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01. März 2009

Robuste Illusionen

Was einer Debatte über Auslandseinsätze der Bundeswehr im Wege steht

Die politische Verarbeitung des Afghanistan-Einsatzes folgt in Deutschland dem Dogma: Wir führen keinen Krieg. Über Wortneuschöpfungen wie „robuster Einsatz“ oder „Einsatz für den Frieden“ wagt sich kaum jemand hinaus. Derweil schreitet der Umbau der Bundeswehr in eine weltweit agierende Interventionsarmee voran. Zeit für eine ehrliche Diskussion.

Eine Maschine vom Typ A-10 Thunderbolt feuert auf „feindliche Kämpfer in der Nähe von Kabul, die gerade Koalitionstruppen beschossen haben“. Bei Lashkar Gah in der südlichen Provinz Helmand wirft „ein Flugzeug der Koalition eine Lenkwaffe auf feindliche Kämpfer“, sie hatten „befreundete Kräfte“ unter Feuer genommen. Flugzeuge der US Navy vom Typ 18F Super Hornet werfen „Lenkbomben der Typen GBU-12 und GBU-38“ ab, Ziel ist „eine Anlage“, in der sich „Feinde Afghanistans“ aufhalten.

Weitere A-10 und F-15-Kampfflugzeuge rücken zu „Machtdemonstrationen“ bei Kabul aus, zwecks „Abschreckung von Feindaktivitäten“. In der Nähe von Lashkar Gah werden dazu F/A-18-E-Jets der US Navy und „Koalitionsflugzeuge“ eingesetzt. Auch bei Sangin fliegt die Navy mit F-18-Flugzeugen Show-of-force-Operationen gegen „Feindaktivitäten“. Insgesamt, so der Bericht, werden an diesem einen Tag „72 Luftunterstützungseinsätze“ „als Teil der ISAF“ geflogen. Außerdem waren 14 Aufklärungsflugzeuge der US Air Force im Einsatz. Vier Maschinen der Navy und verbündeter Streitkräfte flogen ebenfalls Einsätze zur „taktischen Aufklärung“ in Afghanistan.

Es ist der 16. Oktober 2008, ein ganz normaler Tag in Afghanistan. Nach Abschluss der Einsätze fasst ein Offizier der US Air Force die Erfolgsmeldungen in einem knappen Bericht zusammen. Nichts davon ist geheim. Am nächsten Tag ist der „Oct. 16 airpower summary“ für jeden zugänglich. Auch für deutsche Minister, Bundestagsabgeordnete und Journalisten. Die in diesen Berichten der US-Luftwaffe dokumentierten Bombardements sind Teil der ISAF-Aktivitäten in Afghanistan. Und sie sind Routine.

Auch in Deutschland ist der 16. Oktober 2008 ein ganz normaler Tag. In Berlin ist der Deutsche Bundestag zu seiner 183. Plenarsitzung der 16. Legislaturperiode zusammengekommen. Es geht wieder einmal um den Bundeswehreinsatz in Afghanistan. Den Abgeordneten liegt der Antrag der Bundesregierung vor, mit dem die Beteiligung an der von der NATO geführten ISAF verlängert werden soll. Seit Ende 2001 läuft die Operation. Zum neunten Mal wird jetzt ihr Mandat erneuert. Auch soll das Kontingent aufgestockt werden. Am Ende der Sitzung werden die Abgeordneten der Bundesregierung gestatten, 1000 Soldaten mehr als zuvor im Rahmen der ISAF nach Afghanistan zu schicken, 4500 werden es dann sein.

Wir kämpfen nicht, wir kümmern uns

Wer die Parlamentsdebatten über den ISAF-Einsatz verfolgt und wer den Antrag der Bundesregierung liest, kann kaum glauben, dass es sich um denselben Sachverhalt handelt, von dem in den täglichen Berichten des Pentagon die Rede ist. Von den Bombardements, über welche die US Air Force täglich in allen Details berichtet, ist in dem Dokument der deutschen Bundesregierung nichts zu finden und in den Redebeiträgen der sie tragenden Koalition nichts zu hören. Über das Ausmaß der Gewalt, über die Zahl der durch Waffengewalt der NATO oder durch die aufständischen Gruppen Getöteten erfährt das Parlament in der Vorlage der Regierung nichts. Auch von dem durch die ISAF in Afghanistan geführten Luftkrieg ist nirgends in dem siebenseitigen Antrag die Rede. Die täglichen Bombardements scheinen für Deutschland, immerhin die nach den USA und Großbritannien drittstärkste Militärmacht in Afghanistan, vollkommen irrelevant zu sein.

