Weltspiegel

27. Juni 2022

Die Stunde der Verhandler

In der Kunst, gewaltsame Konflikte zu vermeiden oder friedlich zu lösen, übt sich die Menschheit seit Jahrhunderten. Was kann die Diplomatie, was braucht sie? Ein Versuch.

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Bild: Urainische und russische Teilnehmer bei der Verhandlung in Istanbul
Auf der Suche nach einer Lösung zwischen moralisch ungleichen Parteien: Russisch-ukrainische Gespräche unter Vermittlung des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan in Istanbul, 29. März 2022.
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Diplomatie hat einen guten Ruf, sie wird gerne als Alternative zu Gewalt und Krieg gesehen. Formeln à la „Stunde der Diplomatie“, „Alle diplomatischen Mittel nutzen“, „Zurück zur Diplomatie“ oder „Verhandeln statt schießen“ sind Ausdruck dieses Grundvertrauens.



Wenn es um Krieg oder Frieden geht, kehrt die Diplomatie zu ihren Ursprüngen zurück. Seit den Anfängen der Geschichteist es ihre Kernaufgabe, Kriege zu verhindern oder zu beenden. Das Geschäft eines Diplomaten sei der Frieden, nie der Krieg, schrieb Bernard du Rosier, Erzbischof von Toulouse und Leiter diplomatischer Missionen für den französischen König, in der ersten Abhandlung über die Diplomatie im Jahre 1446.



Die Diplomatie verfügt über keine äußeren Machtmittel. Ihre inhärente Macht besteht in den Fähigkeiten (oder neudeutsch Skills) der Diplomaten als professionelle Vertreter ihres Berufs: erkennen, beraten, verhandeln, einfühlen und vieles mehr. Dazu kommen persönliche und fachliche Qualifikationen, Pragmatismus, kreatives Denken und die Fähigkeit, einen ideologiefreien Raum für politische Empfehlungen zu schaffen. Häufig genug ist die Aufgabe der Diplomaten diese: Lösungen für unlösbare Probleme zu finden.



Wenn die Zeit reif ist

Hat der Krieg begonnen, entscheidet das Militär, die Diplomatie arbeitet im Hintergrund. Das war im Falle des russischen Angriffs auf die Ukraine nicht anders, denn ein Krieg wird nicht allein mit Sanktionen, im Cyberspace oder in den sozialen Medien gewonnen, sondern auf dem Schlachtfeld, wie der Hohe Vertreter der EU für Außen- und Sicherheitspolitik Josep Borrell bei seinem Besuch in Kiew Anfang April unterstrich. Die Vorstellung, dass Machtpolitik überholt sei und dass es für militärische Konflikte keine militärische Lösung gäbe, erfreute sich gerade in Deutschland, das im Zweiten Weltkrieg militärisch besiegt werden musste, seit 1945 großer Beliebtheit. Von der „Machtbesessenheit zur Machtvergessenheit“ lautete die Diagnose des Historikers Hans-Peter Schwarz. Der Schriftsteller Claudio Magris mahnte 2009 in seiner Dankesrede zum Friedenspreis des Deutschen Buchhandels: „Wir wiegen uns in der Illusion, dass es keine Kriege mehr gibt.“



Wann schlägt die Stunde der Diplomatie? Aus Verhandlungen und Mediation wissen wir, dass die Zeit für Verhandlungen „reif“ sein muss. Wer fest an seinen Sieg glaubt, wird keinen Grund zum Einlenken sehen. Wenn die Einsicht wächst, dass eine militärische Lösung unmöglich wird, wenn Kräfte nachlassen, Sanktionen wirken, Kriegsziele neu definiert werden, erfolgt ein Einstieg in Verhandlungen. Im Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine herrschte von Anfang an ein asymmetrisches Verhältnis. Jacques Schuster brachte das in der Welt auf diese Formel: Moskau verliert, solange es nicht gewinnt; Kiew gewinnt, solange es nicht verliert.



