Standortqualität Made in Germany
Forschung und Innovationen beherzter fördern
Jahrzehnte hat Deutschland seinen wichtigsten Rohstoff, die Ausbildung, vernachlässigt und erlaubte
so der amerikanischen und asiatischen Konkurrenz, einen entscheidenden Vorsprung in
der Forschung zu gewinnen. Das Problem ist endlich erkannt worden, doch die vorgeschlagenen
Maßnahmen reichen nicht aus. Um die Stellung Deutschlands als Innovationsstandort zu sichern,
sind eine bessere Verzahnung von Grundlagen- und Anwendungsforschung, erhöhte Leistungs-
und Kundenorientierung bei Universitäten sowie gesteigerte private Finanzierung von
Hochschulen durch Industrie und Ehemalige nötig.
Die Bundesregierung hat am 6. Januar 2004 mit ihren Weimarer
Beschlüssen zu mehr Innovationen in Deutschland aufgerufen
und den Weg dorthin zum Programm erklärt. Damit wird
über die Agenda 2010 hinaus, die angesichts vergangener
Versäumnisse die Defizite des Standorts Deutschland
angehen soll, der Blick weiter in die Zukunft gerichtet.
Die Agenda 2010 sieht vor, verstärkt in die Bildung und
somit in das Humankapital am heimischen Standort zu
investieren. Mit der Juniorprofessur, die den Einstieg in eine
akademische Karriere schneller ermöglichen soll, will die
Bundesregierung Nachwuchswissenschaftlern neue Perspektiven
eröffnen. Durch die Einführung der Bachelor- und
Masterstudiengänge sollen Studierende früher und
zielgerichteter zu einem Abschluss kommen und die in
Deutschland überlangen Studienzeiten verkürzt werden.
Auch die BAföG-Reform gehört dorthin, die bereits
162000 Studierende mehr in die Hörsäle der Republik
gespült haben soll. Mit den Weimarer Leitlinien
„Innovation“ wird dieser Ansatz erheblich
ausgeweitet. Ihre einzelnen Aspekte sind: Bildungs- und
Ausbildungsgerechtigkeit, bessere Hochschulen, Forschungs- und
Innovationsförderungen, Vereinbarkeit von Beruf und
Familie, lebenslanges Lernen und neue Arbeitszeitmodelle.
Spektakulär klingt hier der Wunsch,
Eliteuniversitäten im Land zu gründen, die
international wettbewerbsfähiger sind. Im Kern wird so mit
der Agenda 2010 und der Innovationsoffensive des Kanzlers die
Qualität des Forschungsstandorts Deutschland im Ganzen
thematisiert.
Die Agenda 2010 zielt eher auf in der Vergangenheit
entstandene Probleme; die Innovationsoffensive erweitert
dagegen den Horizont und nimmt erkennbare Herausforderungen
stärker ins Visier. Sie zielt dabei in der Konsequenz auch
auf alle Bereiche, die einen nationalen Forschungsstandort
definieren – die Leistungsfähigkeit der
Universitäten, geeigneten Spitzennachwuchs zu produzieren
und zu halten, den Staat, der Forschungsgelder und geeignete
wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen zu gewährleisten
hat, die Institute und Unternehmen, die Grundlagen- und
angewandte Forschung in marktreife und wettbewerbsfähige
Produkte und Dienstleistungen übersetzen sollen. Im
Hinblick auf die amerikanische oder südostasiatische
Konkurrenz sollen besonders die deutschen, am
Bruttoinlandsprodukt gemessenen Forschungsausgaben von derzeit
2,5 auf 3 Prozent bis spätestens 2010 steigen. Dies
