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01. Jan. 2008

Europas Job im Nahen Osten

... könnte es sein, mit seiner Erfahrung zur Friedenssicherung beizutragen

Shimon Peres brachte es auf den Punkt: Wie kann Frieden gesichert werden, wenn es überhaupt keinen Frieden gibt? Sollten sich nun Israelis und Palästinenser doch endlich auf eine Konfliktlösung verständigen, könnten die Europäer eine wichtige Rolle bei der Friedenssicherung spielen und ihre Erfahrungen aus mehr als drei Jahrzehnten einbringen.

Die Konferenz in Annapolis Ende November hat neuen Schwung in den Nahost-Friedensprozess gebracht. Unmittelbare Ergebnisse gab es zwar nicht, aber immerhin haben beide Seiten sich verpflichtet, wieder miteinenander zu verhandeln und bis Ende 2008 zu einer Einigung zu kommen.

Im Anschluss an die Konferenz ernannte US-Präsident George W. Bush den ehemaligen NATO-Kommandeur in Europa, General James Jones, zum Sondergesandten für Sicherheit im Nahen Osten. Jones will seine Erfahrungen aus Friedensmissionen auf dem Balkan und in Afghanistan nutzen, um den wiederbelebten Friedensprozess zu begleiten und beide Seiten – unabhängig voneinander – in Sicherheitsfragen zu beraten. Als NATO-Kommandeur hatte Jones gefordert, Truppen des Bündnisses zur Friedenssicherung in den Südlibanon zu schicken.1 Seine jetzige Ernennung zeigt, dass die US-Regierung über einen Einsatz von NATO-Truppen bei zukünftigen Friedensmissionen in der Region zumindest nachdenkt. Dieser Einsatz müsste aus zwei Gründen von Seiten der europäischen Bündnispartner kommen: Erstens sind die US-Streitkräfte wegen ihrer Einsätze im Irak und in Afghanistan überlastet, zweitens werden die USA in der Region als zu proisraelisch wahrgenommen, was ihre Truppen zu bevorzugten Anschlagszielen macht.

Europäische Truppen könnten bei einem Friedensabkommen zwischen Israelis und Palästinensern in fünf Bereichen aktiv werden:

  • am Flughafen von Gaza,
  • an den Grenzübergängen vom Gazastreifen nach Israel,
  • am Hafen von Gaza,
  • beim Verkehr zwischen dem Gazastreifen und der Westbank,
  • beim Verkehr innerhalb der Westbank.

Der Flughafen von Gaza liegt in der Nähe des Grenzübergangs Rafah und ist seit Oktober 2000 geschlossen. Seine Wiedereröffnung hängt davon ab, ob Regelungen gefunden werden können, die den Anspruch Israels erfüllen, den Schmuggel von schweren Waffen und Raketen zu unterbinden. Die Grenzübergänge zwischen dem Gazastreifen und Israel sind ein ständiges Hindernis für palästinensische Bauern, die ihre Produkte nach Israel exportieren wollen. Die Kontrollen sind langwierig und mühsam, und der Übergang ist häufig wochenlang geschlossen. Der Einsatz europäischer Beobachter könnte die Effektivität an diesen Übergängen erhöhen und allein dadurch die wirtschaftliche Situation in Gaza deutlich verbessern.

Auch der Hafen in Gaza ist seit Jahrzehnten ungenutzt. Langfristig wäre der Entwicklung des Gazastreifens durch einen funktionierenden Hafen sehr geholfen, aber bisher haben Sicherheitsbedenken der Israelis jeglichen Fortschritt verhindert. Aus demselben Grund ist der Verkehr zwischen dem Gazastreifen und der Westbank seit Ende 2000 stark eingeschränkt. Palästinenser, die zwischen den Städten der Westbank reisen wollen, müssen israelische Straßensperren passieren, welche die Mobilität von Menschen und Gütern stark behindern.

Seit 1974 entsenden europäische Staaten Friedenstruppen in den Nahen Osten. Sie verfügen damit über vielfältige Erfahrungen, die für eine endgültige Beilegung des israelischpalästinensischen Konflikts von Nutzen sein könnten. Sechs Friedens-, Beobachter- und Konfliktmanagement-Aktivitäten sollen im Folgenden bewertet werden: UNDOF, UNIFIL, MFO, TIPH, EUPOL COPPS und EU BAM. Obgleich an manchen Operationen auch Truppen und Beobachter aus anderen Nationen teilnehmen, werden nur die europäischen Komponenten analysiert, um die Rolle der EU bei der Konfliktlösung im Nahen Osten einschätzen zu können.

