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24. Jan. 2025

Starke Städte sorgen für außenpolitische Stabilität

Die neue Bundesregierung muss im internationalen Kontext Städte umfangreicher einbinden. Die wirtschaftlichen und geopolitischen Herausforderungen sind zu groß, um nebeneinanderher zu arbeiten – insbesondere mit Blick auf das transatlantische Verhältnis.

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Bild: Blick über die Dächer von Dortmund
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Für den Multilateralismus verheißt Donalds Trumps zweite Amtszeit nichts Gutes – der erneute Ausstieg der USA aus dem Pariser Klimaabkommen steht stellvertretend dafür. Und auch die bilaterale Zusammenarbeit von Ländern wie Deutschland mit der Trump-Administration dürfte weniger auf Vertrauen als vielmehr auf Deals basieren. Eine zentrale Rolle in der Ära Trump kommt daher den Städten zu. In Stadtverwaltungen schlummern enormes Fachwissen und praktische Erfahrungen, auch über das eigene Stadtgebiet hinaus. Es gilt, bestehende transatlantische Kooperationen nicht nur aufrechtzuerhalten, sondern weiter zu vertiefen und auszubauen. Wie dies auch in geopolitisch schwierigen Phasen gelingen kann – und bereits seit Jahren gelingt –, zeigt das Beispiel der Stadt Dortmund. 

Städtepartnerschaften als Kitt für das transatlantische Verhältnis

Dortmund ist eine internationale Stadt: Menschen aus über 180 Nationen leben hier. Auf diesem Fundament aufbauend soll Dortmund als „europäische Stadt“ in Europa und der Welt positioniert und weiterentwickelt werden. Städtediplomatie spielt dabei eine zentrale Rolle. Ihr Ziel ist es, auf globaler Ebene Innovation voranzutreiben und Wohlstand, Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Frieden zu sichern – auch in den USA.

Buffalo und Pittsburgh als Städte im ehemaligen Rust Belt sowie Oklahoma City spielen für Dortmund eine besondere Rolle. Seit 1978 betreibt Dortmund eine Städtepartnerschaft mit Buffalo. Der Schwerpunkt liegt bislang auf dem Jugendaustausch, der jährlich in beide Richtungen stattfindet. Bereits nach der ersten Wahl Trumps zum US-Präsidenten reiste eine Delegation im Frühjahr 2018 nach Buffalo. Auch im Dezember 2024, einen Monat nach seiner Wiederwahl, waren Vertreterinnen und Vertreter der Stadt Dortmund in Buffalo, um gemeinsame Projekte anzustoßen und die Zusammenarbeit auf kommunaler Ebene auszubauen. So sollen unter anderem künftig mehr Jugendliche aus einkommensschwachen Familien finanziell unterstützt werden, um einen Aufenthalt in den USA oder Deutschland verbringen zu können – ein direkter Beitrag zur Völkerverständigung. Die Fachaustausch-Reise wurde durch das Projekt „Urban Diplomacy Exchange“ unterstützt, das vom Auswärtigen Amt gefördert wird. 

Auf eine jahrzehntelange Zusammenarbeit können auch Dortmund und Pittsburgh zurückschauen. Beide Städte verbindet ihre postindustrielle Geschichte – der Fachaustausch zum Strukturwandel ist daher naheliegend. Netzwerke wie die „Urban Transitions Alliance“ bieten hierfür Möglichkeiten. 2021 unterzeichneten beide Städte eine Innovationspartnerschaft, vor allem zur Zusammenarbeit im Klimaschutz. Es folgte eine intensive Zusammenarbeit der Kommunalverwaltungen, etwa zur Nutzung von Wasserstoff und zur Ernährungswende aus kommunaler Sicht. Auch die Universitäten kooperieren.

Dortmund arbeitet auch gezielt mit einer republikanisch regierten Stadt, Oklahoma City, zusammen – bereits seit den 1980er Jahren stellen die Republikaner hier den Bürgermeister. Die Initiative „Music Embassy“ fördert den kulturellen Austausch, indem sie es jungen Bands aus Deutschland und den USA ermöglicht, im jeweils anderen Land aufzutreten, Musik aufzunehmen, Marktkenntnisse zu erwerben und sich zu vernetzen.

Im Jahr 2026 feiern die USA den 250. Jahrestag der Unabhängigkeitserklärung. Zu diesem Anlass ist in Kooperation mit der TU Dortmund ein Amerika-Jahr mit Kulturangeboten und Events zum Thema Demokratie und gegenseitiges Verständnis geplant. Es soll als Zeichen der deutsch-amerikanischen Freundschaft und Verbundenheit dienen und als übergreifende Initiative zahlreiche Akteure in Dortmund einbeziehen.