In Verhandlungen mit militärischem Druck tun sich Demokratien im Vergleich zu Autokratien schwer. Sie versuchen, Kriege bis hin zum Appease­ment zu vermeiden, sie können menschliche Opfer, Kriegsverbrechen oder auch wirtschaftliche Nachteile weniger gut ertragen. Historische Erfahrungen zeigen aber auch, dass Demokratien auf längere Sicht überlegen sind. Oder, wie es Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Februar 2022 in Richtung des russischen Präsidenten Wladimir Putin sagte: „Unterschätzen Sie nicht die Stärke der Demokratie!“



Auch während eines Krieges bleibt die Diplomatie wichtig: nicht dominierend, aber jederzeit im Einsatz. Die Vereinten Nationen waren zuletzt auf der Ebene des Sicherheitsrats machtlos. Sie verfügen allerdings über Personal, Expertise, Vertrauen und Kontakte vor Ort, um sich an der Seite von Organisationen wie dem Internationalen Roten Kreuz in der Nothilfe, der humanitären Hilfe oder dem Gefangenenaustausch zu engagieren. Hinzu kommen Überwachung, Mediation oder der Einsatz von Blauhelmen. Die Vereinten Nationen sind eine unzureichende „Weltregierung“, aber sie verfügen über die Glaubwürdigkeit, die notwendig ist, damit sich die Konfliktparteien zur Lösung humanitärer Anliegen an sie wenden können.



Unlösbare Fragen ausklammern

Auch wenn kein Diplomatie-Handbuch Kapitel über Moral, Gerechtigkeit oder über Wahrheit verzeichnet: Über ethische Fragen wird auf politischer und gesellschaftlicher Ebene natürlich intensiv debattiert. Nur gerechte Lösungen taugen zur Grundlage einer dauerhaften Ordnung – eine Erkenntnis der Aufklärung. Von der Diplomatie aber ist eine Antwort auf die Frage von Wahrheit und Gerechtigkeit nicht zu erwarten, im Gegenteil: In vielen Fällen hilft es, eine Lösung zu erzielen, wenn unlösbare Fragen ausgeklammert werden. Hier gilt die Arbeitshypothese, dass beide Seiten Recht und beide Seiten Unrecht ­haben. Im Fall des russischen Angriffskriegs und der ukrainischen Selbstverteidigung ist die Lage zwar politisch und moralisch eindeutig, aber diplomatische Verhandler müssen sich mit Wertungen zurückhalten.



Der Krieg bringt das Böse im Menschen hervor, er gebiert Kriegsverbrechen, Menschenrechtsverletzungen oder sexualisierte Gewalt in kaum erträglicher Art und Weise. Und doch macht es für das Kriegsrecht einen entscheidenden Unterschied, ob dies als menschliches Versagen geschieht oder als systematische Kriegs­taktik eingesetzt wird. Mit Recht wird die Dokumentierung und Verfolgung der Taten durch die internationalen Gremien oder den Strafgerichtshof in Den Haag gefordert und unterstützt, auch von der Bundesregierung. Täter müssen zur Rechenschaft gezogen werden und sollen das auch während des Krieges wissen.



Wenn allerdings die Diplomatie den Auftrag hat, einen Krieg zu beenden, dann muss sie auch mit einem völkerrechtsverletzenden Gegenüber, gleichsam einem moralischen Ungeheuer, sprechen. Eine Verweigerung wäre zwar gesinnungsethisch zu begründen, aber aus der Verantwortung für weitere mögliche Opfer abzulehnen. Man müsse auch mit den Befindlichkeiten des Gegenübers leben, sagt die Schweizer Diplomatin Heidi Tagliavini, die nach dem Georgien-Krieg von der EU mit der Untersuchung der Kriegshandlungen betraut wurde.



Ein anderer menschlicher Reflex wird bei Friedensverhandlungen auf eine harte Probe gestellt. Bei der Forderung nach Gesichtswahrung für die schlimmsten Feinde scheint das Maß des moralisch Erträglichen überschritten. Und doch muss sie Teil des diplomatischen Prozesses sein. Natürlich ist das moralische Gefälle zwischen Russlands Präsidenten Putin und seinem ukrainischen Gegenüber Wolodymyr Selensky immens; doch müssen letztlich beide die Verhandlungsergebnisse in ihrer Heimat rechtfertigen – wenn auch der eine als Autokrat und der andere als Demokrat.



