Küche, Kino, Cricket
Die Bollywood-Schauspielerin über indische Identität
Das Kino „made in Bollywood“ prägt für viele Betrachter das Bild, das sie sich von Indien machen. Was sind die Merkmale, die das Land aus Sicht einer der bekanntesten Bollywood-Schauspielerinnen ausmachen? „Quick fire“ heißt eine Interview-Form, bei der die Befragten eine rasche Folge kurzer Fragen prägnant beantworten müssen. Nandita Das über „Identität“.
IP: Wenn Indien eine Person wäre: Wie würden Sie sie beschreiben?
Das: Eine geheimnisvolle Frau, faszinierend und unberechenbar. Eine Frau, an der man nicht vorbeigehen kann, ohne von ihr beeindruckt zu sein.
IP: Drei Dinge, die typisch indisch sind?
Das: Essen, Mainstream-Kino, Cricket. Ehrlich gesagt bin ich persönlich weder ein großer Fan von Mainstream-Kino noch von Cricket. Vielleicht bin ich aber auch keine typische Inderin.
IP: Indiens größter Vorteil?
Das: Vielfalt.
IP: Sein größter Nachteil?
Das: Die Bevölkerung? Die Politiker? Ich kann mich nicht entscheiden.
IP: Zeit für das Systemvergleich-Spiel: Indien und China. Nun können sich ja Entscheidungsprozesse in der größten Demokratie der Welt schon einmal hinziehen. Wären Sie da nicht gerne China – zumindest für einen Tag?
Das: Natürlich gibt es manches, um das man China beneiden kann, aber ich glaube fest an Demokratie und Freiheit. Aber für einen Tag – warum nicht?
IP: Die föderalistische Struktur, die schier überwältigende Zahl von Religionen, die dramatischen sozialen Unterschiede – wie bekommt Indien es hin, dass seine Demokratie funktioniert?
Das: Vielfalt muss nicht Chaos sein. Der Pluralismus lehrt einen, tolerant zu sein. Und vergessen Sie nicht, dass eine große Bevölkerung auch ein unvergleichliches Potenzial darstellt.
IP: Das nervendste Indien-Klischee?
Das: Spiritualität.
IP: Und das treffendste?
Das: Erneut: Vielfalt.
IP: Ihr Lieblings-Gandhi: Mahatma, Indira oder Sonia?
Das: Kein Zweifel: Mahatma.
IP: Angenommen, Indien dürfte sich seine Nachbarn aussuchen, welche würden es in Ihre Top 5 schaffen?
Das: Ich würde es bei denen belassen, die wir haben, aber mehr in die Verbesserung der Beziehungen investieren – vielleicht durch einen Verbund nach Art der EU.
IP: Slumdog Millionaire oder Reise nach Indien?
Das: Reise nach Indien.
IP: Arundhati Roy, Aravind Adiga oder jemand anderes?
Das: Wenn ich die Wahl zwischen den beiden habe: Arundhati Roy. Aber wir haben so unendlich viele herausragende Schriftsteller, die dem Westen bislang verborgen geblieben sind. Da ist noch so manches Juwel zu entdecken.
Die Fragen stellten Joachim Staron und Sylke Tempel.
NANDITA DAS ist eine indische Schauspielerin und Regisseurin. Zu ihren bekanntesten Filmen gehören „Fire“ (1996), „Earth“ (1998), „Bawandar“ (2000) und „Aamaar Bhuvan“ (2002). Ihr Regiedebut „Firaaq“ (2008) gewann mehrere Preise bei nationalen und internationalen Festivals.
Internationale Politik 4, Juli/August 2010, S. 42 - 45