Drei Fragen an ... Monika Hauser
Vor 20 Jahren verurteilte der UN-Sicherheitsrat erstmals sexualisierte Gewalt. Was hat sich seither getan?
Mit der Resolution 1325 verpflichtete der UN-Sicherheitsrat die Mitgliedstaaten, Frauen und Mädchen in bewaffneten Konflikten zu schützen. Doch für die Betroffenen hat sich seitdem wenig geändert. Viele Maßnahmen der Resolution stehen nur auf dem Papier. Der politische Wille der Bundesregierung hat bislang nicht für eine konsequente Umsetzung ausgereicht. medica mondiale fordert, dass der nunmehr dritte Nationale Aktionsplan 1325 mit einem eigenen Budget sowie ausreichend personellen Ressourcen ausgestattet wird, z.B. durch eine Sonderbeauftragte der Bundesregierung für Frauen, Frieden und Sicherheit.
Welche Unterstützung müssen betroffene Frauen erhalten?
Wie stark sexualisierte Kriegsgewalt eine Frau beeinträchtigt, hängt wesentlich von den Erfahrungen ab, die sie nach der Gewalttat macht. Wir fordern daher eine traumasensible Unterstützung, die auf die Stärkung der Überlebenden abzielt, sie vor erneuter Gewalt schützt und Retraumatisierung vorbeugt. Außerdem müssen die Überlebenden wirtschaftlich gestärkt werden. Unabdingbar sind die Aufarbeitung des Unrechts durch Politik und Gesellschaft, die Anerkennung des Leids der Frauen, eine konsequente juristische Strafverfolgung der Täter sowie die Beteiligung von Frauen an Friedensprozessen. Geschlechterrollen müssen hinterfragt werden – auch in Deutschland.
Inwiefern verstärkt die Corona-Pandemie bestehende Ungleichheiten und die Benachteiligung von Frauen?
Krisen verfestigen patriarchale Strukturen: Gewalt gegen Frauen, insbesondere häusliche Gewalt, nimmt drastisch zu. Unbezahlte Fürsorgearbeit steigt auf ein Maximum und politische Entscheidungen werden hauptsächlich von Männern getroffen, obwohl Frauen dieses System am Laufen halten. In Konfliktregionen sind Frauen besonders betroffen: Sie sind häufiger als Alleinversorgerinnen im informellen Sektor tätig. Während Ausgangssperren verlieren sie ihre gesamten Einkünfte. Als besonders gefährliche Tendenz beobachten wir außerdem die Einschränkung von reproduktiver Gesundheitsversorgung.
Internationale Politik 5, September/Oktober 2020; S. 6