Essay

01. Nov. 2012

Ein anderes Wort für Angst

Warum die Forderung nach „Respekt“ die offene Gesellschaft bedroht

Nicht nur „Toleranz“, verstanden als duldendes Desinteresse, sondern „Respekt“ war es, das in der Debatte um den „Mohammed-Schmähfilm“ eingefordert wurde. Doch durch die Maxime eines „Respekts“, der als unterschwellige Erpressung daherkommt, droht ein Grundprinzip unserer Freiheit ausgehöhlt zu werden: das offene Austragen von Konflikten.

Was ist eigentlich aus dem vermeintlichen Aufstand der muslimischen Welt gegen die angebliche Beleidigung des Propheten Mohammed durch ein obskures Video namens „Innocence of Muslims“ geworden? Als im September in Libyen, Ägypten, Tunesien, Jemen, dem Sudan und Pakistan westliche Botschaften und andere Einrichtungen von einem gewalttätigen islamistischen Mob angegriffen, im libyschen Bengasi der US-Botschafter sowie drei weitere US-Bedienstete ermordet und schließlich auch die deutsche Vertretung in Khartum zur Zielscheibe wurden, überschlugen sich westliche Medien in der Sorge, nun könne sich der „Kampf der Kulturen“ zu einem „Flächenbrand“ ausweiten. Westliche Politiker überboten sich in der Verdammung eines bedeutungslosen, dilettantischen Machwerks, das der Auslöser für muslimische Massenproteste gewesen sein sollte.

Doch davon konnte in Wirklichkeit nicht die Rede sein. Die Überfälle waren von islamistischen Organisationen und dschihadistischen Terroristen von langer Hand vorbereitet und gelenkt worden. Der Angriff auf das US-Botschaftsgebäude in Bengasi etwa fiel nicht von ungefähr auf den 11. September, den Jahrestag der Terrorattacken auf New York und Washington. Dabei zählte der gewalttätige Mob, der von den Drahtziehern des Aufruhrs mobilisiert wurde, insgesamt gerade einmal einige Tausend Randalierer, machte also einen winzigen Bruchteil der muslimischen Bevölkerung des arabischen Raums aus, ganz zu schweigen von der gesamten islamischen Welt. Die überwältigende Mehrheit der Muslime hatte von dem läppischen Video, das im Übrigen schon Wochen vor den Unruhen im Internet zu finden war, keinerlei Kenntnis, noch zeigte sie das geringste Interesse daran.

Und doch waren die westlichen Regierungen und ein Großteil der westlichen Öffentlichkeit gleichsam reflexhaft bereit, den islamistischen Anführern die Propagandalüge zu glauben, ein „gotteslästerliches“ Filmchen aus Amerika habe eine massenhafte „Empörung der Muslime“ ausgelöst. Die Bundesregierung kündigte gar Schritte an, um die Aufführung des obskuren Werkes zu verbieten. Und zahlreiche Kommentatoren gingen auf Äquidistanz zu „Extremisten auf beiden Seiten“, die sich bei der Eskalation des „Kampfes der Kulturen“ gegenseitig „hochschaukelten“. Als dann die französische Zeitschrift Charlie Hebdo und das deutsche Satireblatt Titanic die Veröffentlichung von Mohammed-Karikaturen ankündigten, missbilligten hochrangige Regierungspolitiker diese Wahrnehmung demokratischer Rechte öffentlich als gefährliche Verantwortungslosigkeit, mit der „Öl ins Feuer“ des Konflikts gegossen werde.

Ein Kommentator des Feuilletons der Frankfurter Allgemeinen Zeitung lieferte die philosophische Rechtfertigung für das bereitwillige Einknicken der politischen Elite vor der Erpressung durch die Androhung nackter Gewalt, indem er erklärte, es zeuge von verantwortungsbewusster Reife im Umgang mit der Freiheit, wenn man in bestimmten Situationen, in denen es um Leben und Tod gehe, freiwillig darauf verzichte, von ihr Gebrauch zu machen. Demnach hätten wir nur dann Anrecht auf den Genuss unserer von Generationen hart erkämpften Meinungs- und Ausdrucksfreiheit, solange sie uns nicht von deren Todfeinden bestritten wird?

