Buchkritik

31. Okt. 2022

Empfehlungen mit Expertise: Die Bücher des Jahres 2022

„Welches Buch zur internationalen Politik war 2022 das wichtigste für Sie und warum?“ Auch in diesem Jahr hat die IP Persönlichkeiten aus Politik, Wissenschaft und Journalismus gebeten, ihre Empfehlungen zu nennen. 

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Bild: Alle Cover der IP-Bücher des Jahres
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Thomas Bagger, Botschafter Deutschlands in Polen, empfiehlt: "Geschichte Polens im 20. Jahrhundert“ von Wlodzimierz Borodziej

Ein Buch, das mein persönliches neues Standardwerk über Polen ist. Es bietet Kontext und Antworten auf die Frage, warum bei unserem so wichtigen wie schwierigen Nachbarn die Geschichte jeden Tag präsent ist.

Wlodzimierz Borodziej: Geschichte Polens im 20. Jahrhundert, C.H.Beck 2010, 289 Seiten, 26,95 EUR

Thorsten Benner,  Mitgründer und Direktor des Think­tanks Global Public Policy Institute (GPPI), empfiehlt: "No Limits. The Inside Story of China’s War With the West" von Andrew Small

Wer verstehen will, wie China den Westen herausfordert, und wer das Umdenken nachvoll- ziehen möchte, das in der China- Politik Deutschlands und Europas in den vergangenen Jahren stattgefunden hat, der muss diese kluge wie fesselnde Darstellung aus der Feder eines der bestinformierten Insider lesen.

Andrew Small: No Limits. The Inside Story of China’s War With the West, Verlag Melville House, 336 Seiten, 32 EUR

Martin Bialecki, Chefredakteur der IP, empfiehlt: "On Tyranny Graphic Edition" von Timothy Snyder

Mehr als fünf Jahre sind seit der Erstausgabe vergangen, aktueller war das Thema nie; viele von Snyders düsteren Warnungen haben sich bewahrheitet. Der Kampf der Demokratie gegen Tyrannei und Autokratie ist enger als viele das wahrhaben wollen, dringend benötigt er mehr Unterstützung. Mit zeitlosen Regeln und Rüstzeug wartet dieser wertvolle schmale Band auf, seine famose grafische Gestaltung ermöglicht zusätzliche Zugänge im Zeitalter der Bilder.

Timothy Snyder: On Tyranny Graphic Edition, mit Illustrationen von Nora Klug, Random House UK, 128 Seiten, 21,50 EUR

Bijan Djir-Sarai, Außenpolitischer Sprecher der FDP-Fraktion im Bundestag, empfiehlt: "Der Wind in meinem Haar. Mein Kampf für die Freiheit iranischer Frauen" von Masih Alinejad

Die Frauenrechtlerin Masih Alinejad beschreibt ihren Kampf für die grundlegenden Rechte von Frauen im Iran, den sie auch dann noch weitertrieb, als sie von den politischen Verantwortlichen des Landes verwiesen worden war. Der Mut der Frauen, gegenüber diesem verbrecherischen Regime ihr Leben aufs Spiel zu setzen, verdient internationale Unterstützung.

Masih Alinejad: Der Wind in meinem Haar. Mein Kampf für die Freiheit iranischer Frauen, Alibri Verlag, 477 Seiten, 24 EUR

Ulrike Franke, Senior Policy Fellow, European Council on Foreign Relations, empfiehlt: "The Age of Surveillance Capitalism" von Shoshana Zuboff

Shoshana Zuboffs Buch hat auch drei Jahre nach seinem Erscheinen nichts an Aktualität eingebüßt – im Gegenteil. Leider droht die Diskussion um die wachsende Überwachung unseres Lebens durch große Technologiekonzerne heute angesichts der dramatischen aktuellen Ereignisse unterzugehen. Ein Fehler! Wir können es uns als Gesellschaft nicht leisten, schlafwandlerisch in einen Überwachungsstaat zu stolpern.

Shoshana Zuboff: The Age of Surveillance Capitalism. PublicAffairs 2019

Florence Gaub, Gründerin der Plattform Futurate Institute, empfiehlt: "Leadership on the Line" von Ronald A. Heifetz und Marty Linsky

Die meiste Leadership-Literatur ist für politische Entscheidungsträger ungeeignet, weil sie sich auf Visionen und Ideen konzentriert. Hier werden politische Krisen als Beispiel dafür genutzt, wie echte Leadership in solchen Momenten funktioniert – ohne dass man dabei seinen Job verliert.