Dabei nimmt sich die Regierung ansonsten den Raum für detaillierte Informationen. So versucht sie sich selbst und die ISAF mit der Angabe zu loben, dass „fast 75 Prozent aller Jungen und 35 Prozent aller Mädchen“ mittlerweile eingeschult seien. Auch beweihräuchert man sich mit dem Hinweis, „85 Prozent der Bevölkerung“ hätten nun „Zugang zu medizinischer Basisversorgung“. Bei solchen Zahlen vergisst der Leser fast, dass hier die Zustimmung zur „Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte“ beantragt werden soll. Statt zu kämpfen, kümmert sich Deutschland. Es kümmert sich um den „Aufbau staatlicher Institutionen“, um „Rechtsstaatlichkeit“, um die „Verbesserung der Lebensbedingungen“ und um die „Achtung der Menschenrechte“. Dagegen kann ja wohl niemand etwas haben. „Thunderbirds“ und „Super Hornets“, Kampfjets und Lenkbomben passen da nicht ins Bild.

Mit einer gewaltsamen Auseinandersetzung, einem bewaffneten Konflikt hat die Situation in Afghanistan demnach nichts zu tun. Das Wort Krieg scheint bei der Bundesregierung auf dem Index zu stehen. Benutzt wird es nur zur Beschreibung der Vergangenheit. „Der Bürgerkrieg in Afghanistan hat 2001 geendet“, vermeldet Entwicklungshilfeministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul in der Debatte über den Bundeswehreinsatz. „Das ist sieben Jahre her, das ist eine lange Zeit.“

Wer heute so etwas wie Krieg in Afghanistan ausmachen will, gehört zurechtgewiesen. Erst recht, wenn der Verdacht aufkommen sollte, dass die Bundeswehr, als Teil der von der NATO geführten ISAF, sich an diesem Krieg beteiligt. Die deutschen Soldaten „führen dort keinen Krieg“, weiß der Grüne Jürgen Trittin. „Sie sichern dort den Aufbau ab. Das ist eine Tatsache.“

Guerillakrieg für Anfänger

Es gebe „Defizite“, räumt die Bundesregierung in dem Verlängerungsantrag vom Oktober 2008 vorsichtig ein, „auch bei der Sicherheitslage“. Von dem Begriff „Krieg“ ist diese Beschreibung aber weit entfernt, noch weiter von der Feststellung, dass die Bundeswehr auch irgendwie etwas mit diesem Krieg zu tun haben könnte. Doch selbst dieses kleine festgestellte „Defizit“ soll die Erfolgsbilanz des Bundeswehreinsatzes selbstverständlich nicht trüben. Um dies zu erklären, fährt man sicherheitshalber zweigleisig. Zum einen, so die Bundesregierung, seien „die internationale Militärpräsenz und die afghanischen Sicherheitskräfte“ weiterhin in der Lage, „ein flächendeckend koordiniertes Vorgehen der regierungsfeindlichen Kräfte zu unterbinden“. Es gilt demnach als Erfolg, dass die gegen die ISAF militärisch agierenden Gruppen keine zusammenhängenden Gebiete kontrollieren und nicht in großen Formationen angreifen können. Zwar hätten sie sich die Vertreibung der internationalen Truppen aus Afghanistan und die Beseitigung der gewählten Regierung zum Ziel gesetzt. „Sie meiden aber“, so heißt es in dem Antrag, „in der Regel im Bewusstsein ihrer Unterlegenheit die offene Konfrontation.“ Das klingt fast ein wenig beleidigt. Die Gegner stellen sich nicht dem offenen Kampf unter ehrenwerten Männern – so liest sich die Analyse der Bundesregierung. Ihrer Strategie liege vielmehr „ein asymmetrischer Ansatz zugrunde, der auf die Zermürbung und Einschüchterung“ ziele. Die bewaffneten Gruppen „wenden sich darum gegen Zivilisten, töten Regierungsvertreter“ und „verüben Bomben- und Brandanschläge.“

Was in dem Antrag zur Verlängerung des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan als neueste Erkenntnis angeführt wird, um zu erklären, warum die ISAF das Land nicht unter Kontrolle bekommt, ist nichts anderes als banales Halbwissen über Guerillakriegführung. Hat denn im Bundesverteidigungsministerium irgendjemand etwas anderes erwartet? Wie anders als „asymmetrisch“ könnte denn eine Auseinandersetzung mit dem stärksten Militärbündnis der Welt ausfallen? Symmetrisch? Es konnte doch wohl niemand davon ausgehen, dass sich die militärisch agierenden Gruppen in Afghanistan erst einmal mit den neuesten High-Tech-Waffen ausrüsten, um den ISAF-Truppen dann mit gleichen Mitteln entgegenzutreten.

Wenn die Bundesregierung suggeriert, in Afghanistan sei man ja eigentlich erfolgreich, wenn nur diese „asymmetrische Kriegführung“ nicht wäre, dann ist es an der Zeit, dass das überkommene Bild vom Krieg gründlich überdacht wird. Der Irak-Krieg mache „deutlich, welche Gefahr es mit sich bringt, die eigene Vorstellung vom Krieg“, so Mary Kaldor, „nicht an die neuen globalen Umstände anzupassen“. Das gilt auch für Afghanistan.