Eine Verhandlungslösung muss für alle Seiten als Erfolg erscheinen und darstellbar sein. Auch wenn unsere Sympathien, unser Gerechtigkeitssinn und unser moralisches Urteil eindeutig sind – wir müssen Zugeständnisse an die Notwendigkeit von erfolgreichen Verhandlungen machen.

Frage: Welche der folgenden Aussagen muss für eine diplomatische Lösung zutreffen? Spoilerwarnung: alle.



Partei A: Wir haben gesiegt.

Partei B: Wir haben unsere strategischen Ziele vollumfänglich erreicht.

Journalist: Beide Seiten können mit der Lösung leben.

Historiker: Die Lösung war einigermaßen ausgeglichen und hat die Waffen für Jahrzehnte zum Schweigen gebracht.

Philosoph: Beide Seiten sind mit ihrem Teil der Wahrheit zufrieden.

Betrachter 1: Die Gewalt hat ein Ende und die Versöhnung braucht Zeit.

Betrachter 2: Nach diesem Ausmaß an Gewalt ist für mich eine Verständigung ausgeschlossen.

Jurist: Die Justiz braucht Zeit, aber wird die Schuldigen zur Rechenschaft ziehen.



Die Rede von Sieg und Niederlage gehört in die Politik, nicht in die Diplomatie. Diplomatische Lösungen in Kriegszeiten entstehen immer zwischen moralisch ungleichen Parteien. In diesen Extremsituationen ist Diplomatie ein schmutziges, ein bitteres Geschäft, das nur durch die Verminderung von weiteren Leiden gerechtfertigt wird.



Gesandte statt Gewalt

 Die Geschichte der Diplomatie gleicht einem Palimpsest, auf dem immer wieder neu geschrieben wird. Wenn man den Kern der Diplomatie darin sieht, gegenüber einer anderen Gruppe – einem Volk, einem Reich, einem Staat – seine Interessen durchzusetzen und einen Konflikt anders als mit roher Gewalt zu lösen, wird Diplomatie seit dem Beginn der Geschichte betrieben. Der Diplomat und Historiker Paul Widmer hat auf die Anfänge in ägyptischer Zeit hingewiesen, auf die Amarna-Briefe zur Zeit des Echnaton (ca. 1353–1336 v. Chr.), die das fruchtbare Nildelta gegen äußere Ansprüche schützen sollten. Der griechische Historiker Thukydides erwähnt in seiner Geschichte des Peloponnesischen Krieges im fünften vorchristlichen Jahrhundert, dass die Griechen vor der Anwendung von Gewalt Gesandte schickten, um zu verhandeln.



Der Begriff Diplomatie stammt aus dem Griechischen, seine heutige Bedeutung erhielt er in der späten Neuzeit. Der englische Diplomat Harold Nicolson nannte vor rund 100 Jahren eine ganze Reihe von Bedeutungen: Diplomatie im Sinne von Stil und Takt im Alltag; Diplomatie als das Kerngeschäft von Verhandlungen; als Institution (Außenministerium) und als globales Netzwerk der Vertretungen; und schließlich die Gleichsetzung von Diplomatie und Außenpolitik, wie sie uns etwa im Werk „Diplomacy“ des ehemaligen US-Außenministers Henry Kissinger begegnet.



Es liegt auf der Hand, dass die deutsche Diplomatie in einem europäischen, transatlantischen Kontext und damit in freiheitlichen und der Wahrheit verpflichteten Traditionen  anzusiedeln ist und dies auch für die Diplomatinnen und Diplomaten gilt. Das kann in anderen Kulturkreisen wie dem russischen anders sein – um es diplomatisch auszudrücken.



Idealisierte Form der Wirklichkeit

Der Krieg in der Ukraine stellt die deutsche Außenpolitik auf den Prüfstand. Deutschland steht vor einer „Zeitenwende“ (Bundeskanzler Olaf Scholz) und „wenn die Welt eine andere ist, dann muss auch die Politik eine andere sein“ (Außenministerin Annalena Baerbock). Deutschland sucht eine Außenpolitik, die „authentisch“ ist – eine Politik, die zwischen Vergangenheit und Zukunft, innen und außen, Interessen und Verpflichtungen eine Einheit bildet. Gleichzeitig ist das Land in zentralen Fragen gespalten. Das betrifft etwa die vielbeschworenen Lehren aus der Geschichte, moralische Pflichten, Sanktionen, Waffenlieferungen, Macht­politik und sogar die Frage, ob Deutschland zum Westen gehört oder Äquidistanz zu den Großmächten halten sollte.