UNDOF auf dem Golan

Nach dem Yom-Kippur-Krieg im Oktober 1973 unterzeichneten Israel und Syrien ein Entflechtungsabkommen, das die Zahl der Waffen und Soldaten beider Seiten auf dem Golan haben beschränkte. Im Mai 1974 verabschiedete der UN-Sicherheitsrat die Resolution 350, welche die „UN Disengagement Observer Force (UNDOF)“ schuf, um die Einhaltung des Abkommens zu überwachen.

UNDOF ist auf dem Golan stationiert: Rund 1000 Soldaten, hauptsächlich von europäischen Kampfeinheiten, unterstützt von kanadischen und japanischen Logistiktruppen. Die europäischen Teilnehmer an UNDOF sind Österreich, das den größten Teil stellt, Polen und die Slowakei. Um die Einhaltung des Abkommens kontrollieren zu können, unterhält UNDOF über 40 Beobachterposten entlang der entmilitarisierten Zone, die Syrien und Israel trennt. In regelmäßigen Abständen macht UNDOF mobile Inspektionen und Patrouillen entlang der Grenze.

Mit der Zeit vergrößerte sich das Spektrum der Aktivitäten von UNDOF auch in Richtung humanitärer Hilfe für die drusische Bevölkerung beidseits der Grenze. UNDOF-Soldaten halfen mit bei der Beseitigung von Landminen aus dem Krieg von 1973, bei der Auslieferung von Post über die Grenze – und sie engagierten sich in einer einzigartigen humanitären Aktion: Drusische Frauen auf der israelischen Seite durften mit ihrer Hilfe die Grenze überqueren, um drusische Männer auf der syrischen Seite zu heiraten.2 UNDOF erwarb so den Ruf, unparteiisch zu sein, was für das Ansehen der Mission in der Region sehr positiv war. Die UNDOF-Operation wird daher generell als sehr erfolgreich betrachtet und alle sechs Monate vom UN-Sicherheitsrat verlängert.

UNIFIL im Südlibanon

Im März 1978 drangen israelische Truppen in den Süden des Libanon ein, um Vergeltung für einen terroristischen Angriff von libanesischem Gebiet aus auf Israel zu üben. Am 19. März 1978 nahm der UN-Sicherheitsrat die Resolutionen 425 und 426 (1978) an und setzte die „UN Interim Force in Lebanon (UNIFIL)“ ein. Ihr Auftrag war, den israelischen Rückzug aus dem Südlibanon zu überwachen, Frieden und Sicherheit herzustellen und der libanesischen Regierung zu helfen, wieder die Kontrolle über den Süden des Landes zu übernehmen. Anfangs bestand UNIFIL aus 4500 Soldaten aus mehreren europäischen Ländern, darunter Österreich, Finnland, Norwegen und Schweden; in den vergangenen Jahren kamen Truppen aus Polen und der Slowakei hinzu.

Die israelischen Streitkräfte zogen zwar nach Ankunft der UN-Truppen ab, doch UNIFIL gelang es weder, Frieden und Sicherheit zu schaffen, noch war die libanesische Regierung in der Lage, die Region zu kontrollieren. Der Südlibanon blieb ein gesetzloses, von der PLO und anderen kleinen palästinensischen Gruppen kontrolliertes Gebiet. 1982 marschierte Israel wieder in den Libanon ein, und der Süden blieb bis zum Sommer 2000 unter israelischer Besatzung. Während dieser Zeit spielte UNIFIL nur eine Nebenrolle. Als der Südlibanon zu einem Kampfgebiet zwischen der Hisbollah und israelischen Truppen wurde, musste UNIFIL sogar deutliche Verluste hinnehmen. Man hielt jedoch an UNIFIL als Symbol internationaler Verantwortung für die territoriale Integrität und Souveränität des Libanon fest, obwohl sie ihre Aufgaben nicht erfüllen konnte.3