Zum anderen, so die zweite Argumentationslinie der Bundesregierung, betreffe dies alles „in erster Linie den Süden und Osten des Landes, auf den sich mehr als 90 Prozent aller sicherheitsrelevanten Vorfälle konzentrieren“. Anders formuliert: All das findet außerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Bundeswehr statt, damit haben wir also nichts zu tun. Im Süden und Osten Afghanistans mag es ja so etwas wie Krieg geben, aber unsere Soldaten sind weit davon entfernt. Das Parlament, soll dies wohl bedeuten, brauche sich keine Sorgen zu machen, dass Angehörige der Bundeswehr von diesen „sicherheitsrelevanten Vorfällen“ betroffen sein könnten. Außerdem ist das eingebaute Selbstlob unverkennbar: Im Norden, dort, wo die guten Deutschen sind, passiert sehr viel weniger als im Süden und Osten, wo die Amerikaner das Sagen haben. Unser Vorgehen, die Präsenz der Bundeswehr ist nicht das Problem. Leider machen die Amerikaner und ein paar andere Verbündete, die Briten, die Kanadier und die Niederländer, nicht alles so gut wie wir.

Das Beharren auf den Unterschieden zwischen dem Norden und dem Rest Afghanistans bedeutet entweder, dass die Bundesregierung sich nicht tatsächlich als Teil der ISAF betrachtet. Denn ISAF ist nun einmal für ganz Afghanistan zuständig, und auch die Angriffe auf tatsächliche oder vermeintliche Talibanstellungen finden im Rahmen der ISAF-Operationen statt. Das Hoch auf die internationale Solidarität, mit dem der Einsatz der Bundeswehr auch begründet wird, wäre dann hinfällig.

Oder aber die Bundesregierung betrachtet den Norden als ein Land, den Süden und den Osten als ein anderes. Bei solch einer Sichtweise wäre das Herausstellen der positiven Entwicklungen, die sich ausschließlich auf das Einsatzgebiet der Bundeswehr im Norden beschränken, einigermaßen plausibel. Das würde sich allerdings schlecht mit dem Ziel des Aufbaus eines einheitlichen afghanischen Staates vertragen.

Die Bundesregierung und mit ihr eine große Mehrheit der Parlamentarier tun so, als habe die Bundeswehr mit den übrigen, ebenfalls unter dem Kommando der NATO stehenden ISAF-Operationen nichts zu tun. Da sind halt so ein paar rüpelhafte Amerikaner am Werk, die können das nicht. Die sollten mal so sensibel vorgehen wie wir. Wenn der Unterschied tatsächlich am sensibleren Umgang läge, wäre es konsequent, für eine Weile mit den im Süden und Osten eingesetzten Einheiten zu tauschen, um den dort agierenden NATO-Streitkräften zu zeigen, wie man es richtig macht.

Selbstverständlich wird das nicht passieren. Denn es ist nicht ruhiger im Norden, weil dort die Deutschen stehen. Sondern die Deutschen stehen im Norden, weil es dort ruhiger ist als im Süden und Osten. Die Bundeswehr ist weitgehend von Verbündeten umgeben: von Warlords, die vom Einmarsch der USA und der NATO profitiert haben. Die NATO-Truppen im Süden und Osten stehen dagegen Gruppen gegenüber, die das Pech haben, gerade als Feinde der USA zu gelten und derzeit nicht auf deren Gehaltsliste stehen.

Die große Mehrheit der Akteure in Regierung, Parlament, Beratungsinstituten und Medien pflegt nicht nur ein altertümliches Bild vom Krieg, sie suggeriert zudem, dass die Bundeswehr vieles besser macht als die US-Streitkräfte. Ausgerechnet diejenigen, die stets die unverbrüchliche Waffenbrüderschaft mit der NATO und den USA predigen, setzen hier ganz nebenbei auf antiamerikanische Stimmungen in der Bevölkerung. Die großen Deutschland-Fahnen, die jedes Bundeswehrfahrzeug in Afghanistan schmücken, bedeuten ja auch: Nicht schießen, wir sind keine Amerikaner! Wir unterstützen die ISAF-Operationen, aber wir machen es richtig. Wir stehen zwar in Afghanistan, aber wir sind nicht so wie die anderen.

Gute Einsätze – böse Einsätze

Nur aufgrund dieser Haltung ist eine der größten Absurditäten der deutschen militärpolitischen Debatte zu verstehen. Es gibt ein geradezu kultisch anmutendes Beharren auf einer Trennung des ISAF-Einsatzes auf der einen Seite und der Beteiligung an der Operation Enduring Freedom auf der anderen. Das Verhältnis der beiden Einsätze war von Beginn an höchst merkwürdig. Operation Enduring Freedom – kurz OEF – taufte die US-Regierung alle ihre militärischen Aktivitäten, die nach den Anschlägen vom 11. September 2001 vorgeblich gegen den „internationalen Terrorismus“ gerichtet waren. Im Mittelpunkt stand der Krieg in Afghanistan.

