„Partnerschaft auf Augenhöhe“
Schlusspunkt
Verbaler warmer Händedruck: Wie ein leerer Begriff die Realität verwischt
Heute kommt kaum eine Beschreibung internationaler Beziehungen ohne das Label „Partnerschaft auf Augenhöhe“ aus. Jüngstes Beispiel: Das Diskussionspapier „Eine gerechte und friedliche Welt“ der SPD-Bundestagsfraktion. Der bislang im Entwurf vorliegende Text empfiehlt, Europa müsse Afrika „als Partner auf Augenhöhe“ begreifen.
Das ist alles andere als kontrovers. Tatsächlich befindet sich die Empfehlung in bester und zahlreicher Gesellschaft. Denn für Afrika als „Partner auf Augenhöhe“ hat sich 2007 schon die CDU/CSU-Fraktion stark gemacht – und zwar wörtlich identisch und zeitgleich mit dem in seiner ersten Amtszeit befindlichen Außenminister Steinmeier. Sicher, auch die afrikanischen Staaten wünschen sich eine „Partnerschaft auf Augenhöhe“. Das Problem: Sie wünschen sie sich mit den USA. Das jedenfalls war die dezidierte Botschaft des USA-Afrika-Gipfels vom vergangenen August.
Jedoch: Die USA haben ihre „Partnerschaft auf Augenhöhe“ schon anderweitig vergeben. Auf dem USA-Brasilien-Gipfel im März 2011 hatte Obama der brasilianischen Präsidentin Rousseff eine „Partnerschaft auf Augenhöhe“ angetragen. Aber selbstredend vereinbarte auch Bundeskanzlerin Merkel 2013 eine „Partnerschaft auf Augenhöhe“ mit Lateinamerika.
Wie wichtig die gleiche Augenhöhe ist, wird immer dann deutlich, wenn sie fehlt. Siehe Putin. Denn bekanntlich verwies der ehemalige brandenburgische Ministerpräsident Platzeck darauf, dass Russland bereits seit Jahren eine „Ansprache auf Augenhöhe“ vermisse. Das Resultat: Auge um Auge und Zahn um Zahn.
Gut also, dass zumindest mit China alles im grünen Bereich scheint: Denn Bundesminister Gabriel hat erst im Oktober auf dem deutsch-chinesischen Wirtschaftsforum eine „Partnerschaft auf Augenhöhe“ angemahnt.
Doch eine solche existiert nicht nur im wirtschaftlichen Austausch, sondern auch im Militärischen. Etwa in Afghanistan. Dort freut sich die Bundeswehr, „auf Augenhöhe mit den alliierten Kräften“ zu kooperieren. Und sollte doch einmal etwas – pardon – ins Auge gehen, kann sie sich beruhigt auf „zivile Organisationen“ verlassen. Denn die waren in Katastrophenschutzübungen des vergangenen Jahres „Partner der Bundeswehr auf Augenhöhe“.
Gibt es sie überhaupt noch, die gemeine Feld-Wald-und-Wiesen-Partnerschaft ohne gleiche Augenhöhe? Antwort: Gibt es. Aber nur eine. Die „Eurasische Wirtschaftsunion“. Denn die krankt laut Deutschlandradio daran, dass Putin in ihr „keine Partner auf Augenhöhe“ an sich binden kann.
Diese inflationäre Verwendung ist irreführend. „Partnerschaft auf Augenhöhe“ ist heute nur noch die diplomatische Entsprechung zu einem warmen Händedruck. Aber für den kann sich bekanntlich niemand etwas kaufen.
Dr. Michael Bröning ist Redakteur von „Internationale Politik und Gesellschaft“.
Internationale Politik 2, März/April 2015, S. 144