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01. Nov. 2007

Der Langsamste bestimmt das Tempo

Bauanleitung für eine Asiatische Union

In diesem Jahr feiert die ASEAN ihren 40. Geburtstag. Dennoch ist die Idee der Gemeinschaftsbildung für Ostasien noch neu, wie ASEAN-Generalsekretär Ong Keng Yong in diesem Beitrag schildert. Aber ihre Bedeutung nimmt zu. In kleinen Schritten bewegen sich die Staaten der Region aufeinander zu. Die ASEAN sieht sich in der Rolle des Mittlers.

Die Bedeutung der ASEAN für die Gemeinschaftsbildung in Ostasien kann aus drei Perspektiven gesehen werden: als Beispiel für Community Building, als Forum, das Dialog und Zusammenarbeit ermöglicht sowie als Modell für die interstaatlichen Beziehungen der Zukunft („ASEAN-Methode“).

Community Building in der ASEAN

Gemeinschaftsbildung ist eine neue Idee in Ostasien. In Sdostasien, wo ASEAN die regionale Zusammenarbeit seit 40 Jahren fördert, ist Community Building erst seit kurzem von größerer Bedeutung. Auf dem neunten ASEAN-Gipfel in Bali im Oktober 2003 haben die Staatsoberhäupter der zehn ASEAN-Mitglieder ihre Absicht erklärt, die ASEAN-Gemeinschaft bis 2020 aufzubauen. Im Januar 2007 kamen sie überein, die Entwicklung zu beschleunigen und dieses Ziel schon bis 2015 erreichen zu wollen.1

ASEAN ruht auf drei Pfeilern: der Security Community für politische und Fragen der Sicherheit; der Economic Community für Wirtschaft und Finanzen und der Socio-Cultural Community, die verschiedene Gebiete der funktionalen Zusammenarbeit vereint wie Kultur, Kunst, Wissenschaft, Technik, Erziehung, Armut, Gesundheit, Frauen, Kinder, Wohlfahrt und Umwelt. In der Economic Community entwickelt ASEAN einen einheitlichen Markt und Produktionsstandort mit freiem Verkehr für Güter, Investitionen und Fachkräfte, ebenso wie für Kapitalströme zwischen den Mitgliedsstaaten. Community Building beinhaltet auch gemeinsame Anstrengungen, um die Entwicklungslücke zwischen den ersten sechs ASEAN-Mitgliedern (Indonesien, Malaysia, Philippinen, Singapur, Thailand und Brunei) und den vier neuen Staaten (Kambodscha, Laos, Myanmar und Vietnam) zu schließen. Gleichzeitig muss die Zusammenarbeit mit Partnern außerhalb des Bündnisses weiter ausgebaut und entwickelt werden. So bemüht sich ASEAN gerade um Freihandelsabkommen mit China, Japan, Indien, Australien, Neuseeland, der Republik Korea und der EU. Und die Generalsekretäre der ASEAN und der UN haben am 27. September 2007 in New York ein Memorandum zum Ausbau der Zusammenarbeit unterzeichnet.

Die zehn Mitgliedsstaaten wissen, dass es notwendig ist, die Zusammenarbeit zu verstärken, um eine Wirtschaftsgemeinschaft zu schaffen und den Ruf der ASEAN als einheitliche Gruppierung mit glaubwürdiger Stimme in der internationalen Gemeinschaft zu stärken. Es waren in den vergangenen neun Monaten große Anstrengungen nötig, um die ASEAN-Charta zu entwerfen, die, wenn sie ratifiziert und unterzeichnet ist, einen neuen Verfassungsrahmen zur Gemeinschaftsbildung in einem gesetzesbasierten und menschenorientierten Umfeld gewährleisten soll.

Die ASEAN-Charta wird von den Staats- und Regierungschefs beim 13. ASEAN-Gipfel in Singapur vom 19. bis 20. November 2007 unterzeichnet werden. Ein Referendum ist nicht geplant. Aber alle zehn Mitgliedsstaaten sind aufgerufen, sie schnell zu ratifizieren. Zu gegebener Zeit wird die ASEAN-Charta im UN-Sekretariat hinterlegt werden. Unter anderem wird die Charta neue Strukturen schaffen, um die Abstimmung untereinander zu verbessern. Ein Komitee der ständigen ASEAN-Mitglieder wird eingerichtet, vergleichbar der EU-Instanz COREPER in Brüssel, um die Zusammenarbeit zu erleichtern. Der Generalsekretär erhält ein zusätzliches Mandat, um die Umsetzung von Entscheidungen und Vereinbarungen der Gemeinschaft zu überprüfen, und es ist seine Aufgabe, Beratungen zwischen ASEAN und der Zivilgesellschaft sowie anderen Interessenvertretern zu fördern.