Im November 2001 beschloss der Deutsche Bundestag die Teilnahme an der Operation Enduring Freedom. Das Mandat umfasste unter anderem den Einsatz des Kommandos Spezialkräfte (KSK), Marineeinheiten am Horn von Afrika sowie die Stationierung von Chemiewaffen-Spürpanzern in Kuwait. Dabei bezog sich der Bundestag auf das Selbstverteidigungsrecht jedes Staates unter Artikel 51 der Charta der Vereinten Nationen. Sowohl die KSK in Afghanistan als auch die Fregatten vor Dschibuti waren und sind der Form nach also eingesetzt, um einen Angriff auf das Territorium der Vereinigten Staaten abzuwehren. Auch sieben Jahre nach den Anschlägen von New York und Washington steht dieser Bezug in den Mandatsbeschlüssen des Bundestags. Noch immer ist die Bundeswehr demnach mit der Verteidigung der USA beschäftigt.

Im Dezember 2001 beschloss der Bundestag das Mandat für die International Security Assistance Force (ISAF) – in der offiziellen deutschen Übersetzung „Internationale Sicherheitsunterstützungstruppe“ genannt. Ihre Aufgabe sollte es sein, die in Folge der Afghanistan-Konferenz auf dem Petersberg bei Bonn eingesetzte Übergangsregierung und das internationale Personal in Kabul zu schützen. Das Mandat, sowohl des UN-Sicherheitsrats als auch des Bundestags, war strikt auf das Gebiet der afghanischen Hauptstadt beschränkt. Diese Beschränkung wurde aufgeweicht, als die Bundeswehr 2003 einen Außenposten in Kundus errichten wollte. Endgültig aufgehoben wurde die geografische Beschränkung im Jahr 2005. Seitdem operiert die ISAF in ganz Afghanistan. Faktisch bedeutet dies, dass ein Großteil der US-amerikanischen und britischen Truppen statt unter OEF nun unter ISAF-Kommando steht. Ihr Vorgehen hat sich dadurch nicht verändert.

Doch das Nebeneinander von OEF und ISAF in Afghanistan war von Beginn an eine absurde Konstruktion. Einerseits wurde mit ISAF eine so genannte Schutztruppe installiert, andererseits setzten teilweise dieselben Staaten, die an ISAF beteiligt waren, unter einem formell getrennten Kommando den im Oktober 2001 begonnenen Krieg gegen Al-Kaida und die Taliban fort. Der UN-Sicherheitsrat hatte also Staaten mit der Aufstellung einer Schutztruppe beauftragt, die gleichzeitig in demselben Land noch offensiv Gewalt anwendeten.

Ebenso absurd ist die in den Bundestagsmandaten festgeschriebene Begründung für die deutsche Teilnahme: Das OEF-Mandat bezieht sich nicht nur auf Artikel 51 der UN-Charta, sondern auch auf Artikel 5 des NATO-Vertrags, die nie zuvor angewendete Beistandsklausel der Militärallianz. Die NATO als Organisation hat aber mit der Durchführung von OEF nichts zu tun. Das Bündnis hatte nach dem 11. September den Bündnisfall ausgerufen. An der Kriegführung ist die NATO paradoxerweise aber nicht beteiligt. Bis heute läuft OEF im Rahmen einer losen „Koalition der Willigen“, außerhalb des NATO-Rahmens, unter alleinigem Kommando der Vereinigten Staaten. Bei der ISAF ist es genau umgekehrt.

Der Einsatz wird von der NATO organisiert. Anders als bei OEF bezieht man sich zu seiner Legitimierung aber nicht auf die Beistandsklausel unter Artikel 5 des NATO-Vertrags. Beim ISAF-Einsatz versteht sich die NATO als Subunternehmer des UN-Sicherheitsrats. Streng genommen hat die ISAF mit dem so genannten „Krieg gegen den Terror“ gar nichts zu tun.

Eigentlich ist OEF also – folgt man der eigenwilligen Definition des Bundestagsmandats – ein Einsatz zur Verteidigung. Aber so ganz glauben das offenbar nicht einmal diejenigen, die dem Einsatz jährlich zustimmen. Anders sind die Verrenkungen und Distanzierungen nicht zu erklären. Was passiert hier? Der Bundestag beschließt die Beteiligung an einem von der Bundesregierung beschlossenen Einsatz. Soweit in Ordnung. Wenige Wochen später beschließt der Bundestag die Beteiligung an einem weiteren von der Bundesregierung beantragten Einsatz. Man kann gegen den einen oder den anderen sein. Das ist hier nicht relevant. Bis hierher ist noch alles plausibel. Doch dann wird, immer wenn dessen Verlängerung ansteht, für den einen Einsatz – ISAF – damit geworben, dass dieser mit dem anderen Einsatz – OEF –, der von derselben Regierung und demselben Parlament mit ein paar Wochen Abstand ebenfalls abgesegnet wird, nichts zu tun habe. Exekutive und Legislative verbrauchen einen beträchtlichen Teil ihrer politischen Energie damit, sich von einer militärischen Operation zu distanzieren, zu der sie selbst einen Beitrag leisten. Eine politische Autoimmunreaktion. Wer dafür eintritt, das eine vom anderen abzugrenzen, der fordert die Abgrenzung von den eigenen Beschlüssen. 