entspräche dann etwa amerikanischem (2,8 Prozent) oder
japanischem (3,0 Prozent) Niveau und entspräche auch den
Zielen des Lissabonner EU-Gipfels von 2000. Bereits in den
letzten drei Jahren hat die Bundesregierung nach eigenen
Angaben1 die Ausgaben für Bildung und Forschung von rund
7,7 Milliarden Euro (2000) auf rund 9,0 Milliarden Euro (2003)
angehoben. Die Regierung will dabei ihre
Forschungsförderung auf besonders zukunftsfähige
Bereiche konzentrieren; als Schwerpunkte nennt sie die
Informations- und Kommunikationstechnik sowie die
Biotechnologie.2
Der Grundgedanke dabei ist richtig: Der Rohstoff
Deutschlands war und ist im Wesentlichen eine erstklassige
Ausbildung der Menschen, die – kombiniert mit
„deutschen Tugenden“ – das Land in vielen
klassischen Produktionsbereichen der verarbeitenden, der
Automobil-, Chemie- oder Maschinenbauindustrie zu einem starken
Wettbewerber und wohlhabenden Land aufsteigen ließ. Doch
diese Zeiten sind trotz unanfechtbarer weiterer Erfolge im
Automobil- oder Telekommunikationsbereich in dieser
Breitenwirksamkeit in vielerlei Hinsicht vorbei. Grundig, AEG,
Schneider – sie alle gingen zugrunde oder wurden an
ausländische Konsortien verkauft. Während
insbesondere in den achtziger und neunziger Jahren das
pazifische Hochtechnologie-Duopol „Amerippon“, wie
es die Amerikaner nannten, bzw. „Nichibei“, wie die
Japaner sagten, Anteil um Anteil besonders in der
Hochtechnologieentwicklung übernahmen, fielen Deutschland
und Europa hier immer weiter zurück.3 So entstand die
japanisch-amerikanische Herausforderung,4 die später durch
die Technologiekonkurrenz anderer Länder wie der
„vier kleinen Tiger“5 Hongkong, Südkorea,
Singapur und Taiwan noch verstärkt wurde. Seitdem hat die
Globalisierung noch an Tempo zugelegt und die
Technologiekonkurrenz weiter verschärft, die nun
angesichts der Osterweiterung der EU für das „alte
Europa“ auch eine ziemlich nahe und direkt vor der
eigenen Tür gelegene Dimension bekommen hat. Darauf gilt
es in der Tat angemessen und energisch zu reagieren.
Der Impuls, den die Politik mit der Agenda 2010 und der
Innovationsoffensive geben will, ist, dass das Land über
mehr angewandte Bildung, das heißt mehr Wissenschaft,
Forschung und schließlich Innovationen, zu
Wirtschaftswachstum, mehr Beschäftigung und nachhaltiger
Wettbewerbsfähigkeit kommen soll. Angesichts der
amerikanischen und asiatischen Technologiekonkurrenz,
angesichts hervorragend ausgebildeter Naturwissenschaftler und
Ingenieure im Osten Europas, angesichts struktureller Barrieren
im deutschen Bildungs- und Wissenschaftssystem und angesichts
bestehender Innovationshemmnisse für die deutsche
Wirtschaft ein gutes, aber kein einfaches Unterfangen. Im Kern
stellt sich dabei einerseits die Frage, ob und wie Deutschland
jetzt „ruckt“ und eine Zukunft als
Innovationsmagnet realisiert, der mehr Wissen und Kapital
anziehen wird sowie andererseits, wie eine schnellere und
nachhaltige industrielle Umsetzung von Forschungsergebnissen
insbesondere für Hochtechnologiegüter
gewährleistet werden kann.