Schwachstelle des Westens

Tatsächlich sind die inkriminierten Mohammed-Satiren schließlich erschienen, ohne dass es darauf auch nur die geringste Reaktion aus arabischen Ländern gegeben hätte. Denn die inszenierten Unruhen hatten – was für die terroristischen Kampagnen von Islamisten insgesamt gilt –, in Wahrheit nicht das Geringste mit dem zu tun, was im Westen getan oder unterlassen wird. Die Drahtzieher dieser Kampagnen suchen sich vielmehr willkürliche Anlässe, um dem Westen ihre Auslegung von Religionsfreiheit aufzuzwingen, die besagt, dass islamische Glaubensinhalte wie das Abbildungsverbot des Propheten Mohammed auch in westlichen Gesellschaften von der Freiheit der Kritik und Satire ausgeschlossen sein müssten.

Sie haben längst gemerkt, dass sie damit eine schwache Stelle des Westens treffen. Denn die westliche Öffentlichkeit ist aus guten Gründen gegenüber allen Erscheinungen der Diskriminierung von Minderheiten sensibilisiert, sei es in ethnischer oder religiöser Hinsicht. Die Vereinigten Staaten entstanden ursprünglich als Ort der Zuflucht für Bevölkerungsgruppen, die in ihren europäischen Heimatländern wegen ihrer religiösen Überzeugungen verfolgt wurden. Und Europa hat eine schlimme, schmerzhafte Geschichte von Rassismus und Antisemitismus hinter sich, die ihren beispiellosen Tiefpunkt im Holocaust fand.

Es ist daher nicht nur die vordergründige Angst, von zu allem entschlossenen Gewalttätern dauerhaft ins Visier genommen zu werden, die westliche Politiker und Experten zu eilfertigen, beschwichtigenden Bekenntnissen führt, man verabscheue herabsetzende Darstellungen muslimischer Glaubensheilig­tümer. Vielmehr stürzt die Behauptung des politischen Islams, er spreche für die Gefühle von Gläubigen, die durch die westliche Freiheit von Wort, Schrift und Bild angeblich unablässig beleidigt würden, die pluralistischen Gesellschaften in ein Dilemma: Wie hält man an diesen Grundfreiheiten fest, ohne ein anderes jener Prinzipien zu verletzen, auf denen die modernen westlichen Demokratien ihr Selbstverständnis gegründet haben – die Achtung vor und das Recht auf Entfaltung von andersartigen Kulturen und Religionen?

Das Zauber- und Modewort, das aus diesem Dilemma heraushelfen soll, lautet: „Respekt“. Zulässig sollen demnach nur Äußerungen über den Islam sein, die deutlich machen, dass der muslimische Glaube als solcher „respektiert“ werde. Doch dieser Begriff ist so vieldeutig, dass er für eine normative, rechtliche Definition des richtigen Umgangs mit den Ansprüchen einer Reli­gion wie anderer Kollektivformationen nichts hergibt. Auffällig an dem Begriff ist vielmehr gerade, dass er die Verantwortung dafür auf die Ebene der Subjektivität verlagert und von der Gesellschaft jenes angemessene Feingefühl einfordert, das der Staat nicht verordnen kann oder darf.

Mit dem Begriff „Respekt“ ist in diesem Zusammenhang eine Haltung beschrieben, die weiter reicht als die „Toleranz“, welche seit den Tagen der Aufklärung zu den Schlüsseltugenden liberalen, pluralistischen Denkens gehört. Die ursprüngliche Bedeutung des Begriffs „Toleranz“ impliziert nichts anderes, als von den eigenen abweichende Vorstellungen und Verhaltensweisen zu dulden – auch und gerade, wenn man ihnen strikt ablehnend gegenübersteht. Toleranz beweist sich sogar erst dadurch, dass sie sich auf solche von einem selbst als negativ eingeschätzte Erscheinungen erstreckt. Tolerieren kann man aber auch Überzeugungen, die einem gleichgültig sind,  mit denen man sich nicht beschäftigen möchte und in die man sich nicht einzufühlen wünscht. Die Grenze der Toleranz ist erreicht, sobald einem die tolerierten Kräfte ihrerseits ihre Überzeugungen aufzwingen, einem das Recht auf die eigenen Ansichten streitig zu machen versuchen oder einen auch nur zur Beschäftigung mit der abweichenden Denkweise zwingen wollen.

