Drei Fragen an … Florence Gaub
Forschungsdirektorin des NATO Defense College
1. Ist die Zukunft vielleicht weniger furchteinflößend als sie scheint?
Nein und ja. Es gibt da diesen Mythos, dass die Zukunft früher weniger furchteinflößend war ... Aber genau diese Umfragen von früher zeigen, dass wir einfach immer vor etwas Angst haben. Die Zukunft ist unbekannt, und das macht Angst. Aber die Zukunft hat immer positives Potenzial, auch heute! Wer sich mit Zukunft befasst, sieht überall vielversprechende Sprösslinge aus dem Boden schießen: Innovationen in der Gesundheit, Umwelt und Technologie, sinkende Selbstmordraten welt- weit, Bildungschancen und steigende Lebenserwartungen. Zukunft ist auch, sich darüber schlau zu machen, was Gutes in ihr passieren kann, und das kann jeder Einzelne tun.
2. Wie trennen wir mit Blick auf unsere außenpolitische Zukunft Annahmen von Wissen?
In jedem Bereich, in dem der Faktor Mensch groß und die Datenlage klein ist – sei es die Liebe oder die Außenpolitik –, operieren wir immer mehr mit Annahmen als mit Wissen. Das ist auch nicht schlimm, solange man wissenschaftlich damit umgeht: definieren, wann man seine Meinung ändern muss, gezielt Annahmen prüfen und sich nicht zu sehr von Gefühlen terrorisieren lassen. Ein wichtiger Trick ist, gezielt zu versuchen, Gegenbeweise für die eigene Meinung zu finden – zum Beispiel, indem man sich mit Leuten austauscht, die anders sind als man selbst. Um Annahmen von Wissen zu trennen, ist Vielfalt im Denken das A und O.
3. Worauf dürfen wir hoffen?
Die Menschheit hat unfassbar viele Katastrophen abwenden können, nur wissen das viele nicht. Angefangen von der Hungerepidemie, die man für die 1990er Jahre erwartete und die nie kam, bis hin zu all den Ängsten vor Fernsehen, Strom und künstlicher Befruchtung, vor Atomkrieg und saurem Regen – es waren immer Menschen, die anpassungsfähig waren, getüftelt und Lösungen gefunden haben. Das ist das, was mir am meisten Hoffnung macht: der Mensch selbst – auch wenn er Anlass zum Verzweifeln geben kann. Die Vorstellungskraft, Innovationsfähigkeit und Kreativität des Menschen sind das, was die Zukunft besser macht.
Internationale Politik 6, November/Dezember 2025, S. 8