Nach dem Rückzug Israels im Mai 2000 nahm die Bedeutung von UNIFIL wieder zu. Einige ihrer früheren Positionen entlang der Grenze wurden reaktiviert. Doch inzwischen kontrolliert die Hisbollah die Grenzregion und hat dort Befestigungsanlagen gebaut. Nach dem Krieg zwischen der Hisbollah und Israel im Sommer 2006 verabschiedete der UN-Sicherheitsrat die Resolution 1701, in der eine Einstellung der Kampfhandlungen gefordert und die UNIFIL-Truppenstärke von 2000 auf 15 000 erhöht wurde. Viele europäische Länder entsandten Einheiten, um die UNIFIL-Mission aufzustocken; im Laufe eines Jahres wuchs sie auf über 13 000 Soldaten an (dazu gehört auch eine beträchtliche deutsche Flotteneinheit).4 UNIFIL-Truppen patrouillieren nun im Süden des Libanon, aber das ausgeweitete Mandat sieht keine Entwaffnung der Hisbollah vor, die noch immer frei agieren kann.

Der Misserfolg von UNIFIL bei der Herstellung von Sicherheit im Südlibanon resultiert vor allem aus der Schwäche der libanesischen Regierung – ein Problem, das sich in den letzten Monaten sogar noch verschärft hat.

Israel/Ägypten: MFO

Nach dem Friedensvertrag zwischen Israel und Ägypten im Jahr 1979 wurden im August 1981 die ersten Einheiten der „Multinational Force and Observers (MFO)“ auf dem Sinai stationiert. Die MFO ist eine einzigartige, unabhängige multinationale Friedenssicherungsinstanz, sie ist nicht Teil der Vereinten Nationen oder einer anderen internationalen Organisation.5 Die MFO besteht aus Truppen aus elf Ländern, inklusive Frankreich, Italien, Ungarn und Norwegen. Ihre Aufgabe ist es, die vier Sicherheitszonen entlang der israelisch-ägyptischen Grenze zu kontrollieren.

Die MFO überwacht seit mehr als 26 Jahren sehr effektiv die Einhaltung des Friedensvertrags zwischen Israel und Ägypten. Beide Länder erkennen den Friedensvertrag als einen Grundpfeiler der regionalen Stabilität an und halten seine Vereinbarungen ein, trotz der Machtergreifung der Hamas im Gazastreifen. Die Überwachungsmöglichkeiten und der multinationale Charakter der MFO erlauben eine effektive Kontrolle; sie ist ein wichtiges, wenn auch international kaum wahrgenommenes Element der Friedenssicherung zwischen Israel und Ägypten.

TIPH in Hebron

Nachdem im Februar 1994 ein jüdischer Siedler in der Abraham-Moschee in Hebron 29 betende Palästinenser getötet hatte, wurde mit der UN-Resolution 904 die „Temporary International Presence in Hebron (TIPH)“ eingesetzt. Die Hauptaufgabe dieser multinationalen Beobachtermission ist die Eindämmung potenzieller Konflikte. Die Umsetzung von TIPH war langwierig und umständlich. Die erste Mission 1994 dauerte nur drei Monate und wurde beendet, als es Israelis und Palästinenser nicht schafften, sich auf eine Verlängerung des Mandats zu einigen. Im Mai 1996 wurde TIPH wieder eingesetzt und das Mandat im Januar 1997 ausgeweitet. Die neue TIPH umfasst 60 Beobachter aus sechs europäischen Ländern: Italien, Dänemark, Schweden, Schweiz, Norwegen und Türkei. TIPH konzentriert sich auf die Sicherheit für die palästinensische Bevölkerung in Hebron, die wirtschaftliche Entwicklung und die Unterstützung für extern finanzierte Projekte. Sie hat keine militärischen oder polizeilichen Funktionen, und ihr Personal greift nicht in Streitigkeiten oder Aktivitäten von israelischen oder palästinensischen Sicherheitskräften ein.

Hebron ist trotz TIPH weiterhin ein politischer Brennpunkt, ohne Anzeichen für ein Abklingen der Gewalt. Wegen der Hardliner auf beiden Seiten konnte TIPH bisher keinen Fortschritt in Richtung Normalität bewirken.

