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01. Nov. 2018

1001 Macht

Wer bewegt die Wirtschaft am Golf? Sieben Porträts

Waren die ölreichen Golfstaaten bisher verschwiegen und sehr auf sich selbst fokussiert, so drängen sie nun auf die Weltbühne. Als Investoren wirken die Vertreter ihrer Staatsfonds bei globalen Konzernen in Aufsichtsräten mit. Marken wie Emirates und Qatar Airways zieren die Trikots der weltbesten Fußballer. Welche Köpfe stecken dahinter?

Mohammed bin Salman bin Abdulaziz Al Saud

Prinz Alwaleed bin Talal Al Saud

Scheich Ahmed bin Saeed Al Maktoum

Sarah Al-Suhaimi

Nasser Al-Khelaifi

Mohammed bin Ali Rashed Al-Abbar

Scheich Faisal bin Qassim Al Thani

Mohammed bin Salman bin Abdulaziz Al Saud

Kronprinz von Saudi-Arabien und Chairman Public Investment Fund
geboren 31. August 1985 als Sohn des heutigen Königs Salman bin Abdulaziz Al Saud in Dschidda
Ausbildung: Bachelor of Law an der King Saud University, Riad
Stationen: 2009 Berater seines Vaters, damals Gouverneur von Riad, 2015 Verteidigungsminister, Vize-Kronprinz und Chef des Rates für Wirtschaftsreformen, seit Juni 2017 Kronprinz

Er ist ein Mann der Rekorde: Noch nie wurde ein 31-Jähriger zum saudischen Kronprinz ernannt, noch nie in der jüngeren Geschichte des Königreichs wurde ein Sohn Nachfolger seines Vaters auf dem Thron der Al Sauds. Und noch nie hatte jemand dort solch eine ökonomische Macht: Als Vorsitzender des saudischen Staatsfonds Public Investment Fund (PIF) lenkt Mohammed bin Salman die Geschicke weit über die Arabische Halbinsel hinaus. Den PIF will er mit zwei Billionen Dollar Kapital zum mit Abstand größten Staatsfonds der Welt machen.

Vor allem aber will MbS den PIF als Reformmotor nutzen: Gefüllt mit den Einnahmen aus dem – immer wieder verschobenen – Börsengang des Ölkonzerns Saudi Aramco, sollen die PIF-Investments den global führenden Petrostaat zu einer diversifizierten und wissensbasierten Volkswirtschaft machen.

Gerade die Jugend des Landes verehrt den Prinzen wie einen Popstar. Denn der Erfinder der Vision 2030 gilt als großer Modernisierer. Und auch wenn es ihm dabei um ökonomische, nicht so sehr um politische Teilhabe geht, so hat MbS doch immerhin die Rückkehr des bisher extrem konservativen wahhabitischen Islam in Saudi-Arabien zum liberalen muslimischen Glauben der Zeit vor dem Anschlag auf die Moschee in Mekka 1979 angekündigt.

Dies und die Einräumung von mehr Frauenrechten bringt die Konservativen gegen MbS auf; die Strategie, sich nichts politisch abtrotzen zu lassen, sondern es von oben zu gewähren, stört die Progressiven. Er hat zudem Subventionen für Benzin, Wasser und Strom drastisch gekürzt, um die durch massive Ölpreisschwankungen bedrohte Staatsschatulle zu schützen. Und während MbS im eigenen Land Reformen will, hat er als Verteidigungsminister mit dem Krieg im Jemen und der Blockade des kleinen Katar sowie klaren Worten in Richtung Iran harte Hand gezeigt.

Der große Reformer hat eine kleine Schwäche: teure Yachten. Als MbS 2015 im Urlaub in Südfrankreich die 134 Meter lange Superyacht des russischen Wodka-Moguls Juri Scheffler sah, wollte er sie unbedingt haben. Noch am selben Tag kaufte der Prinz die Yacht laut New York Times für unglaubliche 500 Millionen Euro – statt der 330 Millionen Dollar, die der Bau gekostet haben soll.

Politisch entscheidender scheint, was Paul Stevens von der Londoner Denkfabrik Chatham House schreibt: „Das Problem ist, dass er unberechenbar ist und dass am Ende unklar ist, auf wessen Rat er hört.“ Immerhin ist bekannt, wann er zuhört: zumeist nachts. Dann lässt er Minister, Berater und Vertraute zu sich rufen und spricht mit ihnen über große Pläne und kleinste Details. Von Gesprächspartnern wird er als „mit Details sehr vertraut“ und „entscheidungsfreudig“ beschrieben.

