Titelthema

27. Febr. 2023

Der Krisenbogen

Kriege, Proteste, aufsteigende Mächte: Der Nahe Osten bleibt eine bewegte Region. Derweil verliert Europa an Einfluss in seiner südlichen Nachbarschaft. Zeit, einen gemeinsamen Aufbruch zu wagen.

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Bild: Straßenkämpfe in Palästina. Junge Männer bewerfen ein gepanzertes Fahrzeug mit Steinen
Ungelöster Grundkonflikt: Protestierende werfen Steine auf ein israelisches Militärfahrzeug in Nablus in den palästinensischen Autonomiegebieten.
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Über den Nahen Osten und Nord­afrika spannt sich ein Bogen von 22 Staaten, die jenseits des Mittelmeers zwischen Europa, Afrika und Asien liegen. Es sind 19 arabische Länder, von Marokko im Westen bis Oman im Osten, sowie drei nichtarabische, die Türkei, Israel und Iran, die diese ­Region ausmachen. Sie beherbergt über 480 Millionen Menschen mit einem Durchschnittsalter von 27 Jahren. Demgeegenüber stehen in den 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union rund 450 Millionen Menschen mit einem Durchschnittsalter von 44 Jahren. Auch wenn die Länder und Gesellschaften des Nahen Ostens und Nordafrikas historisch und geografisch eine gewisse Einheit bilden, so dominieren doch ­Widersprüche, Gegensätzlichkeiten und Bruchlinien.



Spätestens seit dem Ende der Kolonial­herrschaft nach dem Zweiten Weltkrieg durchziehen vier Grundkonflikte die Nordafrika- und Nahostregion bis in die Gegenwart:

  • der Streit um Territorien zwischen Israelis und Palästinensern, zwischen Marokkanern und Sahraouis sowie das Ringen der Kurden um ein eigenes Staatsgebiet;
  • die Identitätssuche der Türkei zwischen Bindungen im Westen an NATO und EU und Konfliktverstrickungen im Nahen Osten;
  • der Antagonismus der Regionalmächte Iran und Saudi-Arabien, die jeweils nach einer Vormachtstellung in der öl- und gasreichen Golfregion streben;
  • das gespannte Verhältnis von Staat und Gesellschaft mit der umstrittenen Rolle von Religion in der Politik sowie der Frage nach der legitimen Verteilung von Einnahmen aus Steuern, Handel und dem Verkauf ­natürlicher Ressourcen.

 

Keiner dieser Grundkonflikte ist bis heute gelöst, im Gegenteil.

Das zeigen vier Beispiele:

  • Der israelisch-palästinensische Annäherungsprozess der 1990er Jahre hat keinen Frieden für Israelis und Palästinenser in einer Zweistaatenlösung erbracht.
  • Der „Krieg gegen den Terror“ mit westlichen Militärinterventionen in Af­ghanistan und im Irak hat in den 2000er Jahren den Dschihadismus nicht in die Knie zwingen und der Golfregion keine Stabilität bringen können.
  • Die Herrschenden haben in den 2010er Jahren von Libyen bis Syrien Bürger­kriege vom Zaun gebrochen, die zerfallende Staaten hinterlassen.
  • Gegenwärtig sind die meisten Menschen in Nordafrika und im Nahen Osten zusätzlich durch Hitzewellen und Wassermangel, die sozialen Kosten infolge der Covid-19-Pandemie sowie Lebensmittelknappheit und Energieverteuerungen aufgrund des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine belastet.

 

Höchste Konfliktdichte

Wie sehr die Region von Spannungen geprägt ist, zeigt sich im globalen Vergleich: Südlich der Europäischen Union werden, gemessen am weltweiten Durchschnitt, gewaltige Summen für den Einkauf von Rüstungsgütern ausgegeben. Dichte und Intensität kriegerischer Auseinandersetzungen sind extrem hoch, ebenso die absoluten Zahlen von Geflüchteten und Vertriebenen.



Kaum ein Staat verfügt über eine homogene Bevölkerungsstruktur. Entsprechend groß ist die Konkurrenz um politische und ökonomische Macht zwischen unterschiedlichen ethnischen und religiösen Gruppierungen. Auch in Rankings auf den Gebieten Korruptionsfreiheit, Regierungsführung und soziale Gerechtigkeit ist selten ein Land aus der Region auf den vorderen Plätzen zu finden.