Duldendes Desinteresse

Das Toleranzgebot bezeichnet insofern nicht mehr und nicht weniger als ein duldendes Desinteresse an beziehungsweise eine selbst auferlegte Zurückhaltung gegenüber anderen Denk- und Lebensweisen. Dieses Gebot funktioniert freilich nur, solange es gegenseitig praktiziert wird. Tolerieren kann man nur, was im Gegenzug seinerseits zur Toleranz fähig ist. Diesem Toleranzmodell entsprechend können unterschiedliche weltanschauliche Bekenntnisse nebeneinander existieren, die einander nicht die Existenz streitig machen und sich gegenseitig nicht in ihre daraus resultierenden Sitten und Gewohnheiten hineinreden. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die eine Lebensweise die jeweils andere nicht beeinträchtigt. Die Frage, was unter einer solchen Beeinträchtigung zu verstehen ist, wird in offenen, pluralistischen Gesellschaften umso komplizierter zu beantworten, je mehr diese sich aus unterschiedlichen kulturellen und religiösen Komponenten zusammensetzen, die auf engstem Raum oder in unübersichtlicher Durchdringung miteinander auskommen müssen.

Ein paradigmatisches Beispiel für einen solchen Konflikt in unserer Gesellschaft ist der Streit um den Bau von Moscheen – und hier insbesondere um die Höhe der Minarette, die als Symbole von vielen Nichtmuslimen als Ausdruck eines Vorherrschaftsanspruchs des Islams angesehen werden. Im Extrem hat diese Auseinandersetzung in der Schweiz zum generellen Verbot der Errichtung von Minaretten geführt. In Deutschland pflegt man sich hingegen im Konsens auf eine von der Gesamtheit tolerierbare Bauhöhe der Minarette zu einigen. Der Ruf des Muezzins bleibt allerdings auch hierzulande untersagt, da er von der großen Mehrheit der Bevölkerung als aggressive Inbesitznahme des öffentlichen Raumes durch die islamische Religion oder doch zumindest als massive Ruhestörung verstanden würde. Das Glockenläuten von christlichen Kirchtürmen wird hingegen auch von Anders- oder Nichtgläubigen in aller Regel toleriert, weil sie es als ein eingebürgertes, kulturell vertrautes Geräusch wahrnehmen.

Aufblähung des Toleranzbegriffs

Da das Toleranzgebot somit eine Abstraktion bleibt, deren praktische Schlussfolgerungen in einer offenen Gesellschaft von Fall zu Fall oft mühsam und konfliktreich ausgehandelt werden müssen, wurde der Begriff der „Toleranz“ im Zuge des aufkommenden Ideals einer harmonisch zusammenlebenden „multikulturellen Gesellschaft“ inhaltlich aufgebläht. „Toleranz“ bedeutet seitdem nicht mehr nur passive Duldung, sondern aktive „Anerkennung“ abweichender kultureller und religiöser Weltanschauungen. Diese Art von gleichsam aktiver Toleranz fordert eine Art von anteilnehmendem, verständnisvollem Interesse an den Auffassungen des jeweils Anderen. Es genügt nun nicht mehr, den Anderen nach seiner Façon selig werden zu lassen, es wird dem aufgeklärten Bürger auch abgefordert, anzuerkennen, dass dessen Überzeugungen und Gebräuche tatsächlich selig machen können. Dazu soll er sich mit der Lebenseinstellung des Anderen in dem Maße beschäftigen, die dazu nötig ist, deren gleichrangigen Wert zu erkennen. Er soll zu dem Schluss kommen, dass diese Überzeugungen und Gebräuche nicht nur einfach anders, sondern auch an sich wertvoll seien und eine Bereicherung des gemeinsamen gesellschaftlichen Lebens darstellten.