Lies mal wieder

Das Problem vieler Abgeordneter ist, dass sie inzwischen das, was sie in die Mandate für Auslandseinsätze hineininterpretieren, für ihren tatsächlichen Inhalt halten. Dagegen gibt es Abhilfe: die selbst abgesegneten Beschlüsse sorgfältig zu lesen. Denn im Mandatsbeschluss für OEF ist der Auftrag deutlich beschrieben: „Diese Operation hat zum Ziel, Führungs- und Ausbildungseinrichtungen von Terroristen auszuschalten, Terroristen zu bekämpfen, gefangen zu nehmen und vor Gericht zu stellen sowie Dritte dauerhaft von der Unterstützung terroristischer Aktivitäten abzuhalten.“

Viel weiter als im OEF-Mandat des Bundestags ausgeführt kann ein militärischer Auftrag kaum gehen. Für die Ausgestaltung ist denkbar viel Spielraum. Nur Einschränkungen lassen sich in diese Sätze nicht hineinlesen. „Ausschalten“, das bedeutet selbstverständlich im Zweifelsfall auch Zerstören und Töten. Es geht um das gezielte Töten mutmaßlicher Terroristen. Wenn Militärs anderer Länder so etwas tun, wird diese Praxis des Target killing als inakzeptabel angeprangert; erteilt man jedoch den eigenen Soldaten dazu das Mandat, scheint das in Ordnung zu gehen. Angehörige der Bundeswehr wurden wohl nie tatsächlich dazu eingesetzt. Aber im Bundestagsmandat steht es nun einmal so. Wenn dies nicht zu den Aufgaben zählt, ist der Auftrag, streng genommen, nicht erfüllt. Das gilt auch für den Rest des Bundestagsbeschlusses. Denn „bekämpfen“ bedeutet ebendies: den Kampf mit der Waffe. Und auch der Auftrag, Personen „gefangen zu nehmen und vor Gericht zu stellen“, ist unmissverständlich. 

Wie bei nur wenigen Gesetzesentwürfen und Beschlüssen des Parlaments wird über die Mandate für Auslandseinsätze grundsätzlich in Form einer „namentlichen Abstimmung“ entschieden. Jeder und jede Abgeordnete steckt dazu eine mit seinem oder ihrem Namen gekennzeichnete Plastikkarte, deren Farbe Zustimmung, Ablehnung oder Enthaltung markiert, in eine Wahlurne. Das Abstimmungsverhalten jedes und jeder einzelnen Abgeordneten ist so nachvollziehbar und wird im Protokoll aufgeführt.

Wenn man auch nicht erwarten kann, dass jeder Parlamentarier jede Vorlage einer Legislaturperiode gründlich liest – vor namentlichen Abstimmungen sollte man dies gleichwohl voraussetzen dürfen. Doch das OEF-Mandat haben einige Abgeordnete offensichtlich nicht gründlich genug gelesen. „Ich finde die Vorstellung unerträglich“, so Claudia Roth, Grünen-Vorsitzende und Mitglied des Deutschen Bundestags, im Oktober 2006, „dass deutsche Soldaten mitmachen oder zuschauen, wenn Menschen gequält werden, wenn Leute ohne Rechtsbeistand in Lager verschleppt werden.“ Zu dieser Zeit beherrschten die Vorwürfe des Murat Kurnaz die Berichterstattung, Soldaten der Bundeswehr-Spezialeinheit KSK hätten ihn in einem US-Lager in Afghanistan misshandelt. Unumstritten ist seitdem jedenfalls, dass deutsche Soldaten in solchen Lagern eingesetzt wurden. Und mit dem Mandat dürfte dies sogar konform gehen.

Die Äußerung Roths zeigt, mit welchen Illusionen führende politische Akteure in Deutschland Einsätze der Bundeswehr betrachten. Gab es nicht schon seit 2002 seriös anmutende Medienberichte über die Zustände in den von den US-Streitkräften betriebenen Lagern für von ihnen als „feindliche Kämpfer“ oder Terroristen identifizierte Gefangene? Und wie kann man darüber ernsthaft entsetzt sein, dass sich KSK-Soldaten in solchen US-Lagern aufhalten, wenn man ihnen zuvor mit dem OEF-Beschluss den Auftrag erteilt hat, Gefangene zu machen? 

