzurichten, um zu prüfen, inwiefern bestimmte Auslandsinvestitionen die nationale Sicherheit gefährden. Dem Ausschuss gehören neben hochrangigen Vertretern des Finanzministeriums und des Verteidigungsministeriums auch Beobachter des Außenministeriums, des Wirtschaftsministeriums und anderer Ministerien an. Die Aufgabe des Ausschusses besteht darin, die Behörden dabei zu unterstützen, bei der Genehmigung von Auslandsinvestitionen neben den üblichen Erwägungen auch Überlegungen zur nationalen Sicherheit einzubeziehen.



Gebildet wurde der Ausschuss nicht zuletzt aufgrund des politischen Drucks aus den Vereinigten Staaten, chinesische Investitionen in Israel genauer zu verfolgen. Mittlerweile haben die Verantwortlichen in Washington jedoch anerkennen müssen, dass der Ausschuss nicht befugt ist, Transaktionen im Technologiebereich zu prüfen und chinesische Unternehmen somit weiterhin problemlos in den israelischen Hightech-Sektor investieren können. Darüber hinaus hat China seit der Einrichtung des Gremiums erneut mehrere wichtige Ausschreibungen im Infrastrukturbereich gewonnen, etwa im Verkehrssektor. Die Gefahr, dass Israel in Zukunft in sicherheitspolitisch relevanten Sektoren noch abhängiger von chinesischen Konzernen werden könnte, ist aus Washingtons Sicht also nicht gebannt.



Laut einem Bericht des israelischen Rechnungshofs vom August 2020 können Investitionen und Unternehmensbeteiligungen von ausländischen Konzernen gerade dann negative Folgen haben, wenn es um Projekte von nationaler Bedeutung geht. In demselben Bericht wurde außerdem festgestellt, dass die Regulierungsbehörden bislang nicht dazu verpflichtet sind, den beratenden Ausschuss zu konsultieren. Vielmehr können die Behörden weiterhin nach eigenem Ermessen handeln.



Offener als die anderen

Vor diesem Hintergrund kann also festgehalten werden, dass Israel die Regulierung ausländischer und insbesondere chinesischer Investitionen noch immer nicht maßgeblich verschärft hat. Es ist möglich, dass das Ausbleiben entsprechender Maßnahmen darauf zurückzuführen ist, dass Israel weiterhin von diesen Investitionen profitieren will. Symbolpolitische Schritte wie die Bildung von zahnlosen Kontrollorganen würden nach dieser Lesart in erster Linie dazu dienen, den Vereinigten Staaten ein Einlenken zu signalisieren.



Die Tatsache, dass viele westliche Länder wie Deutschland, Australien und Kanada mittlerweile viel weitreichendere Maßnahmen ergriffen haben, um Auslandsinvestitionen in wichtige Infrastrukturen einzuschränken, könnte Israel jedoch in Zukunft dazu bewegen, seine Politik in diesem Bereich ebenfalls zu verschärfen.



Aus dem Englischen von Kai Schnier

 

Bibliografische Angaben

IP Special 07, November 2022, S. 14-21

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Hila Roded hat einen Bachelor of Arts in Regierungs-, Diplomatie- und Strategiestudien abgeschlossen und sich im Interdisciplinary Center Herzliya auf nationale Sicherheitsfragen und Terrorismus spezialisiert. Sie moderiert den „Talking ­Lauder“-Podcast, der Themen aus den Bereichen Außenpolitik und Sicherheit behandelt. Außerdem hat Hila ein Praktikum beim Law Terrorism Intensity Program des Institute for National Security Studies (INSS) absolviert und ist als Forschungsassistentin im Bereich China- und Mittelmeerstudien tätig.