Kein Wunder also, dass die Regierten immer wieder faire Lebens-, Arbeits- und Zukunftschancen in ihren Ländern einfordern. Diesen Forderungen verleihen sie Ausdruck durch Proteste: Am prominentesten demonstrierten die Menschen in der Region ihre Unzufriedenheit 2011, als sie während der Arabellion allen Mut zusammennahmen, um friedlich zu protestieren – für „Arbeit, Brot, Freiheit und Würde“, für soziale, wirtschaftliche und politische Rechte. So zwangen sie viele Langzeitherrscher zum Abtritt, von Ben Ali in Tunesien bis Hosni Mubarak in Ägypten.



Viele Merkmale des „arabischen“ Protestphänomens kennzeichnen auch die Demonstrationen im Iran seit Mitte September 2022. Unzählige, meist junge Frauen, unterstützt von vielen Männern, protestier(t)en mit dem Schlachtruf „Frau, Leben, Freiheit – Tod der Diktatur“. Landesweit dräng(t)en Menschen aus allen sozialen Schichten sowie ethnischen und religiösen Gruppierungen auf die Straßen und stell(t)en sich der Gewaltreaktion des Regimes entgegen.



Der Wunsch nach Zukunft

Diese Bürgerproteste gegen die Herrschenden im Iran 2022/23 sowie in den arabischen Ländern Algerien, Libanon, Irak und Sudan im Jahr 2019 zeigen Europa, dass die Glut der Arabellion von 2011 erst erlöschen kann, wenn die jungen Gesellschaften in unserer südlichen Nachbarschaft tatsächlich faire Partizipationschancen haben – mittels sozialer Absicherung, besonders durch gute und sicher bezahlte Arbeit, auf Grundlage ziviler und politischer Rechte, garantiert durch eine würdevolle Verwaltung und legitimierte staatliche Autoritäten sowie gewährleistet durch eine funktionierende öffentliche Infrastruktur.



Den Wunsch nach Zukunft machen viele Jugendliche zum Programm, indem sie in ihrer Heimat, abseits staatlicher Aufmerksamkeit, kleine Unternehmen mit Freunden und Bekannten gründen oder lokale Initiativen aufsetzen, die sich zum Beispiel für Nachbarschaftshilfe oder Müllsammlung einsetzen. Doch fehlt es vor Ort an Chancen und Möglichkeiten: Viele arabischstämmige Arbeitskräfte haben die Region bereits verlassen. Entsprechend zentral für die soziale und wirtschaftliche Stabilität vor Ort sind die Rücküberweisungen der Ausgewanderten, die einen Anteil von bis zu 10 Prozent am Bruttosozialprodukt vieler arabischer Länder ausmachen.



Unterschiedliche Lebensrealitäten

Die Wahrnehmung der eigenen Lebens­realität, abhängig von Land und Gesellschaftsschicht, fällt sehr unterschiedlich aus. Der gesellschaftliche Zusammenhalt, die Lebensbedingungen sowie deren Zukunftsfähigkeit variieren erheblich und zeigen viele Gegensätze:

  • Über die aussichtsreichsten Voraussetzungen verfügen ressourcenreiche, aber auch zielgerichtet innovative und effektiv organisierte Länder wie Israel und die Vereinigten Arabischen Emirate.
  • Großen Reichtum an Bodenschätzen besitzen auch Algerien, Libyen, Irak und Iran; doch ihre Gesellschaften stagnieren in Autoritarismus und Korruption, teils auch im Milizentum.
  • Der Jemen, Syrien und Libanon sind tragische Beispiele unterschiedlichen Zerfalls einst multikonfessioneller Staaten, in denen „nichtstaatliche Akteure“ mit eigenen Milizen mehr Macht in den ethnischen und religiösen Gruppen mobilisieren können als gesamtstaatliche Institutionen. Die Mehrzahl der in und um Syrien und Jemen verbliebenen Menschen würde ohne humanitäre Hilfe der EU und der Vereinten Nationen verhungern.
  • Nicht für umfangreiche natürliche Ressourcen bekannt und dennoch relativ stabil sind die von der Weltbank als „Low and Middle Income Countries“ klassifizierten Länder wie die Türkei, Marokko, Tunesien, Ägypten und Jordanien.