Ronald A. Heifetz und Marty Linsky: Leadership on the Line, Harvard Business Review Press, 256 Seiten, 25 EUR

Gregor Gysi, Außenpolitischer Sprecher, Die Linke, empfiehlt: "Memoiren 1968–1973" von Henry Kissinger

Henry Kissingers Memoiren sind zwar schon vor geraumer Zeit erschienen, aber seine Beschreibung der ersten, herantastenden Gespräche mit dem chinesischen Ministerpräsidenten und Außenminister Zhou Enlai sind gerade in der heutigen Zeit aktuell. Internationale Politik muss Gesprächskanäle finden oder offenhalten, um Lösungen zu ermöglichen.

Henry Kissinger: Memoiren 1968–1973, Bertelsmann, antiquarisch erhältlich 

Emily Haber, Deutsche Botschafterin in den USA, empfiehlt: "East West Street. On the origins of 'Genocide'" and 'Crimes against Humanity'" von Philippe Sands

Eine Geschichte der Begriffe 'Genozid' und 'Verbrechen gegen die Menschheit', verwoben mit dem Leben der Architekten dieser Konzepte, Ralph Lemkin und Hersch Lauterpacht, beide aus dem jüdischen Galizien stammend. Das Buch ist Biografie, Familiengenealogie, Begriffsgeschichte und ein Blick auf eine durch Krieg und Vernichtung zerstörte galizische Welt zugleich. 2016 geschrieben, hat es heute eine andere und gespenstische Aktualität.

Philippe Sands: "East West Street. On the origins of ‚Genocide'“ and 'Crimes against Humanity‘“, antiquarisch erhältlich

Jürgen Hardt, Außenpolitischer Sprecher, CDU/CSU-Bundestagsfraktion, empfiehlt: "Macbeth" von William Shakespeare

Das Gewissen raubt auch dem abgeklärtesten Schuldigen den Schlaf. Und stets verfolgt ihn die Angst, für seine Untaten zur Rechenschaft gezogen zu werden. Komplizin Lady Macbeth wählt den Freitod, auch König Macbeth selbst stirbt gewaltsam. Eine Mahnung an die Adresse aller Diktatoren, allen voran an Putin. Im konkreten Fall kommt sie leider zu spät.

William Shakespeare: Macbeth, Reclam, 112 Seiten, 3 EUR

 

Anna Herrhausen, Geschäftsführerin der Alfred-Herrhausen-Gesellschaft, empfiehlt: "Die Zukunft der Außenpolitik ist feministisch. Wie globale Krisen gelöst werden müssen" von Kristina Lunz

Lunz’ Plädoyer ist umfassend recherchiert und pointiert geschrieben. Die Autorin macht deutlich, dass wir die Annahmen und Sichtweisen, die seit Jahrzehnten die Außen- und Sicherheitspolitik dominieren, grundlegend hinterfragen müssen, wenn wir unsere Politik wirklich in den Dienst des Friedens stellen wollen.

Kristina Lunz: Die Zukunft der Außenpolitik ist feministisch. Wie globale Krisen gelöst werden müssen, Econ, 448 Seiten, 22,99 EUR

Astrid Irrgang, Direktorin des Zen­trums für Internationale Friedenseinsätze, empfiehlt: "Februar 33. Der Winter der Literatur" von Ulrich Wittstock

Uwe Wittstock erzählt die Ereignisse unmittelbar nach Adolf Hitlers Machtergreifung. Das glanzvolle literarische Leben der Weimarer Zeit gefriert – Joseph Roth rettet sich noch am 30. Januar nach Paris, andere bleiben (und sterben), weil sie den Zivilisationsbruch in Deutschland nicht für möglich halten. Ein faszinierendes und erschreckend aktuelles Buch über Lebensentscheidungen ins Ungewisse.

Uwe Wittstock: Februar 33. Der Winter der Literatur, C.H.Beck, 228 Seiten, 24,70 EUR

Wolfgang Ischinger, ehem. Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, empfiehlt: "Die Kunst der Diplomatie" von Tobias Bunde und Benedikt Franke

Weil ich keine Publikation kenne, insbesondere nicht in deutscher Sprache, die so umfangreich, informativ und anregend die Theorie und Praxis der internationalen Diplomatie behandelt wie dieses Buch.