Ebenso wie die große Mehrheit des Bundestags ist auch für die große Mehrheit der Öffentlichkeit die Beschäftigung mit der Bundeswehr ein lästiges Randthema. Als „freundliches Desinteresse“ hat Bundespräsident Horst Köhler diese Haltung anlässlich des 50-jährigen Bestehens der Bundeswehr im Jahr 2005 bezeichnet. „Gewiss, die Bundeswehr ist gesellschaftlich anerkannt“, was das aber genau bedeute, sei nicht so eindeutig. Ein „wirkliches Interesse an ihr“, so stellte Köhler fest, sei „eher selten“.

Der Bundespräsident relativierte damit den Wert einer Formel, die gerade bei anstehenden Jubiläen der Bundeswehr immer wieder zu hören ist. Stets ist bei solchen Anlässen von der breiten gesellschaftlichen Akzeptanz die Rede, von der Bundeswehr als angesehener Institution der Bundesrepublik. Das mag sogar stimmen. Eine generelle Ablehnung der Bundeswehr lässt sich schwerlich erkennen. Genau dieses Ergebnis ihrer eigenen, jährlich vom Sozialwissenschaftlichen Institut der Bundeswehr durchgeführten Bevölkerungsumfrage stellt auch das Verteidigungsministerium immer wieder gern heraus.

Doch die Bundeswehr, die der Großteil der Befragten im Kopf hat, hat immer weniger mit der real existierenden Bundeswehr zu tun, die in allen Teilen der Welt im Einsatz ist. In der Tat dürfte es keine staatliche Institution geben, deren dramatisch veränderte Funktion in der Öffentlichkeit so wenig wahrgenommen wird wie die Bundeswehr. Das Bild der deutschen Streitkräfte, welches das positive Urteil prägt, hat kaum noch etwas mit den veränderten Strukturen und Einsatzplänen der Bundeswehr zu tun. Jenseits pauschaler Einschätzungen sehen denn auch die von der Bundeswehr selbst ermittelten Daten ganz anders aus. Zwar ist die Bundeswehr gesellschaftlich akzeptiert, nicht aber sind es die Kriegseinsätze, auf die sie sich zunehmend konzentriert. Obwohl die ISAF von den vom Bundeswehrinstitut beauftragten Fragestellern fälschlicherweise als „Friedenstruppe der Vereinten Nationen in Afghanistan“ bezeichnet wurde, lag die vorbehaltlose Zustimmung zum ISAF-Einsatz bei bescheidenen 30 Prozent.

Salamitaktik mit Kollateralschäden

Die Diskrepanz zwischen dem positiven Bild der Bundeswehr insgesamt und dem eher negativen Bild, wenn es um deren konkrete Einsätze geht, kommt nicht von ungefähr. Sie ist das Ergebnis einer Strategie, die darauf aus ist, die deutsche Öffentlichkeit, die bis vor 15 Jahren der Überzeugung war, Soldaten gehörten in die Kaserne und dienten der Landesverteidigung, allmählich an das Bild vom Bundeswehrsoldaten im Kriegseinsatz zu gewöhnen. Es begann mit ein paar Sanitätern in Kambodscha und einer kleinen Truppe in Somalia. Präsentiert wurde die Bundeswehr dort als Truppe leichtbewaffneter Rotkreuzhelfer in Uniform. Die Salamitaktik funktionierte. Große Widerstände gab es nicht.

Doch aus Sicht der Interventionsbefürworter trat ein Kollateralschaden ein. So hatte sich die Öffentlichkeit zwar an die eher gefahrlosen Bundeswehreinsätze gewöhnt. Doch damit hatte sich auch das zunächst zu eben diesem Zweck verbreitete Bild festgesetzt, dass eigentlich jeder Auslandseinsatz im Grunde harmlos sei. Es ist schon erstaunlich, wenn nun ausgerechnet der Erfinder dieses Vorgehens, Exverteidigungsminister Volker Rühe, beklagt, dass die Deutschen ein ganz falsches Bild von der Bundeswehr und ihrem Auftrag hätten.

Das orwellhaft anmutende Gerede über „friedenserzwingende Maßnahmen“, über Operationen „hoher Intensität“ oder „robuste Einsätze“ hat vor allem eines befördert: robuste Illusionen. Die Befürworter von Interventionen fühlen sich in ihrem Glauben bekräftigt, mit militärischen Mitteln fast alles erreichen zu können. Bei vielen, die sich kaum oder gar nicht mit der Bundeswehr befassen, hat diese Art von Schönrednerei dazu geführt, dass sie die Bundeswehr tatsächlich für eine Wolldecken und Lebensmittelkonserven verteilende Wohltätigkeitsorganisation halten. Das schlägt übrigens selbst bis auf die Ebene des Parlaments durch. Als 2007 erstmals über den Einsatz von Bundeswehrtornados in Afghanistan gestritten wurde, äußerten dem Vernehmen nach tatsächlich einige Abgeordnete einer Regierungsfraktion die Sorge, die Bundeswehr könne sich nun in Afghanistan an kriegerischen Aktionen beteiligen. Und als es 2008 um die Übernahme der Kampfeinheit Quick Reaction Force innerhalb der ISAF durch die Bundeswehr ging, will ein SPD-Wehrpolitiker von einer Fraktionskollegin darum gebeten worden sein, ihr zu versprechen, dass „die da nicht schießen“. Man mag über die Naivität dieser Abgeordneten lächeln. Im Grunde nehmen sie nur die offizielle Regierungsversion ernst, deren Anliegen es ist, das Geschehen in Afghanistan zu verharmlosen. 