Polizeiwesen: EU COPPS

Das „European Union Coordination Office for Palestinian Police Support (EU COPPS)“ wurde Anfang 2005 gegründet, um unterstützende Maßnahmen der Europäer für die Palästinensische Zivilpolizei (PCP) zu koordinieren. EU COPPS wurde als eine Mission von Polizeiexperten und Sicherheitsberatern eingesetzt, die mit dem palästinensischen Innenministerium bei der Ausbildung und Reform der Polizei zusammenarbeiten soll. Die Erfahrungen der europäischen Polizeien im Bereich des zivilen Krisenmanagements und beim Wiederaufbau von Polizeikapazitäten in verschiedenen Regionen, auf dem Balkan oder in Albanien, sollten genutzt werden, um die sich im Aufbau befindliche palästinensische Polizei im Gazastreifen und in der Westbank bei der Schaffung von Recht und Ordnung zu unterstützen. EU COPPS versorgt die palästinensische Polizei auch mit Trainingsmöglichkeiten, technischer Hilfe, Fahrzeugen, Ausrüstung und Logistik.6

Im Januar 2005 begann eine kleine Gruppe europäischer Polizeiexperten ihre Arbeit in Gaza und Ramallah. EU COPPS übernahm die Leitung des Polizei-Trainingscenters in Jericho, eine Einrichtung, die seit 1994 palästinensische Sicherheitskräfte ausbildet und zuvor von britischen und amerikanischen Experten betrieben worden war. Bis November 2005 wurde EU COPPS auf 30 europäische Experten aufgestockt. Mit ihrer Hilfe gelang es der – rund 20 000 Mann starken – palästinensischen Zivilpolizei, die Polizeiarbeit in mehreren Städten der Westbank zu institutionalisieren. Der Erfolg von EU COPPS in der Westbank wurde aber zum Teil zunichte gemacht, als die neue Hamas-Regierung darauf bestand, im Gazastreifen ihre eigenen Polizeikräfte aufzubauen, die die PCP in Gaza weitgehend ersetzen. In den letzten Monaten zogen sich EU COPPS-Experten aus Gaza zurück und konzentrieren ihre Arbeit nun auf die Ausbildung und den Einsatz der PCP in der Westbank. Sie sind Teil der EU-Bestrebungen, Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas zu stärken.

Grenzkontrolle in Rafah: EU BAM

Nach dem Rückzug Israels aus dem Gazastreifen im Sommer 2005 unterzeichneten Israel und die Palästinensische Autonomiebehörde das „Rafah-Abkommen“ über die Öffnung eines Grenzübergangs zwischen Gaza und Ägypten in Rafah. Es ist der erste -palästinensische Grenzübergang, der ohne israelische Präsenz nur von der Palästinensischen Autonomiebehörde kontrolliert wurde. Das Abkommen basiert auf dem Einsatz einer EU-Beobachtertruppe, die den Grenzübergang beaufsichtigen und den Schmuggel von Waffen und Terrorverdächtigen unterbinden soll.

Die „EU Border Assistance Mission (EU BAM)“ wurde formell von der EU im Rahmen der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) eingesetzt und durch Finanzmittel der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) finanziert. EU BAM besteht aus 30 Beobachtern, die neben palästinensischen Beamten am Grenzübergang in Rafah arbeiten. Computer und Videokameras übertragen Informationen in einen gemeinsamen israelisch-palästinensisch-europäisch-ägyptischen-regionalen Kommandoposten (RCP), der im israelischen Kerem Shalom liegt. Gemäß dem Vertrag können israelische Beamte die Einreise bestimmter Personen an der Grenze ablehnen, aber eine endgültige Entscheidung trifft die Palästinensische Autonomiebehörde.

Zwischen Dezember 2005 und Juni 2006 wurde der Grenzübergang jeden Tag geöffnet, über 1000 Personen überquerten täglich die Grenze. Insgesamt waren es 320 000 Personen. Aber immer wieder wurde gegen das Abkommen verstoßen, weil Vertreter der Hamas riesige Mengen an Bargeld von Ägypten nach Gaza schmuggelten.7 Die EU BAM-Beobachter konnten dies nicht verhindern. Zudem drangen viele Terror-verdächtige durch Tunnel unter dem Grenzzaun nach Gaza ein. Ägyptische Soldaten schienen unfähig, auf ihrer Seite den massiven Schmuggel von Waffen und Sprengstoff nach Gaza zu stoppen.