 

Europa ist in viele Konflikte verstrickt

Die geografische Nähe, die historischen Bezüge vom Römischen Reich über die Kreuzzüge bis zur Kolonialgeschichte, die mannigfachen Handelsbeziehungen, die Vielfalt der Menschen aus dem Nahen Osten, die in vielen europäischen Ländern leben und arbeiten – dies sind nur einige der Aspekte, die Europa eng mit seiner Nachbarregion im Süden verbinden.



Die politische Nähe zur Europäischen Union ist sehr unterschiedlich. Dabei ragt die Türkei – EU-Beitrittskandidat seit 1999 und Mitglied der NATO seit 1952 – heraus: Sie besetzt eine wichtige geostrategische ­Position zwischen Europa und dem Nahen Osten.



Zehn der 22 nahöstlichen Staaten haben ein herausgehobenes Verhältnis zur EU und gehören zum Kreis der europäischen Nachbarschaftspolitik:  Marokko, Algerien, Tunesien, Libyen, Ägypten, Israel, die palästinensischen Gebiete, Jordanien, Libanon und Syrien (derzeit aber eingefroren). Die EU hat 2004 mit diesen zehn Nachbarländern südlich des Mittelmeerraums und mit sechs ­direkten Nachbarstaaten östlich seiner Grenzen (Belarus, Ukraine, Moldau, Georgien, Armenien und Aserbaidschan) bilaterale Abkommen von unterschiedlicher politischer, wirtschaftlicher und sozialer Tiefe geschlossen. In der Zusammenarbeit mit denjenigen Ländern, die direkt an die EU grenzen, soll die Förderung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit eine besondere Bedeutung haben.



Zu sechs weiteren arabischen Staaten, nämlich den erdöl- und erdgasreichen Königs- und Fürstentümern am Golf, baut die EU eine regionale Partnerschaft auf. Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Katar, Kuwait, Bahrain und der Oman sind in einem Golfkooperationsrat zusammengeschlossen. Das Echo der Fußballweltmeisterschaft Ende 2022 in Katar und die zunehmende Relevanz der Golfregion als Lieferant von fossilen und alternativen Energieträgern unterstreichen die steigende Bedeutung der europäisch-­golfarabischen Beziehungen.



Innereuropäische Dissonanzen

Gleichzeitig verbergen sich hinter den verbindenden Aspekten auch gegensätzliche und widersprüchliche Faktoren. Aus Sicht der EU-Länder gibt es insbesondere auf drei Spannungsfeldern Dissonanzen:

  • Nationale Außenwirtschaftsinteressen lassen EU-Staaten – zum Beispiel Frankreich und Italien in Libyen – um regionalen Einfluss konkurrieren.
  • Eigene, historisch gewachsene Beziehungen zu einzelnen Ländern im Nahen Osten oder Nordafrika – wie etwa zwischen Frankreich und Algerien oder zwischen Spanien und Marokko – bestimmen die nationale Agenda manchmal stärker als europäische Strategien.
  • Gleiches gilt für nationale Abwehr­reaktionen gegenüber Einwanderung und Islam, wie sie sich etwa in Ungarn und Italien zeigen. So widerspricht nationalstaatliches Handeln oft gemeinsamen Erklärungen auf europäischer Ebene.

 

USA, Russland und China

Hinzu kommt, dass Europas Interessen und Politik in der Region durch drei Außeneinflüsse geschwächt werden.

Die transatlantische Partnerschaft in der Nahostregion hat seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 ihre Kontinuität verloren. Die USA sind zwar noch immer die stärkste westliche Militärmacht in der Mittelmeer- und Golfregion, aber sie verlangen von den Europäern mehr Eigenverantwortung.



Zudem hat Russland seine politische und mili­tärische Macht im östlichen Mittelmeerraum nach der Annexion der Krim im Jahr 2014 und seinen militärischen Interven­tionen in den Bürgerkriegen in Syrien 2015 und in Libyen 2018 entscheidend ausgebaut. Präsident Putins Spaltungslogik wird im Nahen Osten durch die Stationierung ­von russischen Soldaten und Söldnern besonders entlang zentraler Flucht- und Migrationsrouten nach Europa deutlich.