Die Tatsache, dass zehn so verschiedenartige Nationen Südostasiens, mit einer Gesamtbevölkerung von 600 Millionen Menschen, ernsthaft bestrebt sind, eine echte ASEAN-Gemeinschaft aufzubauen, ist ein historischer Meilenstein. Denn es hat sich gezeigt, dass politische, ökonomische und kulturelle Unterschiede und sogar zurückliegende Feindschaften durch politischen Willen und visionäre Führung überwunden werden können. Wir in ASEAN sind stolz auf diese Entwicklung.

In Nordostasien ist Community Building mit größeren Hindernissen konfrontiert als in Südostasien. Das kommunistische China wird von seinen Nachbarn trotz seines Anspruchs vom „friedlichen Aufstieg“ immer noch als eine potenzielle Bedrohung wahrgenommen. Der Korea-Krieg der frühen fünfziger Jahre endete mit einem Waffenstillstand, der von einer langfristigen Befriedung weit entfernt ist. Dies ist einer der Gründe, weshalb Nordkorea sich immer unsicher fühlte und versucht hat, Waffen zur nuklearen Abschreckung zu entwickeln, vermutlich zur Selbstverteidigung. Sicherheitsbedenken gegenüber China und Nordkorea haben Südkorea und Japan gezwungen, sich auf das US-Militär und dessen nuklearen Schutzschirm zu verlassen. Zur gleichen Zeit führte Taiwans Sehnsucht nach Unabhängigkeit zur Verstimmung mit China. Die Mongolei ist hingegen mittlerweile ein aufstrebender US-Verbündeter. China könnte argwöhnen, es solle eingedämmt und in Schach gehalten werden. Andererseits müssen die meisten Chinesen Japan noch seine aggressive Invasion während des Zweiten Weltkriegs vergeben. Und die meisten Koreaner, sowohl in Nord- wie Südkorea, tragen Japan seine koloniale Ausbeutung der Koreanischen Halbinsel in jüngerer Vergangenheit nach.

Weil zwischen diesen nordostasiatischen Nationen Missgunst und Abneigung bedenkliche Dimensionen erreicht haben, gibt es keine plausible, vergleichbare Alternative zu ASEAN, die Nordostasien enger zusammenbringen könnte. So fällt auf, dass China beim Aufbau der Shanghai Cooperation Organization (SCO) mit seinem russischen Partner keinen seiner ostasiatischen Nachbarn einbezog. Doch der jüngste Durchbruch bei den Sechs-Parteien-Gesprächen zu Nordkorea hat den Befürwortern regionaler Zusammenarbeit in Nordostasien neue Hoffnung gegeben. Viele amerikanische und südkoreanische Wissenschaftler sind der Ansicht, dass diese Gespräche zu einem regionalen Sicherheitsforum für Dialog und Zusammenarbeit in strategischen Fragen ausgebaut werden sollten.

Alle Länder, die an den Sechs-Parteien-Gesprächen teilgenommen haben, sind auch beim ASEAN Regional Forum (ARF) dabei. 1994 als multilaterales Forum für Sicherheitsgespräche, Vertrauensbildung und präventive Diplomatie für den asiatisch-pazifischen Raum gegründet, hat das ARF mittlerweile 27 Mitglieder.2 Als eines der Hauptanliegen hat die ASEAN das Forum als einen möglichen Austragungsort für die Diskussion um nordkoreanische Nuklearanlagen angeboten. Solange noch kein Vertrauen zwischen den Staaten besteht, wäre es unter Umständen vernünftiger zu versuchen, die Nachbarn in die funktionale Kooperation einzubinden. Denn eine Zusammenarbeit auf Alltagsebene – also nicht bei den elementaren Sicherheitsfragen, sondern in anderen Bereichen –, kann dabei helfen, Misstrauen abzubauen und zum gegenseitigen Verständnis beizutragen. Denn nur gegenseitiges Vertrauen macht einen konstruktiven Dialog zwischen Nachbarstaaten über die politischen und strategischen Fragen der zentralen Sicherheitsaspekte möglich. Dies ist eine der wichtigsten Erkenntnisse aus der 40-jährigen ASEAN-Geschichte. Im Laufe der Jahre hat die ASEAN mit China, Japan und Südkorea gesonderte Dialogpartnerschaften etabliert. Die Staats- und Regierungschefs der ASEAN und von Japan trafen sich vom 11. bis 12. Dezember 2003 in Tokio, um den 30. Geburtstag der Dialogpartnerschaft zwischen der ASEAN und Japan zu feiern. Ebenso wurde der 15. Jahrestag der Partnerschaft zwischen den ASEAN-Staaten und China am 31. Oktober 2006 festlich begangen.