Um die semantisch verstärkte Version dieses in die positive Affirmation erweiterten Begriffs der Toleranz handelt es sich bei dem „Respekt“. Um jemandem oder etwas Respekt entgegenzubringen, muss man ihm eine bestimmte Leistung oder Fähigkeit oder aber eine bestimmte, nicht hintergehbare Würde zurechnen, die er aus seiner bloßen Existenz heraus besitzt. Respekt kann man jemandem zollen, der allein oder in einem Kollektiv etwas Zählbares vollbracht hat, respektieren kann und soll man aber auch bestimmte äußerliche Attribute, die einer Person oder einer ganzen Gruppe ganz von selbst zufallen – darum handelt es sich etwa, wenn man von „Respekt vor dem Alter“ spricht. Wer also, wie Bundesaußenminister Guido Westerwelle, erklärt, der Islam verdiene unseren Respekt, so setzt er damit bereits eine wertende Vorentscheidung voraus: dass diese Religion allein wegen ihres Daseins eine Würde besitze, die nicht verletzt werden dürfe.

Dieses Verständnis von „Respekt“ ist dem angelsächsischen, namentlich dem amerikanischen Kontext entlehnt. In seiner aktuellen Bedeutung hat er seinen Ursprung in der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung, also in der Forderung der schwarzen Amerikaner, als gleichberechtigte menschliche Wesen und Mitbürger anerkannt zu werden. Und zwar in ihrem So-Sein, und nicht etwa unter der Voraussetzung, dass sie ihr Schwarz-Sein verleugnen und sich an das Äußere und das Gebaren der Weißen anpassen müssten. Aretha Franklin hat diese Forderung nach „Respect“ in einem berühmten Song popkulturell verankert und für zwischenmenschliche Beziehungen universalisiert. „All I’m asking is for a little respect“, sang Aretha programmatisch. In diesem individualisierten Sinne gilt es als das Ideal für einen zivilisierten Bürger, einem Mitmenschen von vorneherein mit gleicher Vorurteilslosigkeit zu begegnen. So erklärt etwa die „Jugendcommunity der Aktion Mensch“ auf ihrer Internetseite „respect.de“, sie setze sich „für Toleranz und Anerkennung aller Menschen ein, ganz egal, ob schwarz oder weiß, klein oder groß, dick oder dünn, Christ, Moslem oder Jude, mit oder ohne Handicap“.

Nicht von ungefähr übernimmt diese sozial engagierte Jugendgruppe für ihre Namensgebung die englische Schreibweise und damit den angelsächsischen Inhalt des Begriffs „Respect“. Denn im Deutschen transportiert das Wort „Respekt“ durchaus einen Doppelsinn, der ihm stets auch einen pejorativen Beiklang verleiht. So pflegen Sportler in Interviews zu sagen, sie hätten keine Angst vor ihrem Gegner, empfänden ihm gegenüber aber gleichwohl „Respekt“. Damit bringen sie einerseits zum Ausdruck, dass sie die Fähigkeiten ihres Kontrahenten hoch achten, zugleich aber auch, dass sie seine Gefährlichkeit erkennen und daher vor ihm auf der Hut sein müssten. „Respekt“ zu haben bedeutet in diesem Zusammenhang also, von dem anderen nichts Gutes zu erwarten und Vorsorge treffen zu müssen, nicht überrumpelt und überwältigt zu werden. Eine ähnlich defensive Haltung signalisiert der Respekt, wenn er einer vorgesetzten Autorität – einer „Respektsperson“ – gilt, der gegenüber man sich bestimmte Freiheiten, die man sich Gleichgestellten gegenüber erlaubt, besser nicht herausnimmt.

