Wer die Mitte zerstört, zerstört das System
Wirtschaftsmisere, Vertrauensverlust, Polarisierung: Ein Ökonom erklärt die Krise des demokratischen Kapitalismus.
Wirtschaftsmisere, Vertrauensverlust, Polarisierung: Ein Ökonom erklärt die Krise des demokratischen Kapitalismus.
Chinas wirtschaftlicher Aufstieg ist atemberaubend. Doch wo bleibt die politische Öffnung des
Landes? Minxin Pei, Leiter der China-Abteilung des Carnegie Endowment, eines der wichtigsten
Washingtoner Think Tanks, meint: Das Wirtschaftswachstum hat auf kurze Sicht die autoritäre
Staatsmacht gefestigt. Auf lange Sicht aber bleibt China keine andere Wahl, als entweder plötzlich
in einer Krise oder in einem gesteuerten evolutionären Prozess zur Demokratie überzugehen.
Nach 40 Jahren autoritärer Herrschaft steht nun auch Indonesien an der Schwelle zur Demokratie.
Doch Demokratie zu verkünden ist etwas anderes als sie auch wirklich erfolgreich durchsetzen
zu können. Jürgen Rüland, Professor an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, analysiert
Indonesiens Chancen, aber auch Gefahren für die demokratische Konsolidierung des Landes
nach dem Chaos der letzten Jahre.
Plädoyer für eine selbstbewusste Nahost-Politik
Im Kampf gegen den islamischen Fundamentalismus sind politische, wirtschaftliche und soziale
Reformen das wichtigste Mittel; doch muss dieser Dialog ohne die Fundamentalisten stattfinden,
mit denen keine Kompromisse möglich sind. Die Autorin plädiert für einen Dialog, der „an den
Autokraten vorbei“ geführt werden sollte und bei dem letztendlich „mehr Westen“ – sprich mehr
demokratische Partizipation der Gesellschaften – für den Nahen Osten gefragt sei.
Amerikas Reformvorschläge aus palästinensischer Sicht
Um einen neuen Mittleren Osten zu schaffen, müssen die Besetzung Iraks und der palästinensischen
Gebiete beendet werden, fordert der PLO-Politiker und Mitinitiator der „Genfer Initiative“.
Bei der Demokratisierung sollten die besonderen Wesensmerkmale der arabischen und islamischen
Gesellschaft beachtet werden, um der Reform von innen eine Chance zu geben.
„Nation Building“ mit einem strategischen Konzept
Über ein Jahr nach dem Sturz des Saddam-Regimes in Bagdad wird immer deutlicher, wie
schwierig die Schaffung einer demokratischen Ordnung in Irak ist. Die diversen Strategiewechsel,
so Felix Neugart, zeugen auch von einem mangelnden Verständnis von Struktur und Dynamik
der irakischen Gesellschaft. Er stellt fünf Neuerscheinungen vor, deren Lektüre das Wissen um
Geschichte und Gegenwart des Landes zu vertiefen vermag.
Ansätze und Chancen für Reformen in der arabischen Welt sind durchaus vorhanden, zugleich
aber auch eine Fülle von Problemen. Für den stellvertretenden Vorsitzenden des Auswärtigen
Ausschusses des Bundestags ist die Initiative für den „Weiteren Mittleren Osten“ ein wichtiger
Schritt in die richtige Richtung; Erfolge würden sich allerdings erst mittel- und langfristig zeigen.
Unlautere Kompromisse entwerten die westliche Reforminitiative
Die Strategie der USA kann nicht aufgehen. Für die autoritären Regime bedeutet die Forderung
nach Demokratisierung eine existenzelle Bedrohung. Um dieser Gefahr auszuweichen, kommen
sie den Amerikanern in der Irak-Politik und bei der Palästina-Frage entgegen. Die arabischen Demokratiebefürworter
wiederum können die Hilfe vom Westen nicht annehmen, wollen sie nicht
ihre Glaubwürdigkeit bei der Bevölkerung verlieren.
Grundlegende Schwächen der amerikanischen Reformpläne
Präsident George W. Bushs große Pläne für den Mittleren Osten haben aus der Sicht von Nikolas
K. Gvosdev, Wissenschaftler und Publizist, während des G-8-Gipfels ein Staatsbegräbnis erster
Klasse erhalten. Jetzt gehe es nur noch darum, diesen Staaten technische Hilfe für Reformen anzubieten
– falls sie überhaupt welche durchführen wollen.
Der Aufstand in Irak ein Jahr nach dem Beginn des Krieges ist die Folge einer Kette von Fehlentscheidungen
und Fehleinschätzungen seitens der Amerikaner, so der für den STERN aus Bagdad
berichtende Reporter. Eine falsche Entscheidung war es, die irakische Armee aufzulösen. Falsch
eingeschätzt hat man die Bedeutung von Zugehörigkeit zu Volksgruppen, Religionsgemeinschaften
und Clans. Es wurden die falschen Leute protegiert, Versprechungen gemacht und nicht
gehalten und von einer tatsächlichen Abgabe der Souveränität an das irakische Volk kann keine
Rede sein. Unter diesen Umständen sei der Aufstand nicht verwunderlich.
Demokratisierung als historischer Prozess
Ausgehend von der historischen Entwicklung des Nahen und Mittleren Ostens und vor dem
Hintergrund des Zerfalls künstlich geschaffener Vielvölkerstaaten argumentiert Udo Steinbach,
Direktor des Deutschen Orient-Instituts, dass der Versuch der USA, westlich-liberale Demokratiemodelle
auf Irak zu übertragen, zum Scheitern verurteilt sei. Diese Modelle beziehen nur
unzureichend Identität, Religion und Tradition ein und werden daher auf Ablehnung bei der
Bevölkerung stoßen. Es liegt nun an Europa, eine Rolle als
Moderator einzunehmen, um die Modernisierung im Nahen Osten zu fördern.
Ein wichtiger Schritt auf einem langen Weg
Am 8. März wurde die Übergangsverfassung für Irak unterzeichnet; der Autor, Mitarbeiter des
Hamburger Orient-Instituts, untersucht und bewertet das Werk.
Demokratieförderung von Nordafrika bis Afghanistan
Die Autoren, Mitglieder einer transatlantischen Reflexionsgruppe, entwerfen ein Konzept, wie
das gemeinsame Vorhaben „Demokratie für den Weiteren Nahen Osten“ gelingen könnte.