 Philosophisch-ideell steht eine authentische deutsche Außenpolitik für die Akzeptanz der Wirklichkeit („Realpolitik“) und gegen die Versuchung, sich die Welt zurechtzudenken. Deutscher Idealismus und Romantik, Suche und Sehnsucht wurden zum Perpetuum mobile einer ganz eigenen Vorstellungswelt. Nation und Freiheit suchten ihr Gleichgewicht, den Dichtern und Denkern blieben die Lüfte, auf dem Boden der Tatsachen zaudernd. Sein oder Nichtsein, dulden oder handeln. „Deutschland ist Hamlet“ hieß es – der Intellektuelle, der durch sein Studium in Wittenberg das Handeln verlernt habe, wie Heinrich Heine meinte, vermeintlich zu klug, eine unvollkommene Entscheidung zu treffen.



Geblieben ist eine idealisierte Form der Wirklichkeit. Die einflussreiche „kritische Theorie“ geht von der vernünftigen Gesellschaft mündiger Bürger aus, die jüngere Interpretation (Jürgen Habermas) von einer „kommunikativen Vernunft“, nach der Konflikte auf dem Weg des Austauschs von Argumenten zu überwinden sind. Moralische Dilemmata werden von einer „kommunikativen Ethik“ aufgelöst, die ihre Maßstäbe in einem gewaltfreien Dialog vernunftbegabter Teilnehmer findet.



Für außenpolitische Konflikte wird in diesem Denken gleichermaßen angenommen, sie seien mit dem Ausgleich von Interessen lösbar. Daraus wurde die Erwartung gespeist, dass sich China nach einer Einbindung als Handelspartner in der WTO zu einem verlässlichen Mitstreiter entwickeln würde oder dass ein modernisiertes Russland seine revisionistischen Ziele aufgeben werde. Derartige Annahmen bestimmen bis heute die Verhandlungen mit dem Iran, Nordkorea oder in Nahost. Doch wenn eine Friedens­ordnung auf dem Spiel steht, wenn ein Land angegriffen, Menschen getötet und misshandelt werden, dann wird die gut gemeinte Vorstellung infrage gestellt, die Wahrheit liege irgendwo in der Mitte. Dann gibt es nicht nur grau, sondern schwarz oder weiß, gut oder böse, frei oder unfrei, tot oder lebendig.



Unbequeme Realitäten

Der Ukraine-Krieg hat die Kontroverse um die strategische Kultur Deutschlands weiter befeuert. Nach 30 Jahren des Stillstands wird Deutschland zur Führung aufgefordert. Bundeskanzler Scholz hat fast ein wenig überraschend die Herausforderung angenommen, die nun mit Inhalten und neben Worten mit Taten zu füllen ist.



Verstehen und sprechen wir Macht­politik? In welchem Verhältnis stehen Entspannung und Abschreckung, ist das eine ohne das andere denkbar? Funktioniert Diplomatie ohne Militär und Sanktionen? Wie halten wir es mit der Freiheit, hat sie eine Heimat in Deutschland? Der ehemalige Bundespräsident Joachim Gauck hat sich stets als „Liebhaber der Freiheit“ bezeichnet, aber auch die Sorge geäußert, damit einer Minderheit anzugehören.



Das Bekenntnis zu deutschen Interessen ist heute verpönt. Doch ist ein Vorteil nur zum Nachteil eines anderen denkbar, als Nullsummenspiel? Wirklichkeit und Theorie unserer Gesellschaftsordnungen sind eine andere; sie funktionieren nach dem Prinzip des „Win-win“, moralphilosophisch beschrieben von Adam Smith. Aus der Doppelnatur des Menschen mit Individualstreben und Gemeinsinn, in die Weltpolitik eingeführt durch die Amerikanische Revolution, entstehen Pluralismus und Wohlstand. Ludwig Erhard hat die Marktwirtschaft nicht nur als wirtschaftliche, sondern auch als politische und gesellschaftliche Ordnung konzipiert. Ein solches Verständnis ist vielleicht das wichtigste Instrument im Systemwettbewerb mit dem geoökonomischen und geopolitischen Rivalen China.