Gerade die für die Bundeswehr verantwortlichen Akteure in Regierung und Parlament beklagen gelegentlich das Desinteresse beim demokratischen Souverän, wenn es um Fragen der Bundeswehr und der Außenpolitik geht. Dabei weisen auch die Zahlen der vom Bundesverteidigungsministerium bezahlten Sozialwissenschaftler gerade nicht darauf hin, dass es ein ungewöhnlich hohes Desinteresse am Geschehen im Rest der Welt gibt. Das Interesse könnte zwar größer sein, aber im Vergleich mit der Bevölkerung von Militärmächten ähnlicher Größenordnung ist der außenpolitische Kenntnisstand der Deutschen nicht so katastrophal. Eine überproportional hohe Skepsis gibt es allerdings mit Blick auf die Anwendung militärischer Macht.

Immer deutlicher wird in diesem Zusammenhang ein Widerspruch, den aufzulösen offenbar keiner der Interventionsbefürworter in der Lage ist. Einerseits wird zunehmend auch öffentlich die fehlende Unterstützung einer Bevölkerungsmehrheit für die Auslandseinsätze der Bundeswehr beklagt. Andererseits spricht man im Bundestag gern davon, sich bei derart wichtigen Entscheidungen nicht von Stimmungen in der Bevölkerung abhängig machen zu wollen. „Wir sollten uns nicht dem Druck des Terrors beugen oder uns durch Wahlen den klaren Blick trüben lassen“, so der CDU-Abgeordnete Bernd Schmidbauer, einst Geheimdienstkoordinator in Helmut Kohls Kanzleramt, bei der Parlamentsdebatte über den ISAF-Einsatz im Oktober 2008.

Hier wird also demokratische Teilhabe mit terroristischen Drohungen gleichgesetzt. In ähnlicher Weise äußerte sich der außenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion Gert Weisskirchen. „Wer sich bei der Abstimmung über die Fortsetzung des Mandats, die die Bundesregierung heute vorschlägt, der Stimme verweigert oder der Stimme enthält“, so Weisskirchen, „stärkt die Taliban.“ Die Kritiker eines Bundeswehreinsatzes werden so selbst zum Feind erklärt. Eine demokratische Debatte funktioniert anders. Man kann nicht darüber jammern, dass der Souverän im demokratischen Staat nicht von der Notwendigkeit dessen überzeugt ist, was die große Mehrheit des Parlaments in Sachen Bundeswehr beschließt und gleichzeitig so tun, als sei die hohe Staatskunst der Außenpolitik und des Militärwesens für kontroverse Auseinandersetzungen ungeeignet.

Alles eine Frage der Reklame

Bei allem Klagen über das „freundliche Desinteresse“ der Öffentlichkeit gegenüber der Bundeswehr ist daher fraglich, ob der Wunsch nach einer intensiv geführten militärpolitischen Debatte tatsächlich besteht. Als Anfang des Jahres 2008 die kritischen Stimmen zum Afghanistan-Einsatz lauter wurden, war das den führenden Wehrpolitikern im Bundestag offenbar zu viel an Auseinandersetzung mit dem Militär. „Ich könnte mir noch intensivere Anstrengungen in der Öffentlichkeitsarbeit vorstellen, die den Leuten den Einsatz vermittelt“, so Ruprecht Polenz, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des Bundestags, im Februar 2008 am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz. Birgit Homburger forderte die Abgeordneten und sich selbst ebenfalls zu besserer PR-Arbeit auf. „Wir müssen vor allen Dingen versuchen“, so die FDP-Politikerin, „den Menschen in Deutschland zu vermitteln, warum die Bundeswehr in Afghanistan eingesetzt ist.“

Auch die Grünen heben sich in diesem Punkt nicht ab. „Die Regierung tut zu wenig“, klagte ihr Wehrpolitiker Winfried Nachtwei, „um der Bevölkerung glaubwürdig zu vermitteln, warum der Afghanistan-Einsatz für die Bundesrepublik Sinn macht.“ Ganz im Dienst der Bundeswehr-PR sieht sich Andreas Schockenhoff: „Wir Parlamentarier stellen uns der schwierigen Aufgabe“, so der CDU/CSU-Fraktionsvize, „der Bevölkerung den Afghanistan-Einsatz zu erklären.“ Sein SPD-Kollege Walter Kolbow mahnte im Bundestag nicht nur „eine aktive Vermittlung der Notwendigkeit des Einsatzes in der deutschen Öffentlichkeit“ an, er verband dies gleich mit einer Schelte an die aus seiner Sicht offenbar nicht ausreichend kampfbegeisterten Journalisten im Lande: „Ich würde mich sehr freuen, wenn die deutschen Medien mehr darauf abstellen würden, was geleistet wird, und nicht nur darauf, was noch fehlt.“