Korrekturen am System
Es geht hierbei um eine Systemfrage par excellence, die
nicht nur über Masterstudiengänge oder eine
Erhöhung der Ausgaben für Forschung und Bildung
hastig beantwortet werden kann, sondern die ein komplexes
Verständnis für die Entwicklung von Forschung und
Innovation erfordert. Wir müssen im Ganzen überlegen,
mit welchen Instrumenten und Korrekturen eine leistungsstarke
Forschungslandschaft in Deutschland aufblühen kann, die
wissenschaftliche Erkenntnisse rasch in technologische und
gesellschaftliche Innovationen überführt. Schaut man
auf die Chancen, die Faxgerät, Magnetschwebebahn oder
Flüssigkristall-Displays theoretisch für die deutsche
Wirtschaft bedeutet haben oder hätten haben können,
erkennt man auch das herausragende Innovationspotenzial, dass
das Land eigentlich immer entwickelt, aber eben oft genug nicht
oder nicht schnell genug in Wertschöpfungsketten umgesetzt
hat.
Damit gerät der fundamentale Kurs in der
Grundlagenforschung, der angewandten Forschung und im
Wissenschaftsbetrieb, aber insbesondere auch in der Verbindung
von Forschungs- und Industriepolitik ins Visier. Gerade diese
Verbindung erhält in Zukunft ein sehr viel
größeres Gewicht. Eine komplette Verzahnung von
Grundlagen- und Anwendungsforschung bis zur Produktentwicklung
ist das Gebot der Stunde, die auch die Gründung kleiner
Unternehmen und die Vermarktung von Forschungsresultaten durch
Großunternehmen impliziert.6 In einer Zeit, in der
„Wissensökonomie“,
„Informationswirtschaft“ oder „Transnationale
Technologiegesellschaft“7 zu Labeln der modernen
Gesellschaft geworden sind, lädt sich die Bedeutung von
Forschung, Wissenschaft und Innovationen zu Recht noch
stärker auf. Das ist die Grundlage des Wohlstands eines
Landes, das diesen nicht mehr allein auf eine industrielle
Produktion im mittleren Technologiebereich oder die Illusion
einer weitest gehenden Substitution der Güterindustrie
durch Dienstleistungsjobs gründen kann. Hier geht es
darum, alle Kapazitäten zu erschließen und die
Verbindung von Wissenschaft und Industrie auf eine vor allem
durch internationalen Wettbewerb gekennzeichnete Lage
auszurichten.
Natürlich tangieren strukturelle Defizite die deutschen
Universitäten, die neben der notwendigen Vernetzung mit
der Wirtschaft zukünftig noch stärker auf eine
herausragende Lehre, eine qualitativ anspruchsvolle Forschung
und eine kontinuierliche Weiterbildung ihres Personals
angewiesen sind. Die Universitäten, sie sind die Basis des
Forschungsstandorts Deutschland. Spitzenleistungen in Forschung
und Lehre entstehen aber nicht par ordre de mufti; sie
können nur das Ergebnis von Wettbewerb sein. So ist es
mehr als zweifelhaft, ob das imageträchtige Projekt
„vorzeigbarer“ Eliteuniversitäten in
Deutschland wissenschaftliche und technologische
Quantensprünge hervorbringen kann. Die Universität
Witten-Herdecke, die Hertie School of Governance oder die
Humboldt-Universität gehen da ohnehin bereits eigene
Wege.