MbS hat sein Land auf Trab gebracht, steuert auf umwälzende Reformen zu und setzt sie mit eiserner Faust durch. In Anlehnung an einen Satz von Angela Merkel könnte man formulieren: Scheitert MbS, scheitert der Reformkurs im Königreich. Statt des Aufbruchs ins 21. Jahrhundert dürfte der Rückfall in die Steinzeit folgen – erzkonservativer Islam mit Internet und McDonald’s.

Prinz Alwaleed bin Talal Al Saud

Chairman, Kingdom Holding Company
geboren 7. März 1955 in Riad
Ausbildung MBA am privaten Menlo College in Kalifornien, Studium der Sozialwissenschaften an der privaten Syracuse University im Bundesstaat New York
Stationen 1979 Gründer Kingdom Establishment for Commerce and Trade, 1996 Gründung Kingdom Holding Company, 2015 Ankündigung, den Großteil seines Vermögens in eine Stiftung zu überführen

Ihre Wege kreuzten sich, ohne dass sie sich begegneten: Bei der ersten großen Investmentinitiative des saudischen Kronprinzen Ende Oktober 2017 im Ritz-­Carlton in Riad fehlte der bekannteste Unternehmer des gesamten Nahen und Mittleren Ostens. Nur wenige Tage später musste Prinz Alwaleed bin Talal Al Saud dann doch am Austragungsort der Konferenz einrücken – auf Befehl des gerade zum obersten Korruptionsbekämpfer aufgestiegenen MbS. Wie gut 100 andere Unternehmer, Militärs, Minister, Ex-Minister und ranghohe Beamte wurde der Gründer und Eigner der milliardenschweren Kingdom Holding festgenommen und fast drei Monate lang in einer Suite der Edelherberge ­festgehalten.

Was der Deal war, der Ende Januar 2018 zu seiner Freilassung aus dem Ritz führte, will der Prinz – der auf der Forbes-Geldrangliste 2017 mit 18,7 Milliarden Dollar Vermögen auf Platz 45 lag – bis heute nicht erzählen. Wohl aber, dass er „fälschlicherweise“ auf die Korruptionsliste gesetzt worden sei. Bei Forbes ist er jedenfalls für 2018 aus der Wertung gefallen. Die Experten rechnen offenkundig damit, dass er große Teile seiner Kingdom Holding verloren haben dürfte.

Mit MbS war Alwaleed schon früh aneinandergeraten. Der Ältere ließ bereits Frauen seine Privatjets fliegen, als der Jüngere ihnen noch nicht erlaubt hatte, Auto zu fahren. Alwaleed forderte schon 2012 Meinungs- und Pressefreiheit und die Gleichheit von Mann und Frau. Er mahnte an, die Menschen ihre Parlamente wählen zu lassen – und die müssten dann auch wirklich das Sagen haben.

Alwaleed ist der Enkel des saudischen Staatsgründers Abdul-Aziz, doch erwarb er seinen Reichtum – fast – aus eigener Kraft. Immerhin ließ der Vater ihm nach dem MBA 30 000 Dollar Startkapital und eine 1,5 Millionen Dollar teure Villa zukommen. Und während er noch in New York an seinem Master arbeitete, hatte er bereits 450 Millionen Dollar erwirtschaftet – mit der kleinen Handelsfirma Kingdom Establishment for Commerce and Trade. 1996 gründete er die Kingdom Holding Company. Von dieser nach eigenen Angaben mit 12,5 Milliarden Dollar Anlagevermögen ausgestatteten Holding sollen ihm 95 Prozent gehören, 5 Prozent der Aktien sind an der Börse Riad gelistet.

Wegen seines Geschäftsmodells wird Alwaleed der „Warren Buffett Arabiens“ (Time) genannt. Vor allem sein Einstieg bei der Citibank machte den Risikokapitalisten bekannt. Aktien von Ebay, AOL und Kodak verkaufte er; Schätze wie das Luxushotel Savoy in London oder das George V in Paris behielt er bis heute. Und: Es kamen immer mehr Anteile hinzu – von Twitter, den Hotelketten Four Seasons und Accor, der arabischen Entertainment-Gruppe Rotana oder Snapchat.