Der grüne Außenpolitiker Jürgen Trittin beklagt sich gar, dass in der öffentlichen Debatte über Afghanistan ein Wort benutzt wird, mit dem nun einmal große und anhaltende bewaffnete Konflikte bezeichnet werden. „Es ist ein Grundirrtum“, so Trittin im Bundestag, „dass in Afghanistan Krieg geführt wird.“ Da mögen selbst das Pentagon und der US-Kongress von Krieg sprechen – alles ein „Grundirrtum“. Vielmehr, so weiß es der deutsche Grüne besser, werde hier „auf der Basis eines Mandats der Vereinten Nationen der Versuch gemacht, dieses Land, das durch Verantwortungslosigkeit, durch Intervention anderer Mächte und durch eigene Unzulänglichkeit in einen Krieg geraten ist, wiederaufzubauen“. Krieg, den führen die anderen „Mächte“. Interventionen, dafür sind andere verantwortlich. Hier gibt es ein Mandat der UN, und deshalb, so lernen wir, kann es gar keinen Krieg geben. Folgen wir dieser im Deutschen Bundestag mit großem Wohlwollen aufgenommenen Logik des ehemaligen Bundesministers Trittin, dann hat es auch 1991 keinen Golf-Krieg gegeben. Auch damals wurde auf der Basis eines UN-Mandats agiert. Von einem Korea-Krieg dürfen wir dann ebenso wenig sprechen. Der wurde ebenfalls von einer vom UN-Sicherheitsrat gebilligten Streitmacht der Vereinten Nationen geführt. 

Es bedurfte eines Militärs, der zum vorsichtigen Nachdenken darüber anregte, ob es sich bei dem Geschehen in Afghanistan nicht vielleicht doch um so etwas wie Krieg handeln könnte. Der Vorsitzende des Bundeswehrverbands hatte im September 2008 den ISAF-Einsatz als „Krieg gegen einen zu allem entschlossenen fanatischen Gegner“ erklärt und so das bis dahin in den etablierten wehrpolitischen Zirkeln bestehende Tabu gebrochen. Doch bestand der Verteidigungsminister zunächst einmal darauf, dass es sich nicht um einen Krieg handle. Bei der Trauerfeier für zwei in Afghanistan getötete Soldaten sprach Jung im Oktober 2008 zwar erstmals von „Gefallenen“. Aber „fallen“ kann man Jung zufolge nun nicht mehr nur in einem Krieg, sondern auch „im Einsatz für den Frieden“.

Würde die Bundesregierung tatsächlich den Begriff „Krieg“ akzeptieren, hätte das allerdings weitreichende Konsequenzen. Rechtlich gesehen wäre dann kaum noch plausibel, wo der Unterschied zum im Grundgesetz beschriebenen Verteidigungsfall liegt. Für diesen Fall dürfte der Bundestag zunächst nicht mehr neu gewählt werden und die Befehlsgewalt über die Bundeswehr ginge vom Verteidigungsminister auf Kanzler oder Kanzlerin über. Das mühsam und scheibchenweise aufgebaute Konstrukt der Bundeswehr im robusten Friedenskampf bräche in sich zusammen. 

Die politische Verarbeitung des Afghanistan-Einsatzes folgt dem militärpolitischen Dogma: Wir Deutsche führen keinen Krieg. Und wenn, dann ist es der Krieg der anderen. Oder es ist zumindest ein besonders guter Krieg. Man kann über diese Politik streiten, man kann auch zu der Einschätzung kommen, dass die Beteiligung an Kriegen notwendig und begrüßenswert ist. Doch nichts davon geschieht. Über merkwürdige Wortneuschöpfungen wie „robuster Einsatz“ oder „Einsatz für den Frieden“ wagt sich kaum jemand hinaus. Derweil schreitet der Umbau der Bundeswehr voran: Es werden Waffensysteme beschafft, die es künftigen politischen Führungen einfacher machen, die Bundeswehr in Kriegseinsätze zu schicken. Und es werden politische Strukturen geschaffen, die es dem Parlament und der Öffentlichkeit erheblich schwerer machen, solche Einsätze zu stoppen. Nichts davon ist geheim.

Dr. ERIC CHAUVISTRÉ hat u.a. für Reuters, die taz und das ZDF gearbeitet. Er lebt heute als freier Autor in Berlin.

Bibliografische Angaben

Internationale Politik 3, März 2009, S. 84 - 96.

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