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01. Dez. 2007

Bombenstimmungsmache

Buchkritik

Norman Podhoretz schwört Amerika auf den vierten Weltkrieg ein

Analyse ohne Wertung war noch nie die Sache von Norman Podhoretz, neokonservative Gallionsfigur und Berater von Rudy Giuliani. Das war schon 1970 so, als er der amerikanischen Linken, der er zuvor selbst angehört hatte, den „full-scale war“ erklärte. Und das ist heute nicht anders, wie sein neues Buch schon im Titel zeigt.

„World War IV. The Long Struggle Against Islamofascism“ lautet der Titel des Bandes, in dem Podhoretz sich mit aller Wortgewalt auf die Seite von George W. Bush schlägt. Dessen Politik nach 9/11 – die im Buch herausgearbeitete Bush-Doktrin – stellt für Podhoretz die einzig angemessene Antwort der USA auf den „Islamo-faschismus“ dar. Realismus, liberaler Internationalismus oder Isolationismus sind für Podhoretz nicht nur keine Alternativen, er macht sie rückblickend sogar mitverantwortlich für die aktuelle Bedrohung der USA.

Die Bush-Doktrin soll nach Podhoretz heute das leisten, was Containment im World War III (dem Kalten Krieg) geschafft hat: Die Niederringung eines ideologischen Gegners des Westens, mit dem keine Versöhnung möglich ist. Podhoretz benennt vier Säulen dieser Doktrin: zunächst die Bereitschaft, bei einem Gegner wie dem „Islamofaschismus“, einer Aktualisierung der Totalitarismen des 20. Jahrhunderts, von einem Kampf zwischen Gut und Böse zu sprechen. Zweitens die realistische Wahrnehmung des Gegners: „not individual psychotics acting on their own; they were, rather, agents of organizations that depended on the sponsorship of various governments“. Brutstätte dieser Organisationen sei nicht Armut, sondern politische Unterdrückung, weswegen „regime change“ die richtige Strategie darstelle. Die Entschlossenheit des Gegners zum Massenmord bis hin zum „nuclear holocaust“ mache drittens „the assertion of our right to preempt“ unabdingbar, um dessen Zugang zu Massenvernichtungswaffen zu unterbinden.

Die vierte Säule ist eine Rekonzeptualisierung des Nahost-Konflikts, der kein Kampf zwischen dem „Goliath“ Israel und dem palästinensischen „David“ sei; tatsächlich würden die Palästinenser von den gegen die Existenz Israels formierten Staaten der Region „as pawns in the Middle East conflict“ missbraucht. Eine Lösung dieser Frage sei also nur durch eine Lösung der Probleme der muslimischen Welt zu haben, nicht umgekehrt. Podhoretz’ zusammenfassende Parole für diesen Krieg: „make the Middle East safe for America by making it safe for democracy“.

Diese Politik bringt Bush für Podhoretz auf eine Höhe mit Präsidenten wie Roosevelt, Truman oder Reagan. Sein einziger Vorwurf: „the president’s failure to call the enemy and the struggle by their true names“. Das will Podhoretz mit „World War IV“ korrigieren. Seinen eigenen Platz in diesem Krieg sieht er an der „home front“. Dort verteidigt er die Bush-Doktrin mit nimmermüder Ausdauer gegen Ignoranz, Defätismus und Amerikafeindschaft, die er links wie rechts, an den Universitäten wie in den Medien, in Europa und in den UN findet, bis am Ende als Garanten für den Sieg nur noch Bush selbst und das „invisible America“, die einfachen Amerikaner, die George Bush wiedergewählt haben, übrigbleiben.

Die Streitschrift erhält so eine eigenartige Schieflage: Podhoretz versucht leidenschaftlich, Amerika auf den Vierten Weltkrieg einzuschwören, hält die Chancen für diese Mission jedoch selbst für gering. Da er sich zudem beinahe ausschließlich mit den Bush-Gegnern auseinandersetzt, Krieg und Gegner aber letztlich diffus bleiben – er schreibt selbst von „this nebulous enemy“ –, scheint tatsächlich fraglich, ob Podhoretz’ Kriegsappell neben den ohnehin schon Überzeugten auch Skeptiker erreichen kann.

Norman Podhoretz: World War IV. The Long Struggle Against Islamofascism, Doubleday, New York 2007, $ 24,95

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Bibliografische Angaben

Internationale Politik 12, Dezember 2007, S. 137 - 138.

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