Tobias Bunde und Benedikt Franke: Die Kunst der Diplomatie, Econ, 360 Seiten, 78 EUR

Manuela Kasper-Claridge, Chefredakteurin der Deutschen Welle, empfiehlt: "The Story of a Life. Volume 1-3" von Konstantin Paustovsky

In Moskau geboren, ging Konstantin Paustovsky als junger Mann in der Ukraine zur Schule, war als Sanitäter im Ersten Weltkrieg und arbeitete später als Journalist in Russland. In seiner Autobiografie schildert er die politischen und gesellschaftlichen Veränderungen in Russland: lebendig, plastisch und stets mit großer Nähe zu den Menschen. Ein beeindruckendes Epos über die ersten beiden Dekaden im Russland des 20. Jahrhunderts.

Konstantin Paustovsky: The Story of a Life. Volume 1-3, Vintage Publishing, 816 Seiten, 32 EUR

Stefan Kornelius, Ressortleiter Außenpolitik, Süddeutsche Zeitung, empfiehlt: "The Divider. Trump in the White House 2017–2021" von Peter Baker und Susan Glasser

Verdrängung ist eine Methode, den Ballast der Vergangenheit loszuwerden. Bevor der Ballast in Form von Donald Trump wieder zurückkehrt, erinnert das Journalistenpaar Baker/Glasser in faszinierenden Details an Amerikas dunkelste Stunde. Der Blick in die Chaos-Maschine um den Präsidenten, die Angriffe aufs demokratische System – eine Erinnerung ans Surreale. Allerdings: Diese Präsidentschaft war echt – und sie könnte wieder kommen.

Peter Baker und Susan Glasser: The Divider. Trump in the White House 2017–2021, Penguin Random House, 752 Seiten, 25 EUR

Christine Lambrecht, Bundesministerin der Verteidigung, empfiehlt: "Die Hohenzollern und die Nazis" von Stephan Malinowski

Weil Stephan Malinowski mit geradezu forensischer Akribie nachzeichnet, welche Rolle das Adelshaus beim Aufstieg der Nazis spielte, welche Weichenstellungen und Intrigen im Hintergrund zur Jahrhundertkatas­trophe beigetragen haben. Eine Mahnung an uns alle – gerade heute, wo die Demokratie in Europa und weltweit wieder unter Druck gerät und Autokraten der Welt gewaltsam ihren Willen aufzwingen wollen.

Stephan Malinowski: Die Hohenzollern und die Nazis, Propyläen Verlag, 752 Seiten, 35 EUR

Jörg Lau, Außenpolitischer Korrespondent, DIE ZEIT, empfiehlt: "Verstellter Blick. Die deutsche Ostpolitik" von Thomas Urban

Kurz vor Wladimir Putins Angriff auf die Ukraine abgeschlossen, liefert Thomas Urban die Rekonstruktion eines Irrwegs, der Deutschland in die größte Krise seiner Nachkriegsgeschichte geführt hat.

Thomas Urban: Verstellter Blick. Die deutsche Ostpolitik, Edition FotoTapeta, 192 Seiten, 15 EUR

Kristina Lunz, Mitbegründerin und Co-CEO des Centre for Feminist Foreign Policy, empfiehlt: "Wir sind noch da" von Nahid Shahalimis

Das internationale Vorgehen in Afghanistan ist ein Beispiel für eine Außenpolitik, wie wir sie in Zukunft hoffentlich nicht mehr sehen werden. Die Stimmen von Frauen und anderen politisch marginalisierten Gruppen müssen wir bei außenpolitischen Überlegungen in den Mittelpunkt stellen. Genau das tut Nahid Shahalimis in ihrem Buch.

Nahid Shahalimis: Wir sind noch da, Elisabeth Sandmann Verlag, 144 Seiten, 22 EUR

Carlo Masala, Professor für Internationale Politik, Universität der Bundeswehr, München, empfiehlt: "The Politics of Military Force" von Frank A.Stengel

Frank A. Stengel geht der Frage nach, wie der deutsche Diskurs zu Auslandseinsätzen vor dem Hintergrund eines tief verwurzelten Antimilitarismus verlief, und bettet die deutsche Debatte elegant in innergesellschaftliche wie auch transatlantische Prozesse ein. Für jeden, der ein tieferes Verständnis des Wandels in der deutschen Außenpolitik haben möchte, ein Muss.

Frank A.Stengel: The Politics of Military Force, The University of Michigan Press

Hanns W. Maull, Senior Fellow des Mercator Institute for China Studies und der SWP, empfiehlt: "The Avoidable War" von Kevin Rudd

Der ehemalige australische Ministerpräsident Kevin Rudd gehört zu den wichtigsten Stimmen der China-Forschung. Hier erläutert er fundiert und prägnant die Hintergründe der eskalierenden Spannungen zwischen Amerika und China und entwickelt politische Empfehlungen an die Adresse beider Seiten, wie sich die Gefahren eindämmen lassen könnten.