Die Außenminister der ASEAN treffen ihre Amtskollegen bei den jährlichen ASEAN+1-Arbeitssitzungen am Rande des Ministertreffens, um die bilaterale Kooperation zu vertiefen und die künftige Ausrichtung zu diskutieren. Für die Staats- und Regierungschefs der ASEAN begann der regelmäßige Austausch mit ihren Kollegen aus China, Japan und der Republik Korea im Jahr 1997 für die Sitzungen der ASEAN+1. Zu ASEAN+3 treffen die Staats- und Regierungschefs die drei Staatsoberhäupter aus Nordostasien. Dies ist inzwischen als ASEAN+3-Prozess etabliert.

Am 28. November 1999 trafen sich die Regierungschefs von China (Premier Zhu Rongji), Japan (Ministerpräsident Keizo Obuchi) und Südkorea (Präsident Kim Dae Jung) in Manila zum ersten Mal. Im Jahr 2003 gaben die Staatsoberhäupter eine gemeinsame Kooperationserklärung heraus, die den jährlichen Plus-Drei-Gipfel auf eine neue Basis stellen sollte. Darin wurden nicht nur Themen der Kooperation zwischen der ASEAN+3, sondern auch andere für Nordostasien relevante Aspekte thematisiert. In dieser Hinsicht sollte anerkannt werden, dass es die ASEAN war, welche die Regierungschefs dieser nordostasiatischen Staaten zusammengebracht hat. Innerhalb des ASEAN+3-Prozesses wurden 48 Mechanismen eingerichtet, um den Ministern und Regierungsbeamten die Chance zu geben, über die Kooperation in Ostasien zu diskutieren. Der Prozess zielt darauf ab, das Fundament der Gemeinschaftsstrukturen in Ostasien zu stärken. Ein ASEAN+3-Fonds soll in Kürze eingerichtet werden, um finanzielle Unterstützung für die Umsetzung des Projekts bereitzustellen.

Anlässlich des zehnten Geburtstags der ASEAN+3 soll in diesem Jahr die zweite gemeinsame Erklärung zur ostasiatischen Kooperation beim gemeinsamen Gipfel in Singapur am 21. November 2007 veröffentlicht werden. Dies wird zu einer Erneuerung und Bestätigung der Kooperationsverpflichtung führen, die von den Staats- und Regierungschefs der ASEAN+3-Staaten bei der ersten gemeinsamen Erklärung zur ostasiatischen Kooperation in Manila im Jahr 1999 verkündet wurde. Eine weitere wichtige Institution, die ASEAN ins Leben gerufen hat, ist der ostasiatische Gipfel (EAS), der zum ersten Mal in Kuala Lumpur im Dezember 2005 stattfand. Am ersten ost-asiatischen Gipfel nahmen die Staats- und Regierungschefs der ASEAN, Australiens, Chinas, Indiens, Japans, der Republik Korea und Neuseelands teil. Der russische Präsident Wladimir Putin, der anlässlich des ASEAN-Russland-Gipfels in Kuala Lumpur weilte, gab auf dem ersten ostasiatischen Gipfel eine kurze Erklärung ab. Die Russische Föderation ist offenkundig daran interessiert, dem ostasiatischen Gipfel beizutreten, ebenso wie die EU. Allerdings strebt ASEAN bisher keine Erweiterung des Gipfels an.

Der ostasiatische Gipfel wurde konzipiert, um auf höchster Ebene einen Dialog über die für die Region strategisch wichtigen Fragen zu führen. Im Gegensatz zu den ASEAN+3 vermeidet es der ostasiatische Gipfel, Kooperationsmechanismen einzuführen. Es soll bewusst die Struktur eines Forums der Regierungschefs erhalten bleiben, vergleichbar etwa mit der G-8.

