Amerikas Erwartungen an die NATO
Obwohl die Wunde, die den transatlantischen Beziehungen durch den Irak-Krieg zugefügt
wurde, noch lange nicht verheilt ist, ist man in Washington entschlossen, sich über die Verbitterung
hinwegzusetzen und gangbare Wege zu finden, die neuen Sicherheitsherausforderungen
anzugehen. Um diesen Heilungsprozess voranzutreiben, müssen sich jedoch die europäischen
Verbündeten besser den Bündnisstrukturen anpassen, vor allem größere Belastungen übernehmen
und ihre Verteidigungsfähigkeit transformieren.
Die NATO hat nach wie vor breiten
parteiübergreifenden Rückhalt in den Vereinigten
Staaten, sowohl unter den Spitzenpolitikern als auch bei
der Bevölkerung. Nach einer Phase tiefster
Zerstrittenheit in den transatlantischen Beziehungen
über den Irak-Krieg ist dies keine
Selbstverständlichkeit. Dieser Rückhalt spiegelt
sich wider in den Forderungen führender Demokraten und
Republikaner im Kongress nach einem stärkeren
NATO-Engagement bei der Stabilisierung und dem Wiederaufbau
Afghanistans und Iraks.
Trotz der Schmähungen und Beschimpfungen
gegenüber einigen europäischen Regierungen im
öffentlichen politischen Diskurs betrachtet das
politische Establishment in den USA die NATO immer noch als
ihren bevorzugten Partner bei der Bewältigung neuer
Bedrohungen. Unbestritten ist, dass sich zwischen Europa
und den Vereinigten Staaten eine wachsende Kluft aufgetan
hat, was die strategischen und militärischen
Fähigkeiten betrifft. Doch gibt es auch einige
ausgleichende Faktoren, die die Bindung der USA an die NATO
festigen. Allem voran herrscht zwischen den Partnern ein
tief gehendes, unverbrüchliches Vertrauen in die
transatlantische Sicherheitsgemeinschaft. Es wurzelt in
gemeinsamen Werten und Interessen und wurde durch das
Vermächtnis eines über 40 Jahre andauernden
Kampfes zur Ausdehnung des Freiheits- und
Wohlstandsgürtels in Europa gestärkt.
Darüber hinaus liegt die Antwort auf die pragmatische
Frage, welche Länder ein Eigeninteresse daran haben
und die Fähigkeiten dazu besitzen, die Vereinigten
Staaten bei der Wahrung der internationalen Stabilität
und des Weltwirtschaftssystems zu unterstützen, bei
unseren NATO-Verbündeten.
Jüngste Versuche der amerikanischen Regierung, sich
Verbündete zur Bildung von Ad-hoc-Koalitionen für
den Krieg gegen den Terrorismus und für den Irak-Krieg
zu suchen, haben bei einigen Politikern in Europa den
Eindruck entstehen lassen, die Vereinigten Staaten
betrachteten die NATO als Werkzeugkasten, aus dem sie sich
nach Belieben für ihre Militäroperationen
bedienen könnten. Dies könnte tatsächlich
die zukünftige Vorgehensweise der USA gegenüber
der NATO werden, wenn die europäischen
Verbündeten nicht entschlossener ihre
militärischen Fähigkeiten ausbauen und wenn sie
sich nicht wirksamer an den gegenwärtigen
Stabilisierungsbemühungen in Afghanistan und Irak
beteiligen. Aber dieses „NATO à la
Carte“ trifft keineswegs auf breite politische
Zustimmung in den Vereinigten Staaten. Die Erfordernisse
Nachkriegs-Iraks haben zwar gezeigt, dass es für die
USA viel besser ist, bei der Durchführung derart
komplexer Stabilisierungseinsätze mit einer
möglichst breit angelegten Gruppe von Verbündeten
und Partnern zu arbeiten. Doch in Washington herrscht ein
breiter Konsens, dass weitere Anpassungen des
Bündnisses erforderlich sind. Dazu gehören: die
Absprache einer gemeinsamen Strategie bei kritischen
Entscheidungen, verstärkte europäische
militärische Fähigkeiten, um eine gerechtere
Lastenverteilung zu ermöglichen, die Anpassung der
Partnerschaft für den Frieden (PfP), um zu
gewährleisten, dass sie weiterhin für
Stabilität entlang der NATO-Peripherie sorgen kann und
die Entwicklung von besseren Beziehungen zu Russland, zur
Ukraine und zu den Ländern des Weiteren Nahen
Ostens.