Kevin Rudd: The Avoidable War, Oxford University Press, 432 Seiten, 32 EUR

Almut Möller, Bevollmächtigte Hamburgs beim Bund, der EU und für Auswärtige Angelegenheiten: "Pandemonium. Saving Europe" von Luuk van Middelaar

Mit 'Pandemonium' erzählt Luuk van Middelaar die Geschichte der EU in der Corona- Pandemie: von den ersten Monaten der nationalen Reflexe bis hin zur Entscheidung für die gemeinsame Impfstoffbeschaffung und einem EU-weiten Plan zur Abfederung der wirtschaftlichen Folgen. Fazit: Wenn es darauf ankommt, kann die EU Zusammenhalt. Fesselnd.

Luuk van Middelaar: Pandemonium. Saving Europe, Agenda Publishing, 199 Seiten

Nora Müller, Leiterin des Hauptstadtbüros der Körber-Stiftung, empfiehlt: "Die Frontlinie. Warum die Ukraine zum Schauplatz eines neuen Ost-West-Konflikts wurde" von Serhii Plokhy

Mit 'Die Frontlinie' hat der Harvard-Historiker Serhii Plokhy eine Sammlung hervorragender Essays vorgelegt, die unterschiedliche Epochen der ukrainischen Geschichte beleuchten. Plokhy stellt den aktuellen Kampf der Ukraine um ihr Überleben als souveräner Staat in einen historischen Kontext, der seit Jahrhunderten von den imperialen Ansprüchen Moskaus der Ukraine gegenüber geprägt ist. Lesenswert!

Serhii Plokhy: Die Frontlinie. Warum die Ukraine zum Schauplatz eines neuen Ost-West-Konflikts wurde, Rowohlt, 544 Seiten, 30 EUR

Omid Nouripour, Bundesvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen, empfiehlt: "Die seltsamsten Menschen der Welt" von Joseph Henrich

Ein eindrucksvolles Buch über die kulturelle Evolution: darüber, wie sie menschliches Denken geprägt hat, und über die historischen Faktoren, die den Westen zu dem gemacht haben, was er heute ist. Trotz einiger blinder Flecken wirklich interessant.

Joseph Henrich: Die seltsamsten Menschen der Welt, Suhrkamp, 918 Seiten, 34 EUR

Jana Puglierin, Büroleiterin des ­European Council on Foreign Relations, Berlin, empfiehlt: "Bloodlands. Europa zwischen Hitler und Stalin" von Timothy Snyder:

Auf kein Buch habe ich in diesem Jahr öfter verwiesen als auf dieses. Die Diskussionen um die Unterstützung der Ukraine gerade zu Beginn des Jahres haben gezeigt, wie wenig in Deutschland über die Geschichte des Gebiets zwischen Zentralpolen und der russischen Grenze – Ostpolen, die Ukraine, Belarus und die baltischen Republiken – bekannt ist. Snyders Ziel ist es, dies radikal zu korrigieren. Nie war es nötiger.

Timothy Snyder: Bloodlands. Europa zwischen Hitler und Stalin, C.H.Beck, 541 Seiten, 34 EUR

Anna Sauerbrey, Außenpolitische Koordinatorin, DIE ZEIT, empfiehlt: "The Age of Unpeace" von Mark Leonard

Dass Kriege häufig hybrid sind, also nicht nur militärisch, sondern auch ökonomisch oder kommunikativ geführt werden, ist bekannt. Leonard geht einen Schritt weiter und zeigt, dass die unendlich vielfältige Verbundenheit der Welt auch Ursache zahlreicher Konflikte ist. Sein Buch ist eine wahrhaft globale und unglaublich erhellende intellektuelle Reise um den Globus.

Mark Leonard: The Age of Unpeace, Random House UK, 256 Seiten, 14 EUR

Michael Scharfschwerdt, Leiter Planungsstab Auswärtiges Amt, empfiehlt: "Große Erwartungen. Auf den Spuren des europäischen Traums" von Geert Mak

Geert Mak versteht es wie kein Zweiter, auch in seinem neuen Buch die große Politik Europas mit den kleinen Geschichtchen der Menschen zu verbinden. Er zeigt die schwierigen Herausforderungen und macht doch Hoffnung, weil er an die Kraft der vielen Europäerinnen und Europäer glaubt.