Viele kleine Beispiele, die in Summe zeigen: Wenn das transatlantische Verhältnis weiterhin auf festen Füßen stehen soll, muss die globale Städtediplomatie eine größere Rolle sowohl in der amerikanischen als auch in der deutschen Außenpolitik spielen. Dabei können die Regierungen beider Länder auf belastbare Strukturen setzen. Dortmund ist hier nur ein Beispiel von vielen. Es existieren über 200 Städtepartnerschaften zwischen Deutschland und den USA – sie können und müssen ein starkes Bollwerk gegen antidemokratische Entwicklungen sein. Dazu braucht es neben jährlichen Foren und Zusammenkünften vor allem einen kontinuierlichen Austausch auf der kommunalen Ebene.

Klimaschutz auf kommunaler Ebene vorantreiben 

Auf den Ausstieg der USA aus dem Pariser Klimaabkommen während der ersten Amtszeit Trumps reagierten die Städte mit ihren eigenen Klimainitiativen. Ein Beispiel ist der US-Germany Climate and Energy Summit, der letztmalig 2022 in Pittsburgh stattfand. Dortmund war damals als einzige deutsche Kommune mit Umweltexperten vor Ort. Solche Formate müssen wiederbelebt und ausgebaut werden. Die langfristige Finanzierung ist dabei auch Aufgabe der Bundesregierung.  

In Deutschland braucht es nicht zwingend neue Arbeitskreise und Strukturen – bis sich diese etabliert haben, vergeht zu viel Zeit. Wichtiger sind das permanente Mitdenken und der alltägliche Austausch von kommunalem Know-how in Bund, Land und Kommunen.

Der urbane Dialog rund um den Globus – das Mehrebenensystem lebt

Sicherheits- und geopolitische Themen sind schon längst nicht mehr nur Herausforderungen auf nationaler Ebene oder für Unternehmen. Dennoch wurden Städte in der Vergangenheit zu selten einbezogen. Bei Formaten wie der Weltklimakonferenz, der Münchner Sicherheitskonferenz oder dem Weltwirtschaftsforum muss die Stimme der Städte in Zukunft viel stärker vernehmbar sein. Das Weltwirtschaftsforum hat Desinformation in seinem Global Risks Report 2025 als eines der größten globalen Risiken für die kommenden zwei Jahre definiert. Daher sollten auch bei diesem Thema die verschiedenen Regierungsebenen künftig intensiver zusammenarbeiten. Die Stadt Dortmund hat bereits eine Arbeitsgruppe etabliert, um gegen Desinformation vorzugehen. 

Urbane Dialoge innerhalb des Mehrebenensystems mit direkter Einbeziehung der Oberbürgermeister in die Entscheidungsprozesse müssen etabliert und gestärkt werden (wie beispielsweise UNECE Forum of Mayors, U7, U20). 

Darüber hinaus braucht es mehr Austausch zwischen Städten und dem Auswärtigen Amt, um das gegenseitige Verständnis zu fördern und Synergien zu schaffen. Hilfreich könnten Hospitationen und gegenseitige Entsendungen sein, wie sie zwischen einigen US- Stadtverwaltungen und dem Außenministerium der Vereinigten Staaten bereits eingeführt worden sind.

Städtediplomatie muss als sinnvolle Ergänzung der Außenpolitik von der neuen Bundesregierung priorisiert werden. Im Koalitionsvertrag der Ampelregierung wurde „Urban Diplomacy“ unter „Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik“ genannt. Zwar spielt der kulturelle Austausch unverändert eine wichtige Rolle in der Völkerverständigung – doch „Urban Diplomacy“ muss im neuen Koalitionsvertrag als Teil der Außenpolitik verstanden und verankert werden. Auch die Strukturen müssen angepasst werden, etwa durch die Schaffung eines eigenen Referats für subnationale Diplomatie und die Ernennung einer Sonderbeauftragten.

Dieser Text ist unter Mitarbeit von Ayan Huseynova (Referentin für Städtediplomatie der Stadt Dortmund) entstanden.

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Bibliografische Angaben

Internationale Politik, Online Exklusiv, 24. Januar 2025

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Martin van der Pütten

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Martin van der Pütten ist Chief International and Diplomacy Officer und Leiter „Internationale Beziehungen“ der Stadt Dortmund. 

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