Die Initiative der ASEAN, den ostasiatischen Gipfel in Kuala Lumpur am 14. Dezember 2005, also unmittelbar nach dem 11. ASEAN-Gipfel, zu gründen, rief erhebliche Aufregung in der internationalen Gemeinschaft hervor. Unglücklicherweise führte es auch zu Verwirrung hinsichtlich vieler Aspekte des aktuellen Community Building in Ostasien im Allgemeinen und besonders über die weitere Ausgestaltung der ostasiatischen Gemeinschaft. Diese Verwirrung entstand dadurch, dass drei unterschiedliche Phänomene in einen Topf geworfen wurden: (a) der Vorschlag des damaligen malaysischen Premierministers Mahathir Mohamad des „East Asia Economic Caucus“ (EAEC) zu Beginn der neunziger Jahre; (b) der ASEAN+3-Prozess, und (c) der ostasiatische Gipfel. Diese drei Konzepte hängen zwar zusammen, aber sie unterscheiden sich beträchtlich voneinander. Direkt oder indirekt haben sie alle etwas damit zu tun, die Gemeinschaft der ASEAN aufzubauen und die Hoffnung aufrechtzuerhalten, dass eben jene Gemeinschaft langfristig tatsächlich entstehen wird.

Die ASEAN-Methode: Der Weg vorwärts

Es ist verständlich, dass einige ASEAN-Mitgliedstaaten noch nicht dazu bereit sind, die Schaffung einer einzelnen regionalen Organisation mit einer konkreten Struktur, einer klar definierten Mitgliedschaft und geographischen Grenzen zu unterstützen. Sie befürchten, dass eine derart strikte Abgrenzung der ASEAN eher schaden und sie ins Abseits befördern könnte. Aus diesem Grund verfolgt ASEAN bei den Bemühungen um das Community Building eine zweigleisige Strategie. Erstens muss ASEAN sich selbst stetig konsolidieren und stärken. Zweitens wird ASEAN seine ökonomischen und politischen Beziehungen zu China, Japan und der Republik Korea kontinuierlich ausbauen. ASEAN hat bereits umfangreiche Wirtschaftsabkommen mit China, Japan und der Republik Korea unterzeichnet. Einzelne Mitgliedsstaaten der ASEAN haben zudem begonnen, bilaterale Freihandelsabkommen mit diesen Ländern auszuhandeln oder werden dies in Kürze tun. Mehrere ASEAN-Staaten haben auch bilaterale Vereinbarungen über Swap-Geschäfte mit jedem der Plus-Drei-Länder. Zurzeit umfassen diese Abkommen einen gemeinsamen Fonds von 80 Milliarden Dollar als Teil der Chiang-Mai-Initiative, die die Region gegen spekulative Attacken auf die nationalen Währungen verteidigen soll.

Prinzipien und ihre Umsetzung

Die Art und Weise, wie ASEAN das Community Building in Südostasien vorantreibt, ist von großer Bedeutung für Ostasien insgesamt. Die Schlüsselprinzipien der ASEAN basieren auf denen der UN-Charta: Souveränität und territoriale Unversehrtheit müssen ebenso respektiert werden wie die Prinzipien der Gleichberechtigung und die Nichteinmischung in die internen Angelegenheiten aller Staaten. Streitigkeiten sollen durch freundschaftliche Treffen und friedliche Mittel beigelegt werden, wie es im Freundschafts- und Kooperationsvertrag für Südostasien festgehalten wurde. Wahrscheinlich lautet das einzige spezifische Prinzip innerhalb der ASEAN: „Lass deinen Nachbarn prosperieren und Erfolg haben.“

Im Laufe der Jahre haben die Mitgliedsstaaten der ASEAN praktische Verfahren umgesetzt, die sich bei dem Streben nach regionaler Kooperation und in externen Beziehungen angesichts der Verschiedenheit der souveränen Staaten als hilfreich erwiesen haben. Die Vorgehensweise der ASEAN ist für gewöhnlich weder die beliebteste noch die effektivste, um ehrgeizige Ziele zu erreichen. Vielmehr handelt es sich meist um den kleinsten gemeinsamen Nenner, also das, was auch die wenig vorbereiteten und langsamen Staaten bereit sind zu tun. Dennoch lässt sich das Bündnis nur auf diese Weise zusammenhalten und die Gemeinschaft weiterentwickeln. Die praktischen Aspekte der ASEAN lassen sich wie folgt zusammenfassen:

  • Um die regionalen Verpflichtungen erfüllen zu können, muss die gemeinsame Verantwortung geteilt werden. Daher wechseln sich die Mitgliedsstaaten in alphabetischer Rotation beim Vorsitz, bei der Gastgeberschaft der ASEAN-Gipfel und bei den Ministertreffen ab.
  • Beratung und Konsensbildung müssen zur Gewohnheit werden. Entscheidungen werden in Gesprächen im Konsens getroffen.
  • ASEAN ist nicht ideologisch ausgerichtet. Alle Mitglieder sind blockfreie Staaten. Die politische Verschiedenheit der Mitgliedsstaaten ist bekannt. ASEAN versucht, nicht in das politische System irgendeines Mitgliedsstaats einzugreifen, und das Bündnis glaubt an das Prinzip „Einheit in Verschiedenheit“. Unterschiede führen nicht zwangsläufig zu Differenzen.
  • ASEAN ist weder ein militärischer Block noch ein gemeinsames Verteidigungsbündnis, und es verfügt über kein Programm für eine Verteidigungs- oder Militärkooperation. Dennoch treffen sich die Verteidigungsminister regelmäßig. Die Philippinen und Thailand sind Verbündete der USA, allerdings keine NATO-Mitglieder. Malaysia und Singapur gehören dem Fünf-Mächte-Verteidigungsbündnis mit Australien, Neuseeland und Großbritannien an.
  • ASEAN hat keinen gemeinsamen äußeren Feind und sieht keine Großmacht in der nahen oder weiteren Zukunft als eine mögliche Bedrohung an. Alle Großmächte sind Freunde und Partner der ASEAN.
  • ASEAN betont stets das Positive und arbeitet auf ein Ergebnis hin, das für alle Seiten von Vorteil ist. Unterschiede, Streitigkeiten und Konflikte zwischen den Mitgliedsstaaten und anderen Staaten treten von Zeit zu Zeit auf, aber sie werden das Bündnis nicht davon abhalten, gemeinsame regionale Interessen zu verfolgen und mit den externen Freunden und Partnern in Kontakt zu bleiben.
  • Bilaterale Themen sollen vornehmlich durch die beiden Konfliktparteien geklärt werden; sie müssen nicht unbedingt in einem regionalen Umfeld diskutiert werden, es sei denn, dass die beiden betroffenen Parteien ASEAN um Hilfe bitten.
  • ASEAN zieht es vor, Angelegenheiten Schritt für Schritt zu erledigen, wobei es mit der am einfachsten zu lösenden Aufgabe beginnt. Diese allmähliche Entwicklung, verbunden mit einer gewissen Flexibilität, sorgt dafür, dass jedes Mitgliedsland mit der Geschwindigkeit und Vertiefung der Kooperation zufrieden ist und niemand zurückgelassen wird.
  • Das Niveau der Institutionalisierung ist niedrig: In der Tat gab es während der ersten zehn Jahre der ASEAN nicht einmal ein Sekretariat; es wurde erst während des ersten ASEAN-Gipfels auf Bali eingerichtet. Insgesamt werden informelle Vereinbarungen vorgezogen.
  • Die meisten politischen Entscheidungen sind in der Regel durch die Mitgliedsstaaten der ASEAN zu fällen – und nicht durch eine regionale Behörde im Namen der Mitgliedsstaaten.
  • Nordostasiatische Nationen haben keine Schwierigkeiten, den oben beschriebenen Weg der ASEAN zu beschreiten; dies wird deutlich durch die Bejahung des Freundschafts- und Kooperationsvertrags und die andauernde Zustimmung zu ASEAN als der primären Antriebskraft des Community Building in Ostasien.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass ASEAN sich der enormen Verantwortung bewusst ist, der neutrale, ehrliche Makler von Frieden und Wohlstand in Asien zu sein. ASEAN ist sich der Chance des Community Building in Ostasien bewusst. Und es kann alle beteiligten Akteure um sich versammeln, um gemeinsam an diesem ehrenwerten Ziel zu arbeiten. In der Zwischenzeit wird ASEAN weiterhin ihre Bemühungen verstärken, um eine vereinigte, erfolgreiche und nach außen gerichtete Gemeinschaft der ASEAN-Staaten aufzubauen. Denn wir glauben, dass dies ein notwendiger und äußerst wichtiger Bestandteil eines friedlichen und wohlhabenden Ostasiens ist.

1 Siehe hierzu das Dokument „The New ASEAN“ in der Dokumentation dieser Ausgabe, S. 141.

2 China, Japan, Südkorea, Nordkorea, Mongolei, Russische Föderation, USA und EU. ONG KENG YONG, geb. 1954, ist ein Diplomat aus Singapur und seit Januar 2003 Generalsekretär des Verbands Südostasiatischer Nationen (ASEAN).

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Bibliografische Angaben

Internationale Politik 11, November 2007, S. 26 - 29.

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