Geert Mak: Große Erwartungen. Auf den Spuren des europäischen Traums, Pantheon Verlag, 640 Seiten, 20 EUR

Nils Schmid, Außenpolitischer Sprecher, SPD-Bundestagsfraktion empfiehlt: "Die letzten Geheimnisse des Orients. Meine Entdeckungsreise zu den Wurzeln unserer Kultur" von Daniel Gerlach

Mit seiner TV-Dokumentation über „die letzten Geheimnisse des Orients“ ist Daniel Gerlach in die Fußstapfen von Peter Scholl-Latour als oberster Nahost-Erklärer getreten, allerdings mit der Expertise eines ausgebildeten Orientalisten und ohne Klischees zu bedienen. In dem gleichnamigen Buch verbindet er gekonnt Reisebeschreibung und Kulturgeschichte.

Daniel Gerlach: Die letzten Geheimnisse des Orients. Meine Entdeckungsreise zu den Wurzeln unserer Kultur, C. Bertelsmann, 368 Seiten, 24 EUR

Daniela Schwarzer, Executive Director, Europe and Eurasia bei der Open Society Foundations, empfiehlt: "Dispatches from a Time Between Worlds. Crisis and emergence in metamodernity" von Jonathan Rowson und Layman Pascal

Kein Buch über internationale Politik, doch es hilft, in der Vielzahl internationaler Krisen nach vorne zu denken. Die Brüche in internationaler Ordnung, Wirtschaftssystem, in Politik und Gesellschaft sind so groß und zusammenhängend, dass wir komplexer denken müssen. Ein interdisziplinärer Sammelband für die Zeit zwischen den Welten.

Jonathan Rowson und Layman Pascal: Dispatches from a Time Between Worlds. Crisis and emergence in metamodernity, Perspectiva 2021

Constanze Stelzenmüller, Inhaberin des Fritz-Stern-Chair bei der Brookings Institution, empfiehlt: "The Divider. Trump in the White House 2017–2021" von Peter Baker und Susan Glasser

Noch ein Buch über Trump, noch dazu eines mit 723 Seiten inklusive Fußnoten — muss das sein? Und hab ich das wirklich schon gelesen? Antwort auf Frage 1: Absolut, wenn die Autoren Peter Baker und Susan Glasser sind. Und: Trumps Stern mag sinken, der Trumpismus bleibt. Dieses Buch liest man nicht zur Nachbetrachtung, sondern zur Vorbereitung. Antwort auf Frage 2: Nein, es ist gerade erst am 20.9. erschienen. Aber: siehe oben.

Peter Baker und Susan Glasser: The Divider. Trump in the White House 2017–2021, Penguin Random House, 752 Seiten, 25 EUR

Marie-Agnes Strack-Zimmermann, Vorsitzende des Verteidigungsausschusses und FDP-Vorstand, empfiehlt: "Weltunordnung. Die globalen Krisen und die Illusionen des Westens" von Carlo Masala

Kurzweilig und gewohnt kenntnisreich beschreibt Carlo Masala die Illusionen des Westens, unsere Außen- und Sicherheitspolitik, die völlig auf den Kopf gestellt wurde, und skizziert Lösungen für eine tragfähige Neuausrichtung, insbesondere unter dem Eindruck des russischen Angriffskriegs. Trotz der herausfordernden Thematik ist das Buch so interessant, dass man es bis zum Ende nicht weglegen möchte.

Carlo Masala: "Weltunordnung. Die globalen Krisen und die Illusionen des Westens“, C.H. Beck, 195 Seiten, 16,95 EUR

Guntram Wolff, Direktor, Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik, DGAP, empfiehlt: "Putins Netz. Wie sich der KGB Russland zurückholte und dann den Westen ins Auge fasste“ von Catherine Belton

Das Buch ist nicht nur eine überzeugende Biografie Putins, sondern zeigt auch in beeindruckendem Detailreichtum, wie Putin KGB-Methoden mit Organisierter Kriminalität kombiniert und die Ressourcen Russlands nutzt, um massive finanzielle Ströme zu beherrschen und damit auch über Geldwäsche und dubiose Methoden das westliche Finanz- und Politiksystem zu untergraben.

Catherine Belton: Putins Netz. Wie sich der KGB Russland zurückholte und dann den Westen ins Auge fasste, HarperCollins, 704 Seiten, 26 EUR

Bibliografische Angaben

Internationale Politik 6, November/Dezember 2022, S. 120-127

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