Mit 10,5 Millionen Twitter-Followern ist Alwaleed eine Art Posterboy des arabischen Unternehmertums. Zum Vergleich: MbS kam im Oktober 2018 auf 1552 Follower bei dem Kurznachrichtendienst.

Scheich Ahmed bin Saeed Al Maktoum

Chairman und CEO Emirates
geboren 1. Dezember 1958 in Dubai
Ausbildung Bachelor in Politischen Wissenschaften an der University of Denver, Colorado
Stationen 1985 Chef d. Luftfahrtbehörde Dubais u. Gründungsvorstand Emirates, heute Multi-Aufsichtsrat

Es klingt wie ein Märchen aus 1001 Nacht: Mit zwei geleasten alten Maschinen, einer Boeing-737 und einem Airbus 300, begann 1985 der Flugbetrieb der gerade gegründeten Airline Emirates. Heute ist sie mit 271 Maschinen die ­größte Langstrecken-Fluglinie rund um den Globus. Hinzu kommt die Billigtochter flydubai und, obwohl bisher offiziell dementiert, wohl ziemlich sicher Etihad Airways aus dem benachbarten Abu Dhabi – zumindest, wenn man Informationen aus dem Umfeld der Unternehmen glauben darf.

Die Erfolgsstory der Emirates ist zum Sinnbild für den Aufstieg Dubais und der ganzen Region geworden. Emirates ist die bekannteste Marke aller Golfstaaten, wenngleich Unternehmen wie der Ölriese Saudi Aramco bedeutender und wertvoller sind. Nicht weniger als 25 Jahre hintereinander hat die Airline nach eigenen Angaben Gewinn gemacht, im Geschäftsjahr 2017/18 allein 762 Millionen von 1,1 Milliarden Dollar der Emirates Group insgesamt.

Alles nur dank massiver Staatssubventionen, wie Rivalen aus dem Westen behaupten. Denn Emirates ist zu einem ernsthaften Wettbewerber der einst transatlantisch dominierten Industrie geworden. Und Emirates steht nicht allein: Auch Etihad hat einen phänomenalen Aufstieg hinter sich. Und in Doha ist mit ­Qatar Airways ein ebenbürtiger Wettbewerber herangewachsen, der von dem Katarer Akbar Al Baker gelenkt wird. Im Luftfahrtsektor ist der Golf zu einer Vormacht im internationalen Fracht- und Reiseverkehr geworden.

Doch Scheich Ahmed ist nicht nur „der Mann, der Dubai auf die globale Landkarte der Luftfahrt gebracht hat“ (so die Financial Times). Er ist inzwischen so etwas wie Dubais heimlicher Herrscher. Dem Emir des Landes, Scheich Mohammed bin Rashid Al Maktoum, ist Scheich Ahmed ein wichtiger Mitstreiter und Ideengeber: Nicht nur als Vorsitzender und CEO der Emirates Group, sondern auch als Chef der Luftfahrtbehörde, als Chairman der beiden Flughäfen, bei DP World, der Emirates NBD Bank, im Supreme Council on Energy sowie einem Dutzend weiterer Aufsichtsräte. Geschadet hat der Aufstieg Dubais von einem verstaubten Fischernest zur Glitzermetropole und Gastgeberin der Expo 2020 ihm auch persönlich nicht: Scheich Ahmed gilt heute als zweifacher Milliardär. Und er hat bewiesen, dass auch staatliche Firmen zu großen Disruptionen einer ganzen Branche fähig sind.

Sarah Al-Suhaimi

Chairperson der Börse Tadawul und CEO bei NCB Capital
geboren 1979 in Riad
Ausbildung Bachelor, King Saud University, Public Administration Program, Harvard Business School
Stationen 2001 Research, dann Fondsmanagerin Samba Asset Management, 2007 CFO und CIO Jadwaa Investment, 2014 CEO bei NCB Capital, seit Februar 2017 parallel Chairperson der Börse Riad

Vorbei sind die Zeiten, in denen saudische Frauen in Banken gesonderte Eingänge benutzen mussten. Wie zum Beweis verlässt Sarah Al-Suhaimi mit zwei Männern den Lift, durchquert die Lobby der NCB Bank in Riad und setzt sich dann in einen schwarzen Mercedes. Bei NCB ist sie CEO der Investmenttochter NCB Capital, und daneben als erste Frau Chairperson der Börse Riad.