Effektiver scheint es, finanzielle Mittel anhand von
Kriterien an besonders leistungsfähige Institute und
Wissenschaftler zu verteilen, die es heute ja schon gibt. Die
deutschen Universitäten sind in einzelnen Fakultäten
oder Fächern durchaus Spitzenklasse und international
wettbewerbsfähig. Es gilt also, den gesamten deutschen
Wissenschaftsbetrieb nachhaltig zu beleben. Dies erfordert
stärker leistungsorientierte Vergütungen der
Hochschullehrer, das Recht der Universitäten zur Auswahl
der Studierenden, häufigere Forschungsfreisemester der
Wissenschaftler, bessere Aufstiegsmöglichkeiten,
üppigere Forschungsetats, eine Entrümpelung der
hochschulgesetzlichen Bestimmungen bei der Verwendung von
Drittmitteln und ein verbessertes Verhältnis von
Professoren und Studierenden, was alles auch den „brain
drain“ der besten Köpfe aus Deutschland ins Ausland
vermindern kann. 20000 deutsche Spitzenwissenschaftler –
etwa Molekularbiologen, Physiker, Mediziner, aber auch
Historiker oder Politologen – sollen nach
Schätzungen derzeit mit wenig
Rückkehrsehnsüchten in den USA verweilen. Mit einem
durchschnittlichen Verhältnis von einem Hochschullehrer zu
etwa 50 Studierenden hinkt Deutschland gegenüber den
amerikanischen Universitäten mit einem durchschnittlichen
Verhältnis von etwa eins zu zwanzig hinterher. In Harvard
kommen gar nur rund vier Studierende auf einen Professor.8
Diese geradezu paradiesischen Zustände erfordern aber
eine andere Finanzierung, die über zeitlich gestaffelte
und damit sozial verträgliche Studiengebühren
erfolgen kann oder durch zahlreiche
Fördermöglichkeiten und Stipendien für sozial
schlechter Gestellte nach amerikanischem Vorbild auszustatten
ist. Vielen Studierenden hier zu Lande ist gar nicht klar, dass
dies zwar eine Belastung sein mag, aber auch die Grundlage
für eine kundenorientierte Forderung an die Qualität
und Aufmerksamkeit des Lehrpersonals sein kann. So müsste
es nicht einmal eine Stunde pro Woche, sondern wenigstens zwei
oder drei Tage pro Woche eine Studienberatung für drei
oder vier Stunden anbieten, ohne ständig Unlust oder
Überlastung auszustrahlen.
Richtet man hier zusätzlich Alumni-Netzwerke ein, die
ihre Alma Mater später im eigenen Erfolgsfalle mit etwas
Leidenschaft (und vor allem Geld) unterstützen,
könnten Universitäten auf eine wirtschaftliche
Grundlage gestellt werden, die wenigstens einigermaßen an
amerikanische Spitzenuniversitäten wie Harvard, Princeton
oder MIT heranreichen könnte. Und, last but not least,
entfällt damit das Argument, dass die Besten in
Deutschland ihr Studium auf Kosten des deutschen Steuerzahlers
absolvieren, den Mehrwert ihrer kostspieligen Ausbildung dann
aber durch Spitzenforschung im Ausland erwirtschaften.
Staat, Wissenschaft und Industrie
Was aber mindestens ebenso wichtig ist wie frische Luft im
akademischen Betrieb, ist eine enge Liaison zwischen Staat,
Wissenschaft und Industrie, die die Forschungs- und
Entwicklungsaktivitäten (F&E) der beteiligten Akteure
stärker verknüpft und vor allem an bestehenden oder
zukünftigen Märkten orientiert. Hier hat der Standort
Deutschland allen Unkenrufen über die „German
disease“ zum Trotz zunächst kein unerhebliches
Gewicht.9 Das lässt sich mit leistungsfähigen
Instituten der Grundlagenforschung (Max-Planck-Gesellschaften,
Helmholtz-Institute, Leibniz-Gemeinschaft usw.), mit
flankierenden Förderprogrammen privater Stiftungen, mit
einer nicht unerheblichen Zahl von Veröffentlichungen und
Patenten sowie der Clusterbildung von Industrie und
Wissenschaft belegen. So haben sich etwa im bayerischen
Garching oder Martinsried sowie im Raum Berlin-Brandenburg
industrielle Cluster der Bio- und Gentechnologie um dort
beheimatete Forschungsstätten gelegt, die, wie die