NSS und ESS
Die im September 2002 verabschiedete amerikanische
Nationale Sicherheitsstrategie (NSS) und die im Dezember
2003 verabschiedete Europäische Sicherheitsstrategie
(ESS) kommen zu ähnlichen Schlussfolgerungen, was die
zentralen Sicherheitsherausforderungen des beginnenden 21.
Jahrhunderts angeht: weltweiter Terrorismus, Verbreitung
von Massenvernichtungswaffen, Regionalkonflikte,
Staatsversagen und Organisierte Kriminalität. Was die
Bewältigung von Regionalkonflikten und die Beseitigung
der Ursachen für schlechte Regierungsführung und
Armut angeht, sehen beide Papiere die Möglichkeit der
Zusammenarbeit mit einem breiten Kreis von Staaten vor. Bei
der Bekämpfung des Terrorismus und der Verbreitung von
Massenvernichtungswaffen schlagen sie jedoch verschiedene
Wege vor.
Die Vereinigten Staaten befinden sich im wahrsten Sinne
des Wortes im „Krieg“ gegen den Terrorismus
(mit der umfassenden Mobilisierung der nationalen
Ressourcen, die dieser Ausdruck beinhaltet), getrieben von
der Angst, dass beim nächsten „11.
September“ sehr wohl Massenvernichtungswaffen im
Spiel sein könnten. Die meisten europäischen
Regierungen stellen sich auf den Terrorismus ein als einen
lang anhaltenden Kampf, der am besten von
Sicherheitskräften, Polizei und Justiz geführt
werden sollte. Das Risiko katastrophaler Terrorakte wird,
trotz seiner Anerkennung in der ESS, im europäischen
Sicherheitsdiskurs als ein eher unwahrscheinliches Ereignis
betrachtet. Die ESS fordert zu präventivem Vorgehen
auf, um der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen,
Staatsversagen und humanitären Katastrophen
vorzubeugen. Sie legt großen Wert auf die Wirksamkeit
von bestehenden Nichtverbreitungsregimen. Die im
Frühjahr 2004 aufgedeckten Machenschaften des Abdul
Qadeer Khan erinnern daran, wie durchlässig
Nichtverbreitungsregime sind, und daran, dass
präventives Vorgehen als Strategie nicht effektiv ist
bei der Bekämpfung von Problemen an der Schnittstelle
von Terrorismus und Massenvernichtungswaffen. Ein
stärker auf das Thema Nichtverbreitungspolitik und die
Folgen des Erwerbs von Massenvernichtungswaffen durch
Terroristen fokussierter transatlantischer Dialog wäre
ein Weg, Übereinstimmungen bei komplementären
Strategien innerhalb der NATO, der
amerikanisch-europäischen Beziehungen und der
bilateralen Zusammenarbeit zwischen Verbündeten zu
identifizieren.
Fähigkeiten
Ein Schlüsselfaktor, der die Einstellung der
Vereinigten Staaten zur NATO im nächsten Jahrzehnt
definieren wird, ist die Effektivität der
europäischen Mitglieder beim Ausbau ihrer
Verteidigungsfähigkeiten. Das Bündnis hat in den
letzten zwei Jahren einige beeindruckende Entscheidungen im
Hinblick auf seine militärischen Fähigkeiten
gefällt, darunter die Schaffung einer neuen
Befehlsstruktur, der Beschluss der Prager
Fähigkeitsverpflichtungen („Prague Capabilities
Commitments“) und die Entwicklung der
NATO-Reaktionskräfte (NATO Response Force/NRF).
