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01. Jan. 2007

Entweder und oder

Buchkritik

In seinem zweiten Buch versucht der Senator aus Illinois, es allen Recht zu machen. Was er wirklich will, bleibt dabei nebelhaft.

Barack Obama positioniert sich in seinem Buch „The Audacity of Hope“ (Der Mut zur Hoffnung) für einen Wahlkampf um die demokratische Präsidentschaftsnominierung. Der Senator aus Illinois unternimmt den Versuch, eine Vision von einem geeinteren, sicheren und gerechteren Amerika zu zeichnen. Herausgekommen ist eine Ansammlung von Vorschlägen in den Bereichen Sicherheit, Wirtschaft, Familie, Glaube und Außenpolitik, die inhaltlich wenig Neues bieten und vor allem vom Willen zu Überparteilichkeit geprägt sind.

Seit Obama auf dem Wahlparteitag der Demokraten 2004 eine hoch gelobte Rede gehalten hat, ist sein Gesicht national bekannt; fast umgibt ihn eine Art Popstar-Mythos. In den Medien wird Obama – trotz oder gerade wegen seiner Hautfarbe und der Begeisterung, die er erzeugt –, bereits mit John F. Kennedy verglichen.

Zentrales Thema seines zweiten Buches (das erste behandelte vor allem seine Kindheit als Sohn einer weißen Amerikanerin und eines schwarzen Kenianers) ist die Suche nach einem Konsens, der die Teilung in den USA entlang politischer, ethnischer und religiöser Linien überwinden und eine Grundlage für die zukünftige Entwicklung der USA bilden kann. Obama vertritt in den neun Kapiteln seines Buches einen Liberalismus, der zugleich moralisch und pragmatisch ist. Er wendet sich gegen „big government“, aber auch gegen die Steuerkürzungen für Besserverdiener und die Privatisierung des Sozialversicherungssystems. Obama ist für Freihandel und freie Märkte, fordert aber eine Absicherung der Verlierer der Globalisierung. Er unterstützt das Recht auf Abtreibung, zeigt aber auch Verständnis für Abtreibungsgegner. Diese Sowohl-als-auch-Haltung ermöglicht es ihm zwar, sich als pragmatischen Politiker darzustellen, lässt seine Ansichten aber recht schwammig erscheinen. Dennoch liest sich das Buch interessant. Die Beschreibung seines Arbeitsalltags im US-Senat, etwa dazu, wie wenig dort tatsächlich debattiert wird („In the world’s greatest deliberative body, no one is listening“) und seine Ansichten zum Einfluss der Medien, Interessengruppen und der Wahlkampfgelder auf die Politik sind durchaus lesenswert. Ein wichtiges Thema seines Buches ist auch der Glaube. Der gläubige Christ beklagt, dass die Demokraten den Zugang zu den klassischen amerikanischen Idealen von Familie, Sicherheit, Glaube an die Republikaner verloren haben und fordert, die Wertedebatte nicht den Republikanern zu überlassen.

Im umfangreichsten Kapitel zur Wirtschaft schlägt Obama drei Maßnahmen vor, um die Wirtschaftskraft der USA zu erhalten und auszubauen: massive Investitionen in Bildung, Förderung von Wissenschaft und Technologie und Schritte hin zu einem nachhaltigen Energiesystem mit einem stärkeren Schwerpunkt auf erneuerbaren Energien. Sein wirtschaftspolitisches Konzept liegt in der Tradition von Bill Clintons „Drittem Weg“, das eine Überregulierung durch den Staat ablehnt, diesem aber doch eine wichtige Rolle in der Wirtschaftspolitik zuspricht.

In der US-Außenpolitik spricht sich Obama, der bereits seit Beginn des Irak-Kriegs – anders als Hillary Clinton, seine größte Rivalin um die demokratische Präsidentschaftskandidatur – ein entschiedener Gegner des Krieges war, für einen stärker multilateral geprägten Kurs aus. 

Barack Obama: The Audacity of Hope. Thoughts on Reclaiming the American Dream, New York: Crown Publishers 2006. $ 25.

Bibliografische Angaben

Internationale Politik 1, Januar 2007, S. 136 - 137.

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