Beispiele der TU München oder des Münchner
Max-Planck-Instituts für Neurobiologie zeigen, eng
miteinander kooperieren. Wichtig hierbei ist, dass es zu einer
intensiveren Verzahnung und Kommunikation der Beteiligten kommt
und dass ihre Potenziale zusammen mit anderen nationalen und
internationalen Partnern so ausgerichtet werden, dass es zu
sichtbaren Ergebnissen kommen kann. Hier spielen
europäische Partner und die Fördermöglichkeiten
der EU mit ihren Rahmenprogrammen eine wichtige Rolle.10
Dorthin führt dann auch eine eher programmorientierte
Förderung, die Zentren oder Institute nur noch im
administrativen Kern finanziert, darüber hinaus aber
gemeinsam definierte Forschungsprogramme mit dynamisch
aufgestellten Netzwerken zeitlich flexibel organisiert. Die
Herausforderung besteht darin, Geld, Geist und Gestaltung
wirkungsvoller umzusetzen. Dazu braucht man strategische Ziele
über die Grenzen von Disziplinen, Organisationen und
Ländern hinaus und elastische Strukturen, die
organisationsübergreifend sind.11
Doch dies alles reicht noch nicht aus. In diesem Kontext
sind die kleinen und mittleren Unternehmen (KMUs) von
besonderer Bedeutung, da sie in hohem Maße auf
Technologieverwertung und Technologieanwendung setzen. Hier
zeigen die Daten im Innovationsbericht der Bundesregierung
für Deutschland allerdings für die letzten Jahre
Schwächen und Innovationshemmnisse auf.12 Für
grundlegende Innovationen sind in den KMUs eigene und
kontinuierliche F&E-Aktivitäten unerlässlich. Im
Zuge der in den neunziger Jahren stark angestiegenen Kosten
wurden in vielen Betrieben die Innovationsaufwendungen aber
zurückgefahren und haben heute das Niveau von 1992 noch
nicht wieder erreicht.13 Wichtigstes Innovationsdefizit ist
für viele der fehlende Markt und die schwache
wirtschaftliche Dynamik. Allerdings sehen sich acht Prozent
aller Unternehmen in Industrie- und Dienstleistungsbranchen
auch durch strukturelle Hemmnisse so stark gehindert, dass sie
keine Projekte abschließen können oder diese gar
nicht erst beginnen. Dazu gehören mangelndes Kapital zur
Wagnis- oder Risikofinanzierung, gesetzliche Rahmenbedingungen,
Genehmigungs- und Zulassungsverfahren sowie die Schwierigkeit,
in genügend geeignetes Personal zu finden.
Mehr F&E-Mittel
Hinzu kommt, dass der Staat nach den deutlichen Ausweitungen
der Forschungsetats in den Jahren 2002 und 2003 in diesem Jahr
entgegen früheren Versprechungen rund 100 Millionen Euro
weniger zur Verfügung stellen wird; das Minus beträgt
damit rund 1,2 Prozent. Dazu kommen 145 Millionen Euro globale
Minderausgabe.14 Dies trifft die Zukunftstechnologien besonders
hart. So hat das Bundesforschungsministerium die Gelder
für das nationale Genomforschungsnetz um 17 Millionen Euro
gekürzt, für Nanoelektronik um sechs Millionen,
für Produktionssysteme und -technologien um 1,2 Millionen
Euro sowie für die Biotechnologie um fünf Millionen
Euro.15 Obwohl diese Kürzungen, gemessen an den
vorhergehenden starken Erhöhungen relativ sind, so wird
das Ziel, den Anteil der Forschung am Bruttoinlandsprodukt bis
2010 auf 3,0 Prozent zu erhöhen, angesichts leerer
öffentlicher Kassen und vielfältiger
Innovationshemmnisse für die Betriebe selbst nahezu
unmöglich zu erreichen sein. Hinzu kommt: Selbst bei einem
jährlichen Wachstum von zwei Prozent bedürfte es nach
Berechnungen des Kölner Instituts der deutschen Wirtschaft
rund 160 000 bis 200 000 neuer Forscher, also über 40
Prozent mehr, als derzeit aktiv sind.16
Damit steht das Land erneut vor einer ähnlichen
technologischen Herausforderung wie einst, die sich jetzt aber
nicht auf Japan oder Amerika beschränkt. Hierbei
fällt besonders ins Gewicht, dass die
Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft leiden wird.