Ob diese Ziele erreicht werden, bleibt abzuwarten. Die
Beschaffungspläne der meisten europäischen
Verbündeten hinken den Zielen hinterher, da die
erforderlichen Mittel für die Umwandlung des
Militärs und für Verteidigung im Allgemeinen noch
nicht zur Verfügung gestellt wurden. Die Kluft
zwischen den Fähigkeiten der Vereinigten Staaten und
der anderen Verbündeten wächst. Die
Verbündeten nehmen Kürzungen in Höhe von 40
bis 50 Prozent bei ihren Streitkräften vor, und die
Regierungen werden wahrscheinlich die Mittel, mit denen
diese Streitkräfte finanziert wurden, in
nichtverteidigungsbezogene Programme reinvestieren. Im
Gegensatz dazu ist das Verteidigungsbudget der USA seit
2001 um 35 Prozent gestiegen. Dies beinhaltet eine
26-prozentige Steigerung bei den Beschaffungsmitteln und
eine 56-prozentige Steigerung bei der Finanzierung von
Forschung & Entwicklung – beides Maßnahmen
zur schnelleren Umwandlung des Militärs. Ganz
NATO-Europa gibt in etwa 12 Milliarden Dollar für
Forschung & Entwicklung aus, während die USA ca.
50 Milliarden Dollar ausgeben.
Die Prager Initiativen wurden entwickelt als eine
Herausforderung der Vereinigten Staaten an die
Verbündeten angesichts von Beschwerden über die
Ausschließung der NATO von der Planung und
Durchführung der „Operation Enduring
Freedom“ in Afghanistan. Die amerikanische Regierung
kam zu dem Schluss, dass die meisten Verbündeten zu
wenige Streitkräfte beitragen könnten, die
für einen unabhängigen Einsatz über weite
Entfernungen – wie für Afghanistan nötig
– gebraucht werden. Erst der vollständige Ausbau
der NRF zu einer schnell einsatzbereiten Truppe würde
die NATO befähigen, die anspruchvollsten modernen
Militäreinsätze durchzuführen und dadurch
die kritische Kluft bei den militärischen
Fähigkeiten und Verpflichtungen verringern.
Die Amerikaner befürworten größtenteils
auch eine Umwandlung von Kernbereichen der NATO-Truppen als
einen anderen Weg, die Kluft bei den Fähigkeiten zu
verringern. Das neue Alliierte Hauptkommando für
Transformation (ACT) wurde gebildet, um die
europäische Reform voranzubringen. Es steht in enger
Verbindung zu dem „US Joint Forces Command“,
das eine führende Rolle bei der Transformation der
amerikanischen Streitkräfte spielt. Durch den
Austausch von Erfahrungen, die in amerikanischen
Übungen und Versuchen mit neuen operativen Konzepten
gemacht wurden, erhofft man sich Anregungen für die
europäischen Streitkräfte. Es wird auch
anerkannt, dass NATO-Mitgliedstaaten unterschiedliche
Niveaus von Fähigkeiten und Ressourcen haben. Nicht
jeder Bündnispartner kann sich modernste Jagdbomber,
eigene Flotten ferngelenkter unbemannter Flugkörper,
Vorräte an Präzisionswaffen oder Tankflugzeuge
leisten. In der Tat ist es vielleicht für manche
Mitgliedstaaten, insbesondere für die neuen, am
besten, wenn sie sich auf die Bereiche konzentrieren, in
denen sie besondere Stärken oder spezialisierte
Fähigkeiten haben.
Verpflichtungen
Afghanistan wird die Nagelprobe für die
Fähigkeit der NATO sein, für Stabilität
jenseits der europäischen Peripherie zu sorgen. Die
Übernahme des Kommandos der Internationalen
Schutztruppe in Afghanistan (ISAF) durch die NATO ist
operativ gesehen eine große Herausforderung gewesen,
da flexible, schnell einsatzbereite und schlagkräftige
kleine Einheiten erforderlich waren. Während die
NATO-Streitkräfte ihrer Verantwortung gerecht geworden
sind, haben europäische Regierungen bisher noch nicht
die Truppen zur Verfügung gestellt, die sie für
die Erweiterung der ISAF-Unterstützung für
Wiederaufbauteams („Provincial Reconstruction
Teams“) außerhalb von Kabul versprochen hatten,
und erhebliche Mängel bestehen weiterhin bei der
Luftwaffe. Dies zeugt sowohl von der Knappheit der
einsatzbereiten europäischen Streitkräfte als
auch, in manchen Fällen, vom fehlenden politischen
Willen. Sollten die erforderlichen Streitkräfte nicht
verfügbar gemacht werden, wäre dies ein schwerer
Rückschlag für das Bündnis, der den Erfolg
der nunmehr für September angekündigten Wahlen in
Afghanistan in Frage stellen könnte.