Seit der Entführung eines IDF-Soldaten in der Nähe von Kerem Shalom im Juni 2006 wird die Grenze in Rafah nur noch sporadisch und für kurze Zeit geöffnet. EU BAM-Befehlshaber taten ihr Bestes, um beide Seiten zu bewegen, die Schließung aus humanitären Gründen aufzuheben. In den ersten Monaten 2007 stabilisierte sich dann die Situation an der Grenze etwas, sie wurde wieder täglich geöffnet. Doch mit der Machtübernahme der Hamas im Gazastreifen im Juni 2007 brach Gewalt am Grenzübergang aus, Computer und Überwachungskameras wurden zerstört und der Übergang wurde wieder geschlossen.8 Die Beobachter von EU BAM wurden nach Ashkelon im Süden Israels abgezogen, um einen möglichen politischen Wechsel abzuwarten, der eine Wiedereröffnung der Grenze möglich machen würde.

Obgleich die Präsenz von EU BAM den Schmuggel von Geld und Waffen nach Gaza nicht verhindern konnte, ist die maßgebliche Errungenschaft der Mission die nahezu kontinuierliche Öffnung des Grenzübergangs in Rafah für mehr als zwölf Monate. Dies ermöglichte es der Palästinensischen Autonomiebehörde, Erfahrungen bei der Kontrolle der eigenen Grenzen zu sammeln; es demonstrierte aber auch die eingeschränkte Fähigkeit der Europäer, in solch instabilen Situationen zu operieren. Solange es ein stabiles Regime gibt, mit dem man auf palästinensischer Seite arbeiten kann, können die EU BAM-Beobachter die Grenzen offen halten. Wenn aber Recht und Ordnung zerfallen, kann ihre Sicherheit nicht mehr garantiert werden und sie müssen abgezogen werden.

Schlussfolgerungen

Europäische Friedenstruppen sind seit 30 Jahren – mit unterschiedlichem Erfolg – im Nahen Osten aktiv. Analysiert man ihr Vorgehen, ist die wichtigste Erkenntnis, dass verlässliche Partner auf beiden Seiten eine Voraussetzung für erfolgreiche Friedenssicherung sind. Shimon Peres hat einmal gesagt: „Man kann keinen Frieden sichern, wenn überhaupt keiner da ist.“ UNDOF und MFO waren erfolgreich, weil ihre Beobachter eine stabile Grenze überwachten, wo auf beiden Seiten Partner bereit waren, ihren vertraglichen Verpflichtungen nachzukommen. UNIFIL scheiterte am Fehlen jeglicher Stabilität und Sicherheit im Südlibanon. Im politischen Chaos Gazas und des südlichen Libanons waren die Friedenstruppen zu oft damit beschäftigt, um ihr eigenes Leben zu kämpfen; sie hatten keine Möglichkeit, die Sicherheitslage wesentlich zu beeinflussen.

Sowohl die EU BAM- als auch die EU COPPS-Einsätze stellen innovative Bemühungen dar, zwar nicht perfekte, aber praktische Lösungen für lokale Sicherheitsprobleme zu finden. Die Einsätze beweisen, dass sich sowohl auf israelischer als auch auf europäischer Seite die Wahrnehmung verändert hat. Die Europäer sind heute bereit, Friedensmissionen trotz des Risikos für ihre Soldaten aufrechtzuerhalten. Sie haben eingesehen, dass es nicht nur von umfassenden politischen Übereinkünften abhängt, ob und wie Gewalt in der Region verhindert werden kann, sondern auch von praktischen Lösungen im kleinen Rahmen.

Die Israelis ihrerseits lassen europäische Beobachter in den Palästinensergebieten zu. Sie akzeptieren, dass die EU im Nahen Osten künftig eine größere Rolle spielen wird. Die Erfahrungen aus kleineren Missionen wie EU BAM können für größere europäische Friedenseinsätze im Nahen Osten gut genutzt werden. Doch alle künftigen Einsätze werden davon abhängen, ob die neuen israelisch-palästinensischen Verhandlungen echte Fortschritte machen. Bis dahin werden europäische Friedensmissionen im Nahen Osten bruchstückhaft bleiben, und ihre künftige Durchsetzungskraft ist ungewiss.

Dr. SHLOMO SHPIRO, geb. 1966, ist amtierender Direktor des „Center for International Communications and Policy (CICP)“ an der Bar-Ilann Universität in Israel.