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01. Nov. 2002

Simbabwe auf Abwegen

Die südafrikanische Autorin erläutert, dass Simbabwe unter Präsident Robert Mugabe eine Bedrohung für die Stabilität der Region darstellt. Deshalb seien vor allem die Nachbarländer – und nicht westliche Rhetorik – gefragt, Wege aus der Krise aufzuzeigen. Wahrscheinlichkeit könnten aber nur die Simbabwer selbst in einer „samtenen Revolution“ den Regimewechsel herbeiführen.

Die zunehmend schlechter werdende Situation in Simbabwe hat die Verwerfungen in den internationalen Beziehungen sowohl innerhalb der Region der Südafrikanischen Entwicklungsgemeinschaft (SADC) als auch in der internationalen Gemeinschaft zu Tage gefördert. Die Tatsache, dass Simbabwes Präsident, Robert Mugabe, jeglichen Druck von außen, seine Regierungspolitik zu mäßigen, ignoriert, hat mit dem Mythos Schluss gemacht, dass eine größere Gemeinschaft von Staaten ein Regime zu einer bestimmten Art von Verhalten zwingen kann, wenn nur genügend Druck ausgeübt wird. Durch ihre Megaphon-Diplomatie und die Sanktionspolitik haben die Europäische Union und die Vereinigten Staaten die Kommunikationskanäle mit der simbabwischen Regierung abgebrochen, ohne ihr gewünschtes Ziel, die Änderung der Politik, erreicht zu haben.

Südafrika hat als Alternative hierzu den Weg des konstruktiven Engagements gewählt, in der Hoffnung, Mugabe hinter den Kulissen von der Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit zu überzeugen und durch eine organisierte Landreform die Krise um die Neuverteilung des Bodens zu beenden. Bis heute sind beide Ansätze gescheitert. Sie haben nicht nur nicht dazu geführt, dass sich die Führung Simbabwes in eine andere Richtung bewegt hat, sondern auch, dass die von Südafrika und Nigeria vermittelten Gespräche zwischen ZANU/PF (Afrikanische Nationalunion Simbabwe/Patriotische Front) und der  Oppositionspartei MDC (Movement for Democratic Change) offiziell abgebrochen wurden.

Die Lage in Simbabwe könnte ernster nicht sein: sechs der zwölf Millionen Einwohner Simbabwes sind von Lebensmittellieferungen abhängig, die Inflation ist bei 135% angelangt und die Arbeitslosigkeit stagniert bei 80%. Das Land wird im Jahr 2003 auch mit 40% weniger Einnahmen in harter Währung rechnen müssen, da die Tabaksaat nicht bis zum notwendigen Datum im Mai 2002 ausgebracht wurde. Der Zusammenbruch der simbabwischen Wirtschaft hat bereits bittere Konsequenzen für das südliche Afrika gehabt, denn die Nachbarländer kämpfen damit, der Zuwanderung von Flüchtlingen über ihre Grenzen Herr zu werden – in einer Zeit, in der diese ebenfalls mit Lebensmittelknappheit zu kämpfen haben. Botsuana weist zurzeit pro Woche etwa 2000 illegale Simbabwer aus, und Südafrika sieht sich mit ungefähr 500 illegalen Einwanderern pro Tag konfrontiert.

Simbabwe stellt also eine Bedrohung für die Stabilität der Region dar. Daher liegt es nur im wohl verstandenen nationalen Interesse der Nachbarländer, einen Weg aus dieser Krise zu finden. Leider ist das Regime, trotz der vielfältigen Kritik, zunehmend selbstsicherer geworden und versucht, die Akzeptanz seiner Verbündeten auf dem afrikanischen Kontinent als eine Brücke zurück zur internationalen Anerkennung zu benutzen.

Nur wenige würden die Notwendigkeit einer umfassenden Landreform in Simbabwe bestreiten, da bis zu Beginn des Landerwerbsprozesses acht von zwölf Millionen Hektar des Landes weißen Farmern gehörten. Auch könnte angeführt werden, dass sich das Modell „williger Käufer – williger Verkäufer“ als nicht praktikabel erwiesen hat, da die Briten nicht in der Lage waren, die notwendige Finanzierung zu leisten, um Farmen zur Neuverteilung zu erwerben.

Es bleibt tragisch, dass die Landkonfiszierungen nicht dazu geführt haben, dass die landlosen Massen einen gerechten Anteil an Grund und Boden sowie die Mittel zu seiner Bewirtschaftung erhalten haben. ZANU/PF-Getreue und häufig auch die Eliten haben große Landzuweisungen erhalten. Viele von ihnen waren allerdings nicht an der Bewirtschaftung interessiert, sondern nur an der Steigerung des eigenen Ansehens.

Während früher ein weißer Farmer zwölf Farmen besaß, hat heute ein schwarzer Farmer sieben. Über eine halbe Million Farmarbeiter sind durch den Landverteilungsprozess mittellos geworden. Diese Zahl wird nach der Übernahme von weiteren 2900 Farmen auf 1,5 Millionen plus ihre Familien ansteigen.

Auch wenn dieser Prozess das Erbe des Kolonialismus beendet hat und das Land nun in den Händen der einheimischen Schwarzen ist, handelt es sich hier in keiner Weise um eine gerechte Verteilung des Landes. Man muss sich nur den größten Landbesitzer in Simbabwe ansehen, um den Beweis für das Gedeihen eines umfangreichen Patronagenetzwerks zu finden: Nicholas van Hoogstraten, ein britischer Geschäftsmann, wurde vor kurzem zum größten Landbesitzer, als er im Gegenzug für eine Bürgschaft in Höhe von 400 Millionen Euro, mit denen Mugabe angeblich 14 MIG-29-Kampfflugzeuge kaufen will, 500 000 Hektar Land erhielt.

Die Frage bleibt, wie Simbabwe, ein souveränes Land, dazu gezwungen werden kann, dem schlecht beratenen Versuch der Landverteilung aus politischen Gründen ein Ende zu setzen, die Beschränkungen der bürgerlichen Freiheiten und der Pressefreiheit aufzuheben und den Terrorismus der ZANU/PF-Milizen zu beenden. Südafrika mag wirtschaftliche Druckmittel besitzen, aber keine, die nicht die örtliche Bevölkerung ebenfalls zerstören würde. Westliche Rhetorik in Richtung Regimewechsel dient nur dazu, die Abwehrhaltung der Region gegen Einmischung von außen zu verstärken.

Wahrscheinlich können nur die Simbabwer selbst mit einem Volksaufstand in eine neue samtene Revolution überleiten, gemeinsam mit der SADC, die die alternativen Kräfte im Land unterstützt. Vielleicht werden sie diesmal in der Zivilgesellschaft gehört werden.

Bibliografische Angaben

Internationale Politik 11, November 2002, S. 43 - 44.

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