Unterschwellige Erpressung

Wenn von uns somit verlangt wird, den islamischen Glauben voraussetzungslos zu „respektieren“, so schwingt darin die Drohung mit, andernfalls würden wir die Macht derer zu spüren bekommen, denen wir den Respekt versagt hätten. Eine solche unterschwellige Erpressung, die bei dem Begriff „Respekt“ mitschwingt, ist jedoch mit dem Selbstverständnis freier Menschen nicht vereinbar. In einer freiheitlichen Gesellschaft soll zwar die Grundeinsicht herrschen, dass Menschen jeder Herkunft, Hautfarbe, sexuellen Orientierung und körperlichen Konstitution, jedes religiösen Bekenntnisses und jeden Geschlechts die gleiche Achtung und Rücksichtnahme verdienen. Jenseits dieser für den Zusammenhalt einer zivilisierten Gesellschaft unabdingbaren Vorleistung aber hängt die Antwort auf die Frage, ob wir eine Person oder eine bestimmte Gruppe respektieren können, von deren Verhalten ab. Auch ein schwarzes Opfer von Rassismus kann seinerseits ein bösartiger Rassist sein, auch ein alter Mensch ein Betrüger oder Dieb, auch ein Behinderter ein Lügner oder Erpresser. „Respekt“ (oder „Respect“) ist eine Art humanes Grundkapital, auf das jedes menschliche Wesen einen Anspruch hat. Doch dieses Kapital kann im realen Leben sowohl aufgebraucht und verschleudert als auch gehütet und vermehrt werden. Eine dauerhafte, pauschale Garantie auf „Respekt“ gibt es weder für Individuen noch für Kollektive.

Das gilt uneingeschränkt auch für Personen oder Gruppen, die ihr Verhalten mit religiösen Geboten und Vorschriften zu legitimieren versuchen. Ein besonderer Rabatt auf Respekt kann und darf für religiös motivierte Menschen ebenso wenig gewährt werden wie für „die Religion“ im Allgemeinen. Der verschwommene Begriff „Respekt“ öffnet aber gegenwärtig ein Einfallstor dafür, den Glauben wieder als eine Art unantastbare Sphäre höherer Einsicht zu etablieren, die von kritischer „Respektlosigkeit“ ausgenommen sein und irrationalem Denken und Verhalten einen gewissen Grad an Immunität gewähren soll. Von dieser Tendenz versuchen nicht nur Vertreter des Islams zu profitieren. Im Windschatten islamischer Prediger und Apologeten hofft auch mancher christlicher Konservativer, die Bannmeile für „Blasphemie“ wieder erheblich erweitern zu können.

Doch wie erweist man jemandem oder etwas eigentlich seinen Respekt? Respektvoller Umgang miteinander äußert sich nicht in kritikloser Duldung, im Gegenteil: Kritik, Auseinandersetzung, ja Streit und offen (gewaltfrei) ausgetragener Konflikt sind ebenfalls Ausdruck von Respekt, den man jemandem oder einer Sache erweist – indem man damit nämlich zeigt, dass man den Anderen und das Andere ernst nimmt und auf Augenhöhe betrachtet. Schonung aus Furcht, den Anderen „beleidigen“ zu können, kann auch Ausdruck von Herablassung und Verachtung sein.

Nicht vorgefertigter, dekretierter Zwang zum Konsens, sondern das permanente Austragen von Konflikten schafft in einer offenen Gesellschaft haltbare gemeinsame Werte. Durch die Maxime eines falsch verstandenen „Respekts“ droht dieses Grundprinzip unserer Freiheit ausgehöhlt zu werden. Wir sollten daher unbedingt auf die Warnung des Schriftstellers Salman Rushdie hören: „Es wird immer zu Respekt vor irgendwelchen Gefühlen geraten und zu Umsicht, noch einmal: Dies sind Codewörter für Angst. Wir sind in ganz wenigen Ländern auf der Welt privilegiert, sagen zu dürfen, was wir wollen. Es gibt nur wenige Länder auf der Welt, in denen wir dieses Geschenk haben. Wir müssen es wertschätzen. Alle anderen wollen es, wir haben es – lasst uns nicht benehmen, als ob wir es nicht brauchen.“

Dr. Richard Herzlinger ist politischer Korrespondent der Welt-Gruppe.

Bibliografische Angaben

Internationale Politik 6, November/ Dezember 2012, S. 118-123

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