Die Rolle der NATO und der verbündeten nationalen
Streitkräfte bei der „Operation Iraqi
Freedom“ (OIF) ist umstritten, und die künftige
Rolle des Bündnisses in Irak bleibt ungewiss. Der
amerikanische Kongress unterstützt immer noch
nachhaltig ein stärkeres Engagement der NATO bei den
Aufbaubemühungen in Irak. Dieser Enthusiasmus wird
jedoch durch das Versagen der Verbündeten bei der
versprochenen Bereitstellung von Truppen in Afghanistan
etwas gedämpft. Auf einer ausschließlich
nationalen Ebene sind gegenwärtig 15
NATO-Mitgliedstaaten an der OIF beteiligt. Im Mai 2003 hat
das Bündnis zugestimmt, Polen als einen Mitgliedstaat
bei der Führung eines Sektors innerhalb der
Stabilisierungsmacht zu unterstützen. Angesichts der
politischen Vorbehalte in Europa über die Situation in
Irak wie auch des Mangels an einsatzbereiten
europäischen Streitkräften scheint es
unwahrscheinlich, dass die NATO – zumindest
vorläufig – weitere Verantwortung für
Stabilisierungsoperationen in Irak übernehmen
wird.
In den letzten 15 Jahren haben drei verschiedene
amerikanische Regierungen die Entwicklung einer wichtigeren
europäischen Rolle innerhalb des Bündnisses sowie
das Entstehen einer Europäische Sicherheits- und
Verteidigungspolitik (ESVP) begrüßt. Die Kritik
Washingtons an einzelnen Bereichen der ESVP mag bei manchen
Zweifel an der Bereitschaft der USA haben aufkommen lassen,
sich auf eine gleichberechtigte Beziehung einzulassen. Die
Unterstützung für eine stärkere
europäische Integration und eine ESVP, die die NATO
ergänzt, bleibt jedoch ungebrochen. Der Nutzen und die
Ernsthaftigkeit der ESVP werden in Washington anhand von
Einsätzen und Fähigkeiten, die von EU
Mitgliedstaaten realisiert werden, gemessen werden. Die
Bereitschaft der EU, die Berlin-Plus-Vereinbarungen
umzusetzen, wird wahrscheinlich ein entscheidender Faktor
für die Einstellung der USA gegenüber
zukünftigen EU-Operationen sein. Die erklärte
Bereitschaft der EU, diese Absprachen bei einer
möglichen Folgemission zur SFOR anzuwenden, ist von
den USA (und anderen Nicht-EU-Verbündeten)
begrüßt worden.
Partnerschaften
Seit seiner Einrichtung vor über einem Jahrzehnt
ist das Programm der Partnerschaft für den Frieden ein
uneingeschränkter Erfolg beim Aufbau von Kooperation
mit Ländern entlang der Peripherie des NATO-Gebiets
und bei der Vorbereitung von Partnern auf die
Mitgliedschaft gewesen. Die NATO ist jetzt auf 26
Länder angewachsen, wobei zehn der ursprünglichen
zwei Dutzend PfP-Partner das Ziel der Mitgliedschaft
erreicht haben. Dieser Übergang markiert das Ende
einer Ära und wirft Fragen über die Richtung und
das längerfristige Bestehen der PfP auf. Die
strategische Raison d’être der PfP, die
Stabilität von Ländern entlang der
NATO-Peripherie zu erhöhen und die Kooperation mit
diesen Ländern zu fördern, bleibt ein
überzeugendes Argument für die PfP im Hinblick
auf eine weitere Erweiterung des Bündnisses, den Krieg
gegen der Terror, das wachsende westliche Interesse an
Südwest- und Zentralasien und die Zunahme
autoritärer und neoimperialistischer Stimmungen in
Russland.