Al-Suhaimi hat das Amt in bewegten Zeiten übernommen: Denn mit Privatisierungen über die Börse will Saudi-Arabien seine Wirtschaft modernisieren und Unternehmen effizienter machen. Sogar die Wertpapierbörse Tadawul selbst soll 2019 börsennotiert sein. „Privatisierung schafft für alle Firmen Vorteile. Sie werden deutlich transparenter, effizienter und gewinnbringender“, erklärt Al-Suhaimi, die selbst aus einer Bankiersfamilie stammt.

Riads Börse ist die größte der Region, galt aber bislang als ziemlich unmodern. Das soll sich in Riesenschritten ändern – nicht zuletzt, weil mit der Aufnahme des saudischen Aktienmarkts in den weltweit führenden MSCI Emerging Markets Index Anfang 2019 deutlich mehr Anleger und institutionelle Investoren angelockt werden dürften. Vor allem aber, da „im Rahmen der Vision 2030 Kapitalmärkte zur Firmenfinanzierung und zur Förderung junger Unternehmen viel wichtiger werden“, unterstreicht die erfahrene Kapitalmarktexpertin, die bei NCB Capital über 30 Milliarden Dollar Vermögen für eine Million Kunden anlegt.

Gerade die Finanzmärkte ziehen viele Frauen in Saudi-Arabien an. Al-Suhaimi will dies fördern: „Ich hoffe, dass noch mehr Frauen in Management­positionen kommen. Aber schon jetzt haben wir schneller Frauen in Spitzenjobs gebracht als andere Länder.“ Grund dafür sei die deutlich bessere Ausbildung von Frauen in Saudi-Arabien. Schon jetzt sind 30 Prozent aller Beschäftigten bei Tadawul weiblich, auch bei NCB Capital rund ein Drittel – darunter die Chief Financial Officer und die Leiterin der Sicherheitsabteilung. Im Gesamtsektor arbeiten bisher 13 bis 14 Prozent Frauen. Und Al-Suhaimi verspricht: „Es werden noch mehr.“

Tatsächlich ist die auf Investorenkonferenzen noch zurückhaltend auftretende, aber im Gespräch sehr meinungsfreudige Börsenchefaufseherin nicht die einzige Frau in einer Top-Position im Finanzwesen der arabischen Welt: Rania Mahmoud Nashar wurde fast zeitgleich mit Al-Suhaimi als erste Frau CEO der saudischen Samba Financial Group, Latifa Homoud Al Sabhan stieg zum CFO der Arab National Bank auf, Lobna Helal ist Vize-Gouverneurin der ägyptischen Zentralbank, Nezha Hayat leitet Marokkos Finanzmarktaufsicht und Sheicha Bodour Al Qasimi ist Chefin der Sharjah Investment and Development Authority. Und auch in den großen Familien-Konglomeraten am Golf sitzen immer mehr Frauen in den Chefsesseln. Prominentestes Beispiel ist Lubna Olayan, die die saudische Olayan Group lenkt.

Nasser Al-Khelaifi

CEO beIN Media Group und Präsident Paris Saint-Germain
geboren 12. November 1973 in Doha, Katar
Ausbildung Qatar University, Doha
Stationen Tennisprofi, Chef des Sportinvestors QSI, TV-Manager, Fußball-Präsident

Als Tennisprofi hat es Nasser Al-Khelaifi nicht besonders weit gebracht. Platz 995 der Tennis-Weltrangliste (2002), kein einziger Titel. Erfolg brachte ihm erst der Fußball.

Von seinem einstigen Tennispartner und heutigem Emir Tamim bin Hamad Al-Thani zum Minister ohne Portfolio dekoriert, ist Al-Khelaifi viel unterwegs, vor allem zwischen Doha und Paris. In Katar wurde er 2011 Vorsitzender der Qatar Sports Investments (QSI). Und seit 2013 ist Al-Khelaifi CEO der „beIN Media Group“, einem der größten Anbieter von TV-Sportrechten und -kanälen.

