Drei Fragen an...

28. Okt. 2024

Drei Fragen an ... Michael Link

MdB (FDP) und Koordinator für die transatlantische Zusammenarbeit im Auswärtigen Amt.

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Porträt: Michael Link

1. Der scheidende US-Präsident Joe Biden gilt vielen als der „letzte Transatlantiker“. Was macht Sie optimistisch, dass es anders kommt?

Biden sieht die europäische Integration als Mehrwert fürs transatlantische Bündnis. Wir arbeiten vertrauensvoll mit seiner Regierung zusammen, ähnliches erwarten wir bei Kamala Harris. Ich bin optimistisch, dass die Kooperation mit einer Regierung Trump grundsätzlich funktionieren kann, weil ein starkes Bündnis im Interesse der USA liegt und viele republikanisch geführte Bundesstaaten enge wirtschaftliche Verflechtungen mit Deutschland haben. Zuletzt haben wir unser politisches Netzwerk dorthin stark ausgebaut. Wichtig wird sein, dass sich weder NATO noch EU von Trump spalten lassen.


2. Was könnte Europa einer Präsidentin Kamala Harris anbieten, was einem Präsidenten Donald Trump?

Unabhängig davon, wer gewinnt, steigen die Erwartungen an uns in Sachen Verteidigung und Umgang mit China massiv. Trump sieht sich als Dealmaker und handelt transaktional. Aber auch die Demokraten wollen bei Verteidigung und China mehr Taten von uns sehen. In beiden Szenarien sollten wir proaktiv mehr über Lastenteilung in der NATO und über den Abbau riskanter Abhängigkeiten von China reden. Darin liegt eine doppelte Chance: Wir senken schrittweise unsere wirtschaftliche Überexponiertheit von China – und gleichzeitig setzen wir den Abbau von Handelshemmnissen auf die transatlantische Agenda.


3. Welche transatlantischen Themen müssen unabhängig vom Wahlausgang zügig in Angriff genommen werden?

Das Setzen von Standards in Schlüsseltechnologien wie KI müssen EU, USA und Kanada viel stärker gemeinsam angehen. Sicherheitspolitisch müssen wir die Ukraine in ihren Fähigkeiten stärker unterstützen. Denn gewinnt Putin, gewinnt auch China. Deshalb ist die Frage nach Transatlantik oder Indo-Pazifik als dem Fokus der USA müßig, denn die komplexe Bedrohung durch China ist längst eine globale. Neue Formate wie „BRICS+“ machen deutlich, dass EU und USA die Beziehungen zu den selbstbewussten Staaten des Globalen Südens stärken müssen, um eine multilaterale statt multipolare Weltordnung zu festigen.

 

Bibliografische Angaben

Internationale Politik 6, November/Dezember 2024, S. 8

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MdB (FDP) und Koordinator für die transatlantische Zusammenarbeit im Auswärtigen Amt.