Seit dem 11. September wird die PfP mit neuen
Herausforderungen an die Sicherheit und mit potenziellen
Einsätzen in einem größeren geographischen
Gebiet konfrontiert. Der Hauptanreiz für das
Engagement von Partnern in der PfP, durch ihre Mitarbeit
die NATO-Mitgliedschaft zu erhalten, ist schwächer
geworden. Entweder sind die übrig gebliebenen Partner
nicht an der Mitgliedschaft interessiert, oder sie werden
wohl erst in vielen Jahren dem Bündnis beitreten.
Nichtsdestoweniger hat die PfP das Potenzial, ein
wertvolles Instrument bei der Bekämpfung von
Terrorismus, der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen
und konventionellen Waffen und anderer transnationaler
Bedrohungen zu werden. Um sich dieser Herausforderung zu
stellen, muss die PfP aber umstrukturiert, angemessen
ausgestattet und besser in ergänzende bilaterale und
regionale Anstrengungen integriert werden. Der NATO-Gipfel
in Istanbul im Juni 2004 könnte einen neuen Kurs
für die PfP, mehr in Richtung Balkan,
Schwarzmeer-Region und Zentralasien festlegen.
Die noch im Aufbau befindliche Partnerschaft der NATO
mit Russland könnte dazu beitragen, einige der
Sicherheitsprobleme wie den Terrorismus und die Verbreitung
von Massenvernichtungswaffen anzugehen.
NATO-Aktivitäten in Zentralasien und im Weiteren Nahen
Osten werden sich reibungsloser entwickeln, wenn das
Bündnis einen konstruktiven politischen Dialog und
eine operative Kooperation mit Russland aufbaut. Die NATO
muss auch effektive Methoden finden, um ihre Partnerschaft
mit der Ukraine zu verbessern, da die Unabhängigkeit
dieses Landes für die europäische Sicherheit von
lebenswichtiger Bedeutung ist. Die Ukraine hat ihr
Interesse an einer Mitgliedschaft in der NATO erklärt,
aber ihre innere politische Situation schließt zur
Zeit die Entwicklung eines Aktionsplans zur Mitgliedschaft
aus. Die Ukraine bleibt weiterhin aktiv beteiligt an der
PfP, und diese Beteiligung kann helfen, weiter gefasste
Reformen im Sicherheitssektor zu fördern.
Die USA haben sich mit einigen europäischen
Regierungen über verschiedene Ideen zur Stärkung
von guter Regierungsführung, Rechtsstaatlichkeit und
regionaler Kooperation im Weiteren Nahen Osten
ausgetauscht. Diese Initiative soll kein Versuch sein, den
Ländern in der Region ein bestimmtes Modell oder eine
bestimmte Regierungsform aufzuzwingen. Die Hoffnung ist,
dass man die Beziehungen zu diesen Ländern und den
Dialog mit den Regierungen und den Völkern des Nahen
Ostens verbessern kann, indem man auf der Grundlage des
NATO-Mittelmeer-Dialogs und des EU-Barcelona-Prozesses
aufbaut. Diese Initiative für den Weiteren Nahen Osten
wird wahrscheinlich auch eine maßgebliche
zivilgesellschaftliche Komponente beinhalten, die dazu
beitragen soll, einen Teil der in dieser instabilen Region
aufgestauten Wut gegen den Westen abzubauen.
Die anhaltende Verpflichtung Amerikas zur NATO
gründet sich auf einer festen, von beiden politischen
Parteien gestützen Basis und einer nüchternen
Einschätzung der nationalen Interessen. Obwohl die
Wunde, die den transatlantischen Beziehungen durch die
Debatte über den Irak-Krieg zugefügt wurde, noch
lange nicht verheilt ist, ist man in Washington
entschlossen, sich über die Verbitterung
hinwegzusetzen und gangbare Wege zu finden, die neuen
Sicherheitsherausforderungen anzugehen. Dieser
Heilungsprozess wird jedoch ernsthafte Anstrengungen
seitens der europäischen Verbündeten erfordern,
sich den Bündnisstrukturen anzupassen,
größere Belastungen zu übernehmen und ihre
Verteidigungsfähigkeit zu transformieren.
Internationale Politik 6, Juni 2004, S.19-24
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