Nach Paris reist Al-Khelaifi in der Regel mit viel Geld: Seit QSI 2011 dem US-Investorentrio Colony Capital, Butler Capital und Morgan Stanley 70 Prozent des Fußballklubs Paris Saint-Germain (PSG) abkaufte, investierte der Katarer Hunderte von Millionen in den Verein. Allein der brasilianische Superstar Neymar war ihm 222 Millionen Euro wert.

International hat PSG trotz der Millionen-Infusionen seither noch nichts gewonnen. Allerdings wurde der Klub seit 2013 immer wieder französischer Meister. Und der Klub ist in der Deloitte Football Money League nach Manchester United, Real Madrid, Barcelona, Bayern München, Manchester City und Arsenal die Nummer sieben mit Jahreseinnahmen von 486 Millionen Euro. Beim Vereinswert des Forbes Sport Money Index ist PSG mit 971 Millionen Dollar allerdings noch weit entfernt vom Spitzen-Trio Madrid, Barcelona und Manchester United.

Ein erbitterter Kampf der Golfstaaten tobt um die Vormacht im europäischen Fußball: Dem aus Abu Dhabi stammenden Milliardär Scheich Mansour bin Zayed Al Nahyan gehört Manchester City, er lässt die Spieler mit Etihad auf dem Trikot auflaufen. Arsenal London spielt im Emirates-Stadion und trägt den Schriftzug der Airline aus Dubai auf den Trikots. Sogar das QSI gehörende Paris Saint-Germain läuft für Emirates Werbung, ebenso Real Madrid. Qatar Airways ist außerdem einer der Sponsoren von Bayern München – und des Fußballweltverbands Fifa.

Auch in Al-Khelaifis zweiter Branche, wo er mit beIN Media Herr über Sportrechte, TV-Kanäle und das Hollywood-Studio Miramax ist, findet ein ähnlicher Kampf statt. Während der Fußball-WM 2018 hatte beIN Sports die Übertragungsrechte für den arabischen Raum – doch wegen der Blockade Katars durch Saudi-Arabien, VAE und Bahrain wurden vor allem im Königreich die beIN-Übertragungen illegal vom Satelliten abgezapft und ausgestrahlt. Seitdem herrscht neben dem Handelskrieg auch eine Klagewelle vor Gerichten.

Mohammed bin Ali Rashed Al-Abbar

Gründer und Chairman Emaar Properties
geboren 8. November 1956 in Dubai, VAE
Ausbildung MBA, Albers School of Business and Economics der Universität Seattle, 1981 Doktortitel
Stationen Zentralbank der VAE, Dubaier Investmentfirma Al Khaleej in Singapur, Berater des Emirs, 1997 Gründung des Immobilienkonzerns Emaar

Wenn nicht gerade Sandstürme nach Dubai hineinblasen, ist sein Meisterstück von weitem zu sehen: Der Burj Khalifa, mit 828 Metern der höchste Wolkenkratzer der Welt. Errichtet hat den Rekordturm Emaar Properties, die 1997 von Mohammed bin Ali Rashed Al-Abbar gegründete Immobilienfirma. Auch für die darum liegende Dubai Mall ist Al-Abbar verantwortlich – natürlich die größte Shopping-Mall des Planeten. Bei seinem jüngsten Projekt will Al-Abbar, den das Wirtschaftsmagazin Arabian Business die führende „Real Estate Icon“ nannte, noch höher hinaus. Im Dubai Creek Harbour wird ein noch erhabenerer Turm entstehen und ein doppelt so großes Luxus-Einkaufszentrum. All das ist ein einträgliches Geschäft: 2017 hat Emaar seinen Gewinn um 16 Prozent auf 1,5 Milliarden Dollar gesteigert. Zusammen mit Unternehmern wie Majid Al Futtaim aus Dubai, dem Mall-König am Golf, Baukonzernen wie Al­dar aus Abu Dhabi oder der Saudi Bin Laden Group hat Al-Abbar den Immobiliensektor zu einem Treiber der Wirtschaft gemacht. Dubais führende Rolle zeigt sich auch darin, dass allein Emaar mit Großprojekten in 18 Ländern vertreten ist.