Dies betrifft insbesondere Produkte der Spitzentechnologie, wo
die F&E-Ausgaben mehr als 8,5 Prozent am Umsatz ausmachen.
Hält dieser Trend an, fällt Deutschland
wahrscheinlich noch deutlicher zurück als bisher.
Die Gesamtschau zeigt: Die Agenda 2010 und die
Innovationsoffensive sind im Grundsatz richtige und notwendige
Unterfangen. Die drei Standbeine des Forschungsstandorts
Deutschland – akademische Lehre und Grundlagenforschung,
angewandte Forschung und Innovation, F&E-Förderung und
strukturpolitischer Rahmen – sind vielfach aber noch
wackelig. Die Mängel zeigen, welche Anstrengungen
weiterhin nötig sind, wie stark Forschungspolitik mit
Bildungs-, Finanz- und Wirtschaftspolitik verwoben ist und wie
sehr ihre konzertierte Ausrichtung einen Forschungsstandort
prägt.
Insgesamt gilt, dass dort, wo Innovationshemmnisse bestehen,
diese mit wirtschaftspolitischen Instrumentarien beherzter
angangen werden sollten, sich bei der Hightech-Forschung
stärker engagiert werden und schließlich eine
veritable Innovationskultur in Deutschland entstehen muss.
Anmerkungen
1Presse- und Informationsamt der Bundesregierung, Agenda
2010, Berlin 2003, S.29.
2Ebd., S.27.
3Vgl. Werner Weidenfeld/Jürgen Turek, Technopoly
– Europa im globalen Wettbewerb, Gütersloh
1993.
4Vgl. Konrad Seitz, Die japanisch-amerikanische
Herausforderung. Deutschlands Hochtechnologie-Industrien
kämpfen ums Überleben, 2. Aufl., Bonn 1991.
5Vgl. Wilhelm Bürklin, Die vier kleinen Tiger,
München 1993.
6„Forschung ist die Quelle des Wohlstands“.
August-Wilhelm Scheer über die Probleme der
Wissenschaft, wirtschaftlich zu denken, in: Handelsblatt,
30.12.2003.
7Vgl. in diesem Zusammenhang Werner
Weidenfeld/Jürgen Turek, Wie Zukunft entsteht.
Größere Risiken, weniger Sicherheit, neue
Chance, München 2002.
8Vgl. Werner Weidenfeld, Plädoyer für eine
neue Innovationspolitik, in: Frank-Walther
Steinmeier/Matthias Machnig (Hrsg.), Made in Germany
‘21, Hamburg 2004, S.77–91, hier S. 87.
9 Vgl. Thomas Limberger, Forschungsstandort
Deutschland – Vom Ideengeber zum Ideenverwerter, in:
Steinmeier/Machnig (Hrsg.), a.a.O., S.434–445.
10
Vgl.
Turek, Forschungs-, Technologie- und
Telekommunikationspolitik, in: Werner Weidenfeld/Wolfgang
Wessels (Hrsg.), Jahrbuch der europäischen
Integration, Bonn 1993 ff.
11Vgl. „Die Wissenschaft braucht strategische
Ziele“. Interview mit dem Präsidenten der
Helmholtz-Gemeinschaft, in: Die Welt, 28.7.2003.
12Vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung
(Hrsg.), Zur technologischen Leistungsfähigkeit
Deutschlands 2002, Berlin 2003.
13
Vgl.
ebd., S.77.
14Vgl. Innovation. Alles andere als Spitze, in:
Wirtschaftswoche, 22.1.2004, S. 64.
15
Vgl.
ebd.
16
Vgl.
Forschung und Entwicklung. Blauer Brief für
Deutschland, in: jwd – Informationsdienst des
Instituts der Deutschen Wirtschaft, Nr. 26, 26.6. 2003.
Internationale Politik 5, Mai 2004, S. 67-73
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