Drei Fragen an...

01. Mai 2020

Drei Fragen an ... Sebastian Groth

Leiter des Planungsstabs im Auswärtigen Amt
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Bild: Porträt Sebastian Groth

Was haben Sie persönlich aus den ersten Wochen der Corona-Krise gelernt?

Die vergangenen Wochen haben uns alle vor ungekannte Herausforderungen gestellt. Im Auswärtigen Amt waren wir mit der bislang größten Rückholaktion aller Zeiten beschäftigt. Da waren unzählige Kolleginnen und Kollegen in der Zentrale und den Auslandsvertretungen Tag und Nacht im Einsatz. Aber auch privat mussten wir uns umstellen, das Homeoffice organisieren. Im Planungsstab hat die Umstellung der Arbeitsprozesse gut geklappt, wir arbeiten viel mit Video- und Telefonkonferenzen. Generell sind für unsere diplomatische Arbeit jedoch der persönliche Kontakt und das Reisen essenziell – da helfen auch die besten Videokonferenzen nichts.



Wird der Umgang mit dem Corona-Virus über die Zukunft der EU entscheiden?

Die anfänglichen nationalen Maßnahmen waren notwendig, denn es musste schnell gehandelt werden; aber die EU wirkte nicht einheitlich nach innen und außen. Das hat sich zuletzt stark verbessert und ich bin überzeugt, dass wir uns auf die notwendigen wirtschaftlichen und finanzpolitischen Schritte für die Zeit nach Corona einigen werden. Wenn wir strategisch die richtigen Schlüsse aus dieser Krise ziehen, können wir als EU gestärkt aus ihr hervorgehen. Wir brauchen beim wirtschaftlichen und sozialen Neustart Kooperation und Solidarität innerhalb der EU. Das müssen die Leitmotive unseres Handelns sein.



Welche anderen Schwerpunkte will die deutsche EU-Ratspräsidentschaft setzen?

Unsere Ratspräsidentschaft wird unter fundamental geänderten Vorzeichen stehen. Die Bewältigung der Krise ist das alles überlagernde Motiv. Wie verbessern wir die Zusammenarbeit in der Gesundheitspolitik? Wie bewältigen wir die Wirtschaftskrise in der EU, aber auch global? Und welche Lehren müssen wir für das Thema der „europäischen Souveränität“ ziehen? Zur Beantwortung dieser Frage werden wir den Mehrjährigen Finanzrahmen 2021–2027 anpassen müssen. Auch für die technische Durchführung unserer Ratspräsidentschaft wird sich einiges ändern: weniger physische Treffen, dafür deutlich mehr virtuelle Abstimmungen.

Bibliografische Angaben

Internationale Politik 3, Mai/Juni 2020, S. 6

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