Und die chinesische Außenwirtschaftspolitik zielt darauf ab, globale Handelswege zu kontrollieren und exklusiven Zugang zu essenziellen Rohstoffen zu sichern. Neben Investitionen in gewaltige Infrastrukturprojekte von der neuen ägyptischen Hauptstadt bis zur Güterzugtrasse von Xian nach Istanbul steigt Chinas Einfluss auch, weil die EU-Nachbarn zunehmend vom Import chinesischer Hightech-Produkte abhängig werden.



So gerät selbst der zentrale Pfeiler außenpolitischer Gestaltungsmöglichkeiten der EU, ihre Wirtschafts- und Handelskraft, unter Druck: Europa verliert an Stärke in der eigenen Nachbarschaft. Das muss kein unabwendbares Schicksal bleiben. Wir Europäer haben Energie und Ressourcen, gemeinsam mit unseren Nachbarn einen neuen Aufbruch zu wagen. Rückendeckung dafür gibt ein hochrangiger europapolitischer Auftrag: Die EU-Außenpolitik verfügt seit 2000 über eine eigene Mittelmeerstrategie, deren Grundlagen sich auch im Lissabon-Vertrag von 2007 wiederfinden. In dessen Artikel 8 hat sich die EU verpflichtet, ihre Beziehungen zu ihren direkten Nachbarn auf der Basis von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, gutem Regieren und sozialer Marktwirtschaft weiterzuentwickeln.



Auch in jüngster Zeit haben die 27 Staats- und Regierungschefs der EU diesen Anspruch wieder unterstrichen. In der Erklärung des Europäischen Rates vom 11. Dezember 2020 heißt es in Abschnitt 36: „Eine demokratische, stabilere, grünere und wohlhabendere südliche Nachbarschaft ist eine strategische Priorität für die EU. 25 Jahre nach der Einleitung des Barcelona-Prozesses (Begründung der Euro-Mediterranen Partnerschaft) sind wir entschlossen, diese strategische Partnerschaft, die auf einer gemeinsamen Geografie und Geschichte beruht, neu zu beleben, zu stärken und weiter auszubauen.“



Vorschläge für eine Neujustierung

Sieben Handlungsfelder müssten für eine Neujustierung der europäischen Nahost- und Nordafrika-Politik weiterentwickelt werden:

  1. Die südliche Nachbarschaft sollte über faire Handelsregelungen, umfassende ­Infrastrukturinvestitionen und belast­bare gemeinsame Lieferketten partnerschaftlicher und intensiver an den EU-Binnenmarkt angebunden werden. Dadurch wird die gesamte Region wirtschaftlich und sozial gestärkt und die EU in der geoökonomischen Konkurrenz gerade mit China und Russland resilienter. Die aktuelle Studie des Wiener Instituts für Internationale Wirtschaftsvergleiche und der Bertelsmann Stiftung „Keeping friends closer: Why the EU should address new geoeconomic realities and get its neighbours back in the fold“ unterstreicht diese Empfehlung mit Daten und Fakten.
  2. Die außenpolitische Handlungsfähigkeit der EU muss mit aller Kraft gestärkt werden, auch wenn die 27 Mitgliedstaaten sich nicht auf das Prinzip der Mehrheitsentscheidungen einigen können. Arbeitsteilung wirkt entlastend und steigert die Effizienz: Die EU-27 sollten in regionalen Krisen häufiger die Zuständigkeit auf die/den EU-Außenbeauftragte:n und das Personal im Europäischen Auswärtigen Dienst (EAD) übertragen, die dann in ihrem gemeinsamen Namen handlungsfähig sind oder, wie bei den Atomkontrollverhandlungen mit dem Iran, waren. Alternativ sollten die Mitgliedstaaten – wie im Falle Libyens – auf Vertretungen durch E3- oder E4-Konstellationen unter Einbindung des EAD zurückgreifen oder die Position des EU-Sondergesandten mit einfluss­reicheren Persönlichkeiten stärken.
  3. Um den europäischen Interessen Nachdruck zu verleihen, muss die EU auch schneller und effizienter Konflikttreibende und Krisenprofiteure von Libyen bis Iran öffentlich klar benennen und sie in rechtsstaatlichen Verfahren mit Einreiseverboten und dem Einfrieren von Guthaben in Europa zielgerichtet sanktionieren.
  4. Defizite bei Rechtsstaatlichkeit, Regierungsfähigkeit und Bürgerorientierung in einzelnen EU-Staaten müssen zuvorderst behoben werden, bevor Europa dies bei den Nachbarn einfordert. Es ist ein sehr widersprüchliches Signal, wenn gegenüber Ländern wie Tunesien der Abbau von Gewaltenteilung kritisiert wird, wenn etwa im Falle Polens trotz aktueller Nachbesserungen offenbleibt, wie sehr die Regierung die Justiz kontrollieren kann. Die Aktivierung des Rechtsstaatsmechanismus im Falle der ungarischen Regierung zeigt, dass die EU mit Blick auf ihre Werte und Grundsätze durchaus auch nach innen Zähne zeigen kann. So können auch berechtigte Forderungen nach Rechtsstaatlichkeit und guter Regierungsführung, die an Entwicklungszusammenarbeit geknüpft sind, von den Nachbarn in Nahost und Nordafrika glaubwürdig eingefordert werden.
  5. Sämtliche Westbalkanstaaten sollten schnell in die EU aufgenommen werden. Mit einer EU-Mitgliedschaft Albaniens würde zudem ein Zeichen dafür gesetzt werden, dass auch ein mehrheitlich muslimischer Staat auf europäischem Boden EU-Mitglied werden kann. Vielleicht würde ein solcher kluger politischer Schritt die hartnäckige Streitfrage, ob die muslimische Türkei (86 Millionen Menschen) in den „christlichen Club Europa“ passt, entideologisieren und entdramatisieren. Langfristig gedachte europäische Nachbarschafts- und Erweiterungspolitik sollte sich bereits heute darauf vorbereiten, aktiv neuen Anlauf für die europäisch-türkischen Beziehungen in einer Nach-Erdoğan-Ära zu nehmen und an der Beitrittsperspektive festhalten.
  6. Über grüne Energiepartnerschaften sollte gemeinsam mit dem Süden der „­European Green Deal“ engagiert umgesetzt werden. Durch gemeinsame Investitionen können alternative, regenerative grüne und übergangsweise blaue Energieträger zusammen gewonnen und genutzt, das benötigte Fachpersonal gefördert und die notwendige Infrastruktur finanziert werden. Dabei sollten alle Seiten von wissenschaftlicher Forschung profitieren. Mit Marokko geht die EU in einer grünen Partnerschaft bereits voran.
  7. Pflegekräfte, Lehrer, Baustellenpersonal, Handwerker, Elektriker, Bäcker, Reinigungskräfte und Beamte werden nicht nur in Europa händeringend gesucht, sondern ebenfalls im Nahen Osten und in Nordafrika gebraucht. Auch wenn die Bevölkerung in Europa altert, während sie im Süden noch jung ist, müssen Mobilität und Fachkräfteförderung gemeinsam gestaltet werden. Das kann funktionieren, wenn Arbeitssuchende, Auszubildende und Studierende einen Teil ihrer Bildungs- und Arbeitszeit in beiden Regionen zum Nutzen aller Gesellschaften absolvieren. Das Erasmus-plus-Programm bietet bereits umfangreiche Möglichkeiten für den Austausch auf allen Ebenen – noch wagen sich jedoch zu wenige Europäerinnen und Europäer auf den erlebnisreichen Weg in die traditionsreichen Universitäten, Werkstätten und Zivilgesellschaftsinstitutionen ihrer südlichen Nachbarn.   
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Bibliografische Angaben

Internationale Politik 2, März/April 2023, S. 18-24

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Christian-P. Hanelt ist Experte für die europäische Nachbarschaftspolitik Süd sowie die Beziehungen der EU zu Nordafrika, dem Nahen Osten und der Golfregion. Er arbeitet als Senior Expert der Bertelsmann Stiftung in Berlin.

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