Längst beschränken sich die Aktivitäten von Emaar-Chairman Al-Abbar nicht mehr aufs traditionelle Immobiliengeschäft: Neben Beteiligungen an Einzelhändlern, Franchise-Restaurants und Immobilien-Entwicklern hat der Wirtschaftsberater des Emirs von Dubai gerade mit dem saudischen Staatsfonds die eine Milliarde Dollar teure E-Commerce Plattform Noon gegründet. Damit will er Al-Abbar Enterprises auch im Handel zum „Game Changer“ in der Region machen. Dabei ist der Multimilliardär hart zu sich selbst: „Die Zeit, nine to five zu arbeiten, ist vorbei. Sonst wirst du irrelevant und deine Firma verschwindet.“

Scheich Faisal bin Qassim Al Thani

Gründer und Chairman Al Faisal Holding
geboren 1948 in Doha, Katar
Ausbildung Selfmademan
Stationen Chairman Qatari Businessmen Association

Als Katar für eine große Konferenz schnell einen großen Raum brauchte, zückte Scheich Faisal bin Qassim Al Thani, einer der reichsten und angesehensten Geschäftsmänner der Golf-Region, sein Scheckbuch und kaufte gleich das ganze Berliner Hotel Maritim. Im September 2018 beherbergte er dort stolz Katars Emir, Scheich Tamim bin Hamad Al Thani, und Bundeskanzlerin Angela Merkel für das Katar-Deutschland Investment und Business Forum. Der Gründer der Al Faisal Holding gilt als Herr über das größte katarische Familienkonglomerat und er ist zudem Chairman der bedeutenden Qatari Businessmen Association. Und so sahen es ihm viele seiner Milliardärs-Kollegen nach, dass sie in einem schnöden Vier-Sterne-Hotel tagen und dinieren mussten.

Inzwischen besitzt seine Al Faisal Holding zwei Hotels in Berlin, Nobelherbergen im heimischen Doha, in Miami, am New Yorker Times Square und an vielen anderen Orten der Welt – neben seinen zahlreichen anderen Geschäftsbereichen von Autohandel über Lebensmittelverarbeitung und Farbwerken bis hin zu Villen-Siedlungen und der Vermietung von Privatjets. Zuletzt sind im Zuge der Blockade Katars eine Geflügelmästerei mit 3,5 Millionen Hühnern und eine Gemüsefarm hinzugekommen, um das Land unabhängiger von Lebensmittelimporten zu machen. Mehr als 50 Geschäftszweige und neun Industrien vereinigt die Al Faisal Holding heute.

Scheich Faisal ist damit ein Vorzeigemodell für viele Unternehmer in den Golfstaaten, die als kleine Händler anfingen und heute ganze Familienkonglomerate leiten. Viele von ihnen eint, dass ihre Holdings Distributoren westlicher Marken in ihrer Heimatregion umfassen, daneben Immobilienprojekte und oft Hotels. Und dass sie später begonnen haben, eine Produktion oder große Bauvorhaben vor Ort zu starten und häufig in Bildungseinrichtungen investieren.

Der auf 2,2 Milliarden Dollar Vermögen taxierte Scheich Faisal verkaufte schon mit 16 Jahren Autoteile in Doha, in den 1960er Jahren bekam er die exklusive Vertriebslizenz für Bridgestone Reifen. 1964 gründete er seine Al Faisal Holding, die seit Jahren auch den börsennotierten Immobilien-, Medizintechnik- und Pharmavertriebs-Konzern Aamal besitzt sowie mehr als 20 Hotels mit klingenden Namen wie St. Regis oder W in London.

Der Vater von zehn Kindern – drei Söhne sitzen bereits im Aufsichtsrat der Al Faisal Holding – hat aber auch ein nach ihm benanntes Museum mit islamischer Kunst, Teppichen und der weltweit größten Oldtimer-Sammlung aufgebaut. Daneben ist er einer der Financiers der Qatar University, unterstützt das College of Business an der DePaul University in Chicago und hat eine eigene Stiftung gegründet. „Es war eine aufregende Erfahrung, Zeuge der bemerkenswerten wirtschaftlichen Entwicklung Katars zu werden“, sagt Scheich Faisal vorsichtig. Dabei hat er wie viele andere Familienkonglomerate das Schicksal seines Landes maßgeblich mit beeinflusst. Aber das sagt man nicht in absolutistischen Monarchien. Da stellt man sich in den Dienst der Emire und Könige und kassiert fleißig mit.

Mathias Brüggmann ist International Correspondent des Handelsblatts.

Bibliografische Angaben

IP Wirtschaft 03/2018, November 2018 - Februar 2019, S.16-23

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