Deutschland muss seine Wirtschaftsdiplomatie politisch und strategisch definieren. Als Wirtschaftsweltmacht gewinnt das Land seinen größten Einfluss aus der ökonomischen Stärke, kann seine „wirtschaftlichen Waffen“ aber nicht gezielt und kohärent einsetzen, kaum besser als seine militärischen.



Sanktionen sind zu einem zentralen Instrument der Außenpolitik geworden; ihr Einsatz stößt an Grenzen der eigenen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und kollidiert mit den Prinzipien einer freiheitlichen Marktwirtschaft, der Überlebensfähigkeit von Unternehmen und der Belastbarkeit der Verbraucher. Diese Debatte trifft Deutschland unvorbereitet. Eine Kosten-Nutzen-Analyse kommt nur langsam in Gang, um Energieversorgung neu zu organisieren und maximalen Druck auf Russland auszuüben.



Die größte Herausforderung für den Umgang mit der Wirklichkeit in einem Land mit idealistischen und romantischen statt empirischen und pragmatischen Traditionen ist die Anerkennung von Ambiguitäten, Paradoxien und Widersprüchen. Da ist etwa die Frage des Verhältnisses der Diplomatie zu Krieg und Gewalt. Von zwei Wahrheiten, die nebeneinander existierten, sprach etwa der damalige US-Präsident Barack Obama in seiner Dankesrede für den Nobelpreis im Dezember 2009. „Die Mittel des Krieges spielen eine Rolle in der Erhaltung des Friedens“, erklärte Obama. „Es gibt das Böse in dieser Welt. Eine gewaltfreie Bewegung hätte Hitlers Armeen nicht stoppen können.“



Wenn deutsche Außenpolitik authentisch werden will, muss sie unbequeme Realitäten anerkennen. Das wird weder mit einer erlösenden Vision glücken noch durch ein energisches „Basta“ und sicher nicht durch ausdrucksloses Aussitzen, sondern nur durch scharfsinnige Staatskunst. Durch „Trial and Error“ oder durch das, was einst die Monnet-Methode der EU genannt wurde: Schritt für Schritt.



Die Diplomatie ist das wichtigste Instrument, diese Politik zu entwerfen und umzusetzen. Sie ist so stark wie die Macht, die hinter ihr steht. Seien es militärische, wirtschaftliche, finanzielle oder politische Macht, seien es Hard und Soft Power, seien es das Mindset oder strategisches Denken – und nicht zuletzt ein professioneller Auswärtiger Dienst. Der Kriegstheoretiker von Clausewitz nannte den Krieg die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln. Während der Krieg von der Politik wegführt, erlaubt die Diplomatie die Rückkehr.



Die Leitwährungen der Diplomatie sind Macht, Führung und Vertrauen. Keiner hat diese Erkenntnis für Deutschland klarer formuliert als Deutschlands Nestor und Mentor der Diplomatie, Wolfgang Ischinger. In seinem Buch „Welt in Gefahr“ aus dem Jahr 2018 hat er das „komplizierte Zusammenspiel von Politik, Diplomatie und ökonomischen und militärischen Mitteln“ beschrieben. Für Eilige sogar einmal auf Twitter: „Militärische Macht allein kann Kriege verhindern oder gewinnen, aber nicht den Frieden schaffen. Ergo: Erfolgreiche Krisendiplomatie muss sich auf militärische Macht abstützen können.“ Dann schlägt die Stunde der Diplomatie.

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Bibliografische Angaben

Internationale Politik 4, Juli/August 2022, S. 100-105

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Karl-Matthias Klause ist Alternate Director Germany bei der European Bank for Recon­struction and Development in London. Zuvor war er an den Botschaften in Warschau, London und Washington, in der Leitungsebene des Auswärtigen Amtes, im Bundeskanzleramt und im Deutschen Bundestag tätig.

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